Wieviel Dachlast wird bei Festzelten kalkuliert?

  • Viel schlimmer ist doch, dass der Verleiher vollkommen ratlos war. Alleine die Aussage das "er so etwas noch nie erlebt hat" zeigt doch das er wohl keine richtige Kenntnisse über die Belastung des Zeltes hatte. Das passiert wenn man sich rein auf "Erfahrungswerte" verlässt und Herstellerangaben vernachlässigt.

  • Profilbinder-Grosszelte haben idR eine Schneelast von 75 kg/m2. Das reicht für eine leichte Schneedecke (entsprechend 7,5 cm Wassersäule, wimre ca. 10 cm Neuschnee) aber nicht für mehr.


    Daher steht das hier

    Zitat

    Bei Schneefall hat eine ständige Beheizung angemieteter


    Zelte zu erfolgen, so dass die Temperatur von 12 Grad C. nicht unterschritten wird

    so oder ähnlich in den AGB fast jedes Zeltbauers. Leider geht aus dem Artikel nicht hervor ob ausreichend geheizt wurde oder nicht.

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

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  • naja, so wie es auf den Bildern scheint, war wesentlich weniger Schnee drauf, der aber dafür ziemlich nass gewesen sein dürfte. Aktuell sind bei uns seit gestern knapp 20cm gefallen. Habe schon überlegt, ob ich mal was abstechen und wiegen soll :D

  • Profilbinder-Grosszelte haben idR eine Schneelast von 75 kg/m2. Das reicht für eine leichte Schneedecke (entsprechend 7,5 cm Wassersäule, wimre ca. 10 cm Neuschnee) aber nicht für mehr.

    Neuschnee hat eine Dichte von 50-200 kg/m³. In den meisten Teilen Deutschlands gilt Schneelastzone 2, was einem Flächenkraft von je nach Höhe oftmals 0,85 kN/m² entspricht (also ca. 86 kg/m²). Dieser Wert entspricht dem in 98% der Fälle zu erwartenden Maximalwert (sollte also statistisch nur alle 50 Jahre überschritten werden).

    File:Schneelast1.png
    Es sollte also mindestens 35 cm Schnee auf einem Zelt mit 75 kg/m² liegen können, ohne das es zusammenbricht.

  • 20 cm? =O

    Zitat

    Habe schon überlegt, ob ich mal was abstechen und wiegen soll

    Ganz ernsthaft: Mach mal. 1,0 Kubikdezimeter = 1l abstechen und wiegen.

    Die Temperatur kannst du auch gleich messen, die wird bei nassen Schnee i.d.R. bei 0°C liegen.

    Dann rechnen wir aus, welche Energie benötigt wird, um 20cm Schnee von 0°C in Wasser von 0°C zu schmelzen. Wegen NULL Schneelast und so.....


    Zum Heizen: Im Januar hatte ich eine Veranstaltung mit 300m² Küchenzelt.

    Temperatur bis -10C. Man konnte dem Zeiger des 800l-Tanks der Zeltheizung bei der Abwärtsbewegung fast schon zuschauen.

    Hier befindet sich i.d.R. die Signatur

  • Neuschnee hat eine Dichte von 50-200 kg/m³. In den meisten Teilen Deutschlands gilt Schneelastzone 2, was einem Flächenkraft von je nach Höhe oftmals 0,85 kN/m² entspricht (also ca. 86 kg/m²). Dieser Wert entspricht dem in 98% der Fälle zu erwartenden Maximalwert (sollte also statistisch nur alle 50 Jahre überschritten werden).

    File:Schneelast1.png
    Es sollte also mindestens 35 cm Schnee auf einem Zelt mit 75 kg/m² liegen können, ohne das es zusammenbricht.

    Man kann man auf diese Weise Normen schaffen (DIN EN13782, DIN EN 13814) die den Betreibern von Grosszelten bei allen üblichen Wetterlagen (Wind < 100km/h, Schneelast < 75kg/m2) eine hinreichende Sicherheitsreserve und damit Zeit zum Ergreifen von Gegenmassnahmen geben. Das heisst aber nicht dass man diese Reserven betrieblich ausnutzen darf! Das gebietet schon die Tatsache dass sich der Schnee keineswegs schön gleichmässig auf dem Dach verteilt; er rutscht nach unten und sammelt sich auf dem letzten Feld vor der Traufe. Ausserdem sind bei den derzeitigen Temperaturen erheblich höhere Dichten als 200kg/m3 möglich. Ein Profilbinder-Grosszelt auf dem 35cm teilweise matschiger Schnee liegen wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einstürzen, das zeigt auch die Praxis immer wieder. Wenn nicht von alleine dann spätestens beim Versuch der Schneeräumung die ja auch erst mal zusätzliche Belastung einbringt.

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  • Nur mal eine grundlegende Idee oder Frage:

    Würde es denn für den Zeltverleih / Konstrukteur eher Sinn machen eine schwarze Plane für das Dach zu verwenden?

    So könnte man zum einen das Sonnenlicht (wenn vorhanden) zum erhitzen des Daches nutzten. Weiterhin ist es möglich im Innenbereich an die Verstrebungen des Dachs Infrarotstrahler (hauptsache eine hoch energetische streuende elektromagnetische Strahlungsquelle -> PAR Kanne?) zu installieren und damit das Dach direkt in gewissen Zonen zu beheizen. So könnte man ähnlich beim Induktionsherd die Energie direkt auf einen Punkt (das Dach) konzentrieren ohne so viel an an die Umgebung abzugeben.
    Auch ein toller Nebeneffekt: Es wäre im Gegensatz zum Dieseaggregat zu 100% geräuschlos.


  • Jeder ordentliche Zeltbauer hat für so was eines oder mehrere ausreichend dimensionierte mobile Warmluftheizkessel, i.d.R mit Heizöl betrieben. Für die Gebläse reicht dann der Ortsnetz-Stromanschluss. Bei kritischen Wetterlagen muss man die allerdings überwachen; die Ölbrenner reagieren empfindlich auf Schmutz aus den Tanks und Stromausfälle wegen schlampig verkabelter Außenbeleuchtung haben auch schon so manche Zeltheizung lahm gelegt.

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  • Hätte das Zelt, was hier zusammengebrochen ist, tatsächlich 75 kg/m² als Belastbarkeit gehabt, wäre es wohl nicht unter der Schneelast zusammengebrochen. Natürlich kann Schnee auch eine höhere Dichte 200 kg/m³ haben, das bezweifle ich ja nicht. Aber die Schneelastzonen geben eben Werte vor, die unter normalen Bedingungen nicht überschritten werden (statistisch nur einmal alle 50 Jahre).

    Übrigens wäre eine Gleichverteilung des Gewichts über die Fläche sogar der schlechteste Fall, wie die Last auf das Zelt wirkt. Wenn Schnee vom Giebel Richtung Traufe rutscht, wird dabei der Giebel entlastet, folglich sollte die Belastbarkeit sogar steigen.


    Nichtsdestotrotz hast du absolut recht, dass fliegende Bauten nicht mit normalen Gebäuden gleichzusetzen sind und auch bei niedriger Belastung versagen können. Allerdings kann man sich eben durchaus bei den Erwartungswerten bedienen.

  • Zitat

    So könnte man zum einen das Sonnenlicht (wenn vorhanden) zum erhitzen des Daches nutzten.

    Sehr vorteilhaft, vor allem im Sommer.:D

    Sehr wirkungsvoll, wenn nachts Schnee fällt. Und auch wenn am Tag Schnee fällt, hat die Sonne Pause.;)


    Zitat

    an die Verstrebungen des Dachs Infrarotstrahler

    ...

    Es wäre im Gegensatz zum Dieseaggregat zu 100% geräuschlos.


    Wenn du dich mit meiner im oberen Beitrag gestellten Rechenaufgabe beschäftigst, vergisst du das ganz schnell und landest bei Niggles Vorschlag. Der lässt Nachts das Aggi aus - es reicht pro Heizung und Gebläse ein Schuko.

    Hier befindet sich i.d.R. die Signatur

  • Hätte das Zelt, was hier zusammengebrochen ist, tatsächlich 75 kg/m² als Belastbarkeit gehabt, wäre es wohl nicht unter der Schneelast zusammengebrochen. Natürlich kann Schnee auch eine höhere Dichte 200 kg/m³ haben, das bezweifle ich ja nicht. Aber die Schneelastzonen geben eben Werte vor, die unter normalen Bedingungen nicht überschritten werden (statistisch nur einmal alle 50 Jahre).

    Übrigens wäre eine Gleichverteilung des Gewichts über die Fläche sogar der schlechteste Fall, wie die Last auf das Zelt wirkt. Wenn Schnee vom Giebel Richtung Traufe rutscht, wird dabei der Giebel entlastet, folglich sollte die Belastbarkeit sogar steigen.

    Die Belastbarkeit der Profilbinder liegt weit über diesen Werten und und ist bei korrektem Aufbau (Kreuzverbände, saubere Unterpallung) hier irrelevant. Der schwächste Punkt einer solchen Konstruktion sind die Keder der Dachzeltplanen, gefolgt von den Alurohren mit denen sie an den Stehern verspannt werden. Das ist kein Zufall sondern soll im Fall einer lokalen Überlastung einzelner Planen (Wassersack, Steinschlag, Bäume...) gewährleisten dass nicht das ganze Zelt zusammenklappt sondern nur eine Planenbahn abreisst.

    In der Praxis kommt das System bei zuviel Schnee allerdings recht bald an Grenzen. Wenn alle Planen bis kurz vorm Abreissen gespannt sind (und das geht schneller als du dir hier theoretisch errechnest weil auch Schnee Säcke bildet) beginnt beim ersten Durchbruch ein Dominoeffekt der tatsächlich die komplette Konstruktion zum Einsturz bringen kann. Da treten dynamische Lasten auf die selbst die Bolzen von Kreuzverbänden abscheren können, und dann ist es endgültig rum.

    Genau aus diesem Grund muss bei Erwartung von Schneefall geheizt werden. Die Lasten sind im Ernstfall einfach nicht mehr mit der nötigen Sicherheit kalkulierbar.

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  • An welcher Stelle die Konstruktion jetzt letztlich zuerst versagt hat lässt sich aus den Fotos schlecht erkennen, die geneigten Zeltgiebel deuten auf abgerissene oder fehlende Kreuzverbände hin. Ob Baumängel vorgelegen haben wird ggf. ein Gutachter klären müssen, zum Glück wurde niemand verletzt.

    Fakt bleibt: ein normgerechtes, intaktes, korrekt aufgestelltes, ausreichend beheiztes Grosszelt dieser Bauart stürzt wegen dem bisschen Schnee nicht ein. Das war keine höhere Gewalt, da wurden Fehler gemacht.

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  • Wenn alle Planen bis kurz vorm Abreissen gespannt sind (und das geht schneller als du dir hier theoretisch errechnest weil auch Schnee Säcke bildet) beginnt beim ersten Durchbruch ein Dominoeffekt der tatsächlich die komplette Konstruktion zum Einsturz bringen kann.

    Absolute Zustimmung. Auf Grund der folgenden Aussage

    Der First konnte diesem Druck irgendwann nicht mehr stand halten.

    bin ich allerdings davon ausgegangen, dass hier nicht die Planen versagt haben, sondern einer der Giebel gebrochen ist, was wiederum einen Dominoeffekt zur Folge hätte. Genau weiß man es allerdings nicht.
    Es bleibt festzuhalten:

    Fakt bleibt: ein normgerechtes, intaktes, korrekt aufgestelltes, ausreichend beheiztes Grosszelt dieser Bauart stürzt wegen dem bisschen Schnee nicht ein. Das war keine höhere Gewalt, da wurden Fehler gemacht.

  • Aus der Praxis mit Zeltbauern weiss ich, dass die Wahrscheinlichkeit eines nach Prüfbuch korrekt und vollständig aufgebauten Zeltes äußerst gering ist. Die eigentlich geforderten sachkundigen Aufsichtführenden sind meistens auch grade woanders und überlassen die Arbeit i.d.R. den osteuropäischen Kolonnen, ohne dass irgendwas kontrolliert wird.

    -> Arbeitssicherheit, Koordination Arbeitssicherheit auf Großveranstaltungen

    -> Sicherheitskonzepte

    -> Schulungen

  • @ Bemi: Für den ordnungsgemäßen Aufbau eines Zeltes ist der Zeltbauer/Vermieter zuständig. Egal was oder wen er als Hilfskräfte hat.

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