überdenken des eigenen tuns

  • Zitat

    Es ist keine durchgeführte Veranstaltung zu klein, als das es nicht doch etwas Lohnenswertes zu berichten, zu hinterfragen, aufzuarbeiten oder in Zukunft besser zu machen gäbe. Traut euch.


    das nehm ich mal als anlass, um aus dem urlaub zu berichten und vielleicht ein paar zum grübeln zu bringen.


    ich verbringe meinen jahresurlaub gerade in griechenland. in der metropole thessaloniki war zur zeit meiner anwesenheit ein zweitägiges strassenfest mit live musik. das haben wir am mittag entdeckt, als gerade aufgebaut wurde. die arbeiten gingen eher schleppend voran, und auch die optik ließ eher auf hks niveau schließen. also setzten wir unseren stadtrundgang erstmal fort.

    um dann aber am abend trotzdem hinzugehen. und was soll ich sagen- lange nicht mehr so einen spass gehabt mit live musik.

    bei angenehmen temperaturen und kaltem bier ist das natürlich einfacher als zu hause, aber das war schon ziemlich gut.

    die voraussetzungen waren aus technikersicht eher bescheiden ( jedenfalls nach allem, was man hier immer so liest).

    eine, ich nenn es mal strassenschlucht, also ein schlauch, maximal 10m breit, und bestimmt 100m lang. in der mitte die bühne an einer seite. ca. 8 x 4 m. auf zwei windigen podesten daneben, aber nicht an der bühnenvorderkante, sondern ebenfalls an der wand, jeweils zwei deltamax tops und ein sub. dann in einiger entfernung als "delay" jeweils zwei hk subs mit zwei tops obendrauf.

    gemischt wurde das mit zwei pulten der soundcraft spirit klasse, einmal ca. 8 kanäle, einmal ca. 12. also insgesamt so um die 20 inputs, das ganze neben der bühne platziert. das kommt auch hin mit der dritten band, die mit bläsern und percussion etc. aufgelaufen ist.

    sonstige pereferie: keine. jedenfalls hab ich nichts entdeckt, ausser den deltamax kontrollern. keine effekte, inserts oder delays.

    der sound: absolut angenehm in lautstärke und klang. selten etwas so rundes gehört. keine übertriebene bass drum, jeder ton des basses war tonal wahrzunehmen, zu jeder zeit war jedes instrument im mix entsprechend vorhanden, und der gesang schön drüber. nebenbei war die band aber auch super. soul/funk mit drums, bass, gtr, key und vocals. da kann sich so manche kapelle hier mal eine gehörige scheibe von abschneiden.

    zweiter abend: die selbe backline. also gestellt von der company, ok. funktioniert ja. neue band, das absolut gleiche gute ergebnis. diesmal eher soul/blues, gleiche besetzung. schonmal ein guter einstieg in den abend. dann ein umbau in ca. 20 minuten, auf besagte band mit drei bläsern und percussion plus die grundbesetzung. geht los, und sound passt nach drei minuten. ohne ausufernden soundcheck oder total recall.

    alles in allem zwei absolut gelungene abende mit viel spass und bier.


    im gegensatz dazu hatte ich im laufe des sommers ein paar shows, bei denen mir der sound echt den spass verdorben hat. und was war da nicht alles an hightec am start. ssl und digico konsolen, feinste pas, plugin ketten bis nach meppen, hochkarätig und wahrscheinlich gut bezahlte bands...

    da wäre bier nur dazu da gewesen, mir das ereignis schön zu trinken, was aber in den meisten fällen nicht ging, weil ich ja arbeiten musste. einmal hats fast geklappt, aber irgendwie wollte es nicht richtig gut werden. tat so weh in den ohren.


    ich finde da muss man sich schonmal selber hinterfragen was zum teufel wir eigentlich immer so veranstalten mit dem schneller höher weiter, und ob wir nicht das wirklich wichtige manchmal ein bißchen aus dem auge verlieren. oder müssen wir hier mittelmäßigen bands mit viel technik unter die arme greifen, weil's sonst nicht zu ertragen wäre?


    so genug. abschlussabend. nochmal lecker essen, mit den lokalen mietkatzen knuddeln und wein trinken.


    hellas

    ich bin mir sicher - früher war alles besser!

  • Hi,

    komme gerade von einem Soundcheck einer 'Revival-Band' .... einmal Thomann Plastik (8er) als Monitor für 8 Sänger/Innen, eine zweite für die Band (2 * Keys, Cello, Akk Git) ein Line für den Kopfhörer des Drummers...
    Monitorcheck in 5 MInuten fertig, gute mehrstimmer Sätze ohne 'Monitordiskussion'.
    Gut, auf der Front fehlt mir die unterste Oktave, ansonsten macht's einfach Spaß.
    Pult ist allerding eine Qu ...

    SIM II Operator and Dante Level I-II-III (alles sogar zweimal :)
    Jugendschwimmabzeichen, Rettungsschwimmabzeichen in Bronze
    Meine kommerziellen Softwareprodukte SATlive und LevelCheck

  • eine sehr schöne urlaubsbeobachtung!

    ich kann jetzt nicht behaupten, dass ich statt meines liebgewonnenen digitalschiffes gerne wieder auf SpiritLive8 arbeiten würde, aber neulich ist mir mal wieder eine 20jahre alte aufnahme in die hände gekommen, als ich mit genau so einem tisch (und dazu zugegebenermaßen BSS/Lexicon/Yamaha outboard, jedoch in sehr überschaubarer anzahl) ein paar jahre lang in einer grösseren disco wirklich gute livebands mischte. und was soll ich sagen... die aufnahme war trotz des auch damals eher unterdurchschnittlichen pultes wirklich klasse und hat spaß gemacht.


    ehrlich gesagt verstehe ich gerade im liveumfeld auch nicht so richtig, warum man heute glaubt so viele plugins zu brauchen. damit ist die gefahr des verzettelns enorm hoch.

    das einzige was man für einen guten sound wirklich braucht, sind gute einganssignale!

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • das einzige was man für einen guten sound wirklich braucht, sind gute einganssignale!

    ... und dann noch eine fähige Person am Pult. Da sind Defizite am Equipment immer sekundär. Obwohl ich alleine aus Gewichtsgründen eher zu einem Digitalpult tendiere.

  • das einzige was man für einen guten sound wirklich braucht, sind gute einganssignale!

    Und gute Arrangements.
    In meiner Anfangszeit habe ich auch alle Dinge ausprobieren wollen: Gitarrendoppelmikrofonierung, davon ein Signal verzögert und muffig gemacht und hart gepant, Schlagzeug-einzelabnahme inkl. Mikro für alle prägnanten Bleche, Snare- und Basedrum Doppelmikrofonierung, Bass per DI und Mikro etc., Signale über Busse noch extra komprimiert, mit Effekten vollgepumpt und künstlich aufgehübscht. Es blieb immer nicht zufriedenstellend.
    Dann wieder Back to the roots, so wenig Kanäle wie nötig, Kompressoren nur als Arbeitserleichterung, Effekte nur als Tüpfelchen auf dem i. Entspannt, verkürzt den Soundcheck, geht auch, sorgt für klarere Signale auf den Monitoren wenn die vom FOH kommen und verschlechtert nicht die Performance auf der Bühne. Wenns dort nicht passt, passts auch im Publikum nicht, egal was ich drehe. Mit Funk, Soul, Jazz und Bigbands hatte ich bisher auch meine schönsten Abende, obwohl dort wenig "Mischleistung" gefordert ist.

  • Ich staune schon oft. 5 Leute auf der Buehne, Pultplatz in der Klasse eines Mehrfamilienhauses, edelste Roehren , 130 Inputs und tolle Pa. Trotzdem klingts nach Eier ab.

    Das liegt wohl doch meistens daran das der gemeine Tonman immer lieber am Material zweifelt und viel zu selten an sich selbst.

    Plugins sind wie Aspirin, bei mehr Schmerzen nimmt man mehr, aber irgentwann muss man sich doch uebergeben.

    Das wichtigste was ein Tonmann koennen muss ist Ursachenforschung.

    Practice, Practice, Practice

  • was ich übrigens auch oft nicht gut finde, sind unnötig hohe lautstärkepegel.

    der gemeine durchschnittshörer braucht selten mal so ein brett wie mancher abgetaubte tourtechniker meint.

    ich beobachte das ja schon seit vielen jahren, das oft zu laut gemacht wird. das ergebnis wird sein, dass immer weniger leute zu livekonzerten gehen, oder das zumindest seltener tun. im meinem näheren bekanntenkreis ist das längst so eingetreten.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • und was den wunsch nach zusätzlichem outboard oder plugins angeht:

    ich habe ja lange jahre für eine relativ bekannte sängerin gearbeitet und sie war immer sehr zufrieden mit meiner arbeit.

    im letzten jahr unserer engen zusammenarbeit (ich springe immer noch ab und zu mal ein) hat sie mich eines tages gefragt, ob ich "so ein zusatzgerät" für ihre stimme hätte... irgend ein ganz wichtiger zeitgenosse hatte ihr nahegelegt, das sie sowas braucht weil man damit ihre stimme viel besser nach vorne holen könnte. ich hab dann gefragt: "hattest du denn den eindruck, dass deine stimme im mix zu weit hinten ist oder man sie nicht gut hören konnte?" sie hat nein gesagt, sie wäre mit dem von mir gemischen sound immer sehr zufrieden... aber der soundso hat eben gesagt, das es mit so einem gerät noch besser wäre...

    und glaubt mir: ihre stimme ist wirklich ausdrucksfähig und kräftig genug, dass sie sich problemlos durchsetzt - und so auch ohne spezielle hilfsmittel wirklich wunderbar klingt. sie hat weder ne piepsstimme noch hat ihre stimme sonstwelche ernstzunehmenden mankos.


    was ich damit sagen möchte:

    geschichten von wundersamen geräten finden immer besonderes gehör, vor allem bei leuten die nicht einschätzen können ob sowas wirklich einen fortschritt bringen kann.


    keine frage, im studio kann man mit solchen gerätschaften sicher die ein oder andere nuance nach vorne kommen. in liveumgebungen wird sich das aber sicher in den allerseltensten fällen überhaupt nennenswert bemerkbar machen. da haben wir ganz andere probleme zu lösen.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • hihi . Habe gestern mal wieder ein Konzert für Kinder mischen dürfen - 83.6dBALeq können ziemlich viel Spass machen wenn der Content stimmt ?


    "Pluginketten bis nach Meppen" finde ich aber auch super ? - vor allem im Sänger-Inear

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • Aber mal kurz zu den technischen Details des griechischen Strassenfestes: ich kenne diese Deltamax-Kübel ja nicht, daher mal flugs im Internet nachgeschaut - dem Datenblatt nach können sich aber auch einige aktuelle Lautsprecher hinten anstellen was Kontinuität in der Directivity und Klirrfaktor angeht - egal wie viele tausend Watt man da jetzt hineinschieben kann. (http://pdfstream.manualsonline…175-b8f5-3c50a848c4a2.pdf)


    Manchmal (immer öfter) habe ich auch den Eindruck ein Grossteil der "Fachleute" unserer Branche "verkommt" langsam zu marketinggesteuerten Konsumenten oder Werbeträgern. Immer das neueste Tool dabei, immer den aktuellen "GameChanger" am Start, immer die neusten, noch besseren Preamps an kritischsten Punkt der Signalkette (wie gut müssen die eigentlich noch werden - ach ja, so gut bis sie nach vintage klingen), immer NOCH mehr "Impact" seitens der PA.


    Ich persönlich liebe ja neues Spielzeug - aber streng genommen ist es oft (nicht immer) genau das: Spielzeug. UNSER Spielzeug.

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • Es ist in der Tat sehr heilsam, wenn man hin und wieder gezwungen ist, mit ganz primitiven Mitteln zu arbeiten. Eben halt ein Pult mit 3Band EQ und semiparametrischen Mitten, Lowcut, fertig. Das Kann dann auch wieder Mut geben, beim einen oder anderen Extra den "ON" Button nicht zu drücken.

    Der Ton macht die Musik.

  • Oft verwurschteln Musiker ihren Sound auf der Bühne ja auch schon massiv selbst. Sehr gerne Gitarristen mit ihren Mörder-Effekten. Allein hört sich das ja manchmal noch ganz gut an, aber im Mix geht es dann auch gerne unter.

    das einzige was man für einen guten sound wirklich braucht, sind gute einganssignale!

    So sieht's aus.

    MfG Heini


    (Lasst euch von dem DJ nicht verwirren. ;))

  • Mal ab davon, dass nach wie vor die Band die Musik macht:

    Electro-Voice hatten mal eine Phase ihrer Entwicklungen, die sie in Sachen Constant Directivity führend machte und mit Deltamaxen konnte ich schon immer ordentlich arbeiten wie es auch andere Sachen gibt, die das Prädikat 'alt aber gut' verdient haben... und wen wundert's, dass man mit analogen Mischpulten, wenn sie nicht kaputt sind, prima mischen kann. :)

  • Jaa; der gute, alte DH1.

    Da hab ich auch noch paar.

    Was doch hier schon über das Ding geschimpft wurde...


    Aber im Grunde ists wie mit dem Essen.

    Ein bisschen Knowhow, eine Prise Salz & paar Körner Pfeffer..;)

    Never stop a running System

  • ich kenne diese Deltamax-Kübel ja nicht, daher mal flugs im Internet nachgeschaut - dem Datenblatt nach können sich aber auch einige aktuelle Lautsprecher hinten anstellen was Kontinuität in der Directivity und Klirrfaktor angeht

    in den 90ern und frühen 2000er jahren hatte ich ab und zu mal gelegenheit, über EV Deltamax mischen zu können. diese lautsprecher haben mich dabei nie enttäuscht, im gegensatz zu einigen damals extrem hochgelobten produkten aus deutscher produktion... womit wir wieder beim thema

    marketinggesteuerten Konsumenten oder Werbeträgern

    wären...


    dazu fällt mir auch nochwas ein:

    diese woche gab es bei uns mal wieder ein konzert einer älteren 70er jahre band. ohne frage eine tolle band, aber darum geht es hier nicht...

    nein, was man am FOH entdecken konnte waren vier Macbooks - auf denen allesamt Windows emuliert wurde!

    so viel zum thema marketinggesteuert! 8o



    hä, by the way: wir haben in unserem lager noch Soundcraft K3 und Vienna stehen, die ja mittlerweile einfach unverkäuflich geworden sind. ein bisschen outboard hab ich auch noch, so dass es doch sicher mal wieder spannend wäre, ein konzert mit sowas zu mischen ^^

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von wora ()

  • Ich hab ja von Tontechnik echt nur rudimentär Ahnung, aber früher öfters mit den Deltamäxen zu tun gehabt.

    Die Dinger sind ein bisschen die Hilti in der Zahnarztpraxis. Loch bohren bekommst Du in jedem Fall hin, auch bis zum Knochen. Aber wirklich filigran kann der HT Treiber halt physikalisch nicht, da muss man ein wenig Nachsicht haben.


    Bei uns gibt es ein umsonst und draußen Festival in der Stadt, da wurde die letzten Male mit (liebevoll gepflegten) zwanzig Jahren alten Schnitten und teils noch analogen Tischen und Outboard die Hauptbühne beschallt. Zeitwert der Beschallungstechnik vermutlich unter dem Neupreis des teuersten FOH Tisches in den Ridern.

    Oh Wunder - alle Bands ausnahmslos vom Sound begeistert. Wäre mit aktuellen Produkten auch nicht besser geworden, und war es die Jahre vorher auch nicht.


    Solides Handwerk ist erstmal über weite Strecken nicht durch Technik zu ersetzen.

    CatCore - die vielseitigen Adapterlösungen von XLR auf Cat für Mobile Anwendungen, Rental und Installation: https://www.catcore.eu/


    Nächstes Meet&greet: Forentreffen am 27.3.2024 in Heilbronn
    Nächste Messe: PLASA Leeds am 14. und 15. Mai, Stand R-C10

  • ehrlich gesagt verstehe ich gerade im liveumfeld auch nicht so richtig, warum man heute glaubt so viele plugins zu brauchen. damit ist die gefahr des verzettelns enorm hoch.

    das einzige was man für einen guten sound wirklich braucht, sind gute einganssignale!

    ist das nicht überall so? ;)

    No, it's not too loud. You're just too old!
    winners have parties - and loosers have meetings
    Technik haben viele - WIR können sie auch bedienen :)


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