Limiter einstellen - Messen statt berechnen

  • Hallo,


    Ich möchte mich in diesem Thread nochmal gesammelt dem Vorgang der Limitereinstellung durch Spannungsmessung widmen. Dieser Ansatz scheint mir der bessere als die Berechnung, wurde aber bisher immer nur am Rande erwähnt. Die Vorteile sehe ich vor allem bei lower budget amps, weil in einer realen (Belastungs)Situation gemessen wird und die Herstellerangaben der Parameter sekundär sind.


    Also, was ich bisher gemacht habe, am besten an Hand eines Beispiels:


    Gegeben ist irgend ein Verstärker, in meinem Fall eine PSE SM2000. Angeschlossen z.B. ein Horntop mit 400W RMS an 8 Ohm. Gesucht ist der Einstellwert des Limiters an einem Behringer DCX2496 Controller.


    1. Berechnung der maximalen Spannung an der Box für die zulässige Belastung:
    =Wurzel(Leistung*Impedanz)
    =56,57V (Effektivwert)


    2. An den Verstärker wird ein 8 Ohm Lastwiederstand angeschlossen und ein Sinussignal mit 1kHz eingespeist.


    3. Parallel zur Last hängt ein True-RMS-Multimeter (oder Oszi, dann aber Spannung auf Spitzenwert umrechnen, Faktor 1,414). Das Eingangssignal wird so lange erhöht, bis die berechnete Spannung angezeigt wird. Dann fahre ich den Limiter am Controller runter bis er greift.


    4. Fertig


    Dieser Vorgang wird mit den jeweiligen Amps und Belastungen wiederholt.


    Aber:
    Welchen Einfluss hat die Messung mit 1kHz Sinus? In der Realität hab ich ja Musiksignale mit höherem Crestfaktor, d.h. ich setzte meinen Limiter damit niedriger an als notwendig und verschenke Pegel. Aber mit einen Rauschsignal lässt sich diese Messung ja nicht machen, da weder mit Oszi noch mit Multimeter als Effektivwert darstellbar. Wobei - man könnte doch den Strom messen, oder?


    Frage nun: Wie lässt sich diese Vorgehensweise optimieren? Kann man einen Faktor verwenden, um die ermittelten Limitersettings an das zu erwartende Signal anzupassen?


    Danke für eure Tips!


    Martin

  • Der Limiter im DCX2496 ist aber, soweit ich weiß, ein peak limiter, zumindest wird er mit "zero attack" beworben. Das heißt, wenn ich die so ermittelten Werte einstelle, limitiere ich tatsächlich zu früh. Das ist auch mein praktischer Höreindruck, ich hab bisher immer rund 3 oder mehr dB zugegeben, aber das hätte ich gerne genauer/sicherer. Gibts da Lösungen, die ich mit DCX-Bordmitteln umsetzen kann?


    Bzw. was mir auch nicht aus dem Kopf geh, ist, den Amp über Lastwiderstand mit pink noise zu belasten, und dann über die Strommessung ein Setting für den peak limiter zu erhalten. Dieses würde dann ja den Crestfaktor mit berücksichtigen und müsste daher realistischer sein.


    In meinem Beispiel wäre das also:
    Spannung wie für Sinus berechnet, da korrekter Effektivwert für Dauerbelastung.
    I=U/R
    I=7,07A
    Der Widerstand integriert mir über den Strom den Effektivwert. Sobald ich die 7,07A messe, fahre ich den Limiter runter bis er greift.


    Ich kanns momentan nicht ausprobieren, aber ist das richtig so oder Blödsinn?


    thx!

  • Ergänzung:
    Ist Blödsinn, da ja der Effektivwert nicht dem Strom, sondern der umgesetzten (Wärme)Leistung entspricht. Also müsste man richtigerweise die Temperatur am Lastwiderstand messen und mit einem Gleichspannungs- oder Sinuswert vergleichen. Da wirds dann kompliziert :shock:


    Aber wenn wir davon ausgehen, dass ich mit einer Messung unter Belastung mit einem Sinussignal einen Crestfaktor von 3dB zugrunde lege, das rosa Rauschen aber 6dB aufweist, kann ich den ermittelten Limiterwert nicht einfach um 3dB anheben?


    Oder ist das zu "hau ruck" gedacht?

  • ich würde nicht über den strom rechnen, die spannungsrechnungen sind doch praktikabel und werden erfolgreich eingesetzt.


    ohne genaue temperaturmessung an der schwingspule wird man natürlich nur näherungswerte der thermischen belastbarkeit errechnen können. aber das ist doch hinreichend genau, professionelle hersteller geben ja reelle RMS belastungswerte an, mit denen man dann rechnen kann.


    die idee, die spannungswerte nicht nur zu rechnen sondern an der reellen endstufe auch nachzumessen bringt natürlich mehr sicherheit.
    ausgehend von den RMS limiterwerten würde ich den peaklimiter 6dB höher ansetzen. das hab ich so in erinnerung, ohne jetzt eine genaue herleitung im kopf zu haben...

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Ansch:
    Daran hab ich auch schon gedacht, allerdings hab ich mich mit dem dyn. EQ bisher noch nicht wirklich beschäftigt. Soweit ich aber im manual gesehen habe, kann/muss ich ja einen Bandpassfilter definieren, der eben nach Erreichen des treshhold aktiviert wird. Die Komprimierung oder Limitierung im gesamten Frequenzbereich scheint mir damit nicht möglich. Was war dein Gedanke dahinter?

  • ...nicht im gesamten, aber fast im gesamten Frequenzbereich.
    Low Shelving filter bei 20kHz setzen, oder High Shelving Filter bei 20 Hz setzen. Damit bleibt nicht so viel unkomprimierter Frequenzbereich übrig. Schöner wäre natürlich die Limitierung der Einzelwege, dann lässt sich die Einsatzfrequenz gut außerhalb des Nutzfrequenzbandes platzieren.

  • Ihr denkt viel zu viel!


    Ganz einfach (für den der es kann): Oszilloskop zur Veranstaltung mitnehmen, Stecker basteln mit Speakon 1+ zum Oszi Eingang. Masse braucht nicht, geht über PE. Außerdem gibt es so kein Feuerwerk bei Anschluss an Brückenendstufen.
    Im Betrieb an die Box anklemmen, einfach am Link Out.
    Schauen was da passiert, wenn man flache Dächer in den Peaks sieht übersteuert der Verstärker. Limiter zuschrauben bis die Peaks nur noch kurz sind. Wer zu vorsichtig einstellt verschenkt Karacho ohne Ende!


    Oder die Version für den Könner: Endstufen am Lastwiderstand kacheln, mit Musik oder Crestsignal 12dB - keinesfalls Sinus ansteuern. Aufdrehen bis es clippt, Limiter ein wenig in die Richtung - fertig.


    Davon abgesehen: das sind sowieso alles "zu spät" Limiter. Im übrigen haben alle modernen Endstufen integrierte Limiter gegen übersteuern. Falls jemand "Angst" um den/die Lautsprecher hat: größeres Chassismodell einbauen (mehr Belastbarkeit), oder PA insgesamt besser/stärker auslegen.
    Wer trotzdem die LS schützen möchte: aufdrehen bis das subjektive, eigene Gefühl sagt: Ende der Vorstellung! Dann Limiter soweit zudrehen bis es nicht lauter als gewünscht geht.


    Bedenkt: ein Lautsprecher ist so eine primitive Konstruktion, da lässt sich kaum was gescheites vorhersagen. Je nach Gehäuse, Musikart, Alter und Laufzeit gibt der sowieso irgendwann den Geist auf. Bei uns zerschiessen ständig irgendwelche Pappen, aber nicht durch aktuelle Überlastung, sondern aufgrund Gebrauchs! Irgendwann sind die halt platt. Fast nie Spule, sondern immer Pappe, Sicke, Spider. Oder HF Schwingspule löst sich von der Membran.
    Dabei muss ich aber auch feststellen, dass wir schon eine beachtliche Anzahl an Kisten haben. So gesehen halten die Chassis dennoch überraschend lang - trotz sehr hoher Belastungen.
    Limiter haben wir auch, die bordeigenen der BSS Controller. Aber das ist wie ich schon sagte alles "zu spät"!

  • rockline:
    Ich denke eigentlich ganz gerne :D
    Klar gehen die Anforderungen und Möglichkeiten professioneller Verwender teilweise in eine andere Richtung, das verstehe ich auch. Ich muss allerding mit dem Material klar kommen, das da ist, und dieses möglichst vor Zerstörung schützen. Messung mit Oszi wäre für mich kein Problem, hab ich auch schon gemacht, aber damit erfasse ich nur clipping, und nur mit Sinussignal kann ich die berechnete Spannung auch messen.


    Danke jedenfalls an alle für die vielen Antworten. Ich fasse mal zusammen, unter Einbeziehung von Infos aus alten threads:
    - Messung mit Sinussignal taugt zur Ermittlung des tresholds für die RMS-Limitierung. Diese könnte mit den dynamischen EQs in den einzelnen Wegen erfolgen. Welche ratio sollte ich da sinnvollerweise einstellen? 3...5:1 OK?
    - Den (Peak)Limiter stelle ich dann 3...6 dB höher ein, je nach Musikstil. Brutaler=vorsichtiger :)
    - Zu attack und release Zeiten hab ich folgendes gefunden:
    Subwoofer 100...200ms, Midrange/Fullrangetops 50...100ms, Hochton 10...25ms.


    Werde das mal so antesten, wenn noch jemandem was dazu einfällt - gerne!


    Thx!
    Martin

  • Bei der Belastungstestung des Verstärkers am Lastwiederstand muss der Lastwiederstand bei den gegebenen Daten von 8Ohm 400W doch >=3,2W Haben `?


    U = √(P*Z)


    => P(1kOhm) = U^2 / R


    R = Z in demfall die 1KOhm vom Lastwiederstand ... nicht komplex gerechnet ...


  • Das habe ich komplett nicht verstanden.


    Ganz einfach geht es so: wenn eine Endstufe 400 Watt an 8 Ohm kann, dann sollte der Lastwiderstand ebenfalls 8 Ohm haben (wenn man die Leistung an 8 Ohm messen möchte) und mindestens 400 Watt Belastbarkeit aufweisen. Er kann auch 10.000 Watt belastbar sein - das ist piepegal, aber mit einem "3,2W" Widerstand wird das nix.

  • rockline:
    Natürlich, so muss es sein. Ich hab mir für die verschiedenen, mit meinem system möglichen Kombinationen die jeweiligen Maximalpegel per Oszi rausgemessen. D.h. bei 8 Ohm Lasten einen entsprechenden Lastwiderstand drangehängt und bei 4 Ohm Lasten eben einen mit 4 Ohm. Damit kann man dann auch die unterschiedliche Netzteilbelastung des Verstärkers berücksichtigen.

  • "1. Berechnung der maximalen Spannung an der Box für die zulässige Belastung:
    =Wurzel(Leistung*Impedanz)
    =56,57V (Effektivwert)
    2. An den Verstärker wird ein 8 Ohm Lastwiederstand angeschlossen und ein Sinussignal mit 1kHz eingespeist.
    3. Parallel zur Last hängt ein True-RMS-Multimeter (oder Oszi, dann aber Spannung auf Spitzenwert umrechnen, Faktor 1,414). Das Eingangssignal wird so lange erhöht, bis die berechnete Spannung angezeigt wird. Dann fahre ich den Limiter am Controller runter bis er greift.
    4. Fertig
    Dieser Vorgang wird mit den jeweiligen Amps und Belastungen wiederholt."


    -> Zu Punkt 2: Es muss kein Lastwiderstand angeschlossen werden - ich kann auch im Leerlauf messen, da doch hoffentlich anzunehmen ist, daß die Ausgangsspannung der Endstufe mit und ohne 8Ohm (näherungsweise) gleich ist. Wenn das nicht gilt: -> a; In die Tonne treten oder b; noch besser: Dicke Frontplatte und leuchtende Röhren spendieren und den Amp für ne 5stellige Summe zusammen mit einem abgeschirmten überteuerten Netzkabel an einen High-End-Esoterik-Jünger verhökern ;-


    "Bzw. was mir auch nicht aus dem Kopf geh, ist, den Amp über Lastwiderstand mit pink noise zu belasten, und dann über die Strommessung ein Setting für den peak limiter zu erhalten. Dieses würde dann ja den Crestfaktor mit berücksichtigen und müsste daher realistischer sein.
    In meinem Beispiel wäre das also:
    Spannung wie für Sinus berechnet, da korrekter Effektivwert für Dauerbelastung.
    I=U/R
    I=7,07A
    Der Widerstand integriert mir über den Strom den Effektivwert."


    In einem idealen (und näherungsweise auch realen) ohmschen Widerstand ist Momentanspannung und -Strom zu jedem Zeitpunkt proportional. Beide Unterscheiden sich nur durch den Faktor R. Hier wird nichts integriert. Weil das so ist, sind auch sämtliche Kenngrössen, wie Effektivwert, Spitzenwert, Crestfaktor, Mittelwert, Gleichrichtmitelwert,... von Strom und Spannung jew. zueinander proportional und unterscheiden sich nur um den konstanten Faktor R. Ich kann also Spannung messen, (was einfacher ist) und den Strom berechnen.

  • Hallöle,


    mit einem einfachen Peaklimiter bekommt man es nicht in den Griff, Chassis auf Dauerlast sicher zu begrenzen, weil der PEAK-Limiter eben die PEAKS begrenzt und nicht die RMS-Belastung. Da PEAK und RMS massiv vom Crestfaktor abhängen, wird entweder beim Vorgehen mit Sinus (eigentlich noch sicherer Rechteck) die Dauerbelastung auf Ihren maximalen Wert eingepegelt (und die ist obendrein noch frequenzabhängig) mit der Folge, daß bei Musik das Chassis nicht ausgelastet wird (ca- 10dB drunter).


    Nimmst du Pinknoise und begrenzt damit, gibts das umgekehrte Problem. Kommt statt "Musik" mal ein Sinus oder gar Rechtecht mit dickem Pegel, liegt dann die RMS-Leistung ca. 10dB über dem per Pinknoise eingepegeltem Wert (das stirbt recht schnell).


    Abgesehen davon müßte deine Endstufe für die Pinknoise Methode, damits sicher funktioniert, natürlich den Crestfaktor noch sauber darstellen können. Das wird nur bei wenigen Amps der Fall sein (am ehesten die großen Digitalen Amps mit hoher Pegelreserve aber "wenig" (Netzteil-)Dauerpower, allein schon wegen der 16A Netzbegrenzung).


    Mit Peak-Limiter geht am ehesten sowas wie ein Kompromiss zwischen Peaks (mechanisch/elektrische Kurzzeitgrenze) und halbwegs Mitbegrenzung der Dauerleistung (über die Releasezeit) unter Ausnutzung der Dynamik im Musiksignal. Drückt dir aber ein etwas längeres Rechteck rein, geht dir auch dabei was hops.


    Darum läßt man sich bei besseren Controllern halt die Peak plus RMS-Begrenzung auch schön bezahlen (obwohls nur Software ist)...


    Grüße
    Mattias