Prozeßanpassung in der Digitalpultpraxis

  • Zitat

    … ist doch nun wirklich eine Grundfähigkeit, die ein Festival-Systemer beherrschen sollte.

    Again: Sollte! ;)
    Und damit sind wir auch ganz nah bei Gumas 'Auskennen'. Wer hier mag denn für sich reklamieren, dass er sich mit allen Funktionen aller Pulte (und sonstiger Signalverteilungseinrichtungen), die ihm heutzutage in der Praxis in unregelmäßiger Reihenfolge über den Weg laufen, wirklich auskennt? Also 'auskennen' nicht im Sinne von Google, sondern von flüssigem Beherrschen sämtlicher versteckter Möglichkeiten und Funktionen, ohne sich dadurch vom Ideal des intuitiven Arbeitens unnötig weit entfernen zu müssen?
    Ich selbst für mich ganz sicher nicht, nicht einmal bei meinen 2 oder 3 Lieblingspulten. Es reicht halt meistens irgendwie zur Schadensbegrenzung, und eher selten auch mal für mehr. Das Ganze ist a) ziemlich unbefriedigend (außer man hat ein Faible für gelebten Sarkasmus im Chaos), und b) geht offensichtlich – das lehrt die tägliche Praxis – nicht nur mir so. Jugend forscht und Prinzip Hoffnung überall; ganz gleich ob im Jugendzentrumskeller, im Bierzelt oder auf den größten Festivalbühnen der Welt. (Klar gibt’s immer welche, die alles ganz ganz genau wissen, zumindest im Internet. Aber live begegnet man solchen irgendwie nirgendwo, oder sie kriegen's letztendlich dort im Ernstfall nicht auf die Kette – was dann stets an den 'Umständen' liegt).


    Persönliches Zwischenfazit in Sachen 'Prozessanpassung':
    1.) Keep it simple. Im Zweifel so nah wie möglich am Default (deshalb sind mir Pulte ohne ein solches prinzipiell ein Gräuel).
    2.) Erarbeite dir für häufiger genutzte Gerätschaften und Setups ein paar Bedienungserleichterungen. Und zwar dergestalt, dass nicht nur du sie als solche empfindest, sondern ggfs. auch dein Vertreter oder ein unsicherer/ unerfahrener Gasttech (du wirst irgendwann einen Vertreter brauchen und/ oder einen unsicheren Gastmischer betreuen).
    3.) Richte dich darauf ein dass, sobald du das Gefühl hast ein Pult bestmöglich an deine Bedürfnisse angepasst zu haben, du diesem Pult frühestens dann wieder begegnen wirst wenn du vergessen hast, was du dir damals eigentlich dabei gedacht hast.


    Allseits fröhliches Weiterforschen!


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo


    (@ Guma: in der Zeit, in der ich zu verstehen versuche was mir ein typisches Digico- Popup eigentlich sagen will, habe ich auf anderen Gerätschaften auch schon mal den kompletten Monitormix fertig... :D)

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."


  • Keep it simple ist eine sehr gute Basis, wenn man noch nicht weiß, was geht.


    Was FOH-Betreuung betrifft, bin ich der Meinung, daß ein Betreuer sein Pult besser kennen muß als wenn er das Pult nur bedienen soll. Minimum ist eine fundierte Kenntnis des Patchings (intern und extern) und der Pultoberfläche.

  • Zitat von "billbo"

    Und damit sind wir auch ganz nah bei Gumas 'Auskennen'. Wer hier mag denn für sich reklamieren, dass er sich mit allen Funktionen aller Pulte (und sonstiger Signalverteilungseinrichtungen), die ihm heutzutage in der Praxis in unregelmäßiger Reihenfolge über den Weg laufen, wirklich auskennt? Also 'auskennen' nicht im Sinne von Google, sondern von flüssigem Beherrschen sämtlicher versteckter Möglichkeiten und Funktionen, ohne sich dadurch vom Ideal des intuitiven Arbeitens unnötig weit entfernen zu müssen?
    Ich selbst für mich ganz sicher nicht, nicht einmal bei meinen 2 oder 3 Lieblingspulten. Es reicht halt meistens irgendwie zur Schadensbegrenzung, und eher selten auch mal für mehr. Das Ganze ist a) ziemlich unbefriedigend (außer man hat ein Faible für gelebten Sarkasmus im Chaos), und b) geht offensichtlich – das lehrt die tägliche Praxis – nicht nur mir so. Jugend forscht und Prinzip Hoffnung überall; ganz gleich ob im Jugendzentrumskeller, im Bierzelt oder auf den größten Festivalbühnen der Welt. (Klar gibt’s immer welche, die alles ganz ganz genau wissen, zumindest im Internet. Aber live begegnet man solchen irgendwie nirgendwo, oder sie kriegen's letztendlich dort im Ernstfall nicht auf die Kette – was dann stets an den 'Umständen' liegt).


    Das alles bestätigt eigentlich nur, dass es in dem Gewerbe sehr viele Leute gibt, die sich nicht gut auskennen b.z.w. dass Du in Deinen Hauptbetätigungs-Genre ziemlich vielen davon begegnest. Das ist in anderen Sparten der Mischerei definitiv nicht so.


    Zitat von "billbo"

    Erarbeite dir für häufiger genutzte Gerätschaften und Setups ein paar Bedienungserleichterungen. Und zwar dergestalt, dass nicht nur du sie als solche empfindest, sondern ggfs. auch dein Vertreter oder ein unsicherer/ unerfahrener Gasttech (du wirst irgendwann einen Vertreter brauchen und/ oder einen unsicheren Gastmischer betreuen).


    Das ist auf jeden Fall eine gute Idee ... :wink:

    Zitat von "billbo"

    Richte dich darauf ein dass, sobald du das Gefühl hast ein Pult bestmöglich an deine Bedürfnisse angepasst zu haben, du diesem Pult frühestens dann wieder begegnen wirst wenn du vergessen hast, was du dir damals eigentlich dabei gedacht hast.


    Das ist eine Frage der persönlichen Gedächtnisleistung. Diese kann man beträchtlich erweitern, wenn man sich das, was man sich da hergerichtet hat, auch später noch mal auf einem Editor in Ruhe anschaut. Dieses "Was habe ich da eigentlich gemacht" ist lernpsychologisch das Beste was man tun kann. Schade, dass Du Dich so hartnäckig dagegen wehrst.


    Zitat von "billbo"

    (@ Guma: in der Zeit, in der ich zu verstehen versuche was mir ein typisches Digico- Popup eigentlich sagen will, habe ich auf anderen Gerätschaften auch schon mal den kompletten Monitormix fertig... :D)


    1. Du übertreibst
    2. Das Öffnen des o.g. Aux Panels passiert Dir auch akzidentell, wenn Du aus Versehen mal den Bildschirm berührst ... :D
    3. Du hast ja schon zugegeben, dass Dir Leute begegnet sind, die diese Pulte flüssig bedienen können ...(Rouven) :D
    4. Gut ich bin mit dem Monitormix am SD8 schon fertig, während Du am Vi 2000 noch die fünfte FX Engine suchst.... :D


    wie ich bereits sagte:

    Zitat von "guma"

    Ich verstehe, dass es die Konstellation "ich kenne mich mit einem Pult gut aus und mit den anderen ein bisschen" häufig vorkommt, aber jemand mit diesem Kenntnisstand hat genau genommen einfach nichts anzupassen. Logisch oder?


    Trotz dieses "Ausschlusskriteriums" gibt's Leute, die hier praxisnahe Vorgehensweisen beschreiben. Wenn das nicht Deins ist, kannst Du ja auch einfach nichts schreiben. :wink:

  • Eine grundsätzliche Frage zum Thema Channelstrips:
    Es gibt ja nun nicht nur die PM5D und M7CL sondern im Gegenteil ziemlich viele Kisten, die eine begrenzte Anzahl von Fadern vorsehen, dafür aber eine freie Belegbarkeit der Oberfläche bieten.
    Bereitet ihr sowas wie eine "Kapellenebene" vor? Also aus dem vollen Patch eine bandspezifische Auswahl auf einem Custom-Layer?


    Viele Grüße,


    Thomas

  • Ja, das is genau der Punkt. Hier würde ich von Prozeßanpassung sprechen. Diese Arbeitsweise drängt sich, wie in meinem Threadstart beschrieben, für die Kombination 'reduzierte Faderzahl aber freie Belegbarheit' praktisch auf. Ich ziehe mal hiermit um in den anderen Thread.


    Ich mache es so:


    Für mich selbst immer 'Kapellen-Ebene', für Gastmischer 'was willste in welcher Reihenfolge auf der Kapellenebene haben?'. Für ein Pult mit beispielsweise 20 -25 Fadern macht das auf jeden Fall mehr Sinn als "der Ordnung halber" Leer- oder ungenutzte Kanäle auf der Oberfläche zu lassen und mehr Bankhopping zu produzieren. Dazu muß aber die Stripzusammenschiebetechnik des jeweiligen Pultes einfach schnell genug sein, wie es bei Allen&Heath und seit V821 auch bei DiGiCo der Fall ist. Dann kann man für die Kollegen immer noch aussuchen, ob sie das lieber 'von links nach rechts' oder 'nach Funktion populiert' oder wie auch immer haben möchten.
    Hat eine Produktion sehr viele Kanäle, ist es mE auch sinnvoller, das nicht mehr per Bankwechsel abzuarbeiten sondern ebenfalls aus einer 'Kapellen-Ebene' heraus VCA Group Inhalte, Spills, Multichannels, POP Groups oder was auch immer das jeweilige Pult bietet, zu öffnen.

  • Hallo und Danke und fürs verschieben. Ich habs bei den letzten Festivals mit iLive immer so gehalten, dass ich zwei Alternativen vorbereitet habe - einmal den Gesamtpatch 1:1 mit Ebenenhopping und einmal den Patch laut Rider mit möglichst vielen Kanälen auf der ersten Ebene. Das stieß bei den Kollegen eigentlich immer auf guten Anklang - und ich bevorzuge ebenfalls letzteres, es macht einen kaum etwas langsamer als bei 20 real benutzten Kanälen durch 48 Ch. Patch zu springen, womöglich noch auf einem Pult mit nur 16 oder 20 Eingangsfadern. Am einfachsten und schnellsten ist das natürlich bei Pulten die per Drag & Drop patchen können (GLD...)


    Aber - auch zu dem Thema gibt es sicher mehr als eine Meinung.:-D


    Viele Grüße,


    Thomas

  • Das ist doch mal ne vernünftige Taktik. Bei den DiGiCos mache ich es so, dass ich drei Sachen anbiete:
    1. Den Kapellenlayer mit den dazugehörigen Inputs, VCAs, FX Returns, Outputs
    2. zusätzlich 'all Inputs' auf dem neuen Layer 3
    3. 'Spill all' mit allen Striparten von links nach rechts ( 'spill' geht bei DiGiCo nicht nur für VCAs sondern für alles, was man hineinwählt) = die fixe "YAMAHA-Anordnung".

  • ich kann mir kaum vorstellen, das es da viele andere meinungen geben könnte.
    denn diese vorgehensweise ist bei pulten mit relativ wenigen fadern nun wirklich absolut sinnvoll.
    und wenn man die faderbelegungen noch dazu so einfach erledigen kann wie bei dLive/GLD/iLive (bei letzterer per drag&drop im editor) sehe ich wirklich keine sinnvolle alternative zu dieser vorgehensweise.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • ach so, ja:
    in meiner dLive lege ich trotzdem alle inputs auf die unteren faderebenen. hier habe ich gegenüber der iLive ja 6 ebenen, das ist hier also etwas einfacher zu realisieren.
    damit habe ich stets die kontrolle über alle inputs und trotzdem kann ich mir noch layer mit speziellen, bandbezogenen belegungen machen.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Howdy


    Lange hatte ich auf der iLive auch die Praxis erstmal alle Kanäle aufzulegen und dann einen Best-Off-Layer zu haben. Diesen Sommer hat sich aber herauskristallisiert, daß auf der linken 12er Bank der T80 auf Layer 1 das Schlagzeug aufgelegt ist (alles zwischen 6 und 12 Kanälen) und auf Layer 2 der Rest (mehr als 12 Kanäle Instrumente und Gesang hatte ich nie, Stereokanäle mit einem Fader).
    Das bedeutet zwar Layer-Hopping, aber gedanklich bin ich bei einer festen Belegung schneller.
    Wenn Layer 1 nicht voll belegt ist, doppele ich auch den oder die Hauptgesänge auf Layer 1. Wichtig dabei ist aber, daß er auf der gleichen Stelle liegt (B11 und B12 doppelt auf A11 und A12).


    Gruß
    Rainer

  • so ähnlich mache ich das auch, nur das bei mir im Layer1 die melodieinstrumente und gesänge sind.
    drumset gibt es dann auf layer3, layer2 ist für "sonderaufgaben" reserviert.


    aber das kann ja jeder machen wie er mag ;)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • ich mag es, wenn alle Inputs auf einem Layer liegen.
    -------------------------------------------------------------
    there's nothing about having all inputs on just one layer,
    exept more layers with even more inputs :D

    --------------------------------------------------------------
    there's nothing important like headroom - exempt from more headroom
    Sound is no matter of taste - but an issue of education and recognition

  • Zitat von "donut"

    ich mag es, wenn alle Inputs auf einem Layer liegen.
    ...

    wer mag das nicht? :wink:


    ist aber leider nicht immer machbar. und dann muss man sich machbare kompromisse basteln. und dazu gehört dann, dass man nicht ständig benötigte kanäle auf einen hinteren layer legt. man muss sich nur eine sinnvolle logik einfallen lassen, dann geht das schon. aber alles hat irgendwann auch seine grenzen. als ich neulich einen 40kanal-job auf meinem pult mit 20 fadern gemischt habe, war ich auch nicht mehr so richtig glücklich... aber ich hab´s trotzdem so hinbekommen, daß das publikum zufrieden war. letztlich zählt nur das ergebnis, nicht der weg dort hin.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "donut"

    ich mag es, wenn alle Inputs auf einem Layer liegen.


    dann brauchst Du ein M7CL und ein ordentliches Ersatzteillager dazu, denn ich glaube nicht, dass es in Zukunft noch mal solch ein Pult geben wird ... :wink:

  • Also Prozessanpassung wg. Faderschwund ... ist ja tatsächlich auch ein Grund, vieles heute so zu machen wie man es macht. Obwohl für Festivals etc. ja immer noch Pulte mit vielen Fadern Standard sind, damit man (fast) alles Wichtige auf eine Ebene bekommt, ich mag es nämlich auch nicht, wenn ich unter Stress herumflippern muss, und das auf einem Pult das ich nicht selber eingerichtete habe.


    Ich finde das meiste das schon genannt wurde wg. Einrichtung sehr gut und viele Dinge mache ich auch so ... was mir wichtig ist, und was leider immer wieder nicht der Fall ist, ist das derjenige der das (Festival)File eingerichtet hat auch der Pultbetreuer ist, und dieser mensch auch in der Lage ist mir kurz, Knapp und trotzdem vollständig zu erklären was er wo hingelegt hat und warum. Wenn ich schnell verstehe wie ein Pult eingerichtet ist komme ich auch mit Konfigurationen klar, die nicht unbedingt meiner Logic entsprechen.

  • Mein eigenes Pult bietet ja keine wirklich freie Belegung der Layer ( es geht zwar jeder inöut an jede Stelle aber das war es dann), daher habe ich für mich mittlerweile die Angewohnheit die ersten Layer auch bei anderen Pulten mit den Inputs der Reihe nach zu belegen.


    Das hat für mich den Vorteil das ich anhand der faderzahl auch immer recht schnell weiß wo ich welchen Kanal suchen muß, z.b. Bei 16 Fadern ist Kanal 35 der dritte fader im dritten Layer.


    Erst danach Patche ich die User Layer.


    Das bedeutet aber auch das ich einem Gast dann kurz sagen muß "dein Arbeitslayer ist Layer x"


    Damit sollte eigentlich jeder zurecht kommen, selbst wenn der vorbereitete arbeits oder band Layer nicht passt.

    Privater Account mit meiner persönlichen Meinung.

    Sollte es ein Problem mit meiner Neutralität zu einem Thema geben mache ich das im Beitrag kenntlich. :thumbup:

    http://www.noon.ruhr


    Application Support Engineer - HK Audio

  • Zitat von "oton"


    ... und was leider immer wieder nicht der Fall ist, ist das derjenige der das (Festival)File eingerichtet hat auch der Pultbetreuer ist, und dieser mensch auch in der Lage ist mir kurz, Knapp und trotzdem vollständig zu erklären was er wo hingelegt hat und warum. Wenn ich schnell verstehe wie ein Pult eingerichtet ist komme ich auch mit Konfigurationen klar, die nicht unbedingt meiner Logic entsprechen.


    ... Über die Qualität von Pultbetreuern wurde in diesem Board schon viel geschrieben :roll: ... leider gibt's dagegen keine technische "Prozessanpassung" und selbst die Anpassung an die Dämlichkeit der Mitmenschen (neudeutsch: keep it simple) hat an dieser Stelle Grenzen ...