Blitzschutz auf Festivals

  • Rock am Ring ist natürlich der Aufhänger.


    Ganz allgemein:


    Was gibt es für Strategien bei aufkommendem Gewitter?


    Autos?


    Schutzräume?


    Evakuierung?


    Das Publikum in die Zelte auf nassem Boden zu schicken kann ja nicht die Lösung sein. Autos auf den Zeltplatz zu lassen auch nicht.

  • Ich Rahmen des WJT 2004 hatte man sich mit dem Thema ausgiebig Beschäftigt.


    Fazit: Man kann nur Isolieren oder Erden. So waren zum Beispiel alle PA Türme geerdet, was selbstverständlich sein sollte, aber nur 3 Türme waren leitend miteinander verbunden.
    So konnten bei einem Blitzeinschlag "nur" 3 Türme ausfallen.


    Sonstige Regeln:


    -Alles Erden! Auch Wurstbuden, Wohnwagen, Zäune, Gitter etc... Das verhindert einen Überschlag auf Personen
    -Keine Bäume!


    Hilfreich ist auch leitender Boden (Box Panels zum Beispiel) oder Isolierter Boden (da kommt die Isomatte im trockenen Zelt ins Spiel).
    So kann man tatsächlich etwas ähnliches wie einen Schutzraum bauen.


    Auto ist immer gut, wenn man drinnen sitzt und nicht daneben steht.


    Aber das kann man sich auch alles in Ruhe hier mal durchlesen: https://www.vde.com/de/Ausschu…iten/Veranstaltungen.aspx


    Fazit damals war: Man kann einen Blitzeinschlag mit verletzten einfach nicht verhindern, evakuieren auch nicht. Der Herr wird es schon richten, derweil machen wir mal alles nach Vorschrift.

  • Lösung ist meiner Meinung ausschließlich das Auto.
    Nur darin ist der Einzelne sicher.


    Das Problem stellen ja grade die gut geerdeten Türme bzw. alles metallisch hoch aufragende dar.
    Das ist neben Wasserflächen, wie auch bei starkem Regen, das bevorzugte Ziel der Entladung.
    Bei sehr starken bzw. vielen Blitzen ist der normalen Erdung halt Grenzen gesetzt..

    Never stop a running System

  • Zitat von "ThoSchu"

    -Alles Erden! Auch Wurstbuden, Wohnwagen, Zäune, Gitter etc... Das verhindert einen Überschlag auf Personen


    Da man mit den üblichen Erdungsspießen nicht besonders tief kommt, bildet sich dann allerdings wieder ein Bereich mit gefährlicher Schrittspannung.


    Ich sehe eigentlich keine Chance mit vertretbaren Aufwand einen besonderen Blitzschutz auf Open-Airs zu gewährleisten.


    Zitat von "madmax"

    Lösung ist meiner Meinung ausschließlich das Auto.


    Naja - das übliche Bierzelt (Aluminiumträger mit 5 m Abstand) und selbst der FoH (Layhergerüst) sind näherungsweise faradaysche Käfige, sodass Personen, die sich innerhalb dieser Konstruktionen befinden, vor Blitzen hinreichend geschützt sind. Allerdings ist es fragwürdig, ob man noch genug Schutzplätze in Zelten für so viele Besucher wie bspw. bei Rock am Ring schaffen kann - wobei diese Schutzräume auch wieder evakuiert werden können müssen.
    Es gibt auf jeden Fall Möglichkeiten einen effektiven Blitzschutz für das Publikum zu erreichen - nur sind diese leider allesamt sehr aufwendig.

  • Zitat

    Das Problem stellen ja grade die gut geerdeten Türme bzw. alles metallisch hoch aufragende dar.


    Du spielst auf die Schrittspannung an. Der Bereich um einen "Blitzableiter" muss dann isolierend oder leitend ausgelegt sein.
    Kann man sogar recht einfach durch Bodenabdeckungssysteme realisieren.

  • Zitat von "ThoSchu"

    Du spielst auf die Schrittspannung an. Der Bereich um einen "Blitzableiter" muss dann isolierend oder leitend ausgelegt sein.
    Kann man sogar recht einfach durch Bodenabdeckungssysteme realisieren.


    Wobei sich mir dann die Frage aufdrängt, wie isolierend ein regennasser Kunststofboden am Ende wirklich ist.
    Gewitter bei Trockenheit ist ja eher selten, insofern die Frage ob es dazu Erfahrungswerte gibt,
    oder ob am Ende z.B. ein Tiefenerder doch die einzige wirklich ernstzunehmende Schutznmaßnahme bleibt.

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    Nächste Messe: PLASA Leeds am 14. und 15. Mai, Stand R-C10

  • Um das abzukürzen...


    In dem Link ( https://www.vde.com/de/Ausschu…iten/Veranstaltungen.aspx ) ist das ganze Thema aus meiner Sicht und vielen Gesprächen mit echten Profis voll umfassend behandelt.


    Bitte einfach mal lesen und bei Open Airs auch ansprechen. Ich will hier keinen verurteilen, aber ich gehe gerne eine Wette ein: Noch wissen wir nicht, was bei RAR passiert ist, aber meine Beobachtung ist, dass diese Anleitung nicht beachtet wird.


    Auffällig viele Leute bei Blitzschäden sind nur leicht verletzt und in der Nähe von Blitzableitern. Direkte Treffer kannst Du auf fegen.


    Wie Isolierend ein Boden ist, kann sich verändern, Tiefenerder müssten schon sehr tief sein. Daher ja mein Rat: Erden. Energie weg von Menschen.

  • Der aller wichtigste Punkt imho:
    Frühzeitige Information.
    Es kann nicht angehen, dass, wie bei Rock am Ring, um jeden Preis der Zirkus Halligalli Auftritt durchgeprüfelt wird, weil da extrem viele Gelder geflossen sind, und dann 3 Minuten vor dem ersten Einschlag gewarnt wird, aber die nächsten Tage Stunden vorher!


    Grüße

  • Ich bleibe dabei; bei sovielen Menschen bleibt nur das Auto. Weil einfach in ausreichender Menge vorhanden.


    Bei manchen Festivals ist auch Methode Auto-neben-Zelt üblich.
    Man kann jetzt drüber streiten, was besser ist.
    Bei Unwetter längere Fahrwege durch den Schlamm vs. richtiger Wetterschutz.
    Der reine Platzbedarf dürfte gleich sein; OrganisatIon schwieriger und Weg zur Bühne weiter.

    Never stop a running System

  • die lösung mit dem auto ist natürlich die sinnvollste.
    is klar.
    die frage ist nur: wie lange brauchen 90.000 leute, bis sie in ihren autos sind? da müsste mal also schon evakuieren, bevor sich so manches gewitter überhaupt richtig gebildet hat.


    in denke das wird deshalb eher nicht klappen, alle in ihre karre zu bekommen. obwohl es natürlich wirklich wünschenswert wäre.


    und noch etwas muss beachtet werden: bei grosse festivals reisen nicht wenige leute ohne auto an, entweder weil sie noch zu jung sind oder weil sie vielleicht auch einfach ihren führerschein nicht verlieren wollen. diese personen bekommt man sowieso nur schwer unter.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Da kommt es natürlich auch entscheidend auf das Gelände drauf an.
    Schauen wir uns das diesjährige Rock der langen Wege an, ist das eine wahrscheinlich noch gefährlichere Option.
    Der Weg vom Konzertgelände bis zu den Parkplätzen hatte Locker 1km und aufwärts, teilweise mit Passagen, wo nichts hohes in der Nähe war.
    Die Leute da drüber zu schicken wäre in dem Moment noch unverantwortlicher gewesen und hätte sicherlich zu noch mehr verletzten geführt.


    Grüße

  • Richtig!


    Du kannst nicht wegen "jedem Schiss" die Leute zu den Autos schicken.
    Du kannst nicht Evakuieren, weil dort andere, viel größere Gefahren warten. (Es kracht hier gleich, bitte geht wohin Ihr auch immer gekommen seit.)
    Aus meiner Sicht bleibt nur, Firmen wie EPS, Limes Event oder Stageco (Auswahl beliebig, nur ein Beispiel) zu mehr Umsatz zu verhelfen.


    Ein Platz für alle bei Musik, der nach besten Wissen und Gewissen geschützt ist.
    Delaytürme alle 40m (Hilft auch den Tontechnikern), große Bühnen, Masten... Alles geerdet. Bodenabdeckung leitend (Stahl oder Alu).
    Für 90.000 Besucher (4 pro m2) sind das 22.500m2 oder 100x225 Meter.


    Das ist keine Garantie, aber für ein Festival absolut hilfreich und der Platz ist auch nach dem größtem Unwetter weiterhin bespielbar. Kein Schlamm, kein Nerv, super Aufbau und Abbau.


    Alles Andere ist "gebastelt", wälzt die Verantwortung auf Einzelschicksale, DRK, THW und andere und ist wegen der Kommunikation vor Ort schwierig.


    Was wäre das für eine coole Ansage: "Wir erwarten ein Unwetter, kommt einfach vor die Bühnen und feiert mit uns zusammen, hier können wir die maximale Sicherheit bieten mit spezial Effekts."


    Nur mal so ein Denkanstoß...


    Mal zur Kalkulation: Tickets haben 170€ gekostet.
    Netto bereinigt wären das (VVK Gebühr bleibt ja im Unternehmen) knapp 14,5 Millionen. Es war ausverkauft im Februar.


    Impressum:


    Marek Lieberberg Konzertagentur GmbH & Co.KG
    c/o CTS EVENTIM AG & Co. KGaA, Contrescarpe 75 A, 28195 Bremen
    Sitz: Bremen (Amtsgericht Bremen, HR A Nr. 27380),
    UST-IDNR.: DE 215 92 41 34
    Persönlich haftender Gesellschafter:


    Marek Lieberberg Verwaltungs GmbH, Sitz:
    Bremen (Amtsgericht Bremen, HRB 30989 HB)


    Geschäftsführer:
    Dr. Frithjof Pils
    Kontakt:


    Tel: +49 (0)69 / 956 20 20
    Fax: +49 (0)69 / 568 199
    E-Mail: info@mlk.com


    Sich jetzt auf den Kreis oder das Land zurückzuziehen ist einfach arm.
    Haben wir bei der Loveparade ja auch schon alles erlebt.


    Unternehmerisches Risiko sollte auch so behandelt werden. Wer mit Millionen handelt, sollte auch der Fürsorgepflicht nachkommen und wirtschaftlich dafür zur Verantwortung gezogen werden.

  • Zitat

    Sich jetzt auf den Kreis oder das Land zurückzuziehen ist einfach arm.
    Haben wir bei der Loveparade ja auch schon alles erlebt.


    möge die Schlammschlacht beginnen:
    http://www.welt.de/vermischtes…u-beenden-war-falsch.html
    http://www.metal-hammer.de/roc…schaedigungen-aus-633441/


    Das Interview: http://www.volksfreund.de/nach…war-falsch;art764,4488402


    Was mir dabei ins Auge sticht - wenn er schon auf die jahrelange Erfahrung verweist, warum...


    1. es zu so vielen Verletzten (bei Blitzeinschlägen wohl bemerkt, nicht durch Panik, soweit ich die Meldungen deuten kann) kommen konnte und


    2. es wohl nicht möglich war, das Gelände ordentlich und ohne"Schlammfalle" für die PKW zu evakuieren (was eigentlich gerade in Anbetracht vieler Ereignisse der letzten Jahre einen hohen Stellenwert haben sollte)


    Auch klingt es ein wenig so, als wenn sich im Vorfeld die Verantwortlichen nicht eindeutig über den Ernstfall abgesprochen haben.

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • Absolute Sicherheit gibt es nur auf dem Festival, das gar nicht erst stattfindet. Andererseits ist jede Veranstaltung zwangsläufig mit einer Gefahren- bzw. Risikoabwägung verbunden. Das gilt insbesondere für solche Groß- und Größt-Events. Nun drängt sich mir der Eindruck auf, als ob veranstaltungsgefährdende Wetterlagen in den letzten Jahren sowohl was die Häufigkeit als auch was die Intensität angeht, immer mehr zugenommen haben. Was ich aber nicht sehe, ist, dass die Maßnahmen zur Reduzierung der dadurch entstehenden Gefahrenlagen in gleichem Maß mitgewachsen wären. Sprich, da wo man früher "Da kann nichts passieren!" sagen konnte und meistens damit rechtbehalten hat, gilt das heute definitiv nicht mehr.


    Es gab ja nach der Love-Parade-Katastrophe in Duisburg umfangreiche Diskussionen über Notfallpläne, Gefahrenabschätzungen, Risikobewertungen, Sicherheitskonzepte u.ä. ... Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Experten für Risikoabschätzungen bei den Versicherungen sitzen. Vor diesem Hintergrund könnte ich mir gut vorstellen, dass eine Veranstaltung nur dann genehmigt wird, wenn der Nachweis erfolgt, dass der Versicherung(!) ein geeignetes Sicherheitskonzept vorgelegt wurde und dass das von dieser akzeptiert wurde. Für die dafür abzudrückende Prämie bekommt der Veranstalter dann auch einen Aufpasser der Versicherung zur Seite gestellt, der zum einen die Einhaltung des Konzeptes vor Ort überwacht und zum anderen auch berechtigt ist, die VA abbrechen zu lassen, wenn die Überschreitung des versicherten Gefahrenrahmens droht.


    Vorteil dieser Vorgehensweise wäre es, eine Person vor Ort zu haben, die zum einen sachkundig ist und zum anderen weder an die Weisungen des Veranstalters noch an die irgendwelcher technischer Dienstleister gebunden ist. Und mit der Androhung des Widerrufs der Versicherung steht dieser Person darüberhinaus ein ganz schön großer Knüppel zum Schwingen zur Verfügung.

    Harvard'sches Gesetz für Tierversuche: "Unter sorgfältigst kontrollierten, dokumentierten und jederzeit reproduzierbaren Laborbedingungen verhalten sich Versuchstiere immer so, wie es ihnen gerade passt."

  • Genehmigung mit Konzept und Versicherungsnachweis - ja (s. Automobilzulassung)


    Überwachung und Dokumentation seitens der Versicherung - ja, auch mit Einspracherecht zu vor Ort zu treffenden Entscheidungen


    Entscheidungshoheit seitens der Versicherung - definitiv nein. Das verlagert nur den Rechtsstreit auf ein wahrscheinlich noch unangenehmeres Niveau, da hir wirtschaftlich unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen.

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • das mit dem versicherungs-fachmann scheint mir eine interessante und gangbare möglichkeit zu sein.
    ebenfalls die idee mit dem leitenden untergrund für alle zuschauer.


    in endeffekt wird das solche grossveranstaltungen natürlich verteuern. doch irgendwie muss man ja so langsam den höheren gefahrenpotentialen durch gewitter rechnung tragen. es kann ja nicht sein, dass man dieses risiko zu 100% auf die besucher überträgt, getreu dem motto: bist ja selbst schuld, wenn du im sommer auf ein openair gehst...


    und a propos verteuern: man kann ja dann, wie überall sonst auch, mal anfangen an der veranstaltungstechnik zu sparen.
    nee, das war n scherz :D

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "java4ever"

    Gewisse Veranstalter kamen auf die glorreiche Idee, massiv an den sanitären Anlagen zu sparen....


    ach, das gabs aber schon immer, das ist nun wirklich nix neues.
    ich denke da nur mal kurz ans Werner-rennen in Hartenholm, ende der 80er... nach drei tagen wurden die wenigen klohäusschen von den besuchern umgeworfen, weil man sie definitiv nicht mehr benutzen konnte. die sind sprichwörtlich übergelaufen... zum schluss konne man nur noch irgendwo in die wiesen flüchten...

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zu diesem Thema kann ich aus meiner eigenen langjährigen Praxis einiges schreiben. Letztes Jahr bei AC/DC in Köln hatten wir darauf geeinigt, bei 80.000 Besuchern Open-Air eine entsprechende Reaktionszeit in in da Siko zu schreiben. Räumungsdauer Gelände 30 Minuten plus Reaktions- und Diskussionszeit im Koordinierungsgremium von 15 Minuten. Wir hätten also 45 Minuten vor Eintreffen einer Lage eine Entscheidung treffen müssen. Vorher wird das Wetter per DWD beobachtet. Sollte sich das Wetter verschlechtern, würden die Prüfintervalle verkürzt und noch die Blitzortungsdaten dazu genommen, um die Intensität und Zugrichtung einschätzen zu können. Das wäre Stand der Technik.

    -> Arbeitssicherheit, Koordination Arbeitssicherheit auf Großveranstaltungen

    -> Sicherheitskonzepte

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