Lautstärke vor Bässen, Klage möglich?

  • Hallo zusammen,


    derzeit überlege ich gerade neue Basssysteme zu konstruieren. Der Anlass ist, dass hinter den Bässen auf der Bühne zu viel Bass vorhanden ist, weiterhin überlege ich wie man die Bässe geschickt aufstellen kann damit sich niemand direkt vor den Bässen befindet und zu hohe Pegel abbekommt.


    Aktuell nutze ich 2x OHM TRS218. Wir machen zu 80% Kirmesdisco in einem 500qm Zelt. Die Bässe stelle ich immer mittig auf die Bühne. Das hat den Vorteil, dass der Bass gleichmäßig abstrahlt, recht weit trägt und somit niemand auf der Bühne direkt vor dem DJ tanzen kann.
    Die beiden Bässe reichen vom Output vollkommen aus und im kompletten Zelt ist ordentlich Bass vorhanden.


    Der Nachteil ist jedoch, dass der DJ hinter den Bässen ordentlich Pegel abbekommt und dass die Gäste direkt vor den Bässen tanzen können und sich direkt davor stellen um sich "massieren" zu lassen.


    Das Problem mit dem Bassdruck hinter den Bässen könnte ich durch einen Cardioidbass lösen, aber wie sieht es rechtlich aus wenn mich jemand wg Hörschädigung verklagt weil er direkt vor den Bässen getanzt hat? Würde ein Hinweisschild an dem Bass (Abstand halten) ausreichen um einer möglichen Klage auszuweichen oder sollte ich evtl über Zahnlückenaufstellung weiter hinten auf der Bühne nachdenken?


    Ist eine Hörschädigung durch Basseinwirkung mit zwei Doppel18ern überhaupt möglich? Theoretisch müsste der Bass ja weniger gefährlich für das Ohr sein, da es ja nicht wie zb im Hochton eine Dauereinwirkung für die Flimmerhärchen ist. Sie bewegen sich ja im Basstakt und ein Verkleben sollte dadurch schwieriger sein. Kennt sich jemand damit aus?


    Bitte keine LR Bassaufstellung vorschlagen, damit habe ich nur ärger weil ungleichmäßig und viel Pegel nach links / rechts zu Theke und Anwohner in der NAchbarschaft.


    Danke und Grüße

  • 1. Verkehrssicherungspflicht ist Sache des Veranstalters und ggf. des baurechtlichen Betreibers.


    2. Die dazugehörende technische Regel ist DIN 15905-5


    3. Der Richtwert von 95 dB bzw. 99 dB L(A)eq ist im Tieftonbereich von untergeordneter Bedeutung, da die A-Bewertungskurve da stark wegfiltert. Interessant könnte es bei L(C)peak werden. Und ja, zwei Doppel-18" können in der Nähe Peaks von 135 dB erreichen.


    4. Deine Ausführungen zu den Gründen der Nicht-Schädlichkeit von Bass habe ich so von Medizinern noch nicht gehört.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Hallo,


    Es scheiden sich die Geister, inwieweit man da jemanden tatsächlich schädigen kann. Aber unabhängig von der medizinischen Wahrheit würde im Klagefall (es behauptet also jemand, er sei geschädigt) die DIN 15905-5 herangezogen werden. Pegel,, die außerhalb der dort zulässigen Grenzen liegen können im Nahfeld auf jeden Fall bestehen. Somit hilft nur eines: Absperren. Ein Warnschild reicht nicht aus. Mir ist auch klar, dass es wahrscheinlich mehr Veranstaltungen und Discobuden gibt, in denen diese Tatsache missachtet wird als andersherum. Die hätten im Falle einer Klage oder behördlichen Prüfung aber alle ein Problem. Das Absperren kann man nur empfehlen. Wie groß der Abstand sein muss, lässt sich über die A-Bewertungs-Dämpfung rechnen (bzw. C-Bewertung für Peak) oder im Zweifelsfall durch eine Testmessung herausfinden.


    Technisch kann man dem Problem noch durch den Kauf vieler Bässe und Betrieb im Bassarray entgegenwirken, da diese dann je nach Betrieb bei gleicher Lautstärke im Nahfeld leiser sind als der Vergleichsaufbau mit nur einem Bass. Das ist aber natürlich ein teurer Weg.


    Viel Erfolg
    Tobias Kammerer

  • Zitat von "tobias kammerer"

    ...Mir ist auch klar, dass es wahrscheinlich mehr Veranstaltungen und Discobuden gibt, in denen diese Tatsache missachtet wird als andersherum. ...

    das wort "wahrscheinlich" kannst du getrost durch "sicher" ersetzen.
    was ich im letzten jahr alleine mit DJs auf hochzeitsveranstaltungen erleben durfte will ich an dieser stelle gar nicht weiter vertiefen, weil es da eher um voll aufgedrehte hochtöner in ohrhöhe ging... also nicht genau das thema hier.


    nur soviel: wenn ein veranstalter wirklich sichergehen will, dass er klagen abwehren kann, kommt er um eine messung nach DIN15905-05 ohnehin nicht herum. und hier kommen dann zur messung ja ohnehin kollegen zum einsatz, die wissen was sie tun. natürlich auch in bezug auf den "maßgeblichen immisionsort", und das betrifft dann auch die basswiedergabe.
    oder etwa nicht? ;)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Ich möchte hier nicht dazu aufrufen die DIN15905-05 zu missachten.


    Aber:
    Das ist auch nur eine DIN Norm.


    Als Technischer Planer und Verantwortlicher, habe ich das Thema auch ausgereizt und prompt kam eine Klage.
    Tinnitus bei einer jungen Dame.


    Natürlich haben wir bei folgenden VAs messen lassen, gell Admin?
    Aber nur zur Dokumentation, an die exakten Werte haben wir uns, hüstel, nicht sooo genau gehalten.


    Wie ging die Klage aus?
    Freispruch.


    Warum?
    Es konnte kein Nachweis geführt werden, das die Lärm Exposition ursächlich für die Beschwerden waren.


    Hier ein paar Argumente des Gerichts:


    -Anfahrt im Cabrio (offen)
    -Dehydration bei 16h Tanzen
    -Wenn es Ihnen zu laut war, warum sind sie dann nicht gegangen und haben Ihr Geld zurück gefordert?
    -Rückfahrt im Auto mit offenem Fenster
    -Warum haben Sie den kostenlosen Gehörschutz (vom Veranstalter empfohlen) nicht benutzt?
    -Wann genau haben Sie die gesundheitlichen beschwerten bemerkt?
    -Ein Knalltrauma ist nicht diagnostiziert


    Die Beweislast liegt beim Geschädigten.


    Faktisch war die dokumentierte VA sogar gefühlt lauter bei einem Akt. Aber nun ja, da kam nichts.


    Das war ein Smartphone "etwas" überfordert.


    https://www.youtube.com/watch?v=di53TYz8zLg

  • Zitat von "ThoSchu"

    ...
    Die Beweislast liegt beim Geschädigten...


    ich dachte genau das hätte man seit jahren umgedreht?
    wie soll denn ein geschädigter wirklich nachweisen, dass die pegel zu hoch waren?

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "wora"


    ich dachte genau das hätte man seit jahren umgedreht?
    wie soll denn ein geschädigter wirklich nachweisen, dass die pegel zu hoch waren?

    Ich habe auch schon mal einen Kunden, der einen Klage am Hals hatte betreut.
    Wenn der gegnerische Anwalt das Urteil zur Beweislast nicht findet, dann ist das Pech für den Kläger. So scheint das hier auch gewesen zu sein.

    ...Holz ist braun!

  • Ich muss das noch einmal konkretisieren:


    Das hat der Anwalt der Klägerin schon vorgetragen. Doch der Anwalt der Veranstalter hat so argumentiert.


    21.999 Besucher haben gemeinsam mit der Klägerin 16h unter gleichen Umständen "gefeiert".
    Menschen mit weit höherer Lärmexposition haben keinen Schaden ertragen (Ordner mit fester Position).


    Die Klägerin gab zu über 16h nichts getrunken zu haben und verstrickte sich danach in Widersprüche, wann sie den Schaden bemerkt hat.
    Auch ist Tinnitus extrem schwer auf Ursachen zurückzuführen.


    Bestandteil der Klage war, das die Dame wegen Tinnitus Ihre Abiturprüfung nicht ablegen konnte mit entsprechendem Schadenersatz.


    In Summe war der Richter nicht überzeugt, hat aber ermahnende Worte an den Veranstalter gefunden, die ich natürlich ab da berücksichtigt habe.