Mischpult und Kamerateams

  • Hallo


    wie ist eure Handhabe, wenn Kamerateams, die für den öff. rechtlichen Rundfunk filmen, bei Veranstaltungen den Mischpultton haben möchten? Ich war bisher immer großzügig und habe schön brav ein Signal über eine Matrix zum Tonassistenten des Kamerateams geschickt... Die Assistenten vom Kamerateam sind/waren darüber sehr froh und das wars auch schon.


    Wenn man im Gegensatz vom öff. rechtlichen Rundfunk etwas braucht, wird einem schnell klar, dass man es hier mindestens mit heiligen Kühen zu tun hat. So lag eine Rechnung von mir 4 Monate lang unangetastet in der Buchhaltung oder wurde mein Name großzügig bei Filmaufnahmen, bei denen ich einen Teil des Tons beisteuerte, ignoriert (Begründung: ich wurde nicht direkt vom öff. Rundfunk beauftragt) X(


    In Zukunft werde ich wohl leider keinen Ausgang mehr frei haben...


    Tondreher

    Kaum macht man es richtig schon funktioniert es…

  • Das kann ich - zumindest in dieser Pauschalität - nicht unterschreiben. Ich erinnere mich z.B. an den Bundesparteitag in Offenbach, auf dem ich spontan einen Video-Signal-Splitter brauchte, und die Techniker vom HR haben mir den unkompliziert und kostenlos für die Dauer der Veranstaltung zur Verfügung gestellt.


    Was Ton für "die Presse" im weitestens Sinne anbelangt, so hat man bei eintsprechenden Veranstaltungen ja einen Presse-Splitter rumstehen, wo sich Interessierte dann unkompliziert aufstecken können.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Ich hab mir angewöhnt, dass Thema mit meinen Kunden vorher zu besprechen und viele sind dann auch bereit den Splitter zu bezahlen.

    Ich bin aber immer kooperativ - das fällt ja im Zweifelsfall alles auf den Kunden zurück, der erstmal auch ein Interesse an gut gelaunten Journalisten hat.


    Andersrum sind meine Erfahrungen gemischt. Hab aber auch schon Mal spontan 40m Defender umsonst einfach benutzen dürfen, die halt grad in der SNG da waren...

    Auf Dinge wie Erwähnung des Namens habe ich nie wert gelegt.

    Die Zahlungswege der Rundfunkanstalten empfinde ich im Vergleich zu manch großer PA-Company eher kurz... :/

    freier Tontechniker & Eventplaner, auch Tätig im Vertrieb - hier aber rein privat unterwegs

  • ...bei mir gibt' immer Kaffee und das Stereo-Signal per XLR, wenn gewünscht.

    Dem SWR reichte bisher auch eine Mono-Summe Klinke für nen Funksender, da die fast immer eigene Mikros für Raum / Athmo bei mir im Theater dabei haben...


    sec

    "geht nicht" ? - gibt's nicht !

    ...ja, das war schon immer mein Avatar :evil:

    "Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens" (Friedrich Schiller, " Jungfrau von Orleans")

  • ... mit den Teams vor Ort lässt es sich eh gut zusammenarbeiten. War wohl eine Anhäufung von unglücklichen Umständen, da liegen die Probleme aber in den höheren Etagen.


    Das mit dem Splitter und vorheriger Absprache mit dem Auftraggeber finde ich eine gute Idee...werde ich beim nächsten Gig vorschlagen

    Kaum macht man es richtig schon funktioniert es…

  • ich habe die erfahrung gemacht, das man mit den rundfunkleuten in aller regel gut auskommen kann.

    da gibt es vorab sogar einen ortstermin, an dem möglichst alle parameter abgesprochen werden.


    gerade erst heute abend erlebt: der SWR rückte (wie immer) mit vielen leuten an: ein team für deko, ein team fürs licht, ein Ü-wagen-team.

    der rundfunk stellt die funkmikrofone (diskussionsrunde mit aufzeichnung für spätere radiosendung) und übergibt mir die signale über einen Neumann-splitter. ich füttere das in mein pult und mache den saalton, der Ü-wagen schneidet mit.

    ganz easy, ganz einfach, ganz stressfrei.


    a propos stressfrei:

    genau das ist den jungs und mädels vom rundfunk sehr, sehr wichtig!! ;)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • a propos stressfrei:

    genau das ist den jungs und mädels vom rundfunk sehr, sehr wichtig!!

    Genau. Ab dem Moment wo der Kaffee fließt und man signalisiert keinen Stress haben zu wollen, kommen "Deals".


    Ich gebe Dir... (Kabel für Euch liegen schon...) und ach ja, für alle cool, rückt mal den Schöps Koffer raus...

  • Ich habe es einmal erlebt, dass sie in der Show plötzlich alle gegangen sind, weil sie ihre Stunden voll hatten - die Hintergründe kenne ich allerdings nicht, normal ist das denke ich nicht.


    Die Produktion, wo die eigenen Mikros mit ins Spiel kommen sind meist die angenehmeren, weil das die Teams sind, die grundsätzlich mehr Budget haben.

    Stressiger ist, wenn die selber am Limit sind, weil sie mit 3 Mann an 5 Orten gleichzeitig sein sollen, dann ist die Toleranzgrenze und Ärger wenn irgendwas nicht auf anhieb läuft schon mal kritisch.


    Aber unterm Strich sind das genau so Menschen wie du und ich und es gibt sogar eher weniger Diven in so einem Produktionsteam, als im Musikervölkchen ;)

    freier Tontechniker & Eventplaner, auch Tätig im Vertrieb - hier aber rein privat unterwegs

  • Ich hab nicht so oft mit den Burschen zu tun - hi und da fällt mir jedoch auf, dass es von Sender zu Sender graduelle Unterschiede gibt... Ohne jetzt Namen zu nennen. Die Story mit der Abreise während der Show hab ich auch schon mal erlebt, bei einem Multikultifestival, wo sich der schwarzafrikanische Headliner partout nicht an die Kernarbeitszeiten des ÖRR halten wollte. Westdeutsche Rundfunksender sind da nach meiner Evaluation deutlich häufiger betroffen als andere. Dann wurde halt nicht mitgeschnitten. Ganz anders der ultrahochfrequente Mitbewerber der in ganz Deutschland funkt - friesisch ruhig (obschon aus Bonn) und mit dem Blick auf die Zwergenfußpauke mit Miniloch plötzlich ein großer Freund des schlanken 87R von Audio Technica - weil seine echtholzpalisanderverbrähmte Schöpsgrenzfleche schlicht nicht reingepasst hätte (;O) Und dann ist da noch dieser hässliche Rundfunk und seine Band... was soll ich sagen... einfach schön! Ehrlich! Fast so schön wie damals der RIAS (;O)

    Kein Applaus für Scheiße!

  • und mit dem Blick auf die Zwergenfußpauke mit Miniloch plötzlich ein großer Freund des schlanken 87R von Audio Technica - weil seine echtholzpalisanderverbrähmte Schöpsgrenzfleche schlicht nicht reingepasst hätte (;O) ...

    total lustige Geschichte ... bestimmt genau so passiert ...


    Meiner Erfahrung nach kann man fast durchgängig ganz wunderbar mit den Kollegen von Funk & Fernsehen arbeiten ... und manchmal .. ganz manchmal ... kann man ja auch zur Erkenntnis gelangen, das Veranstaltungen auch mit normalen Arbeitszeiten und tariflicher Bezahlung funktionieren können .. jetzt kriege ich aber gleich Ärger mit dem ISDV ...

  • Bei all dem Be- und vielleicht auch mal Abwerten der manchmal vermeintlich 'artfremden' Arbeitsweise von Angehörigen öffentlich-rechtlicher Rundfunk-/ Kamera-/ Reportageteams o.ä. gebe ich mal zu bedenken: Der (privatwirtschaftliche?) Veranstalter, der letztlich auch mich bezahlt, dürfte in den allermeisten Fällen vermutlich nicht ganz unglücklich über das Interesse von Funk und Fernsehen an seiner Veranstaltung sein. Und ebenso wenig wird er dann unglücklich darüber sein, wenn deren Mitarbeiter sich bei ihrer Arbeit dort einigermaßen wohl fühlen.


    Wie wird er also mich und meinen Arbeitsenthusiasmus in diesem Zusammenhang einschätzen, wenn er den Eindruck gewinnen muss, dass ich das zur Verfügung Stellen eines Matrixausgangs (Bruttozeitaufwand 10 Sekunden, falls ich schlecht vorbereitet bin) dafür als unerhörte Großzügigkeit (Gnade? Barmherzigkeit?) meinerseits betrachte, für die ich demzufolge umgehend standesgemäße Huldigung als lokaler Mischpultgott erwarte? Anstatt eine solch alltägliche Selbstverständlichkeit einfach nur als lächerlich winzigen Teil meines verdammten Jobs als Tonler auf dieser Veranstaltung anzusehen? :/


    In solchen Fällen fragt man mit wem das abgeklärt ist und ob's mono oder stereo sein soll - fertig.


    Mit freundlichem Gruß

    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Moin, man darf dabei nicht vergessen, dass gerade die mobilen Kamerateams von Aufnahmeort zu Aufnahmeort hetzen. Da darf man nicht gleich beleidigt sein, wenn da mal das Danke auf der Strecke bleibt.

    Ne Monosumme für einen Funksender bereitstellen - und mehr ist es ja meistens nicht - tut keinem weh und bedarf wie ich finde auch keiner Dankesrede im Nachgang.

    Wenn's nicht rockt isses für'n Arsch...

  • Meine - zugegebenerweise recht seltene - Erfahrung mit der Spezies "Kameratoni" deckt sich recht weitgehend mit hier Geschildertem.

    Allerdings hab ich zumeist das Gefühl, dass die Damundherren oftmals recht dünnhäutig werden, wenn es um Hierarchien und Befugnisse geht. Da sind oft Diven dabei und wenn der örtliche Kistenverleiher sich bei einer Zusammenarbeit auch erstmal ziert und die Gründe für bestimmte Anforderungen seitens des Kamerateams von vornherein wegignoriert, dann kann es schnell ungemütlich werden.


    Solange man miteinander kommuniziert und den jeweils anderen wenigstens versteht, ist die Zusammenarbeit meisst unkompliziert.


    Und mal ganz ehrlich: was die Äusserungen zu deren Arbeitszeit und plötzlichem Verschwinden angeht: das ist doch nur der Neid des selbstständigen Selbstausbeuters! ;) Wer wünscht es sich nicht, einfach so zur festgelegten Uhrzeit Feierabend zu machen, ohne dass man Konsequenzen seitens des Arbeitgebers befürchten muss? Der Rundfunk ist doch selbst schuld; bei deren wirklich wichtigen Produktionen klappt es doch auch, nahtlos 24 Stunden / 7 Tage am Stück von der Fussball-WM in Ganzweitwegistan zu senden. Da ist das Geld für zusätzliches Personal plötzlich da.

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • spannender ist die Thematik im Lichtbereich; da hab ich bei mittelgroßen Produktionen mit Liveübertragung schon ein richtiges Hauen und Stechen erlebt mit Wünschen des Lichtsetzenden, die sich auf die ganze Show auswirken und heißen Diskussionen wer denn jetzt welche Zusatzscheinwerfer bezahlen soll, weil er welches Interesse daran hat...


    Aber Ton ist ja oft genug nur ein Abgriff; wenn es größer wird auch schon Mal ein Split aller Kanäle und wenn sie ihre eigenen Mikros gestellt haben, war das für mich als Tonler immer eine Verbesserung.


    Nur einmal bin ich ins rotieren gekommen, als bei einer kleinen Bürgerinformation (2 Funkmikros, 30 Gäste erwartet) das Medieninteresse stark unterschätzt wurde. Nachdem meine zwei Aux und der Record out schon als Ausspielweg herhalten mussten und zwei Anstalten glücklicherweise das Signal über eigenen Funkempfänger abgreifen konnte, blieb dem letzten nur noch mein Insert im Master... der war dann bloß etwas pikiert, dass ich ihm nicht erlaubt habe 10 Minuten vor Ende jetzt wieder alles abzustecken.

    Aber irgendwo haben wir alle unsere Storys, wo wir durch Improvisation scheinbar unmögliches möglich gemacht haben, oder? Wir bleiben halt ein Volk der Bastler...


    Und was den Neid angeht: Wenn sich die Möglichkeit ergibt und das finanzielle stimmt würde ich vermutlich sofort bei den öffentlich rechtlichen anfangen


    Hat denn irgendwer von uns die ganz großen 24/7 Nummern mit denen? Da hätte ich echt vermutet, dass sie relativ viel outsourcen, um die arbeitsrechtlichen Problematiken zu umgehen bzw. so viel Personal können die ja auch gar nicht dauerhaft vorhalten, oder?

    freier Tontechniker & Eventplaner, auch Tätig im Vertrieb - hier aber rein privat unterwegs

  • Und mal ganz ehrlich: was die Äusserungen zu deren Arbeitszeit und plötzlichem Verschwinden angeht: das ist doch nur der Neid des selbstständigen Selbstausbeuters!

    Ist das dein Ernst? (Ja, den Zwinker-Smile habe ich gesehen)


    Also ich kenne ganz viele Festangestellte die unter einem höheren Druck stehen als ich und ständig "flexibel" sein müssen (mittlerweile eine der Standard-Wunschformulierungen bei Stellenausschreibungen), inkl. meiner Frau Gemahlin (Administration und Projektleitung im Kulturbereich) - ohne am Ende nennenswert mehr auf der Kontoabrechnung (Abgaben, Rente, etc. mitgerechnet) stehen zu haben als ich.


    ÖR waren lange Zeit ein Sonderfall, aber auch dort (zumind. hier in der Schweiz) hört man doch mittlerweile immer wieder mal über 2-3 Ecken von Kürzungen, Stellenabbau und steigendem Druck.

    ohne dass man Konsequenzen seitens des Arbeitgebers befürchten muss?

    Da ich keinen Arbeitgeber habe, fürchte ich auch nicht um meinen Job. Mit guten (im Sinne von verständigen, meine bevorzugten) Kunden kann man sich meist auch relativ offen über Arbeits-/Pausenzeiten sowie Verpflegungs- und Anfahrtregelungen unterhalten, für die anderen gibt es AGB, Verträge, etc.


    Ja es gibt die langen Tage (mit entsprechender Bezahlung), aber daneben gibt es dann auch Tage an denen ich gerade einmal 5-6 Stunden schaffen muss - zum vollen Tagessatz versteht sich.

    Dazu kommt noch die ganz persönliche Zufriedenheitsskala in Bezug auf die eigene Tätigkeit und die Freiheit "Nein" sagen zu können - wenn man es sich denn leisten kann... ;)


    Selbstausbeutung findet m.E. nur dort statt wo sich Menschen der Angst um ihren Job / ihre Aufträge oder erhoffter Anerkennung durch ihre Kollegen hingeben. Ob freischaffend oder angestellt ist dabei völlig unerheblich.

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • Ich habe schon mal 2 Schichten Betrieb auf deren Seite erlebt, da wurde einfach die ganze Crew (nicht nur ein Kamera Team, sondern ca. 20 Leute) durch eine zweite ausgetauscht. Ich finde es nicht schlecht, wenn die öffentlich Rechtlichen sich an das geltende Recht halten und den Arbeitsschutz (nicht länger als 10 h) ernst nehmen. Für mich als freier Techniker war natürlich kein zweiter gebucht, ich war aber auch nicht über den Sender sondern über die Location vor Ort.