Mal in der anderen Liga

  • Hallo zusammen


    Seit Jahren arbeite ich als Techniker mit einem Veranstalter zusammen, in ganz verschiedenen Konstellationen von technischen Anforderungen und bei den Projekten muss ich immer wieder meine eigenen Grenzen (im Sinne der Erfahrung) erweitern und mich an Neues wagen. Bisher war das immer von Erfolg gekrönt, weshalb ich für den Veranstalter auch die unangefochtene Nummer eins bin.


    Soweit so gut. Bisher hatten wir uns eher in der „Kleinkunstszene“ bewegt und die Veranstaltungsorte waren eher überschaubar gross. Jetzt plant mein Veranstalter eine grössere Kiste in einer Location die an sich selber den Anspruch hat, eine internationale Referenz zu sein – von der Bedeutung für die Kunstszene wie auch von der inhaltlichen und technischen Qualität her.


    Das Haus ist entsprechend bestückt mit allem, was man vermutlich auf internationalen Ridern oft zu sehen bekommt.


    Locations in der (Publikums)Grösse hatte ich zwar auch schon regelmässig erfolgreich und qualitativ hochstehend beschallt, aber das „elitäre Umfeld“ ist neu für mich. Das Projekt ist in der Planungsphase (derzeit noch beim Veranstalter) und schon bald werde ich mit einbezogen, sofern das Projekt durchgezogen wird. Irgendwie verunsichert mich jetzt eben dieses Umfeld und ich weiss noch nicht, wie ich meine Rolle dort definieren soll.


    Noch eine Anmerkung zum „elitären Umfeld“. Das meine ich neutral. Zum einen hat man dort an sich selber sehr hohe Ansprüche und möchte eben eine weite Ausstrahlung haben, dann ist man mit dem „Besten vom Besten“ ausgerüstet (auch wenn das logischerweise relativ ist) und es scheint auch so, als wäre die Angelegenheit relativ komplex aufgebaut (je eine Ansprechperson für Ton, Licht, Strom, usw.).


    Wie schaffe ich den Spagat, dort die technische Umsetzung zu machen (nach meinen Ansprüchen), ohne nach zwei Sätzen alle Haustechniker gegen mich zu haben und auch nicht überfahren zu werden? Und wie behält man in einer scheinbar „perfekten“ Umgebung den Blick für das Wesentliche und lässt sich nicht blenden? Wie kommt in so einer Location eine echte Zusammenarbeit zu Stande?

    Der Ton macht die Musik.

  • Mhh ... eigentlich ist es nicht so schwer wie du es dir vorstellst. Du solltest eine klare Vorstellung haben, was du wie durchführen willst, solltest deine Vorstellungen aber eng mit den Technikern vor Ort absprechen und gegebenenfalls auch korrigieren.


    Wen die Technik gut aufgestellt ist, und die Örtlichen das auch bedienen können, dann ist doch alles gut, und du kannst dich darauf konzentrieren, den größeren Rahmen zu planen. Doe Details kannst du unter Umständen dann auch den einzelnen Gewerken überlassen.


    Denk dran, im Normalfall wird dich keiner, bloß weil du vielleicht noch nicht DIE Erfahrung hast, in irgendeiner Form auflaufen lassen, solange du entsprechend höflich aber bestimmt auftrittst. Veranstaltungen werden von Menschen geplant & umgesetzt, und stehen & fallen auch mit ihnen, Technik ist da eher erst mal zweitrangig.


    Wen du es schaffst alle ins Boot zu holen, dann kannst du auch relativ einfach bestimmen wo es lang geht, und wirst auch niemand gegen dich haben, solange es Hand & Fuß hast was du planst. Und lieber 2 Mal nachfragen wegen der Umsetzung, und Kritik von Seiten der Haustechniker ernst nehmen, dann klappt das !!

  • Dem Beitrag von oton kann ich zustimmen. Je professioneller die Umgebung, um so 'kameradschaftlicher' in aller Regel der Umgang mit Kollegen, die kein Geheimnis daraus machen, dass die Art oder Größenordnung einer bestimmte Nummer deutlich jenseits dessen liegt, was sie aus dem Alltagsgeschäft bisher kennen.


    Ich habe gerade eine ähnliche positive Erfahrung gemacht: 'livetechnische' Betreuung eines Spielfilmdrehs für eine der größten deutschen Filmproduktionsgesellschaften; für mich trotz fortgeschrittenen Alters ziemliches Neuland. Von Anfang an war klar "Leute, ich kann euch zwar so einiges zum Livekonzertgeschehen von heute und von vor 30 Jahren erzählen – aber von Film habe ich praktisch null Ahnung". Was, wie sich herausstellte, überhaupt kein Problem war. Profis respektieren sich und helfen sich gegenseitig, meine 'Einnordung' in die Gepflogenheiten eines Drehtages mit allein über 100 Crewmitgliedern war eine Sache von wenn nicht Minuten, so doch allenfalls von ein, zwei Stunden. Und so viel 'learning by doing' wie in den anschließenden 3 Wochen gab's für mich schon seit Jahren nicht mehr. (Dafür wissen die Kollegen jetzt, dass Beschallungslautsprecher manchmal nicht (nur) Requisite sind:)).


    Also: von Anfang an klar sagen "Das (Niveau) hier ist neu/ ungewohnt/ beeindruckend für mich, aber ich gebe mein Bestes und baue auf euer Verständnis und eure Kooperation" – und kein Profi wird dich deswegen belächeln, dir Steine in den Weg legen oder dir den Kopf abreißen.

    Und wer's doch tut oder versucht ist gar keiner. Oder hat einfach nur 'nen schlechten Tag.


    Mit freundlichem Gruß

    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Danke euch für die Einschätzung. Das klingt ja schonmal nicht so schlimm :)


    Ich komme grundsätzlich schnell mit unterschiedlichen Teams klar. Nur eben diese Art von Szenario hatte ich noch nicht. In den meisten Locations bin ich "als Einäugiger der König unter den Blinden" (in Hinsicht auf die technischen Fähigkeiten).


    Aber ja, dann freue ich mich auf die Erfahrung und hoffe mal, dass mein Veranstalter die Kiste tatsächlich durch zieht.

    Der Ton macht die Musik.

  • ich möchte mich der einschätzung der kollegen anschließen.

    wenn man mit wirklichen profis arbeiten kann, ist das so gut wie immer positiv. die haben in aller regel auch keinen bock auf stress und wollen einfach eine gelungene veranstaltung machen.


    eventuelle sonderwünsche solltest du bei bedarf gut begründen können (also nicht nach dem muster "ich will das so und basta"), dann wird auch nix schief gehen.


    ich wünsche dir viel erfolg und viel spaß!

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Damit hier jetzt nicht nur Friede Freude Eierkuchen ist: tunlichst hüten sollte man sich vor dem Gegenteil – nämlich als der große Topchefchecker- Production Manager auftreten, obwohl (oder weil?) man in Wirklichkeit keine oder ziemlich wenig Ahnung hat. Das kriegt eine eingespielte professionelle (Haus-) Crew ganz schnell spitz. Und dann kann es durchaus passieren, dass die schöne Produktion auf einmal so was von überhaupt gar keinen Spaß mehr macht …:evil::saint:


    Mit freundlichem Gruß

    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Eigene Erfahrung bestätigt das. Auf technischer Ebene sind die "großen Jungs" fast immer sehr hilfsbereit und kollegial. Problematischer sind da die "Manager" und "Personal Assistants" der "großen Künstler".

  • Grössenwahn und Möchteger-tum gehören nicht zu meinen Charaktereigenschaften, ich muss mich eher zwingen, nicht zu bescheiden zu sein (oder anders formuliert bin ich nicht so DER verkäufer...)

    Dafür komme ich meist schnell gut klar mit den Kollegen, denen ich so über den Weg laufe.

    Der Ton macht die Musik.