Mikrofone für Chorverstärkung

  • Moin,

    erstmal zur Ausgangsbasis:


    Bühne, Raum und Speaker:


    Chor-Setup aus der Vergangenheit (direkt an der Bühnenkante weil die Bühne akustisch ziemlich "tot" ist und der Chor sich da nicht wohl fühlt):


    Natürlich sind das keine ausgebildeten Stimmen - und richtig laut singen sie auch nicht immer. Dennoch muss ich die Stimmen sinnvoll verstärken.


    Unter anderem hatte ich an die Verwendung von vielen Gesangsmikros gedacht, so wie im folgenden Beispiel (aus einem anderen Thread in diesem Forum: dort singen ca. 60 Sänger jeweils zu zweit in ein Mikrofon, zwei Mikros werden per einfachem Y-Kabel auf einen Input gelegt). Die Chorleitung möchte aber nicht so viele Mikros da rumstehen sehen:

    https://www.youtube.com/watch?time_continue=1&v=DwTHnw3o5SA


    Nun suche ich also nach vier Supernieren, die ich nutzen möchte, um mit passender Aufstelltung das Übersprechen der Toplautsprecher (EV QRx 112) zu verringern bzw. Feedback zu vermeiden. Mit den 120°-Minima der Supernieren verspreche ich mir größeren Erfolg als von normalen Nierenmics.


    Die Suche ergab bislang folgendes Ergebnis:


    Das Schoeps fliegt schonmal raus, weil es einfach zu teuer ist. Das KM185 hat die gleichmäßigste Richtwirkung für alle Frequenzen, aber die Rückwärtsdämpfung insgesamt scheint beim KMS105 und beim Sennheiser e865 noch besser zu sein - aber auch das Beta 87C macht selbst als Niere eine erstaunlich gute Figur (recht enge Bündelung für eine Niere) - nur ein Frequenzbereich will sich nicht ganz fügen. Das e614 gibt's grade äußerst günstig - wwar brechen die 16kHz bei dem Mic ziemlich aus - aber ob das von größerer Relevanz ist, wage ich zu bezweifeln (diese Frequenzen werden ja sowieso stark von den Tops in den Raum gerichtet abgestrahlt - und die QRx geben diesen Frequenzbereich sowieso nur noch eher müde ab).


    Fein fände ich, wenn man die Mics auch noch als hochwertige Solo-Mikrofone einsetzen könnte - das ist mir "Stäbchen" ja nicht so toll. Daher interessieren mich gerade die "normalen" Gesangsmics. Vom KMS105 habe ich aber auch Berichte von starker Feedbackanfälligkeit gelesen. Kann ich mir eigentlich bei dem Polardiagramm kaum vorstellen (außer man hat den Monitor blöd aufgestellt).


    Wie auch immer - gesucht werden:

    • vier feedbackunempfindliche Mikrofone
    • mit guter Rückwärtsdämpfung (Superniere - aber ohne "fette Rückwärtskeule" oder Niere mit engerer Bündelung)
    • Praxiserfahrungen von Usern, welche die Mikrofone aus der Praxis kennen (Datenblätter kann ich ja selbst lesen)
      (=> Leider kann ich die Mics für die Schule nicht einfach bestellen und dann wieder zurücksenden - das macht die Buchhaltung der Behörde nicht mit!)


    P.S.: Ja, die Suchfunktion habe ich schon benutzt :)

    Einmal editiert, zuletzt von Hanseat ()

  • Autsch!

    Erwarte keine Wunder, denn so etwas ist nicht einfach. Zum einen wirst du niemals mit einer so geringen Anzahl an Mikros und einem so breit aufgestelltem Chor einen differenzierten und voluminösen Klang hinbekommen, egal welches Mikro man nimmt. Das ganze kann immer nur als Stütze dienen, also bitte auch so einsetzen.

    Wenn man die Mikros zu weit aufreisst, dann Piept es und man unerhört viele Nebengeräusche drauf.


    Wenn das alles ist, was da an PA zur Verfügung steht, dann ist das gar nicht gut, denn das Feedbackproblem bekommst du so auch nicht in den Griff. Dazu benötigt es für die hinteren Reihen eine Delayline.


    Also keine gute Bedingungen, daher kann man wirklich nur Schadensbegrenzung betreiben.


    Als Mikros hast du mit den Neumännern schon mal gut gewählt. Alternativ dazu das MC930 von beyerdynamic. Auch ein Rode NT5 geht hier. Als Allzweckwaffe das C1000 von AKG (geht auch als normales Gesangsmikro zur Not).


    Egal was du nimmst: Du musst genau wissen was du wo und wie schraubst und halte in jedem Fall einen vernüftigen vollparametrischen EQ bereit, den du in die Gruppensumme einschleifst.

    Laut heisst nicht immer gleich gut und toll und wer schreit ist meist im Unrecht.

  • Jaja, optimal ist anders. Aber die PA funktioniert aufgrund des asymetischem Horns der QRx-Tops im Raum (Halbkreis mit ca. 15m Radius, davon etwa ein 100°-Bereich bestuhlt) erstaunlich gut! (Ergänzende Subs stehen unter den Boxen auf dem Boden, die spielen für das Thema ja aber keine Rolle.) Selbst ein Beyer SHM-20 mittig ca. 2,5m vor der Bühne kriegt man mit einem Redner laut und deutlich - ohne entsprechendes Feedback (das ist aber auch die Grenze).


    Ziel ist, den Chor bestmöglich zu (unter)stützen, nicht mehr - und natürlich könnte ich die üblichen Tricks nutzen (linke Chormics nach rechts pannen und umgekehrt).


    Mit dem NT5 habe ich ein ziemliches Hass-Verhältnis (mag ihre Höhen gar nicht). MC930 und NT5 - und das C1000 zumindest in einer Konfiguration - sind ja Nieren mit deutlich breiterer Öffnung und geringerer Dämpfung zu den Seiten. Hältst du das angesichts der Situation für eine gute Idee?

  • Schieb mal die Polardiagrammtheorie beseite. In deinem Fall hilft nur einen Schwung Mikros zu nehmen und zu probieren, welches am besten funktioniert. Da könnte selbst ein beta57 funktionieren, why not.


    Alles ist erlaubt, was dich und den Chor nach vorne bringt, egal ob Grenzfläche, Rohrrichtmikro, Superniere oder Niere, egal ob Groß- oder Kleinmembraner.


    Zur Superniere/Niere noch was:

    Je mehr Superniere, desto geringer ist meist auch die Rückwärtsdämpfung auf Achse, da das Mikro wieder aufmacht. Daher ist eine (gute) Niere für eine gute Rückwärtsdämpfung gar nicht mal so schlecht, wenn es nicht in die Tiefe gehen muss/soll.

    Auch ist eine breitere Niere nicht verkehrt, denn damit bekommst du ja bei nur 4 Mikros auch die gesamte Breitseite des Chors abgenommen. Beim Chor brauchst du ja nicht wirklich eine gute Trennschärfe von wegen Übersprechen. Die Mikros sollen ja den Gesamtcharakter bzw. Gesamtklangkörper aufnehmen und nicht einzelne Gruppen oder Stimmen in diesem Fall. Daher halte ich das für zielführender.


    Evtl. wäre auch eine Kombination aus Grenzflächen direkt von vorne und seitlichen Nieren/Supernieren etwas.

    Laut heisst nicht immer gleich gut und toll und wer schreit ist meist im Unrecht.

  • Ich mache schon seit Jahren eine ganz ähnliche Geschichte 2x pro Jahr. In dieser Zeit habe ich einiges durchprobiert und habe für mich folgende Lehren gezogen:


    - Die Anzahl der Mikrofone und deren Positionen hängen Jahr für Jahr von den einzelnen Stimmen im Chor ab

    - Lieber nicht zu viele Mikrofone einsetzen (3:1 Regel)

    - Ein ORTF in der Front funktioniert bei Laien im Chor und Instrumenten nur mittelmässig

    - Pro Stimme ein Mikrofon (oder zwei), ggf. auch die Aufstellung des Chors überdenken

    - Im Zweifel die guten Sängerinnen/Sänger näher ans Mik... (es müssen ja nicht alle wissen, was dabei geschieht)

    - Bei uns hat das mit dem EM800 vom grossen T sehr gut funktioniert. Da kann man auch mal einen Totalschaden verkraften bei dem Preis. Die Ergebnisse waren damit besser als die des Kollegen mit "amtlichem" Material. Aber eben - die Aufstellung ist wichtiger als das Mikrofon. Wäre das Budget kein Thema, wären es sonst Rode NT-5 geworden.



    Nachtrag: http://blog.shure.com/how-to-mic-a-choir/

    Der Ton macht die Musik.

    Einmal editiert, zuletzt von zegi ()

  • die Aufstellung des Chors überdenken

    +1

    Davon hängt sehr viel ab. Wenn die Stimmen oder der gesamte Chor suboptimal gestellt ist, dann gehts schief, egal was man da an Technik stehen hat

    Laut heisst nicht immer gleich gut und toll und wer schreit ist meist im Unrecht.

  • es ist natürlich sehr schade, dass der chor nicht auf die eigentliche bühne will. damit hättest du sofort beste vorraussetzungen für die mikrofonierung und die wiedergabe über die lautsprecher.

    so bleibt dir also tatsächlich, wie die kollegen bereits anmerkten, nur die suche nach dem besten verbliebenen kompromiss.


    die höhenwiedergabe über 10kHz spielt bei einem chor übrigens erstmal fast keine rolle, denn da oben haben die stimmen ohnehin nicht mehr viel verwertbare energie, und schon gar keine eigentlichen töne.


    das die Schoepse gleich von vorneherein aus dem spiel sind, ist ebenfalls schade. ich habe schon einige Chorsachen gemacht und war bei der nutzung von Schoeps-mikros immer wieder erstaunt, was man mit diesen hochwertigen mikrofonen noch so herauskitzeln kann. aber seis drum, es ist eben so.


    bevor ihr euch jetzt aber in unkosten stürzt und feststellen müsst, dass die lösung vielleicht doch nicht die bestmögliche ist... wie wäre es denn erstmal mit dem anmieten von mikrofonen?

    dann könntet ihr erstmal ausprobieren, mit welcher lösung und mit welchen mikros ihr den besten kompromiss erzielen könnt. allein mir dem vergleich von polardiagrammen ist es nicht getan.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • MVom KMS105 habe ich aber auch Berichte von starker Feedbackanfälligkeit gelesen. Kann ich mir eigentlich bei dem Polardiagramm kaum vorstellen (außer man hat den Monitor blöd aufgestellt).

    Auch wenn es hier leicht OT ist: Die gefühlte höhere Feedbackanfälligkeit und das hohe Übersprechen des restlichen Bühnengeschehens kommt vom hohem Abstand zwischen Membran und Schutzgitter. Die Stimme kommt einfach nicht so nahe an die Membran wie bei anderen Mikrofonen. Diese leisere Stimme wird man über mehr Gain ausgleichen müssen.

    Die Messung der Membran-Gitter Abstände wurde hier im Forum veröffentlicht.


    Gruß

    Rainer

  • wie wäre es denn erstmal mit dem anmieten von mikrofonen?

    In deinem Fall hilft nur einen Schwung Mikros zu nehmen und zu probieren, welches am besten funktioniert.

    War auch mein erster Gedanke, der dies impliziert.


    Also bevor man Polardiagramme und sonstigen Kram studiert würde ich erst mal praxisgerechte und im Budget liegende Mikrofone auftun und diese mal mit dem Chor vor Ort antesten. Dann weiß man sehr schnell wohin die Reise gehen kann.

    Laut heisst nicht immer gleich gut und toll und wer schreit ist meist im Unrecht.

  • Ich mache so etwas seit ein paar Jahren (Kinderchor, Laien etc.) gerne mit normalen Gesangsmikros, immer 4 Kids möglichst nah an ein Mikro, 8-10 Stück in den Chor, wg. Logistik auch gerne Funken auf Tellerstativen. Geht laut und klingt annehmbar.


    Was ich nicht verhandeln würde ist die Position, der Chor muss zurück auf die Bühne, sonst keine schöne Beschallung, vorher würde ich nicht anfangen zu experimentieren. Wohlfühlen vs. gehört werden ist die Alternative, das sollte man auch so klar kommunizieren.

  • Wohlfühlen vs. gehört werden ist die Alternative, das sollte man auch so klar kommunizieren.


    Das erzähl mal einem Chorleiter, der dies anders sieht. Oder auch was die Position von Lautsprechern angeht. Zum Glück sind die hier fest monitoert.


    Ist wie mit dem Licht: Entweder man sieht den Künstler auf der Bühne oder der Künstler auf der Bühne sieht das Publikum. Immer wieder lustig, egal welches Untergewerke.

    Laut heisst nicht immer gleich gut und toll und wer schreit ist meist im Unrecht.

  • Wohlfühlen vs. gehört werden ist die Alternative, das sollte man auch so klar kommunizieren.

    klar, das sollte man natürlich ansprechen.

    ich kenne da aber auch einen chorleiter, der bezüglich der chorposition im raum überhaupt nicht mit sich verhandeln lässt. klar ist dabei dann natürlich auch, dass es bei solchen vorgaben nur noch eine leichte unterstützung geben kann, denn die physik werden wir nicht ändern.

    aber natürlich muss das ganz klar kommuniziert werden.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Danke für die vielen Anregungen, denen ich (fast) ausnahmslos voll zustimmen kann.


    Zur Idee "zurück auf die Bühne": Beim Setup der Bigband (die bei den Konzerten parallel ebenso wie einige Bands auftritt) haben wir links und rechts von den zentralen Drums jeweils zwei gestaffelte Podeste. Wir müssten dann eben doch mal ausprobieren, wie es wäre, den Chor auf diesen Podesten und davor zu platzieren. Dort stehen sowieso ganz gute Mics (je 3x Shure SM81 für die Trompeten und Oktava MK-103 für die Posaunen und davor je nach Wahl einige MK-012/MD441/Beyer SHM-20). Einfach ein Chor-Preset auf dem Mischpult vorbereiten und los... vielleicht fühlt sich der Chor damit ja doch wohler.


    ...oder die Drums vorne am Bühnenrand platzieren und die gestaffelten Podeste (3x hoch, 3x niedrig) über die gesamte Breite für Bläser bzw. Sänger nutzen.


    Wenn die Position die Position an der Bühnenkante bleiben sollte, dann würde ich schon lieber auf die oben genannte "SM58"-Lösung setzen - das will aber die Chorleitung nicht.


    Alles in Ruhe ausprobieren wäre auch eine tolle Alternative :)
    Leider läuft das an Schulen manchmal anders:

    • Kauf zum Test und gegebenenfalls Rückgabe macht die Buchhaltung nicht mit
    • Schulleiter will den Chor unterstützen und gibt Mittel zur Anschaffung von geeigneten Mics frei
    • Man weiß nicht immer, wie lange diese Zusage gilt, also lieber nicht erst im kommenden Jahr die Mittel beantragen
    • Der Antrag muss schon diesen Freitag raus sein...

    Daher klingt die Geschichte leider nach "hit or miss" - und somit bin ich auch mehr auf euer Know-How und eure Unterstützung angewiesen.


    Zu den Polardiagrammen: Sich nur darauf zu verlassen wäre Unsinn, aber - und so habe ich das ja auch verwendet - zur Vorauswahl und zum Ausschluss von weniger geeigneten Alternativen scheint mir das schon ganz brauchbar zu sein.


    Bleibt immer noch die Frage, ob der Ansatz grundsätzlich sinnvoll ist und welche Mikrofone man dann dafür nutzen bzw. kaufen sollte.

  • Wenn die Position die Position an der Bühnenkante bleiben sollte, dann würde ich schon lieber auf die oben genannte "SM58"-Lösung setzen - das will aber die Chorleitung nicht.

    Als Chorsänger kann ich dir sagen, dass das für einen Chor im eigentlichen Sinne auch nicht optimal ist. Weder aus Sängersicht, noch aus klanglicher.


    Ich verwende eigentlich immer die Beyerdynamic Richtrohre MCE87. Vor allem mit Band, bzw. Monitoring von der Seite. (Bei Chor sehr zu emfehlen!)

    Hatte letztens auch mal Wechselkapselrichtrohre von Sennheiser. (K6 + ME66 ?) Das war klanglich ähnlich. Die Pegelverhältnisse waren aber günstiger.

    Vier Stück 0,5 - 1m vorm Chor von schräg oben auf die letzte Reihe richten.


    Wenn der Chor sich auf der Bühne nicht wohl fühlt kann man aber auch ewas über Kreuz auf die Monitore geben. Eventuell auch etwas Hall. Aber alles sehr sparsam! Wenn die Monitore einer Linie mit den Mikrofonen stehen dann sind die bei den Richtrohren praktisch im tauben Bereich.

  • darf ich ? ... vielleicht interessant


    https://www.jts-europe.de/prod…tion/bodenstativ/fgm-170/

    Akustisch nicht schlecht, mechanisch so naja... eines meiner zwei ging gleich mal zurück, speziell die Klemmung am Gelenk hat schon 'a weng' Luft..

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  • Ich persönlich würde zur Niere raten, da du (mangels Abstand) mit Keulen/Hypernieren o.ä. immer nur Teile des Chors erwischt, bzw. wenn der Chor beim Auftritt spontan 'etwas' anders steht, kann die ganze tolle Ausrichterei für die Katz sein..

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