Ich möchte an dieser Stelle mal ein kleines (objektives) Review vom Roland M200i Pult erstellen. Der Grund ist einfach, dass
es zu dem Pult leider sehr wenig Testberichte und/oder Erfahrungsberichte gibt, was wohl daran liegt, dass es in
Deutschland ein kleiner Exot ist, wie wohl auch die meisten anderen Roland Pulte bis hin zum M5000, obwohl das
alles wirklich sehr professionelle und brauchbare Tische sind. Auch schreibe ich es, da ja immer wieder viel
günstige Digitalpulte gesucht werden und es vielleicht für den ein oder anderen eine Alternative darstellen könnte,
zumal es hier und da schon echt günstig zu haben ist, letzten Jahr fiel der Preis einmal ordentlich. Derzeit liegt
der Verkaufspreis bei brutto ca. 1700/1800 EUR. Ich habe auch schon Angebote von weit über 2k gesehen, aber das sind sicher noch Leichen von vor dem Preissturz. Ich habe deutlich weniger bezahlt (neu im EK) und das war auch
einer der Gründe des Kaufes. Ich werde hier auch nur kurz eine Übersicht und ein paar Infos geben und das nicht mit
anderen Pulten selber Liga vergleichen, dass kann ja jeder für sich selbst tun. Konkurrenten wären hier halt Pulte
wie die QU`s, Soundcrafts, TF1, etc.
Ich suchte ein weiteres (Digital)Pult für bestimmte Anwendungszwecke. Hierzu gehört viel Sprachbeschallung von
Konferenzen, Tagungen (mit einigen Funkstrecken), etc, aber auch als „festes“ Pult für eine kleine Kapelle, mit der ich öfter unterwegs sein werde. Locationbedingt wird/kann das Pult auch öfter mal an der Bühnenseite stehen und darum war es mir wichtig, auch direkte Inputs am Surface zu haben. Alle weiteren, üblichen Standardfeatures sollte es natürlich auch mitbringen.
Ich hätte natürlich für den Preis auch ein QU16, X32 Compact, etc. nehmen können, aber bin auch jemand der gerne mal was neues, exotisches ausprobieren will, zumal ich in meinem Fall auch weniger bezahlte als für besagte Konkurrenten und das Pult keine Rider erfüllen muss. Auch Fremdtechniker kommen damit super klar, nach kurzer Einweisung.
Für meine Anwendung reichen auch dicke 16-24 Kanäle aus.
So, kommen wir auch erstmal zu den Eingängen: Es sind nämlich 24 in Summe. 16x XLR onboard, plus weitere sym. Klinkeneingänge und wir kommen auf 24 direkte Inputs. Eigentlich sogar 26, denn das angeschlossene iPad (zudem später mehr), kann adhoc mit dem Pult verbunden werden und es lässt sich direkt die komplette ITunes - Bibliothek auf das Pult „streamen“,
ohne dazu ein physikalischen Stereo-Input zu belegen. Nettes Feature, wie ich finde. An frei belegbaren Outputs finden sich 12 Stück vor, incl. Main-Out und 4 davon in sym. Klinke. Alle sind frei belegbar, natürlich auch die Summe. Des weiteren haben
wir eine Ausspielmöglichkeit über AES/EBU. Pro Kanal gibts natürlich die üblichen Dinge wie PEQ, Comp/Gate/Limiter/Expander mit Key-In - Möglichkeit, insertbare Effekte, 31Band GEQ, etc pp. Wir haben 4 Mutegruppen und 8 DCA Gruppen zur Verfügung und eine 4-Kanal Matrix. 8 Aux-Wege, 2x Userlayer, USB-Aufnahme (2Kanal) oder Multitrack-Recording (allerdings nur über einen über die REAC Netzwerkbuchse angeschlossenen (Windows!)-PC/Laptop, vorzugsweise mit Sonar als DAW. Wobei es auch mit anderen gehen soll, habe ich bisher nie gebraucht oder genutzt. USB-Recording schon, funktioniert einwandfrei. Hier allerdings darauf achten, dass der Stick übers Pult formatiert wurde und beim Booten bereits steckt. Danach können Sticks auch im Betrieb getauscht werden. Auch gibt es keine Begrenzung für Stick-Größen. Zumindest laufen bei mir auch 32 und 64GB. Für MT-Recording und Virtual Soundchecks bietet Roland auch einen Multitracker als Hardwarezubehör. 17 hochwertige Motorfader sind willig durch die Gegend geschoben zu werden und haben dafür 100mm Platz. Und das fühlt sich auch gut an. Ein Oszillator befindet sich auch an Board, wie auch 4 FX Engines, wobei leider nur ein Stereo Hall gleichzeitig genutzt werden dann. Komme ich aber mit klar.
Zum Abhören über Kopfhörer stehen zwei Klinkenausgänge an der Vorderseite zur Verfügung. Groß und klein. Ein frei zuweisbarer Talkback Kanal kann direkt durch drücken oder gedrückt halten von der Oberfläche aus bedient werden. Des weiteren lassen sich 8 frei belegbare User-Buttons den persönlichen Bedürfnissen anpassen, wie in meinem Fall zum Beispiel mit der Tap-Funktion vom Delay, Mutegroup - Direktzugriff, etc. Leider gibt es keinen Anschluss für eine Pultleuchte, aber die habe ich mir mit einer Schwanenhals-USB-Lampe selbst gebaut. Passt. Was ich etwas vermisse sind zwei Dinge: Einmal die Scribble Displays, dass hat das Pult (aber auch andere in der Preisklasse) leider nicht. Aber natürlich können sämtliche Kanäle und Inputs im Ipad Display farblich und durch Text benannt werden. Und da ich den Großteil meiner Zeit hinter Pulten eh mit Neontape am beschriften war, habe ich mich da schnell dran gewöhnt. Nicht so schlimm. Auch fehlt mir leider ein RTA hinter der EQ Darstellung, aber auch das passt für mich, ich mische ja mit den Ohren. Aber schön finde ich das schon immer.
Auch wenn angegeben wird, das Pult auch ohne iPad nutzen zu können, bliebe dafür nur ein imho zu kleines, schlecht aufgelöstes s/w Display zur Verfügung. Spaß ist anders. Aber selbst Roland betitelt das Display eher als Service-Display, falls das iPad mal abraucht. Machbar ist es, aber wie gesagt… Das ist bei mir aber bisher noch nie passiert. Daher ist es „inoffiziell“ wirklich darauf ausgelegt, mit dem silbernen Wischbrett verbunden zu werden. Dann allerdings, macht das Arbeiten wirklich viel Spaß. Die App läuft mega stabil und ist super einfach und übersichtlich zu bedienen, anders als so mach andere App auf meinem Tablet. Eine der Besten, die ich bisher hatte, zumal durch das tabletlastige Konzept so gut wie ALLES auch über das iPad gemacht werden kann, incl. Systemzeugs, Patching und Co. Also einigen wir uns darauf, dass das iPad quasi eigentlich nur als externer Monitor dient. Beim Kauf liegt (zumindest war es bei mir so) nur ein Dock Kabel der alten Generation bei, also der große Flache, mir ist grade der Name entfallen. Ich habe mir dazu einfach für 50 EUR ein gebrauchtes iPad der 2ten(!) Generation gekauft und über Kabel mit der Konsole verbunden. Läuft einwandfrei. Es gibt auch ein Anschlusskabel mit Lightning Anschluss zu erwerben, kostet aber mehr als in meinem Falle das zweite iPad, also erschien mir das als die bessere Lösung. ZUSÄTZLICH lässt sich aber ein zweites iPad über einen Router oder Access Point parallel zu dem also schon verwendeten iPad verbinden und man kann also mühelos durch die Halle schlendern und hat auch da kompletten Zugriff auf alles. Auch ganz nett, wenn man mit zwei Techs arbeitet, beispielsweise einer am FOH und der andere kurbelt parallel den Monitorsound, oder korrigiert laufender weise etwas. Ein eigenes WLan kann auch über einen WLanStick direkt mit dem Pult aufgebaut werden, habe ich aber nie benutzt. Mag sein dass das auch nur mit dem originalen ROLAND-Stick geht. Auch kann zusätzlich noch über USB ein Laptop (Win oder Mac) direkt mit dem Pult verbunden werden und auch da gibt es den vollen Zugriff, allerdings nicht mit der App-Oberfläche, sondern quasi dem Displaylayout des M400 etc. Auch das ist getestet und funktioniert, auch wenn ich es nicht wirklich brauche. Das iPad kann entweder einfach auf die dafür vorgesehene Fläche aufs Pult gelegt werden, oder aber man nutzt den beigelegten Bügel um das Pad in zwei Höhen anwinkeln zu können. Das Pult arbeitet aber sehr viel mit dem „Touch und Turn“ Prinzip eines einzigen Encoders. Ich weiß dass es viele gibt, die viele Köpfchen zum drehen brauchen um glücklich zu werden. Das mag ich im Prinzip auch lieber, aber habe mich tatsächlich sehr schnell dran gewöhnt, selbst beim EQing. Wenn man den Encoder zwischen den Griffeln hat, kann man mühelos mit anderem Finger bspw. vom Q über Main zu Freq navigieren, ohne den Encoder loszulassen. Wenn man den darüber liegenden „Function“ Button berührt, stellt sich ein feineres Raster ein, zum genaueren Arbeiten. Ich zumindest habe mich schnell dran gewöhnt und kann nicht sagen, dass ich mit dem Konzept langsamer bin als bei anderen Pulten. Die Boot-Zeit des Pultes liegt übrigens bei knapp 3 Sekunden. Schöne Sache. Auch sämtliche Buttons arbeiten völlig geräuschlos bei ihrer Benutzung.
Über Optik lässt sich ja immer streiten, aber ich mag diese grauen schlichten Pulte lieber als alles bunte, stylische was es so gibt - wirkt für mich immer etwas professioneller. Aber am Ende ist das ein Werkzeug und es kann daher auch neonpink sein.
Von der Haptik und Verarbeitung ist absolut nichts zu beanstanden. Fühlt sich alles wertig an und auch die Fader laufen sauber. Es gibt zwar mittlerweile schon schneller fahrende Fader, aber das stört mich nicht im geringsten. Vielleicht sogar ganz gut für die Langlebigkeit. Für mich das Wichtigste: Der Sound. Und hier war ich zugegebenermaßen sehr beeindruckt, vielleicht auch weil ich Roland bei Pulten nie so wirklich auf dem Schirm hatte. In meinen Ohren klingt es nochmal etwas besser als das QU und deutlich besser als die X32 (Ich weiß ich wollte nicht vergleichen). Ich bin eh immer nicht so für die Diskussionen wo bei Digitalpulten irgendwelche Preamps verglichen werden, und die jetzt immense Soundunterschiede machen, ich glaube nicht dass das heutzutage noch so eine Rolle spielt. Viel mehr merke ich es immer daran, wie hauptsächlich die EQ`s agieren, ob sehr hart, oder aber musikalisch, und ob man die Eingriffe immer plakativ wahrnimmt, oder alles schön zusammenbleibt. Beim X32 finde ich grade im Bass und den Höhen alles etwas undifferenziert und matschig (persönlicher Eindruck), beim Roland dagegen arbeiten sehr musikalische EQ`s, die in besagten Bereichen sehr sauber und differenziert klingen. Auch die Effektengine hat mich sehr beeindruckt, grade die Quallität der Hallräume sind echt schön. Glasklar. Einzig etwas gedauert hat die Einstellung eines für mich passendes Delays, so schön sie auch klingen. Aber nach einiger Zeit hatte ich den Dreh raus.