Veranstaltungstechnik in anderen Ländern

  • Moin,

    gibt es noch andere Länder, in denen Veranstaltungstechnik(er) ein offizieller Beruf mit Aus- oder Weiterbildungsmöglichkeiten ist? Oder ist das anderswo eher immer noch so, dass da Leute mit ähnlichen Qualifikationen (z.B. TV/Rundfunk) und Quereinsteiger "in die Branche stolpern"?


    Ich mache gerade eine Ausbildung und mein Plan ist, danach ein paar Monate im Ausland Work&Travel im VT-Bereich zu machen. Einfach um mal andere "Umstände" kennenzulernen und natürlich auch um rumzukommen. Ich kann mir z.B. vorstellen, dass die generelle Mentalität anders ist (ich befürchte allerdings, dass die Arbeitsbedingungen schlechter sind als bei uns). Wird die deutsche Fachkraft überhaupt anerkannt?


    Wenn es eine Art Austauschprogramm für die Ausbildung gäbe, würde ich sogar überlegen dort mitzumachen, sofern das hier dann anerkannt wird.


    LG

    Einmal editiert, zuletzt von Natha ()

  • In der Schweiz gibt es seit 4-5 Jahren die Ausbildung zur/zum Veranstaltungsfachfrau (EFZ)/ Veranstaltungsfachmann (EFZ)


    Die deutschen Ausbildungen (FfVT, Meister, Ingenieur) werden in der Schweiz anerkannt - schon allein, weil es eben bis vor kurzem keine eigene Ausbildung gab. Aber es gibt auch kein richtiges Äquivalent zur VStättVO, in der entsprechende Qualifikationen für bestimmte Aufgaben gefordert würden.

    Viele Grüsse,
    Mario Henkel

  • ich denke der Hauptpunkt hier wird sein:


    Selbst hier in Deutschland wo die "Ausbildung" zwar geregelt ist durch das BBiG, ist die Spanne von echt fähiger Fachkraft bis hin "zum Stühle stellen zu blöd" nach der Ausbidlung sehr groß.


    Jobs, werden hier zu Lande nach Reputation/Erfahrung vergeben, sprich du fängst auch als Fachkraft und freier Techniker klein/einfach an und nach und nach kommen die "besseren" Jobs/Aufgaben/Bezahlung.

  • Selbst hier in Deutschland wo die "Ausbildung" zwar geregelt ist durch das BBiG, ist die Spanne von echt fähiger Fachkraft bis hin "zum Stühle stellen zu blöd" nach der Ausbidlung sehr groß.

    Das ist leider in jedem Beruf mit fomaler Ausbildungsordnung so.


    Im Ausland werden für sicherheitsrelevante Tätigkeiten oft spezielle, national geregelte Nachweise gefordert (z.B. City & Guilds electrical im UK, Anschlussbewilligung nach NIV 15 des eidg. Starkstrominspektorats, FISAT-Levels selbst für einfachste Riggingtätigkeiten...) bei denen der deutsche Facharbeiterbrief genau Null bringt. "Jack-of-all-trades" gibt's ausserdem überall genug, und die haben auch noch Lokalvorteil.

    Wenn du im Ausland als Veranstaltungstechniker etwas erreichen willst musst du zumindest in einem Gewerk ein Niveau (Operator, Head Rigger, Crewchef...) erreicht haben das dich auf grösseren Produktionen als Spezialist einsetzbar macht. Alternative: Du lässt dich von einem Unternehmen in einem Land mit generellem Mangel an VT-Fachkräften einstellen und zum Spezialisten nach deren Anforderungen ausbilden. Da solltest du aber auch entsprechendes Talent mitbringen, z.B. musikalisch für Konzertmischerjobs, Grafik/CAD für Lichtplanung oder IT und Videotechnik für Industrie/Konferenz.


    "Work and travel" funktioniert in der VT nicht wie du dir das vorstellst. Die Leute die so was machen sind in der Regel über persönliche Kontakte (auf Tour kennen gelernt...) an Firmen gekommen die ihnen entsprechende Jobs geben. Auf der Ebene der "local hands" haben meist entweder die Gewerkschaften oder alteingesessene Agenturen den Daumen drauf, da kommst du von Aussen nicht so einfach rein.

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

    2 Mal editiert, zuletzt von niggles ()

  • Gab's in USA nicht auch Probleme mit dortigen Gewerkschaften?

    Ich fordere eine Kennzeichnungspflicht für Ironie im Internet!

    _____________________
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    Fax. 0371.5612536

  • Hallo Natha,
    ich habe eine ganze Zeit als Techniker im Ausland gearbeitet. Mein damaliger Arbeitgeber betreibt in verschiedenen Ländern Hotels und sucht immer Personal.


    Bei Interesse schreib mir doch einfach eine PN, ich würde dann einen Kontakt herstellen.

  • Dann gibt es da noch die Nummer mit den großen Kreuzfahrtschiffen:

    Auch dort arbeiten Veranstaltungstechniker - die haben zum Teil riesige

    Versammlungstätten auf den Schiffen, 1800 Pax und so ...


    Ich kenne eine Frau, die nach der Ausbildung als FfVt auf Kreuzfahrern rumgetingelt ist.

  • Moin Natha, in welches Land möchtest Du denn konkret? Die deutsche Ausbildung mit dem Azubi/Meister-System hat ein sehr hohes Ansehen in vielen Ländern. Die Engländer haben grade ein zweijähriges Ausbildungssstem in der Branche aufgelegt, ebenso wie die Franzosen es schon seit zwei Jahren machen. Aus meinen Vortrags-Besuchen in Südafrika weiss ich, dass es dort ebenso Ausbildungen gibt, die einmal von der größten Firma im Land und dann zwei privaten Bildungseinrichtungen durchgeführt werden. Wenn Du ins Ausland möchtest, kann es Sinn machen, sich bei einem Fachverband dort zu informieren, wenn es einen gibt. In UK = PSA, in F = SYNPASE, in SA = SACIA/TPSA

    -> Arbeitssicherheit, Koordination Arbeitssicherheit auf Großveranstaltungen

    -> Sicherheitskonzepte

    -> Schulungen

  • Dann gibt es da noch die Nummer mit den großen Kreuzfahrtschiffen:

    Jo, hier!

    Bin etliche Verträge (immer so 3 bis 6 Monate) als Tontechniker für eine große 4Sterne+ Flotte gefahren.


    1. Muss man mögen. Viele Kollegen sind nur einen Vertrag und dann nie wieder gefahren, viele andere hingegen machen das über Jahre.

    2. Macht man eher in jungen Jahren.

    3. Gehalt, geht so. Reicht um nach dem Vertrag schick Urlaub zu machen, für die Rente bleibt nicht so viel übrig. Ab 5 Sterne ist das Gehalt u.U. ziemlich gut, aber es gibt weniger offene Stellen.

    4. Man kommt rum. Aber oft liegt man außerhalb in Containerhäfen. Das heißt morgens früh aufstehen und zusehen, dass man einen der Shuttlebusse zu den nächsten Sehenswürdigkeiten bekommt. Wenn man abends lange gearbeitet hat (und anschließend noch in der Crew-Bar hängen geblieben ist) fällt das zeitige Aufstehen u.U. schwer.

    5. Man lernt ziemlich interessantes Englisch zu sprechen, also so international kompatibles ohne großartige Nebensätze und komplizierte Formulierungen. Und man hat noch ca. 40 weitere Sprachen um sich herum, die wichtigsten Schimpfworte bekommt man schnell beigebracht.
    6. Arbeit ist je nach Erfahrung stressig bis entspannt. Ab dem zweiten Vertrag fällt einem vieles leichter. Die großen Venues an Board sind das Theater/Theatrium und üblicherweise das Pooldeck. Dann gibt es noch eine Menge Bars und Lounges, ggf. Konzertsaal etc. Vieles läuft so mehr oder weniger auf Autopilot, die Musiker sind ja auch über Monate an Board und spielen immer das selbe Programm. Ab 5 Sterne ist das Programm tendentiell abwechslungsreicher (Gastkünstler!).


    Aida recruitet meines Wissens inzwischen selber, mal deren Webseite checken. Die Entertainment-Abteilung ist glaube ich immer noch in Hamburg.

    TUI recruitet über sea-chefs. Die Entertainment-Abteilung ist in Berlin.

    Hapag Lloyd recruited auch über sea-chefs.

    Phoenix Reisen glaube ich ebenfalls sea-chefs.

    Die Amerikaner (Royal Caribbean, Celebrity, Oceania, Viking, Disney, Crystal, Norwegian, und alles was noch zu Carnival gehört) recruiten i.d.R. selber. Auf deren Unternehmenswebseiten gibt es meistens Infos zu "Career at Sea". Falls du italienisch sprichst kämen noch Costa und MSC in Frage. Die meisten Marken von Star Cruises bedienen eher den asiatischen Markt. Und rein theoretisch gibt's ja auch noch Marella aus UK, da könnte man dann auf veranstaltungstechnische Baustellen treffen, die ich damals gehegt und gepflegt habe.

    Pragmatisch. Praktisch. Gut.

  • Danke für die vielen Antworten. Das klingt ja schonmal gut, wenn ich dann die Fachkraft habe kann ich ja umschauen wohin es mich verschlägt. An Kreuzfahrten hatte ich auch schon gedacht, ob ich dazu dann Lust habe, muss ich schauen wenn es soweit ist.

    Moin Natha, in welches Land möchtest Du denn konkret?

    Das weiß ich zurzeit noch nicht (wie gesagt, alles erstmal nur Ideen), aber ich dachte an alles was nicht unbedingt direktes Nachbarland von Deutschland ist. Mich würden Kanada, Neuseeland, Australien oder Mittel-/Südamerika reizen. Aber selbst wenn ich vorerst nur etwas innerhalb der EU mache, ist das auch schon was.

  • Wenn hier die Kollegen von den Schiffen so viel schreiben, dann ergänze ich meine Ausführungen auch noch etwas ;-).


    Mein früherer Arbeitgeber (Aldiana) betreibt 4 bzw. 4 1/2 Sterne Clubhotels. Ich selbst habe in Hotels auf Djerba (Tunesien) und auf Zypern länger gearbeitet, kurze Einsätze hatte ich in Spanien und in Ägypten.


    Verträge sind i.d.R. unbefristet, du arbeitest 6 Tage pro Woche und hast normalerweise einen Tag pro Woche frei.


    Bei Aldiana ist es so, dass es pro Anlage eine*n Techniker*in gibt. Das bedeutet, du machst Licht, Ton, Video und Maschinerie komplett alleine. Geht nicht? Doch - wenn man sich selbst organisiert. Das Licht ist in der Regel durchprogrammiert, man feuert also entweder Cues ab - oder die Show läuft komplett via Timecode (dann hat man auch mit den Zuspielern nichts am Hut). Pult ist in der Regel ein X/M32 und es gibt um die 12 Funkstrecken (i.d.R. Line6) mit Headsets und Handkeulen. Material ist nicht Highend - aber man kann durchaus damit klar kommen.


    Wenn die Saison erstmal läuft (also alle Shows einstudiert sind und nicht allzu viele Ausfälle in der Crew sind), ist der Job ziemlich entspannt.

    Tagesablauf
    Beginn um 9:30 mit Teammeeting - was läuft über den Tag, welche Besonderheiten gibt es. Dauert zwischen 5 und 15 Minuten


    Ab 10 Uhr: Animateure sind in den Programmen, zusammen mit der Deko-Fraktion (i.d.R. 1-2 Leute + Helfer aus der Animation) wird das Abendprogramm aufgebaut, Technik leuchtet entsprechend ein (wobei das im Zeitalter von LED und MLs deutlich weniger geworden ist) und checkt alles. Ansonsten: Helfen beim Aufbau des Bühnenbilds.

    Ab 12 Uhr: Zeit für was zu trinken - also ab an die Bar (die öffentliche für die Gäste)


    12:30 Uhr: Mittagessen! Alle Animateure stürmen das Restaurant - und der Techniker auch.


    weil:

    13:00 Uhr: Durchlaufprobe für die Abendshow! Mit Licht und Ton - aber in der Regel ohne Kostüme


    ca. 14:00 Uhr: Mittagspause


    15:00 Uhr: Animateure wieder in die Programme. Zeit das mobile Material zu checken und zu warten, in den verschiedenen Outlets (also z.B. Radio-Station am Pool, Beach-Restaurant) nach der dort verbauten Technik zu schauen (Boxengitter am Meer wollen so 2-3x pro Jahr neu lackiert werden), oder irgendwas für eine Show vorbereiten (Musik schneiden, Licht vorbereiten).


    18:00 Uhr: Pause


    21:00 Uhr: Letzte Vorbereitungen für die Show im Theater, Mikros verteilen, Technik anschalten...

    21:15 Uhr: Doors


    21:30 Uhr: Show


    22:30 Uhr: Showende, Beginn Abbau


    23:30 Uhr: Ab an die Poolbar/in die Disco


    24:00 Uhr: Feierabend. Evtl. versackt man in der Disco...


    Natürlich gibt es auch andere Tage - mal hat man mehr (es wird eine neue Show einstudiert, es ist eine Sonderveranstaltung), mal weniger zu tun (Abends spielt eine Band am Pool - die versorgen sich komplett selbst, inkl. Auf- und Abbau).


    Der Spaß an der Arbeit ist dabei extrem von den Kollegen und dem Management abhängig. Meine Zeit ist schon 10 Jahre her, trotzdem treffe ich mich regelmäßig mit alten Kollegen... Zypern bezeichne ich heute als meine 2. Heimat und bin regelmäßig dort und mache Urlaub bei meinen alten Kollegen... ;-).


    Zur Unterbringung (bei Aldiana): Jeder Festangestellte MA hat ein Einzelzimmer. In allen neueren Anlagen auch mit eigenem Bad, in einer älteren Anlage teilen sich wohl 2 Kollegen jeweils noch ein Bad.


    Zum Geld: Man wird eher nicht reich. Hat aber eigentlich dort auch kaum Kosten. Unterbringung, Essen, Trinken und Kleidung tagsüber (Uniform) wird gestellt. Ebenso Flug (auch in den Urlaub). Der Arbeitgeber zahlt Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung.



    Beim Mitbewerber Robinson ist es etwas anders, dort gibt es mehrere Techniker, die aber z.B. auch für das Auflegen in der Disco zuständig sind...