Mischen von Musicals

  • 99% der Tontechnik-Arbeit passiert imho bei den Proben.

    Ja und nein. Bei den Proben legt man das Sounddesign der Show und der Szenen fest. Man programmiert man vor. Szenen, Snippets, whatever, je nach Pult und Arbeitsweise. Bei den Shows wird dann das eingeprobte Programm gespielt. Genau wie das die Akteure auf der Bühne und die Musiker auch machen.

    Aber ich muss doch auf die Tagesform der Darsteller und Musiker reagieren und ggf. Sachen nachjustieren bzw. anders machen. Hier den Fader ein paar dB weiter hoch, da etwas weniger. Mal einen EQ nachjustieren, weil einer der Sänger heute etwas belegt klingt.

    Ohne die Reaktion der PA im Saal zu hören (oder sehr gut abschätzen zu können), laufe ich doch ständig Gefahr, über- oder unterzukompensieren.

    Mal ganz abgesehen davon, dass viele Sääle leer (also ohne Publikum) ganz anders klingen als voll und deswegen gerade bei den ersten Shows sich nochmal einige Dinge ändern (müssen), um das bei den Proben mal festgelegte Klangbild zu erreichen. Da kann auch mal aus einer Szene ohne Hall plötzlich eine werden, die einen Balladenhall mit 3 Sekunden Decay braucht (den man natürlich in Erwartung einer solchen Änderung sicherheitshalber schon mal vorbereitet, aber bei den Proben immer gemutet hatte).


    Und wenn man dann nach den erst paar ausverkauften Shows am ersten Wochenende seine Routine im vollen Saal gefunden hat, kommt die erste Show unter der Woche, die nicht so gut verkauft ist, und schon ist alles wieder anders.


    Ums mal einfach so zu sehen: Ich würde doch auch nicht von einem Musiker erwarten, dass er mit einer Band zusammenspielt, die er nicht sieht und hört.

  • Beim Musical hat man ja gerne auch die Partitur vor sich und schiebt die Fader Silbengenau rauf und runter. Also Blindflug nur mit Cues geht nicht wirklich.

    Hat sich eigentlich schon mal jemand einen Kunstkopf ins Publikum gehängt? Müsste doch eigentlich auch ganz gut funktionieren.

  • Gestern war Durchlauf 2 im Vorführraum. Kritik vom ersten Durchlauf beschränkte sich auf Details (die ich allerdings nicht nachfühlen kann, aufgrund der Situation).


    Es ist schon so, dass ich für einzelne Songs 5 Snippets habe und taktgenau drücken muss. Auch bin ich nonstop am Schieben.


    Aber nun habe ich eine Idee, wie es auf dem Monitor klingen muss, damit es im Saal passt (auch hier kann ich mich nur auf Rückmeldungen des Regisseurs abstützen).


    Wie es dann mit vollem Saal klingen wird, werde ich u.U. gar nie erfahren.

    Der Ton macht die Musik.

  • Na, immerhin kannst du so besser hören ob die Einzelspuren sauber sind 😉

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • Mach doch bei der nächsten Probe mal eine Multitrack Aufnahme. Dann kannst du die ja wenn Zeit ist abspielen und mit einem IPad durch das Publikum gehen. Dann kriegst du wenigstens schonmal einen Eindruck, wie es ungefähr klingt.


  • So. Die Sause ist vorbei. Abgesehen vom akustischen Blindflug im Regieraum hat es gut geklappt. Nach einigen Shows spielte sich eine Routine ein und ich wusste schon genau, an welcher Stelle welche Rolle noch etwas gepushed werden muss, bzw. wo man Geräusche auch ausblenden kann.


    Wir hatten auch einige Verluste zu beklagen. So gingen einige Headsetmikrofone in die Brüche (fast immer am Übergang vom Bügel zum Kabel), auch zwei Taschensender überlebten die Show nicht.


    Der Lichttechniker und ich hatten viel Spass zusammen und werden sicher weitere Projekte zusammen bestreiten. Es war trotz vielen Stunden der hohen Anspannung ein schönes Erlebnis und ich wüsste auch schon, was ich für ein anderes Musical anders lösen würde.

    Der Ton macht die Musik.

  • Die Erfahrung hab ich auch gemacht.

    Daher haben wir nur Handfunken im Bestand (zudem sind die für unseren Einsatzbereich auch einfach universeller).

    Für Musicals wird dann immer zugeliehen. In den allermeisten Fällen direkt durch den Veranstalter, damit sind wir aus der ganzen Problematik raus.

  • Die Erfahrung hab ich auch gemacht.

    Daher haben wir nur Handfunken im Bestand (zudem sind die für unseren Einsatzbereich auch einfach universeller).

    Das verstehe ich nicht. Mal schnell ein zwei Headsets für Moderation, oder Sax und Geige mobil machen dann müsst Ihr zumieten oder wie??? Universell nur mit Handsender erschließt sich mir nicht.


    Für Musicals wird dann immer zugeliehen. In den allermeisten Fällen direkt durch den Veranstalter, damit sind wir aus der ganzen Problematik raus.

    Warum??? Wenn ich Angst hätte das der Kunde das defekte Material nicht bezahlt würde ich überlegen ob ich den Job überhaupt annehme.


    Aber vielleicht gibts ja Argumente für Dein Verhalten die ich übersehen habe.

  • Ich hab keine Angst, das defektes Material nicht bezahlt wird - ich will mich nur nicht sinnlos mit den unweigerlich kommenden Defekten herumschlagen.


    Ich hab schon mehrfach darüber nachgedacht und auch mal durchgerechnet - zumieten (kommt etwa 1...2 Mal im Jahr vor) ist in diesem Fall günstiger und stressfreier.


    Handfunken sind hingegen mittlerweile einfach Standard. 2 kommen auf jede VA mit und bringen fast immer einen echten Mehrwert - und das weitestgehend problemlos.


    Mit "universeller" meine ich, das die Mikros zwischen verschiedenen Akteuren hin und her gegeben werden können und somit weniger Technik benötigt wird. Headsets sind meistens Personengebunden und dann braucht man eben mehr davon und die sind dann auch noch deutlich empfindlicher.


    Instrumenten Funkstrecken kamen bisher immer direkt von den Bands - ich hatte noch nie den Fall, das irgend eine Planung an nicht vorhandenen Headsets / Taschensendern gescheitert ist.


    Von daher - ein Problem weniger, um das ich mir Sorgen machen muss.


    Das mag aber für jeden anders zu beurteilen sein und ich maße mir nicht an irgendwelche Standards setzten zu wollen - für mich funktioniert es bis jetzt einfach sehr gut so.

  • Ok für 1-2Mal im Jahr braucht man sich keine Taschensender mit Headset hinlegen.


    Alle Mikrofone mit Hand und Lippen Kontakt versuche ich seit C.... Personen bezogen zu behandeln. 😉 Klappt bei einigen Kunden leider nicht immer.

    Manchmal denke ich das der Weg auf die Bühne magisch sein muss. Gerade bei Laien wird häufig das Kurzzeit Gedächtnis gelöscht.🤕

  • Kannst du dazu ein paar Worte schreiben?

    Ich würde darauf bestehen, dass es eine Stunde für die Einführung mit den Headsets gibt; Handling, Mikrofonposition, Feuchtigkeit, Schwachstellen des Senders, Schwachstellen des Mikrofons, Akkuhandling, ...

    Es fand zwar statt, aber hatte einen zu tiefen Stellenwert. Evtl. müsste man das sogar koppeln mit einer finanziellen Beteiligung der Akteuere, wenn etwas kaputt geht.


    Mit dem Regisseur würde ich viel akribischer das Drehbuch bearbeiten. Wo hat wer Text (bei dieser Show war das oft nicht ersichtlich, da auch z.T. falsche Rollennamen aufgeführt waren. Auch gab es oftmals "Adlips", also improvisierte Beiträge. Das führte in den Proben dazu, dass am Ende in den Snippets zu viele Kanäle offen waren.


    Ausserdem würde ich die Cues im Drehbuch von Anfang an anders eintragen. Diesmal wollte der Regisseur, dass ich mir auch Notizen zu den Lichtcues mache. Das war aber tatsächlich nur eine reine Zeitverschwendung und stiftete sogar bei den ersten Durchläufen bei mir eine gewisse Verwirrung.


    Bei gewissen Szenen würde ich ausserdem noch feiner in Snippets unterteilen. Auch bei Songs hätte das noch Potential.



    Vielleicht gäbe es noch mehr. Das kommt mir spontan in den Sinn.

    Der Ton macht die Musik.

  • Diesmal wollte der Regisseur, dass ich mir auch Notizen zu den Lichtcues mache. Das war aber tatsächlich nur eine reine Zeitverschwendung und stiftete sogar bei den ersten Durchläufen bei mir eine gewisse Verwirrung.

    Es ist nicht Aufgabe des Regisseurs, Dir Vorgaben zu machen, wie deine Unterlagen auszusehen haben. Er muss sagen, was er will, und es ist Aufgabe der Schauspieler und Techniker, das umzusetzen.

  • Ich würde darauf bestehen, dass es eine Stunde für die Einführung mit den Headsets gibt; Handling, Mikrofonposition, Feuchtigkeit, Schwachstellen des Senders, Schwachstellen des Mikrofons, Akkuhandling, ...

    Es fand zwar statt, aber hatte einen zu tiefen Stellenwert. Evtl. müsste man das sogar koppeln mit einer finanziellen Beteiligung der Akteuere, wenn etwas kaputt geht.


    Mit dem Regisseur würde ich viel akribischer das Drehbuch bearbeiten. Wo hat wer Text (bei dieser Show war das oft nicht ersichtlich, da auch z.T. falsche Rollennamen aufgeführt waren. Auch gab es oftmals "Adlips", also improvisierte Beiträge. Das führte in den Proben dazu, dass am Ende in den Snippets zu viele Kanäle offen waren.


    Den ersten Punkt mache ich auch ähnlich.

    Es gibt für alle eine Einweisung über den Umgang, was sie machen und auch was sie nicht machen dürfen.

    Wichtiger finde ich aber einen zweiten Techniker seitlich der Bühne, der während der Musicals nur für Headsets zuständig ist. Er kontrolliert die Positionierung der Headsets, hört auch in Headsets von Personen im Off rein, kontrolliert Akkustände etc.

    Ein- und Ausschalten der Bodypacks oder auch das Batteriewechseln macht kein Darsteller.

    Finanzielle Beteiligung bei Defekten - schwierig.

    Ich hatte im letzten Projekt einen Kabelbruch (passiert in Tanzszenen leider, dafür gibts Backups), aber auch einen euphorischen Darsteller bei dem nach der letzten Show dann die Hälfte des Bügels fehlte. Übermotiviert vom Kopf gerissen oder was auch immer - hier musste die Musicalgruppe bzw. dann auch direkt der Darsteller die Ersatzteile und den Check auch übernehmen.


    Das Textbuch ist wirklich das wichtigste Tool für mich.

    Jede gesprochene Zeile, jeder Einwurf etc. sind mit der Nummer der Rolle beschriftet. Farbige Kennzeichnung der Nummer ob gesprochen, gesungen oder Background.

    Dazu gibts auch eine klare Ansage an die Schauspieler und den Regisseur vorab dass Headsets nur genau nach Textbuch angeschaltet sind.

    Da fahre ich viel pro Szene normal alles per Hand. In Szenen in denen mehrere Personen nacheinander sprechen ist jedes Headset auch nur beim genau gesagten Satz offen.


    Für z.B. die letzte Aufführung (oftmals mit Gags oder ein paar Änderungen im Ablauf) klare Ansagen vorab - wer etwas plant muss die Technik zumindest informieren, ansonsten hört man Leute nicht.

  • Hallo zusammen,

    ich bin gerade mal wieder am vorbereiten von einer Musicalserie im November.

    28 Headsets, Orchester, Band, ...


    Bei einem Thema bin ich aktuell noch am prüfen.

    In zwei Szene wird die eine Bühnenhälfte als "TV" genutzt.

    Die Band spielt live (alles elektrische Instrumente), es wird auch von einigen Darstellern live gesungen, bzw. gesprochen. Der Sound soll aber "aus dem Fernseher" kommen. Verständlich soll es trotzdem sein.

    Die andere Hälfte der Bühne wird von anderen Darstellern "normal" genutzt, es wird der TV-Inhalt kommentiert.


    Meine Idee war jetzt:

    Ich hänge eine kleine Aktivbox ganz hinten oben in die Bühne, um eine Ortung von dort zu bekommen.

    Die Band und die Headsets fahre ich sowieso über Subgruppen.

    Zusätzlich habe ich nun eine Subgruppe "TV Band" und "TV Headsets" angelegt.

    In diesen Szenen route ich die Band und die paar "TV Headsets" in die Gruppe, beschneide dort stark mit EQ.

    Die zwei TV Gruppen gehen zum einen auf die Aktivbox, zum anderen mit Delay aber auch leiser auf die Main-PA mit drauf.

    Wie es im Raum wirkt werde ich wohl testen müssen, ob vielleicht das Bühnenmonitoring alleine schon indirekt genug ist.


    Habt ihr da Erfahrung? Wie macht ihr das technisch am Pult?


    Viele Grüße