Videoübertragung Musicalproduktion ("latenzfrei")

  • Hallo zusammen,


    ich bin dabei, für eine Amateur-Musicalproduktion eine Live Videoübertragung vom Dirigenten zu den Darstellern zu optimieren. Ich konnte hier nur Beiträge finden die schon etwas älter waren und frage mich, ob das noch "Stand der Technik" ist.


    Grundsätzlich muss die Übertragung aufgrund der Synchronität der Musik natürlich latenzfrei erfolgen. Deshalb wird ja fast überall auf analoge Technik gesetzt.
    Diese hat aber einen entscheidenden Nachteil für mich: Analoge Röhren-Bildschirme sind recht massiv und lassen sich nicht leicht irgendwo aufhängen.

    Bei Sälen mit Empore hatten wir teilweise schon eine Überwachungskamera über BNC Kabel an einen alten großen TV Röhrenfernseher angeschlossen. Das war von der Latenz her ideal, aber eine Empore gibt es nicht immer.


    Deshalb habe ich mich jetzt an einer digitalen Version versucht:

    Analoge Überwachungskamera --> BNC zu HDMI Wandler --> HDMI zu Ethernet --> Ethernet zu HDMI --> 34" LCD Monitor


    Der LCD Monitor wird über eine reguläre VESA-Befestigung mit 35mm Flansch auf ein 35mm Lautsprecher-/Lichtstativ hinter dem Publikum in die Höhe gefahren.

    Die Latenz ist erkennbar aber noch gerade so im Rahmen. Ich würde sie aber gerne reduziert bekommen. Meine Ideallösung wäre also wohl ein analoger 34" LCD Bildschirm aber so etwas konnte ich bisher nicht finden...


    Das Bild sollte dann auch gesplittet werden und noch in einen Raum hinter der Bühne übertragen werden - ebenfalls latenzfrei. Aber das liese sich dann entweder über einen HDMI oder BNC Split lösen und ist weniger problematisch, da man dort keinen leichten, hohen Monitor benötigt.


    Gibt es da irgendwelche günstigen Konzepte mit oder ohne Wandlung, wie man so etwas realisieren kann?

  • SDI Kamera (z.B. "PTZ Optics ZCAM"), SDI Bildschirm. Alternativ kann man einen herkömmlichen Bildschirm und SDI->HDMI Wandler nehmen (wie z.B. Blackmagicdesign Mini Converter)
    Geringer geht die Latenz bei digitaler Bildübertragung meiner Meinung nach nicht.

  • Wir machen das heute noch mit FBAS-Verteilung per BNC aus nem 90er-Jahre-Camcorder auf mehrere kleine Röhrenfernseher. Die sind modifiziert, so dass sie direkt BNC-In haben und beim einschalten direkt auf den AV-Kanal gehen.


    Mehrere kleine TVs haben den Vorteil, dass man sie vorne an Bühnenrand platzieren kann, zusammen mit Monitoren, Effektlicht, Frontfills. Wenn man das alles nicht sehen soll, kann man's ja kaschieren. Aber es trägt dann nicht so auf wie ein großer Bildschirm, und man kann immer irgendwo den Dirigenten sehen.

    Backstage ist Größe dann ja wieder nicht so kritisch.


    Aber selbst bei dieser Lösung bemerke ich (Dirigent) eine minimale Latenz - dürfte so ca. ein Field (20ms) sein und ist wohl dem CCD im Camcorder geschuldet. Das ist aber so gering, das spielt keine Geige.


    Mit Flachdisplays ist es immer irgendwie digital. Wenn die nen analogen Eingang haben, wird der intern auch gewandelt, um dann die Displayelektronik anzusteuern.

  • Gerade bei Flachbildschirmen spielt der Input-Lag auch eine Rolle. Der kann bei einem üblichen TV-Gerät gut und gerne mal über 100 ms liegen, also bei 6 Frames @ 60 Hz, es gibt aber auch Geräte die (meistens im Gaming- oder PC-Modus) weniger als 10 ms erreichen. Zusammen mit einer flotten Kamera (2-3 Frames Latenz) ohne andere Sachen dazwischen sollte man über HDMI bei 60 Hz also irgendwo in den Bereich von 50 - 60 ms Gesamtlatenz kommen können, bzw. etwa 3 - 4 Frames.

    Ein Booster/Splitter sollte das Signal ohne weitere Verzögerung übertragen.

  • Mit professionellen Material kann man auf bis zu 2 Frames runter kommen, weniger wird nicht möglich sein.

    Allerdings ist das eine Budget Frage.


    Mit Gruss


    Simon

  • Keine Ahnung.

    Dank Computerspielen scheint es ja auf der Monitorseite kein ernsthaftes Problem mit der Latenz zu geben.

    Bleibt die Frage nach der Kamera. Und da billige Kameras sowieso einen Rolling Shutter haben, frage ich mich,ob es da nichts günstiges gibt, das die Zeilen so ausgibt wie sie gescannt werden.

  • Meine Musical Zeit ist etliche Jahre her, aber die alten FBAS Kameras und die alten Röhren Monitore waren Heiligtümer.

    Es gab nur sehr wenige LCD Displays und das waren richtig teure (schnelle) Geräte die dann nur in weniger kritischen Anwendungen eingesetzt wurden.

    Vergiss alles über Netzwerk und sonstwie formatgewandelte Übertragungstechnik für Dirigentenkamera und Bühnenmaschienerie. SDI dürfte nach allem was man hört die moderne Alternative sein.

    Für die Versorgung des Hinterhauses und weitere latenzunkritische Anwendungen könnte man über IPTV gehen.

    Übrigens: ich erinner mich noch, wie gruselig die Bildqualität der Dirigentenkamera war. Sowieso nur schwarz/weiß und extrem kontraststark dank Beleuchtung und Kameraeinstellung. Wichtig ist, dass die Informationen, also die Bewegungen des Dirigenten, rüberkommen und sehr gut zu erkennen sind. Dafür war teilweise schon schwer zu erkennen, wer eigentlich die Vorstellung dirigiert, weil es einfach nicht auf feinste Details wie Zeichnung und Schattierung im Gesicht ankommt.

    Pragmatisch. Praktisch. Gut.

  • Eine wohl messbare Latenz gibt es, aber sichtbar ist die nicht wirklich. Am Kamerareceiver auf dem HDMI-Ausgang ist das Bild nahezu Echtzeit - Wenn ich das über den Netzwerkstream anschaue geht's schon an die 200 bis 500 ms ran (je nach stream / WLAN / Kabel / Endgerät / Browser oder App / etc.)


    Das Problem beim genauen timing bei mir ist halt dann, wenn z.B. das Licht dann Aus gehen soll, wenn der Schauspieler 'nen Hebel zieht - dann sollte das dann doch schon seeehr zeitnah passieren :)


    Am deutlichsten ist es, wenn auf der Bühne z.B. ein Gegenstand auf einen anderen gehauen wird und einen Knall verursacht. Da will man schon in der Regie bei mir den Ton und das Gesehene zeitgleich haben. Mit meiner Lösung ist das wirklich nur im millisekunden-Bereich, was für mich das Optimum darstellt (digitale Lösung, FullHD, Kontrollsicht über die Bühne)



    Falls jemand die Latenz messen kann und gerade Zeit hat, darf er das gerne tun ^^



    sec

    "geht nicht" ? - gibt's nicht !

    ...ja, das war schon immer mein Avatar :evil:

    "Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens" (Friedrich Schiller, " Jungfrau von Orleans")

  • Latenz Messen ist recht simpel.

    Eine Stoppuhr nehmen , welche zwei drei Stellen hinter dem Komma (nach den Sekunden) anzeigt.

    Filmt diese Uhr ab.

    Stellt das anzeigen Display neben die Uhr und macht ein Foto.


    So sieht man zwei Uhrzeiten und der Rest ergibt sich.


    Mit Gruss


    Simon

  • Das muss dann aber eine Stoppuhr mit schnellem Display sein. Also entweder LED oder ein PC/Handy/Tablet mit >120Hz-Display. Sonst liegt der Bildaufbau der Stoppuhr über der Zeit, die wir eigentlich messen wollen.

    Alternativ ein 1000FPS Video von nem Optischen Ereignis machen und Frames zählen. Das geht ja heutzutage schon mit fast jedem Smartphone.

  • Hi zusammen,

    ich habe dank eures Inputs viel rumprobiert und verschiedenste Systeme ausprobiert. Die Monacor-Systeme gibt es wohl leider aktuell nicht mehr.

    Ich habe nur das Gefühl, das Ganze nicht wirklich objektiviert messbar zu bekommen bzw. habe absolut keine Anhaltspunte, wie ich meine Messdaten dann bewerten soll, um das alles zu optimieren.


    Kurz zu einem "Messaufbau":
    iPhone mit Stoppuhr-App (3 Stellen, also Millisekunden)
    CCTV-Cam davor
    HDMI PC-Monitor dahinter

    Aufnahme eines Bildes mit einer DSLM Cam, Shutter 1/1000


    Setup 1)
    HD-CVI Cam (HiWatch HWN-2108H-8P) --> BNC --> Abus TVAC 22400 Konverter --> Bildschirm
    Ergebnis: ca. 100ms, ab und an (warum auch immer) ca. 60ms

    Setup 2)
    HD-SDI Cam --> BNC --> Blackmagic Micro SDI to 3G HDMI --> Bildschirm
    Ergebnis: ca. 100ms, ab und an ca. 60ms

    Setup 3) ("Referenz")
    Analoge CVBS Cam --> BNCtoCinch --> Analoger Röhren-TV
    Ergebnis: ca. 30ms

    Was ich mich jetzt frage: Ergibt mein Messaufbau und meine Ergebnisse Sinn? Ich verstehe nicht wieso die Latenz bei Setup 1 und 2 so zu schwanken scheint. Habt ihr noch Tipps, an welchen Stellschrauben ich für eine möglichst niedrige Latenz schrauben muss und, was rein musikalisch das Optimum in Millisekunden wäre. Aus meiner Sicht sind mehr als 50-60ms nämlich vermutlich zu viel, oder?


    Bringt es etwas die Videoqualität/Framerate (720p/1080p, 25/30/50/60) zu verändern oder der Cam fixe Shutterwerte zuzuweisen?


    HD-SDI Monitore sind für mich aufgrund des Budgets und der erfoderlichen Größe keine Option.


    Freue mich über Rückmeldungen und Input! Viele Grüße.

  • Moin,


    Ich habe, auf Grund einer ausgelösten sprühflutanlage 2020 das ganze analog Video rausschmeißen müssen bei uns aus dem Haus.

    Verbaut ist jetzt SDI zu SDI, geroutet über Blackmagic Video Hubs. Kameras, sowohl Panasonic PTZ für Dirigent sowie Saalbild, sowie Marschall für Portal, Unterbühne etc. Alle Latenz kritischen Monitore sind SDI tauglich, weniger Latenz kritische sind mit Wandlern SDI-HDMI versehen.

    Gemessen hab ich es nie, aber selbst die kritischsten Wedler und Gaukler, die immer über Digital meckern sind zufrieden.

    Im Touring (Landesbühne) mit der Musical Company schicke ich inzwischen das Bühnenbild für den musikalischen Cheffe per SDI-IP - IP - SDI Wandlung (Blackmagic Teranex SDI - IP) per VPN mit über mein Dante Netzwerk. Das ist dann nicht mehr ganz latenzfrei aber durchaus benutzbar.


    Lg

  • Ich verstehe nicht wieso die Latenz bei Setup 1 und 2 so zu schwanken scheint.

    Hi,


    es schwankt nicht, es sind 40ms "Unterschied" und der kommt von der langsamen Bildwiederholrate von Kamera und Bildschirm in Kombination mit dem schnellen Shutter einer DSLM.

    Rechenbespiel:

    1 Sekunde = 1000 ms

    50 Bilder/Sekunde heißt 1 Bild dauert 20ms

    Wenn du also mit 1/1000s Shutter, unsycronisiert, einen Screen mit 50p (=20ms pro Frame) fotografierst kannst du in dem Bereich +-20ms liegen, je nachdem wann du den Auslöser drückst.


    Zum Thema Latenz: meiner Erfahrung nach haben einfache Format-Konverter ohne Scaler gar keine Latenz, eine SDI HDMI Wandlung passiert im Normalfall in Echtzeit. Böse Zeiträuber sind Consumer-Bildschirme und Interlaced-Formate.

  • Böse Zeiträuber sind Consumer-Bildschirme…

    halber Einspruch: einfach darauf achten ob der Bildschirm für Computerspiele geeignet ist. Also im Zweifelsfall lieber mal im aktuell angesagten Egoshooter-Forum nachfragen.

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder