Gainstruktur via Kompressor-Threshhold

  • Um mir das Leben leichter zu machen und nicht so viel denken zu müssen kann ich mir aber auch einfach meinen Kanalkompressor zu Hilfe nehmen. Der Threshhold des Kompressors lässt sich nämlich genau auf einen definierten Zielwert -dbfs einstellen.

    Hat man das nicht selbst schon zu Analogzeiten genau so gemacht (soweit da Kompressoren im Insert steckten)? Zumindest kenne ich das so: Blitzlinecheck (wenn überhaupt), Band fängt an - und ein einziger Blick auf das prominent aufgebaute Dynamics - Rack neben dem Midas XL oder Yammi PM offenbarte sämtliche wichtigen Gain- Problemkandidaten. Wenn nicht dem schwitzenden Tonler, dann zumindest dem verständnisvoll lächelnden Babysitter hinter ihm. Genau deshalb waren ja DBX 160X und BSS 402 so überaus beliebte Standardgeräte (und nicht etwa deshalb, weil wirklich jeder Tonler außer Threshold und Ratio auch die Sache mit den Regelzeiten so ganz genau verstanden hatte oder gar wusste, was es mit diesem geheimnisvollen 'Overeasy' auf sich hat... ).

    Das Prinzip habe zumindest ich mir bis heute bewahrt. Und deshalb z. B. auch dort, wo Kanalkompressoren eigentlich einigermaßen bis komplett sinnlos sind (Toms, Cymbals, totverzerrte E- Gitarren, usw.) grundsätzlich die Kompressorfunktion aktiviert. Mit Threshold ein Stück oberhalb des beabsichtigten Arbeitsbereiches - wenn sich dort dann die Kanalanzeige (egal ob simple rote LED oder schickes Gainreduction- Meter) meldet heißt das automatisch "Upps! Gain wohl ein wenig zu ambitioniert!".

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Genau so!
    Nutze ich sowohl mit wiederkehrenden Files (Silent Linecheck: Kompressor schreit um Hilfe = Quelle geändert = bevor ich am Gain schraube, sage ich der Bühne Bescheid, weil das Problem ja auch beim Monitoring auftreten wird) als auch als Festival-Babysitter (Leise und Laute Linechecks oder Zurverfügungstellen des Festivalsfiles für Gastmischer: Jeder Kanal hat einen Kompressor an. Das hilft beim Identifizieren von Ausreißern (siehe billbo) und dem generellen Abfangen von, sagen wir, Pegelspitzen ;-).

  • Ja, daran kann ich mich auch erinnern... hatte aber leider ganz selten mehr als 6 oder 7 166er im Rack, so dass ich nicht alle Kanäle 'auf dem Schirm' hatte.
    Zum 'Ausgangsproblem' würde ich noch beitragen wollen dass (meiner Meinung nach leider) die Subgruppe mit Kompressor / Eq heute fast völlig in Vergessenheit geraten ist.

    SIM II Operator and Dante Level I-II-III (alles sogar zweimal :)
    Jugendschwimmabzeichen, Rettungsschwimmabzeichen in Bronze
    Meine kommerziellen Softwareprodukte SATlive und LevelCheck

  • die Subgruppe mit Kompressor / Eq heute fast völlig in Vergessenheit geraten ist.

    also bei mir ist das überhaupt nicht der fall.

    aber man redet darüber wirklich kaum noch, stimmt. ;)


    was das "prominent plazierte siderack" zu analogzeiten angeht:

    also zumindest bei den nicht-headlinern, die ich doch oft betreute, war genau dieses für das "vorband-pult" nicht selten ein paar meter weit weg aufgebaut, weil neben dem pult einfach kein platz mehr war. ausserdem war die anzahl der kompressoren darin, sagen wir mal, übersichtlich :D

    aber hey, früher hatten die hornsysteme ja noch ordentlich headroom, da brauchten wir nicht so viele kompressoren wie heute 8)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

    2 Mal editiert, zuletzt von wora ()

  • Also ich würde in der Vorgehensweise mit Kompressor auch den Vorteil darin sehen, dass bei unerwarteten extremen Pegel nicht alle Augen zum Mischer gehen und ich Zeit hätte den Gain so einzustellen, dass es auch klanglich passt. Vor allem wenn keine Zeit für einen vernünftigen Line-Check war. Beim ersten Ton wär zumindest kein Ausreißer nach oben da und eine grobe voreingestellte Balance gegeben. Als Start dann aber eher eine hohe Kompression vielleicht in Verbindung mit Limiter?

    Vorgehensweise wäre dann Gain anpassen wo der Kompressor sich meldet und danach Kompression zurückfahren bis es passt. Müsste das mal ausprobieren wenn die Möglichkeiten wieder gegeben sind.

  • Hat man das nicht selbst schon zu Analogzeiten genau so gemacht (soweit da Kompressoren im Insert steckten)? Zumindest kenne ich das so: Blitzlinecheck (wenn überhaupt), Band fängt an - und ein einziger Blick auf das prominent aufgebaute Dynamics - Rack neben dem Midas XL oder Yammi PM offenbarte sämtliche wichtigen Gain- Problemkandidaten. Wenn nicht dem schwitzenden Tonler, dann zumindest dem verständnisvoll lächelnden Babysitter hinter ihm. Genau deshalb waren ja DBX 160X und BSS 402 so überaus beliebte Standardgeräte (und nicht etwa deshalb, weil wirklich jeder Tonler außer Threshold und Ratio auch die Sache mit den Regelzeiten so ganz genau verstanden hatte oder gar wusste, was es mit diesem geheimnisvollen 'Overeasy' auf sich hat... ).

    Das Prinzip habe zumindest ich mir bis heute bewahrt. Und deshalb z. B. auch dort, wo Kanalkompressoren eigentlich einigermaßen bis komplett sinnlos sind (Toms, Cymbals, totverzerrte E- Gitarren, usw.) grundsätzlich die Kompressorfunktion aktiviert. Mit Threshold ein Stück oberhalb des beabsichtigten Arbeitsbereiches - wenn sich dort dann die Kanalanzeige (egal ob simple rote LED oder schickes Gainreduction- Meter) meldet heißt das automatisch "Upps! Gain wohl ein wenig zu ambitioniert!".

    So wird da natürlich ein Schuh draus. Wie gut das funktioniert hängt bei Digitalpulten aber wesentlich von der Pultoberfläche ab. Bei PM5D, D-Live oder auch X32 gibt es ja fixe Dynamikanzeigen bei jedem Kanal. Auf einer M7 oder CL ist das eher mühsam...

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

  • ...im LCD...

    ...und deswegen schlecht im groben Gesamtüberblick erfassbar. Aber klar, besser als gar nichts (M7, LS9).

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • ...und deswegen schlecht im groben Gesamtüberblick erfassbar. Aber klar, besser als gar nichts (M7, LS9).

    LS 9 war und ist dafür (und für den fehlenden HPF-Encoder) zu Recht verhasst. Für die M7 gab es immerhin eine schöne, übersichtliche Meterbridge auf der grobe Pegelausreisser auch ohne Kompressorhilfe schnell zu erfassen waren. Half aber nur was wenn viel mit Subgruppen und Kompression erst dort gearbeitet wurde.

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

    Einmal editiert, zuletzt von niggles ()

  • @ 'pfeiffe'

    Ich hab mir jetzt mal die DiGiCo SD Oberfläche noch mal im Hinblick auf Deine Idee angeschaut. Das 12-Channel Fenster der GUI erscheint ja manchen Kollegen, die die Pulte nicht gewohnt sind, "Detail-überfrachtet".

    Für Dein Vorhaben ist jedoch von Vorteil, dass man die gain Regler selbst, die input gain meter, die Compressor input meter und die gain reduction meter gleichzeitig für 12 Kanäle sehen kann. Ich mache es so, dass ich mir das via gesynctem Editor hochkant auf einen großen externen Bildschirm lege. Dann sind die Meter auch groß genug für ein zügiges Arbeiten.

  • man könnte sich auch überlegen, ob man zwecks dieser vorgehensweise die kanäle doppelt auflegt, also pro input zwei kanäle.

    dann könnte man die kompressoreinstellungen, die man sich für verschiedene instrumente und situationen erarbeitet hat, in den eigentlich benutzten kanälen belassen.

    und die gedoppelten kanäle nimmt man dann für diese schnellübersicht - mit eben den nach vorgaben eingestellten paramertern in den kompressoren.

    da diese kanäle ja nicht für den mix benutzt werden, könnte man hier auch die kompressoren angeschaltet lassen, damit das auch auf pulten funktioniert, die die gain-reduction nicht im bypass-modus anzeigen.


    denn was mir persönlich an der idee nicht so gut gefällt ist, dass ich ja meine kanal-kompressoren zunächst mal nur für einen zweck benutzen muss, der mit der späteren benutzung in einigen fällen nicht mehr übereinstimmt. das bedeutet, dass ich nach erfolreichem gainen im ersten song dann erstmal noch anfangen muss, für die gewünschen kanäle die kompression wieder neu vorbereiten zu müssen.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Was mir zu Billbos historischen Betrachtungen noch einfällt:

    Einer der nicht so unmittelbar einsichtigen Vorteile analoger Dickschiffe a la PM3000, PM4000, PM3500, AMEK Recall, Midas XL, Heritage gegenüber ihren Mittelklassezeitgenossen war, dass man da bezüglich der Meter-Abgriffe und der Auswahl der Insert-Punkte schon einen gewissen "Handlungsspielraum" hatte, dessen Vorteile damals garnicht so jedem Anwender bewußt waren. Ich kann mich erinneren, belächelt worden zu sein, dass ich Wert darauf gelegt habe, auswählen zu können, ob der Kompressor nun je nach Anwendung pre- oder post-eq einzuschleifen war - heute dank 'digital' eine Selbstverständlichkeit auch bei Pültchen für den kleinen Geldbeutel. X/