Covid 19 - GESPIELTE Veranstaltungen

  • Sorry: Dass erkläre bitte mal einem Philharmonischen Orchester.

    Ich bin selber Chorsänger. Zwar nur im Verein, aber trotzdem.

    Auch wenn ich aus Spaß mache und mich auch teilweise als Künstler sehe, wenn ein Konzert angesagt ist, dann hat man pünktlich in "Uniform" auf der Bühne zu stehen und zu liefern.

  • So unromantisch es ist: Es gibt Verträge, in denen rechtsverbindlich Rahmenbedingungen geregelt werden. Das ist meines Erachtens Business und hat wenig mit Kunst zu tun.


    Welcher Veranstalter würde denn einen Vertrag schließen mit einer Klausel "Der Künstler behält sich vor, dass Konzert jederzeit aus subjektiven Gründen zu beenden."?


    Und wer würde eine Karte als Besucher kaufen, auf dem eine solche Klausel aufgedruckt wäre?


    Und um den Künstler selbst in den Fokus zu stellen: Wer es sich leisten kann, dass sie/er künftig weniger bis gar nicht mehr gebucht wird und der Regressansprüche aus der Portokasse bedient, der kann natürlich einigermaßen vogelfrei agieren. Aber das dürften begrenzt viele Personen sein in diesem Land.

  • Das ist vielleicht der Punkt:


    Im Moment wird ganz offensichtlich, dass nichts wie früher ist. Der Eine kann sich auf die neuen Rahmenbedingungen einstellen, der Andere nicht.


    Trotzdem kann ich es verstehen, wenn ein Künstler es respektlos findet, wenn die gastronomische Versorgung der ersten Reihen im Vordergrund steht und für Unruhe sorgt.


    Dann muss man das aber auch kommunizieren und dem Veranstalter die Möglichkeit geben, das "Konzept" anzupassen. Ein Problem, dass erst durch Corona entstanden ist.


    Im Theater oder in der Oper macht man dafür Pausen (die den Getränkeumsatz maximieren). Eine Lösung war hier sicher problemlos möglich.


    Im Fall Nena halte ich eine Lösung für unwahrscheinlich.

  • Dann muss man das aber auch kommunizieren und dem Veranstalter die Möglichkeit geben, das "Konzept" anzupassen.

    Das ist der Punkt! Und zwar nach Möglichkeit vor dem Konzert. Wenn das nicht geschehen ist, muss das der Künstler mit seinem Management klären.


    EDIT: Ich glaube das wird aber langsam etwas Off Topic.

  • Wobei die Thematik "Künstler bricht Konzert aufgrund $wasauchimmer ab" ja nicht neu ist.

    Ob da nun Zuschauer filmt mit Handy, Zuschauer mit falschem T-Shirt, Zuschauer "kuckt komisch", Künstler kann sich abgeblich nicht hören, Künstler hört irgendwas, was nur er hört, ... - ob das nun je nach dem gerechtfertigt ist - mag entscheiden wer will.


    ... Das man sich in der aktuellen Sitution mit neuen "Störungen" abfinden muss und immer für sich selbst entscheiden muss, was denn nun noch ok ist und was nicht - ist ggf. noch nicht jedem klar. Und wie sich die jeweilige Störung konkret äußert - wird sich auch nicht immer nur aus dem Vertragstext herauslesen lassen (Gerade "Bewirtung" ist ja von dezent bis maximal-invasiv machbar).

    Evtl. war das ja auch einfach der berühmte Tropfen, ...

  • In der Regel ist bei Sitzveranstaltungen in den Gastspielverträgen geklärt, dass kein Getränke Verkauf während der Veranstaltung stattfinden darf. Oftmals ist auch geklärt, dass vorher, oder in der Pause, keine Getränke zum Sitzplatz mitgenommen werden dürfen. Das wird Helge seit Jahrzehnten aus indoor Veranstaltungen so kennen.

    Diesmal wird dieser Vertragspassus (hoffentlich) nicht vorhanden gewesen seien. Schließlich beruhte das Konzept der Veranstaltung auf eine Bewirtung während der Veranstaltung am Sitzplatz (ich nehme an, es gab keinen Thekenverkauf).

    Solche Verträge werden aber i.d.R. nicht mit dem Künstler persönlich abgeschlossen, sondern zwischen Veranstalter und Booking-Agentur.

    Hier hat dann wahrscheinlich die Kommunikation zwischen Künstler und seiner Agentur nicht gut funktioniert.


    Ich kann es grundsätzlich verstehen, wenn ein Künstler durch herumlaufende Leute gestört wird. Selbst mich, als Techniker am Pult, stört dies.


    Aber:

    Ich habe in den letzten Jahrzehnten genug unterschiedliche, für den Künstler unschöne Situationen erlebt, bei denen ich mir dachte "gut das ich kein Künstler bin, und diesen sch.... hier ertragen muss".

    Aber einen professionellen Künstler zeichnet es aus, dass er eine "gute Miene zum bösen Spiel" macht, und seine Nummer in der Erwartungshaltung der Publikums zu Ende Spielt.


    Grobe Missstände müssen natürlich Folgen haben (haben sie leider zu selten). Oft wird vorher laut gebellt, dann gespielt, und nachher "tschüs bis zum nächsten mal" gesagt. Das darf natürlich auch nicht seien.

  • Ohne Kenntnis des Vertragsinhaltes wird sich das wohl nicht abschließend beurteilen lassen.

    Derartige Auftritte sind für das Publikum eben eher Kunst- und Kulturveranstaltungen, für mindestens zwei Beteiligte hingegen überwiegend Geschäft. Wie in anderen Lebensbereichen gibt es dann Verträge, die insbesondere für den Fall gelten, dass man sich nicht mehr so gut versteht wie vorher und dennoch beide Seiten einen gewissen Grad* an Rechtssicherheit haben.


    In diesem Fall könnte man ggf. noch damit argumentieren, dass Helge Schneider wohl schon einige Tage vorher auf einer ähnlichen Veranstaltung aufgetreten ist und ihm daher das Konzept der umherlaufenden Gastro-Mitarbeiter hätte bekannt sein können.

    Wie dem auch sei: Entweder war der Vertrag Murks oder mindestens eine der Vertragsparteien hat ihn nicht richtig gelesen. Im professionellen Umfeld beides ein großes no-no...


    *) ich sage "einen gewissen Grad", weil mir schon häufig Formulierungen über den Weg gelaufen sind, die zwar erstmal wie Juristendeutsch klingen, aber keinesfalls aus der Feder eines Juristen stammen können. Beispiel: "Der Mieter haftet uneingeschränkt für jede Beschädigung der Mietgegenstände. Beschädigte Mietgegenstände ersetzt der Mieter zum Neupreis." Man mag glauben, damit Rechtssicherheit zu haben, aber gerade in so einem Fall ist Streit vorprogrammiert...

    Ich merke, ich bin ziemlich vom Thema abgekommen. Sorry...

  • In meinen Augen ist es durchaus legitim, dass Künstler/Künstlerinnen die Entscheidung treffen, ein Konzert abzubrechen. Auch Künstler/Künstlerinnen sind nur Menschen, die an manchen Tagen unkonzentriert und überlastet sind, sich auf Grund der Umstände unwohl fühlen und vielleicht dadurch nicht den eigenen Anspruch an die Qualität der Darbietung erfüllen bzw. sich die Show in eine Richtung bewegt, die nicht gewünscht ist. Die Interaktion mit dem Publikum ist ein wichtiger Teil einer Live-Show.


    Das muss aber auch so kommuniziert werden und darf nicht im Spiegel der eigenen Unfehlbarkeit ausschließlich auf äußeren Ursachen begründet werden. Daher hinterlassen die Worte von Helge Schneider einen faden und eher zickigen Eindruck. "Wir haben alles versucht."


    Vertraglich und moralisch kann man einen Abbruch durchaus anders bewerten, grundsätzlich ist es in meinen Augen aber ein nachvollziehbares und überaus menschliches Verhalten; so doof das für alle Beteiligten am Ende auch sein mag.

  • Letztendlich hat der Künstler doch eh einen Shitstorm zu ertragen.

    Entweder, weil er/sie/es die Veranstaltung gecancelt/abgebrochen hat, oder weil andernfalls eine schlechte/kathastrophale Performance abgegeben wurden.


    Hier wird auch in ein paar Tagen niemand hinterherkrähen. Ist zwar schade für das zahlende Publikum, welches aber zeitgleich ja gar keinen Anspruch auf eine bestimmte Performance hat. Die Geld-zurück-Garantie dürfte bei keinem Konzert greifen, auch wenn (wie hier) der Künstler frühzeitig die Notbremse zieht. Auch das ist eine gewisse Form von Kunst! Wenn Mike Bouchet 80t "Scheisse" zeigt, darf auch ein Doc Snyder die Grenzen seiner Kunst aufzeigen.

    Dass das nicht besonders glücklich gelaufen ist, ist ein anderes Thema und wird sicherlich an diversen Stellen nachgebessert werden müssen.

    Letztendlich ist das ein Teil eines Lenprozesses - anders, als bei Fräulein Kerner...


    In frühen Corona-Zeiten hatte ich mal das seltene Vergnügen, Herrn Schneider abseits der Bühne in einem zugegebener Maßen sehr schrulligen Laden ein wenig Werkzeug zu verkaufen - wenn man den Menschen außerhalb des Kunstuniversums kennenlernt, ist das ganz was anders. Jedenfalls hat mich das nach knapp einem Vierteljahrhundert Boxenschleppen doch etwas überrascht, wie anders es manchmal ist...


    Den kollegen Zweckerl möchte ich dran erinnern, daß das Publikum an der Kunst des Herrn S. etwas ganz anderes liebt, als das (andere) Publikum bei der Dame aus der Oper. Wenn letztere In Adiletten und Drei-Streifen-Jogger aus einem Oldtimerwohnmobil in den Venue geschlurft wäre (nachdem sie letzteres auf der Anfahrt noch reparieren hätte müssen), wäre ich etwas verwundert gewesen. Helge beobachtet die Reaktionen seines Publikums hingegen sehr genau, um immer wieder neue Pointen daraus zu entwickeln.

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

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    Der Ton macht die Musik.

  • Welch ein Niveauunterschied zwischen Helge Schneider und Nena! Letztere hat sich nicht das erste Mal durch völlige Missachtung derjenigen hervorgetan, die Veranstaltungen möglich machen, sogar unter den erschwerten derzeitigen Bedingungen. Man ist eben nicht ungestraft Berufsjugendliche mit Globuli-Hirn. Für die Branche stellt sie damit eine Belastung dar.

    Helge Schneider kann man höchstens zum Vorwurf machen, dass er sich vorab keinerlei Gedanken über die Veranstaltung gemacht hat. Vielleicht hätte auch sein Tourmanagement hier genauer überlegen und die inzwischen reichlich vorliegenden Erfahrungen bewerten müssen. Man kann nicht einfach buchen buchen buchen buchen und die notwendigen Bedingungen für den konkreten Künstler außer Acht lassen.
    Ich hab auch mit "empfindlichen" Künstlern bzw. Kunstformen zu tun; wenn es Veranstaltungen in der Planung gibt, die eventuell zu "Grenzfällen" mit erhöhter Belastung werden könnten, reden wir VORHER darüber und werden uns dann einig. Da wird dann auch mal auf eine gut bezahlte "Industrie-Mugge" verzichtet, wenn man sich als KünstlerIn dort fehl am Platz fühlen würde.

  • .. und schwupps gibt's 'ne Veranstaltung weniger, wenn der Veranstalter die Künstlerin nicht mehr ertragen oder das Risiko absichtlicher Regelverstöße übernehmen will. Hoffentlich wird es bald so still, dass es bald nur noch eine Randnotiz wird.