Das erste Festival

  • Nachdem quasi alle Events in diesem Jahr abgesagt waren, flatterte kurzfristig eine Anfrage für ein Festival ins Haus. Obwohl ich schon viele Konzerte technisch ausgestattet und betreut hatte, war das mein erstes Festival. Und ich war nicht nur als Mischmensch gebucht, sondern für "alles", was Technik anging.


    Die Sache war im kleinen Rahmen; 7x3m Bühne, 20x20m Publikumsbereich, 8 Bands, 10 Konzerte, 3 Tage, 4 Monitorwege (vom FOH gemischt).


    Ich habe mir also alle Rider schicken lassen und habe einen Ablaufpla verfasst, der beschreibt, welche Band welche Inputs mit welchen Quellen bespielt. Die Kabel habe ich mit kleinen Nummern versehen, damit auch bei den grossen Umsteckorgien noch nachvollziehbar bleibt, was wo hin gehört. Auch die DI hatte ich deutlich beschriftet und die Monitore hatten gut lesbare Nummern.


    Es ging dann sehr gut los. Meine ziemlich umfassende Vorarbeit schien sich zu bewähren. Die Umbaupausen konnten kurz gehalten werden und am Pult hatte ich eine gute Übersicht. Schnell hatte ich ein Sprach-Chaos aus Französisch, Englisch, "Gestensprache" und Deutsch, aber man hat sich trotzdem gut verstanden. Tag 1 lief reibungslos. 3 Bands und eine "Open Stage" mit Jamsession liefen unerwartet locker ab.

    Am Tag 2 war eine Band mit eigenem Techniker angereist. Ich freute mich darauf, bei Musikgenuss etwas essen zu können. Doch das kam anders. Das Bandfile des Gasttechnikers hatten den Wurm drin. Es wollte kein Mucks aus dem Master kommen. Es war für mich nicht nachvollziehbar, wo das Problem lag. Kam noch hinzu, dass er die Kanäle 100% anders gepatcht haben wollte. Also habe ich das funktionierende Bandsetup der letzten Band geladen und dem Kollegen die Kanäle umgepatcht. Der Soundcheck dauerte 90 Minuten und dank der Verzögerung davor hiess das, dass ich 0 Zeit hatte, für meine Soundchecks.


    Der Singer/Songwriter, der eröffnete, startete mit dem Setup des Gasttechnikers. Während dem ersten Song bekam ich das einigermassen hin. Dann die Band mit dem Technikerkollegen. Und schliesslich "meine" Band. Perkussion, Schlagzeug, Bass, E-Gitarre, Klarinette, Querflöte, Posaune, Saxophon und 3x Gesang - Umbau und Soundcheck während der "Primetime". Das war relativ hektisch. Nach dem Bühnenumbau hatten wir 15min Soundcheck und sind dann mit viel Optimismus ins Konzert gestartet. Die ersten 2 Songs war der Sound noch etwas "wacklig" und ich hatte etwas zu kämpfen mit sich ankündigenden Feedbacks. Doch dann pegelte sich alles ein und es wurde doch noch gut.


    Am Tag 3 lief alles reibungslos und das Festival konnte erfolgreich abgeschlossen werden.


    Ich habe einmal mehr viel gelernt und anderes hat sich bestätigt (Rider stimmen nur in groben Zügen, Techniker = Psychologe).


    Schief gelaufen ist an sich nur die Sache mit dem Technikerkollegen. Ich hätte verlangen sollen, dass er sich mit mir abspricht. So wären die Pultprobleme vielleicht zu vermeiden gewesen und das Chaos auf der Bühne wäre nicht so ausgeprägt gewesen.


    Wie macht ihr das in dieser Liga? Also wenn der Fremdtechniker das eine Pult mitbenutzt, die Bühne nur Platz für eine Band zulässt und Monitore am FOH gemischt werden? Gibt es da einen Konsens? Vielleicht muss man noch dazu sagen, dass das Drumkit nie gewechselt wurde. Das war also fix dort und blieb fix mikrofoniert.

    Der Ton macht die Musik.

  • Bei mir gibts eigene Showfiles nur, wenn sie mir vorab übermittelt werden. Dann seh ich schon mal was los ist und kanns ins Festival Setup einpflegen.
    Bezüglich Patch: bei solchen Geschichten gibts einen Festivalpatch. Denn können die Gasttechniker auch im Vorfeld natürlich haben.
    Den kompletten Patch über den Haufen werfen gibts eigentlich nicht. Dann müssen sie ein eigenes Pult mitbringen.... das kann er patchen wie er will. Kommt dann schon mal vor, dass es eine 2. Subverteilung auf der Bühne gibt.
    Alles andere führt nur zu unnötigem Stress.

  • Die meistens Bands haben bei Ihrer Gage eine Arbeitszeit eingetragen. IE set geht 90 Minuten etc.
    Bei großen Festivals gilt daher. Es ist egal wann Ihr anfangt, die Zeit wann Ihr von der Bühne geht steht allerdings fest. Die Band bei Dir hätte ergo dann garnicht gespielt. Dann gibts auch kein Geld.

    Das bringt dann eine gewissen eigene Technikerbeflügelung mit sich.

    Practice, Practice, Practice

  • Beim Thema Patching fällt mir ein, dass auch schon im X32 jeder Fader mit jedem beliebigen vorhandenen Eingang belegt werden kann, ohne sich auch nur einen Schritt vom FOH wegzubewegen. Also z.B. die Schlagzeugkanäle - auf der Stagebox 1-8 - dann im Pult auf die Fader 21-28.

    Sorgt nicht gerade für Übersichtlichkeit, wenn man dann doch mal an die Stagebox muss.

    Dass "kein Mucks" kam, dürfte an einem Routingfehler gelegen haben. Es wäre schon sinnvoll gewesen, das File vorher zu bekommen, einzuspielen und auf das Festivalrouting anzupassen (meinetwegen inklusive Patch-Verwurstelung).

    "Kabel mit kleinen Nummern versehen"... kenne ich auch. Ich liebe mein Beschriftungsgerät! Und in heutigen Zeiten hab ich auch Mikrofone mit Namen belegt und jeweils nur 1x benutzt. Das ging mit Funkmikrofonen natürlich am besten.

    Insgesamt finde ich das X32 für Festivals recht brauchbar und ein echtes Arbeitstier. Ich hatte mitunter schon AES A und B belegt, mit jeweils 32 Kanälen. So konnte man schön umschalten auf eine Zweitbühne (bei Wechselbetrieb) oder eine komplett selbst bzw. anders verkabelte Band.

  • Ja, genau das umpatchen habe ich so gemacht. Kanal für Kanal au eine andere Quelle gelegt und neu beschriftet. Es birgt aber die Gefahr, dass am Ende ein Kanal auf einem "toten" Fader liegt, und dort Schwierigkeiten macht.

    Der Ton macht die Musik.

  • Hm,


    1. Beim X32 gibt's doch die Option, beim neu Laden einer 'scene' den Master auf Anschlag unten zu schicken? Danach hat's der eine nicht gewußt und der andere nicht daran gedacht?


    2. Wenn die Phase 'showfiles zum umpatchen hin und her schicken' verpennt wurde, gibt es auch noch die Option backstage einen Editorläppe zu parken und den Kollegen nach seinem Eintreffen zum Umpatchen seiner in- und outputs auf die Festivalbelegung zu schicken. Wenn er da zickt oder das nicht in 20 Minuten schafft, hat er keine Ahnung und darf gar kein file laden.;)

  • Also das mit dem Master ist so eingestellt, war aber nicht das Problem. Wir hatten mehrere Files geladen, wovon nur sein File stumm blieb.

    2. Wenn die Phase 'showfiles zum umpatchen hin und her schicken' verpennt wurde, gibt es auch noch die Option backstage einen Editorläppe zu parken und den Kollegen nach seinem Eintreffen zum Umpatchen seiner in- und outputs auf die Festivalbelegung zu schicken. Wenn er da zickt oder das nicht in 20 Minuten schafft, hat er keine Ahnung und darf gar kein file laden.;)

    Das wäre tatsächlich möglich gewesen. Aber auf so eine schlagfertige Idee bin ich im Stress nicht gekommen. Statt dessen habe ich die umpatcherei am Laptop gemacht (ich mache tatsächlich einige Dinge lieber am Laptop, als am Pult. Die Software finde ich extrem gelungen und übersichtlich). Der Kollege baute zwischenzeitlich die Bühne um (was auch nicht nur Begeisterung bei allen Beteiligten auslöste).

    Der Ton macht die Musik.

  • Wie macht ihr das in dieser Liga? Also wenn der Fremdtechniker das eine Pult mitbenutzt, die Bühne nur Platz für eine Band zulässt und Monitore am FOH gemischt werden? Gibt es da einen Konsens? Vielleicht muss man noch dazu sagen, dass das Drumkit nie gewechselt wurde. Das war also fix dort und blieb fix mikrofoniert.

    - kleines Zusatzpult (Qu16-Klasse, notfalls eine kleine iPad-Möhre wie DL1608 oder Ui) für Moderationen, Pausenmusik und auch so Zeug wie den Singer/Songwriter. Per Summierer direkt auf den Systemcontroller. Das entspannt die Umbausituation enorm.

    - Auch (und gerade) wenn es keinen Monitormischer gibt: Fähiger Bühnentechniker der patcht, Monitore verschiebt, Strom legt, den Musikern mit Batterien, DI-Boxen und Klinkenkabeln aushilft wenn der Soundcheck mal wieder wegen so was hängt, und den Funk überwacht. Während des Konzerts kann er per iPad Monitorwünsche abarbeiten. Damit kommt der FoH-Mann auch zum ordentlichen Mikrofonieren und Mischen statt nur Probleme zu beheben.

    - Kommunikation zwischen Bühnentechniker und FoH über Shoutboxen, alles andere ist zu unflexibel und/oder im Lärm des Soundchecks zu schwer zu verstehen.

    - Bühnenverkabelung grundsätzlich mit kleinen analogen Subsnakes und vorgegebenem Festivalpatch. Selbiger hängt inkl. allen Abweichungen für einzelne Truppen ausgedruckt am Patchplatz bevor die erste Band ankommt. Alles beschriften!

    - Eigene Files bei nur einem Haupt-FoH-Pult gibt es nur dann wenn sie vor Beginn des ersten Soundchecks des Tages vorlagen und sich auch erfolgreich aufrufen liessen. Ansonsten bekommt der Kollege das Festivalfile auf einem Stick in die Hand gedrückt und darf sich sein vermutlich uraltes, inkompatibles File auf dem Editor händisch nach schrauben.

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

    3 Mal editiert, zuletzt von niggles ()

  • So und nur so!


    Die kleine Veranstaltung jedes Jahr im Juli, die dieses Jahr wegen bekannter Gründe leider ausgefallen ist, mach ich trotzdem jedes Jahr quasi alleine.

    Ist aber auch mehr was Familiäres - wenn da Mal ein paar Minuten überzogen wird, juckt das keinen. Gehört dort eher schon fast zum Konzept... ?

  • Ja, so einen zweiten Mann auf der Bühne hätte ich sehr gut gebrauchen können. Die Stagebox hatte ich beschriftet; so eine Art Tabelle, bei der jeder Kanal für jede Band passend beschriftet war, inkl. der leeren Kanäle. Also z.B.


    Band 1

    1 - vox

    2 - vox

    3 - gitarre (di)

    4 - bass (di)

    ...


    Band 2

    1 - vox

    2 - leer

    3,4 Piano (je 1 di)

    ...


    Shoutbox hatte ich noch nicht (wäre dieses Jahr auch keiner gewesen, der hätte shouten können). Wie löst man das am einfachsten? Bühnenmann hat ein Headset, das auf einen FOH-Monitor sendet und ich nehme den Talkback auf die Monitore?


    Falls ihr Bilder von euren Lösungen habt, würde mich das sehr interessieren!

    Der Ton macht die Musik.

  • Das mit der Shoutbox habe ich beim letzten Festival genauso realisiert. Ich hatte einen Talkback Kanal für den Monitor des Bühnenmann. Auf der Bühne gab es ein Mikro mit Schalter, das direkt auf einen kleinen FOH Monitor gespielt hat.


    Bei uns gab es auch für jede Band einen eigenen Plot mit Position der Musiker und Instrumente sowie natürlich die Kanalbelegung, die im Vorfeld so geplant wurde dass möglichst viel jeweils gleich bleibt. Drumset bleibt üblicherweise gleich (bis auf ein paar Becken/Snare) und GitarrenAmps bleiben oft gleich.

    Links, Mittig und Rechts der Bühne waren dann immer freie Subsnakes, da die Position von Piano, Bass, etc. doch hin und wieder mal gewechselt hat und man so weniger Kabel über die ganze Bühne ziehen muss.


    Der Bühnenmann hatte dann während dem Set schon Zeit sich den Umbau für die nächste Band zu überlegen und zu planen.

  • ...


    Shoutbox hatte ich noch nicht (wäre dieses Jahr auch keiner gewesen, der hätte shouten können). Wie löst man das am einfachsten?

    2x kleine Aktivbox mit Mikroeingang (Mackie SRM150 o.ä.), 2x SM58 mit Schalter. Verbindung wenns geht analog über Catcore, notfalls über 2 Tielines am Moderationspult.

    Bloss nicht über Tielines auf dem Hauptpult anlegen, dann ist genau in dem Moment in dem sie am dringendsten gebraucht wird (Verbindungsprobleme zwischen Pult und Stagebox) die Kommunikation unterbrochen...

    Das alles dann zusätzlich zum normalen Talkback am FoH-Pult.

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

    2 Mal editiert, zuletzt von niggles ()

  • So sah meine Stagebox-Beschriftung aus:


    roh:


    image.jpg


    und bei den Bands je so:

    image.jpg


    Die Kanäle 8 - 12 waren je nachdem akustische Gitarren oder auch mal ein Piano oder Synthi. Das Schlagzeug war bewusst auf dem 2. Layer, da es über eine DCA gefahren wurde. Auf Kanal 32 kam schliesslich noch die Moderations-Funke.

    Der Ton macht die Musik.

  • Auf Kanal 1-16 hatte ich das, was am häufigsten im Einsatz war. So hatte ich direkten Zugriff. Das Schlagzeug war auf DCA1. Somit hatte ich mit 17 Fadern meistens alles im Direktzugriff. Wäre das Schlagzeug auf den ersen 16 Kanälen gewesen, hätte ich viel öfter hin und her wechseln müssen.

    Der Ton macht die Musik.

  • Ich verstehe es immer noch nicht, aber vielleicht liegt es daran, dass ich immer mit Compact oder Core arbeite:

    Wenn auf der linken Bank 1-16 umschalt 17-32 und auf der rechten Bank DCA 1-8 oben liegen, sollte es für die Anzahl der beim Mischen nötigen Layerwechsel doch völlig gleichgültig sein, auf welcher Bank die einen 16 Inputs und auf welcher die anderen 16 liegen d.h. Du könntest doch genau so in Deinem Patch 1-16 gegen 17 bis 32 tauschen. Dann müßte der Fremdmischer, der seine Drums auf den ersten Kanälen hat weniger umpatchen?

  • Ach so. Ja, das ist schon richtig. Ob 1-16 oder 17-32 oben sind, ist an sich egal.


    Für die Stagebox ist es dann schon angenehmer, wenn man in der Tendenz die oberen Inputs umstecken muss, statt diejenigen auf der unteren Reihe (S32).


    Ich weiss, dass viele mit Kick auf 1 beginnen. Aber dann hören die Gemeinsamkeiten auch oft schon auf. Ob es dann für dem Fremdtechniker so viel einfacher gewesen wäre, wenn meine Kick auch auf 1 gewesen wäre? Ich glaube, er hätte exakt einen einzigen Kanal nicht ändern müssen. Bei ihm war da noch Kick innen/aussen, Snare t/b, ...

    Der Ton macht die Musik.