Sicherheitskonzepte in Zeiten des Terrors?

  • TasteBerlin : Da laufe ich d‘accord, allerdings sollten solche Maßnahmen auch von entsprechend kompetenten Menschen vorbereitet werden. Das Durchsagemikro nutzt halt nix ohne entsprechende vorbereitete, unter Berücksichtigung psychologischer Erkenntnisse formulierte Durchsagen, ein ordentliches Krisenmanagement und die entsprechende Verantwortungsstruktur im Hintergrund. Das ist dann die Aufgabe für Veranstalter und Betreiber...


    Unter anderem deswegen wurde all das in der Veranstaltungs-Sicherheitsrichtlinie aufgeführt.


    Mit für die Katastrophe planenden Grüßen Tobias Zw.


    postscriptum:

    Zitat

    (3) 1Bei Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen muss eine Durchsageanlage vorhanden sein, über die die Veranstaltungsteilnehmer im Gefahrfall alarmiert und ihnen Anweisungen erteilt werden können. 2Der Veranstalter hat die allgemeinen und besonderen Durchsagetexte vor der Veranstaltung mit der Feuerwehr und Polizei abzustimmen und mindestens einen verantwortlichen Sprecher für die Sicherheitsdurchsagen zu benennen. 3Das Abspielen vorgefertigter, aufgezeichneter Texte für definierte Gefahrensituationen ist zulässig. 4Die Durchsageanlage muss so ausgeführt sein, dass sie auch bei Ausfall der Stromversorgung noch für die Dauer von 120 Minuten weiter funktionsfähig ist.

  • "Die Durchsageanlage muss so ausgeführt sein, dass sie auch bei Ausfall der Stromversorgung noch für die Dauer von 120 Minuten weiter funktionsfähig ist."


    ähem...

    in festinstallationen ist sowas natürlich umsetzbar bzw. sollte selbstverständlich sein, aber für mobile beschallungsanlagen dürfte diese forderung ein ernstes problem darstellen.

    generell rate ich davon ab, die normale beschallungsanlage für evakuierungszwecke einsetzen zu wollen. der erforderliche aufwand für akkus und überwachungstechnik für sprachalarmierungsanlagen ist hierfür ein fass ohne boden, weil sämtliche komponenten in die linienüberachung einbezogen werden müssen! ich empfehle deshalb immer, die sprachalarmierung als eigenständige anlage auszuführen. auch in festinstallationen.


    ist diese sicherheitsrichtlinie verbindlich? ich habe noch nie von einem veranstalter entsprechende vorgaben oder texte bekommen.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • wora Nein, verbindlich ist sie nicht, sondern eine Empfehlung. Und nirgendwo steht geschrieben, dass die PA und die ELA identisch sein sollen... die Forderung zielt nur darauf, dass es eine netzunabhängige Möglichkeit geben soll, alle Personen in der Veranstaltung mit Sicherheitsdurchsagen zu erreichen. Da haben wir dann bei den großen Festivals ja auch so Themen wie Campingplätze, Verkehrsflächen usw...


    Das Ganze ist auch vor dem Hintergrund entstanden, dass man eben NICHT Gefahr laufen wollte, wegen eines übereifrigen Amtsschimmels unter die VDE 0833, DIN EN 54 usw. zu fallen.


    Mit freundlichen Grüßen Tobias Zw.

  • Die Frage ist doch, ob sich Menschen in Paniksituationen noch durch Durchsagen leiten lassen. Leidiges Thema, aber die Loveparade hat uns da Aufschluss gegeben. Ich weiß zum Glück nicht (teu teu teu), wie ich in solchen Notfällen reagieren würde. Wenn da Terrorristen sind, würde ich wahrscheinlich Frau und Kinder packen und das Weite suchen. Aber das werden viele machen. Und solche Ausnahmesituationen proben kann man auch nicht. So flüssig wie beim Feueralarm in der Schule klappt das dann nicht mehr XD

    Durch die Leidenschaften lebt der Mensch, durch die Vernunft existiert er bloß.

  • Die Frage ist doch, ob sich Menschen in Paniksituationen noch durch Durchsagen leiten lassen. Leidiges Thema, aber die Loveparade hat uns da Aufschluss gegeben. Ich weiß zum Glück nicht (teu teu teu), wie ich in solchen Notfällen reagieren würde. Wenn da Terrorristen sind, würde ich wahrscheinlich Frau und Kinder packen und das Weite suchen. Aber das werden viele machen. Und solche Ausnahmesituationen proben kann man auch nicht. So flüssig wie beim Feueralarm in der Schule klappt das dann nicht mehr XD

    Doch, das weiß man. Im Bereich der Kommunikationspsychologie, Soziologie und den angrenzenden Feldern ist das recht gut empirisch erforscht, und wir wissen schon - innerhalb einer gewissen natürlichen Streuung -, wie Menschen auf unterschiedliche Kommunikation in unterschiedlichen Lagen reagieren.


    Mit freundlichen Grüßen Tobias Zw.

  • je klarer die ansagen, desto besser ist die reaktion des publikums. wenn die leute gar keine info bekommen, ist es wesentlich schlimmer. das ist schon lange erforscht.

    aber alle situationen kann man nicht vorhersehen, ein restrisiko bleibt ja immer. wer das nicht akzeptieren kann, muss zuhause bleiben.



    EDIT: Tobias war einen tick schneller...

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von wora ()

  • ähemm...

    Zitat

    Die demographische Entwicklung ist ein Grund dafür; Seniorinnen und Senioren, insbesondere die Hochbetagten ab einem Alter von 85 Jahren, sind am stärksten gefährdet.

    Viele Senioren unterschätzen das Sturzrisiko.

    Stürze sind mit großem Abstand die Hauptunfallursache; 9.373 Menschen starben durch Ausrutschen, Stolpern oder einen Fall von der Leiter. Senioren sind besonders betroffen; 7.990 der Sturzopfer waren älter als 75 Jahre.


    Ü75 8o8o

    "geht nicht" ? - gibt's nicht !

    ...ja, das war schon immer mein Avatar :evil:

    "Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens" (Friedrich Schiller, " Jungfrau von Orleans")

  • ähemm...

    Ü75 8o8o

    ...jaja ich weiß: im Alter vergisst man schneller - darf ich dich also daran erinnern, daß am morgigen Heiligabend vor 9 Jahren jemand gleich 4x im "Klub 27" brillieren konnte, dessen konzertfreudige Fangemeinde locker in dieser Altersstruktur wiederzufinden war?!?

    R.i.P.: Johan Marius Nicolaas (Jopi H.)

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • In seinen letzten Jahren war J.H. in Stuttgart in "Jedermann" zu sehen... - nichts gegen rüstige Menschen, die noch was Tun wollen, aber mit'm Rolli bis zur Bühne und auf der anderen Seite der Bühne mit'm Rolli wieder abholen ist auch nicht mehr so dolle...

    "geht nicht" ? - gibt's nicht !

    ...ja, das war schon immer mein Avatar :evil:

    "Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens" (Friedrich Schiller, " Jungfrau von Orleans")

  • ...naja, komplett erblindet auf ner fremden Bühne (und vor allem im Bereich drumherum) herumzuspazieren, ist schon für Jüngere nix. Und als Verantwortlicher würd' ich auch drum bitte, daß jemand einen empfindlicheren Rollendarsteller an seinen Arbeitsplatz geleitet.

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Ü75

    Klar; trotzdem kann es nicht schaden festzuhalten: zuhause kommen hierzulande deutlich mehr Menschen auf unnatürliche Weise ums Leben als bei allen Terroranschlägen/ Attentaten/ Gewaltverbrechen/ Arbeitsunfällen/ Verkehrsunfällen/ Sportunfällen/ Mutproben/ illegalen Autorennen/ Flugzeugabstürzen/ Wirbelstürmen/ Lawinenunglücken/ Überschwemmungen, und was weiß ich noch alles, zusammen.

    Das kann manchmal ganz hilfreich sein beim Einordnen der einen oder anderen Überschrift oder Schlagzeile.

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Die Frage ist doch, ob sich Menschen in Paniksituationen noch durch Durchsagen leiten lassen. Leidiges Thema, aber die Loveparade hat uns da Aufschluss gegeben.

    1. Ich halte die Loveparade (also die in Duisburg) nicht primär für ein Panikproblem. Eher waren die für die bestehende Situation erstaunlich ruhig. Sie hatten nur gegen die Physik keine Chance.


    2. Wenn man sich in keine Richtung mehr auch nur ein Stückchen weit bewegen kann, dann bringt auch die bestformulierteste Durchsage, die man sich vorstellen kann, nichts mehr.


    Die Frage mag ja durchaus zu stellen sein, aber den Verweis auf die Loveparade halte ich hier für wenig zielführend.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • 1. Ich halte die Loveparade (also die in Duisburg) nicht primär für ein Panikproblem. Eher waren die für die bestehende Situation erstaunlich ruhig. Sie hatten nur gegen die Physik keine Chance.

    Panik war bei der Loveparade 2010 definitiv zu großen Teilen für die Ereignisse verantwortlich. Ich war tatsächlich ein Jahr zuvor in einer ähnlichen Situation auf einem Festival. Wenn den Ersten der Druck zu viel wird und sie sich panisch Luft verschaffen, löst das eine stoßwellenartige Kettenreaktion durch die gesamte Menge aus. Mein Erlebnis war zwar unschön, aber dank ausreichend Platz in drei Richtungen so, dass sich die stolpernde und stoßende Menge den notwendigen Raum verschaffen konnte und es nach Unterbrechung der Band bei einigen blauen Flecken geblieben ist. Daher ist das hier

    2. Wenn man sich in keine Richtung mehr auch nur ein Stückchen weit bewegen kann, dann bringt auch die bestformulierteste Durchsage, die man sich vorstellen kann, nichts mehr.

    der wichtigste Aspekt.

  • Panik durch ersticken ist eine sehr leise Panik. So wie gerade vielerorts auf Intensivstationen.

    Es fühlt sich falsch an, für diesen Beitrag ein "Like" zu geben, weil es sich um eine so tragische Sache handelt. Aber du triffst den Punkt total. All die Coronaleugner, die jetzt heldenhaft sagen, dass sie freiwillig auf ein Bett in der Intensivstation verzichten würden und auch den Tod in Kauf nehmen, werde ihre Meinung fundamental ändern, wenn sie einmal erleben, wie sich Atemnot wirklich anfühlt. Nein, das ist nicht so, wie wenn man beim Sport aus der Puste ist. Ich bin Asthmatiker und kenne das Gefühl, wenn einem schummrig wird, weil man Mühe mit der Atmung hat. Es ist einem dann gar nicht mehr danach, Sprüche zu klopfen und den Helden zu spielen. Man wird dann sehr, sehr klein und demütig!



    Zur Panik gibt es einen guten Artikel auf Wikipedia, der auch die Massenpanik beschreibt: https://de.wikipedia.org/wiki/Panik#Kollektive_Panik


    Meiner Logik nach, ist das Drama an der Loveparade nicht durch eine Panik entstanden. Die Leute sind nicht wegen einer vermeindlichen Gefahr alle in Richtung Ausgang geströhmt, sondern es war dort schlicht viel zu wenig Durchgangskapazität. Eigentlich war es ein Stau, der ausser Kontrolle geriet. Als die Panik dann aufkam, war die Situation bereits nicht mehr zu retten. Selbst wenn alle in der Gefahrenzone ruhig und reflektiert geblieben wären, wäre es vermutlich zu dieser Katastrophe gekommen.

    Der Ton macht die Musik.