Autotune Live

  • Aber unter dem Strich stellt sich mir schon die Frage, ob der Sache mit Autotune eher geholfen oder eher Steine in den Weg gelegt wird.

    Nun ja - du hast hier ja jetzt ne Menge Infos beisammen von der notwendigen Technik bis hin zur zugehörigen Monitorphilosophie. Was da jetzt draus wird, hängt von dir und dem Ensemble ab.


    Dabei fällt mir noch was ein: Musicaltypisch hat man ja oft einen oder mehrere Solisten, während der Rest des Casts den Backgroundchor gibt. Letzteres ist oftmals der problematischere Part, da sich die Chorsänger oft nicht so gut hören wie der Solist - und da szenisch gearbeitet und getanzt wird, sind dedizierte Monitorpositionen für den Chor oft nicht drin. (Außer man nutzt ne Vocal Booth...)

    Deswegen haben die Choristen meiner Erfahrung nach öfters mehr Intonationsprobleme. Deswegen könnte es, wenn man denn mit Autotune arbeitet, zielführend sein, die jeweiligen Solisten gerade nicht zu korrigieren, sondern nur die einzelnen Mitglieder des Background-Chors.

    Die Solisten behalten somit mehr Freiheit in der Interpretation.

    Beim Background-Chor wiederum ist es nicht ganz so kritisch, wenn ein einzelnes Signal mal etwas artefaktbehaftet klingt - das geht in der Mischung unter. In der Summe kann das trotzdem besser klingen als die unbehandelten Signale. Und der Chor hat selten Töne, die aus Interpretationsgründen "schräg" angesungen werden müssen. Falls da doch mal Passagen dabei sind, bei denen das wichtig wird, kann man da mit entsprechender Automatisierung ja auch was machen.

    Das ist jedenfalls meine Erfahrung im Studio-Umfeld.

  • ich würde einfach mal zusammenrechnen, was der aufwand für eine wirklich vernünftig gemachte lösung wäre. also nicht highend, aber auch auf keinen fall die bastelnummer. sonst hast du am ende die arschkarte, wenn es nicht so funktioniert wie gewünscht.


    diese zahlen würde ich dann den verantwortlichen zukommen lassen. dann sollen sie entscheiden, wie es weiter geht.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • wora: exakt so werde ich das machen. Ausserdem werde ich auch klar deklarieren, dass ich mit dem Setup keinerlei Erfahrung habe und nicht garantieren kann, dass es am Ende wunschgemäss funktioniert.


    Vermutlich wird es dann doch ohne Autotune gehen...

    Der Ton macht die Musik.

  • Ich könnte mir vorstellen dass man auch im Vorfeld mit wenigen Proben rausbekommt, wie groß der Korrekturbedarf tatsächlich ist, sowohl in Anzahl als auch Intensität.


    Wenn nur einer aus der Reihe tanzt singt, motiviert das vielleicht sogar mehr, als wenn alle wissen, dass im Zweifelsfall die Möglichkeit besteht, das geradezubügeln.

  • ...ich könnte mir denken, dass da eine sehr idealisierte Vorstellung der Technik in den Köpfen steckt. Man schraubt ein Zauberkästchen ins Rack und mit einem Knopfdruck kommen keine schiefen Töne mehr aus der Box.

    Der Ton macht die Musik.


  • Ich habe bis jetzt zwei Mal Autotune eingesetzt live, jeweils mit 2-4 Protagonisten/Instanzen. Mit Waves System & Waves Tune. Ging leidlich gut, ein paar Glitches etc. hat man aber immer gehört, auch wenn das wahrscheinlich ausser mir kaum einer gehört hat. Das Ganze ist ja schon im Studio, wo es ja inzwischen leider fast Standard ist, live immer noch ganz schön schwierig umzusetzen, wg. Störgeräusche, schwankender Pegel etc.


    Monitoring ZWINGEND ohne Autotune, schon wenn der Sänger sich zu laut über die PA hört gibt das Probleme. Also eigentlich In-Ear fast Pflicht, oder sehr leise PA auf der Bühne.


    Davon mal abgesehen, klingt das Ganze dann zwar etwas gerader, aber meistens auch nicht wirklich besser, weil eine Laie damit auch nicht schöner singt ... es rollen sich einem die Fußnägel vielleicht nur einen statt zwei cm hoch.


    Wenn ich das professionell für ein Musical o.Ä. umsetzen müsste, mit tatsächlch 14 Instanzen, dann würde ich mir ZWINGEND einen zweiten Techniker mit Erfahrung in dem Bereich holen, der sich NUR um die Bearbeitung der Kanäle kümmert, und sonst nichts anderes macht ... das auch nur einigermaßen sauber nebenher zu machen ist imho komplett aussichtslos.


    Wenn ich jetzt auch noch Laien & kleines Budget höre, würde ich dir MASSIV abraten ... ich würde mal prophezeien, daß das Ganze in einem massiven Chaos endet ... ausser man geht es offensiv als "Jugend forscht" Projekt an, hat ganz viel Zeit und ist nicht enttäuscht wenn es dann doch in die Hose geht ...

  • Ich denke bei sowas ist es es auch wert es davor einfach mal zu testen.


    Lösung 1: Einfach davor mal zwei oder drei Sänger plus ein Instrument (Piano oder Gitarre) mit dem Mikrofon auf getrennten Spuren bei einer Probe aufnehmen. Dann die Demoversion von Waves Tunes RealTime herunterladen, in der DAW deiner Wahl die Stimmen laufen lassen und testen / zeigen was machbar ist. Klar - anders als der Liveeindruck (Übersprechen von Headsets, ....), aber für einen Eindruck ist es doch ok.


    Lösung 2:

    Du setzt das X32 bei einer Probe ein, und routest 1-2 Mikrofone über USB in deine DAW, setzt dort das PlugIn ein und schickst es zurück ans Pult. Hat halt ein höheres Delay, zum Zeigen des Effektes sollte es aber auch gehen.


    Wenns dann konkret wird und es umgesetzt werden soll würde ich empfehlen etwas zu mieten.

    Falls ein solches Tool im Wing enthalten ist wäre das vermutlich sogar die günstigste Lösung.

    Beim Mieten eines Waves-Systems oder ähnlichen Lösungen ist die Hardware vermutlich einfach zu bekommen (z.B. Waves Karte fürs X32, Soundgrid Server), mit den Lizenzen vielleicht nicht ganz so einfach (Bei Waves z.B. Superrack als Host, Tunes Realtime).


    Insgesamt denke ich aber auch dass man bei einem Musical in der Kategorie genug anderes um die Ohren hat und auf vieles sonstiges reagieren muss... Da ist das sicher nicht so zielführend.

  • Das

    Davon mal abgesehen, klingt das Ganze dann zwar etwas gerader, aber meistens auch nicht wirklich besser, weil eine Laie damit auch nicht schöner singt ... es rollen sich einem die Fußnägel vielleicht nur einen statt zwei cm hoch.

    ist ein nicht zu unterschätzender Punkt!


    Dezentes Tuning scheint mir nur sinnvoll, wenn die Singenden grundsätzlich gut singen können.

    Die paar Male, bei denen ich mit Semi-Pros in einem Gala Setting unterwegs war und mit der Vocal-Performance kämpfen musste war "ein bisschen flat" nie das größte Problem.


    Das Monitor Signal sollte bei korrigierendem Einsatz auf jeden Fall nicht getuned sein!


    Ich hab 2019 sehr viel Zeit mit Waves Tune Live verbracht, dabei ging es aber um AT als Stilmittel, bzw. zentraler Bestandteil des Vocal Sounds und das musste natürlich mit 103dB auf die Wedges.
    Da war das Setup aus den Funkempfängern (6) direkt in ein Digigrid IOS und danach auf den Splitter. Das hatte den großen Vorteil, dass beim IOS der Waves Server, der Soundgrid Switch und die I/O Box in einem Gerät untergebracht ist und das dann ziemlich plug & play mäßig (auch mit wechselnden Pulten) funktioniert - wenn man erstmal ein Multirack File für die Show gebaut hat und dann nur noch "next" klicken muss.


    Falls dir 8 gleichzeitige AT Kanäle genügen sollten, könnte das Setup evtl. auch eine Möglichkeit sein.

  • Darf ich auch mal meinen Senf als solotauglicher Chorsänger und Techniker bei Chören (teilweise wirklich gute Amateure) und Kindermusicals dazugeben.

    Viele sind verunsichert wenn sie irgend etwas anderes hören als gewohnt. Wenn du die Sänger also nicht 100% von der PA Abgeschirmt bekommst wirds schwierig.

    Wer kam auf die Idee mit Autoune? Die meisten Chorleiter die ich kenne, auch experimentierfreudige, haben etwas gegen solche Hilfsmittel. Das sollte man vielleicht im Vorfeld abklären. Dieser hat dabei nämlich das letzte Wort.

    Wenn es keinen musikalischem Leiter mit genauen Vorstellungen gibt, dann renn weg solange es noch geht. Das macht dann nämlich überhaupt keinen Spaß.

  • Was ich grade nicht so richtig verstehe, ist, warum hier keiner das Übersprechen der Mikrofone im Blick hat.

    Wenn das 14Kanäle Headset/Lavalier sind und am End noch eine Band in der Nähe steht oder ein Playback übers Monitoring läuft, tunen sich die 14 Instanzen doch gegenseitig ins Nirvana.

    Da müssen Sich doch bloß mal zwei Darsteller näher als 3m gegenüber stehen und sich gegenseitig ansingen. Wie oft hab ich bei Musicals in noch engeren Szenen wegen Interferenzen from Hell nur eines der Beiden Lavs aufgezogen...

    Der Autotune an sich ist ja dumm. Ich glaub nicht, dass der sich in dem, dem Mikro dargebotenen mehrstimmigen Schallereignis die falsche Stimme raussuchen und geraderücken kann...

  • Der Autotune an sich ist ja dumm. Ich glaub nicht, dass der sich in dem, dem Mikro dargebotenen mehrstimmigen Schallereignis die falsche Stimme raussuchen und geraderücken kann...

    Da hast du sehr wohl recht.

    Und mit den Interferenzen auch. Das ist ein bekanntes Problem hauptsächlich bei Musicals und sich sehr nahe stehenden Sängern.


    Ich schätze mal, dass das in diesem Falle mit AT kaum umsetzbar ist.

    Aber wenn es sich um ein "Hobbyprojekt" handelt, kann man ja mal ein bisschen testen.

  • Den Einwurf von Oliver Thiel im Hinterkopf Haltend würde ich auch einfach irgendwo eine wing mieten, da hast du pro Kanal einen PSE und die Option für 14 Instanzen Autotune.


    Weniger Geld kann man nicht ausgeben denke ich, und man hat im Zweifel ein Pult mit dem man die Show auch ohne AT ganz gut fahren kann.

    Privater Account mit meiner persönlichen Meinung.

    Sollte es ein Problem mit meiner Neutralität zu einem Thema geben mache ich das im Beitrag kenntlich. :thumbup:

    http://www.noon.ruhr


    Application Support Engineer - HK Audio

  • Und wichtig wäre auch noch die Location, denn man sollte nicht vergessen, dass auch durchaus etwas vom Monitor auch im Saal ankommt, unter gewissen Umständen evtl. sogar noch etwas Originalsignal, Das ganze akustisch gemischt mit dem 'korrigierten' Signal kann schon interessant klingen.

    Ich würde das Autotune - Budget eher in den Bereich Monitoring investieren und da überlegen, wie man den Sängern helfen kann sich selbst zu 'tunen'.


    Tomy

    SIM II Operator and Dante Level I-II-III (alles sogar zweimal :)
    Jugendschwimmabzeichen, Rettungsschwimmabzeichen in Bronze
    Meine kommerziellen Softwareprodukte SATlive und LevelCheck

  • Ich denke auch, dass objektiv fast alles gegen die Idee spricht. Aber es ist auch gut, gute Argumente für/gegen eine Lösung zu haben (wobei die "Lösung" hier eher eine Vergrösserung des Problems werden könnte insofern, dass das Intonationsproblem der Akteure auch noch zum Umsetzungsproblem für den Techniker wird)

    Der Ton macht die Musik.

  • Bei mir im Theater gibt's wenn ein Schauspieler schräg singt den Spruch zum Regisseur "shit in, shit out" . Dann wird's halt schräg inszeniert, oder gestrichen (geht bei Musical schlecht) :) - mehr FX geht manchmal auch noch gut...


    sec

    "geht nicht" ? - gibt's nicht !

    ...ja, das war schon immer mein Avatar :evil:

    "Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens" (Friedrich Schiller, "Jungfrau von Orleans" )

  • Playback? Ordentlich eingesungen und dann je nach Original Qualität dazumischen.

    Dann hats auch gleich nen Click und die Band spielt genauer. Licht kann time code nutzen etc.

    Da hast Du glaub ich mehr von

    Practice, Practice, Practice