Umgang mit Liveaufnahmen über mehrere Stücke

  • Hallo zusammen,

    Wie ist denn eure Arbeitsweise beim Nachbearbeiten von Livemitschnitten über mehrere Stücke?

    Ich habe z.B. Multitrack Mitschnitte eines ganzen Konzertes mit bis zu 40 Spuren, in meinem Fall in Logic Pro X.

    In der Nachbearbeitung beginne ich erst mit dem Aufräumen, setze Marker für Stücke, schneide, lösche Spuren die in einzelnen Stücken nicht verwendet werden, stelle mein Routing über Busse und Effekte zusammen.

    Dann baue ich meinen Grundsound, der für eine Vielzahl von Stücken schon passt.

    Hier nehme ich zum ersten Mal mit Ausschnitten den Kunden mit ins Boot, ob die Richtung an sich passt, oder passe im Gesamtprojekt an bis der Rahmen stimmt.

    Danach habe ich unterschiedliche Ansätze, alle mit Vor- und Nachteilen:


    Ich bearbeite im Gesamtprojekt weiter. Bei Soundunterschieden etc. arbeite ich durch das Auftrennen von Spuren auf mehrere Kanäle, Automation, etc.

    Also Gitarre bekommt eine Spur Solo, eine Spur Backing, eine Spur Stück 1 Special Fill, ...

    Effekte werden mehrfach mit verschiedenen Parametern eingesetzt und über Automation gefahren.

    Vorteil: wenn ich später allgemeine Anpassungen machen will/soll kann ich die schnell in einem Projekt machen

    Nachteil: bei unterschiedlichen Sounds muss man auch immer aufpassen dass eine Änderung in Stück 5 nicht den Sound von Stück 1 kaputt macht.


    Ich mache für jedes Stück eine eigene Datei. Geht recht schnell, die Dateien werden kleiner und übersichtlicher.

    Vorteil: jedes Stück an sich ist besser anpassbar, man muss weniger aufpassen, es wird übersichtlicher.

    Nachteil: eine spätere allgemeine Änderung muss ich durch alles durchziehen. Deutlich mehr Arbeit.


    Oder aber - Kombination aus beidem.

    Also eine Datei für schnelle Nummern, eine für langsame Nummern, eins für Akustik / Acapella / Whatever Nummern.

    Kombination aus den Vor- und Nachteilen von oben 😉


    Wie löst ihr das?


    Grüße

  • Ich mach das im Grunde genau so. Im Prinzip bestimmt der Gig die Vorgehensweise. Wenn man viele unterschiedliche Sounds, wechselnde Besetzungen hat, arbeite ich mit Einzelstücken, ansonsten bevorzugt in einem großen Projekt. Das ist halt deutlich schneller. Dazu viel Automation und (ich arbeite mit Studio One) Event FX. Das bedeutet, man kann Plugins/Effekte auch in ausgesuchten Stellen eines Tracks verwenden. Gut für Gitarren-Soli usw..


    Egal ob Studio Recording oder Live-Recording. Ich hab mir schon lange angewöhnt von Anfang an in einen Limiter zu mischen, der ungefähr das Limiting bereitstellt, wie das spätere Master. So grob -12dB RMS bei Pop Rock - 9dB RMS bei grober Kelle. Gerade bei Live Recordings ist es immer wieder erschreckend wie viel Ambience und Nebengeräusche die Master Kompressor/Limiter hochpumpen. Mischt man von Anfang an mit Limiting, erkennt man wie schnell, wie sehr man einzelne Spuren von Übersprechen säubern muss. Früher hab ich viel von Hand editiert oder mit der Funktion "Stille suchen" bei den Lead Vocals in Gesangspausen das Backline Übersprechen minimiert. Heute nutz ich eher den Waves PSE. Ohne den hätte es die letzte Motorjesus Live Platte wohl nicht gegeben...oder nur mit sehr viel Snare und Becken im Lead Gesang;-)


    LG
    WW

  • ich nehme livemitschnitte entweder mit Samplitude oder mit Reaper auf.

    die spuren werden direkt hinter dem preamp abgegriffen, so dass ich wirklich nur die komplett unbearbeiteten signale der mikros/linesignale aufnehme. das bedeutet maximale dynamik und damit auch maximaler störsignalabstand.


    die stücke bekommen dann marker für die songanfänge und die passenden track-namen.

    mehr mache ich normalerweise nicht in der DAW.

    die nachbearbeitung erfolgt dann per "virtual soundcheck" modus direkt in meinem pult.

    in sehr seltenen fällen mache ich das auch zuhause mit Samplitude.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • So, in etwa mache ich es auch, nur das mit Samplitude lasse ich aus. Ich verwende Reaper also mehr oder weniger als virtuelle Bandmaschine. Zudem schneide ich da oder dort grob unnötige Teile aus den Spuren um das ergebnis etwas reiner zu gestalten. Allerdings sind die Ergebnisse in der Regel zur Dokumentation des Ereignisses gedacht und nicht für mehr.

  • Wie löst ihr das?

    Für mich und meine Projekte (von RnR über Klassik bis Blasmusik) sehr oft Variante 1

    = ein File pro Song

    Zuvor ein ordentlicher "Grundmisch", sehr gern auch in einen Limiter, das ist super (in Samplitude in den Ammunition, wo anders in L2)

    Sobald da nämlich geschnippselt, ausgetauscht, drübergedubbt und dazuprogrammiert wird, ist es oft nicht mehr anders möglich als einzelne Projektfiles zu haben. (Möglich wahrscheinlich schon, aber viel zu mühsam finde ich)

    Jedoch kann man sich -je nach Projekt- den Zeitpunkt des Auftrennens ja aussuchen. Je später desto mehr Änderungen/Optimierung sind schon bei allen Einzeldateien eingepflegt.


    Zitat

    Nachteil: eine spätere allgemeine Änderung muss ich durch alles durchziehen. Deutlich mehr Arbeit.

    Die Frage ist: was wird nachher noch geändert? Die 2. Git um 0.5 dB leiser? Das ist dann ja eh eher Nummern spezifisch.

  • Danke für die Antworten bisher! Dann liege ich ja nicht so weit davon entfernt und habe auch noch keine offensichtlichen Arbeitsweisen übersehen ;)


    Die Frage ist: was wird nachher noch geändert? Die 2. Git um 0.5 dB leiser? Das ist dann ja eh eher Nummern spezifisch.

    Ich habe doch ab und zu das Thema dass beim Durchhören aller Stücke ein Kommentar wie "ach, vielleicht sollten wir den Sologesang doch noch etwas weiter vorholen" (Änderung Solo-Hall, EQ, Kompressor, verteilt auf mehrere Spuren), "Chor doch wieder etwas mehr Mitten geben" (Anpassung Einzelspuren plus Summe Chor, dafür Zurücknehmen Mitten in der Band-Summe).

    Das bedeutet in den Fällen eben in vielen einzelnen Tracks in mehreren Kanalzügen oder PlugIns Anpassungen.

    ich nehme livemitschnitte entweder mit Samplitude oder mit Reaper auf.

    die spuren werden direkt hinter dem preamp abgegriffen, so dass ich wirklich nur die komplett unbearbeiteten signale der mikros/linesignale aufnehme. das bedeutet maximale dynamik und damit auch maximaler störsignalabstand.

    Die Aufnahme läuft bei mir auch so.


    die nachbearbeitung erfolgt dann per "virtual soundcheck" modus direkt in meinem pult.

    in sehr seltenen fällen mache ich das auch zuhause mit Samplitude.

    Das kommt bei mir stark drauf an. Für sehr simple Mitschnitte (nur für die Band zum Nachhören mit paar Anpassungen zum Livemix) kann ich mir das vorstellen.

    Sobald es etwas mehr wird und die Stücke veröffentlicht werden sollen kommt bei mir in der DAW doch ein deutlich besseres Ergebnis raus.

    Spurautomation nutze ich dabei viel, aber auch "Unschärfen" im Rhythmus oder eine Unsauberheit beim Bass, Vocals etc. wird schnell glattgezogen. Stille oder Übersprechen lässt sich da auch recht einfach säubern. Das würde ich mit einem Livemix am Pult so nicht schaffen.

    Teils auch einfach noch Bassdrum oder Snare in Midi gewandelt und ein Sample für einen besseren Sound beigemischt, ...


    Gibts noch andere Herangehensweisen?


    Grüße

  • Ich mache in der Regel auch ein Projekt pro Song, eben auch wegen der Edits etc.


    Ich achte darauf, dass alle Projekte den gleichen Aufbau haben. Das erleichtert die Übernahme von Einstellungen ganzer Kanalgruppen zwischen den Projekten. Meine DAW (Cubase) erlaubt das recht komfortabel.


    Alternativ erstelle ich aus dem Grundmix ein leeres Template und ziehe mir dann die Events des nächsten Songs in dieses leere Template.


    Wenn es was durchgehendes werden soll (Ton zum Videomitschnitt z. B. eines Musicals) achte ich darauf, dass die Songs am Ende den Timecode haben, der den Quellevents in der Originalaufnahme entspricht. Dann kann ich diese Songs am Ende einfach über die Funktion "zum Originalzeitpunkt einfügen" wieder samplegenau ins Sammelprojekt ziehen, wo sie dann mit Atmo, Dialog etc. zusammengemischt werden.


    Die genaue Vorgehensweise hängt dabei natürlich vom Projekt ab.