Hängen von 9 Bauzäunen á 25 kg über szenischen Flächen an Truss

  • Hallo,


    die Bühnenbildnerin will 9 Bauzäune mit jeweils 25 kg in eine Trussquerstrebe hängen. Diese hängt am Rand der Bühne Rictung Publikum. Das Publikum steht einige Meter von der Bühne weg.

    Gem. § 7 ( Schutz gegen herabfallende Gegenstände) Abs. 1 der DGUV Vorschrift 17
    müssen gegen das Herabfallen von Gegenständen auf Arbeitsplätze, Verkehrs- und Szenenflächen Schutzmaßnahmen getroffen sein. Ein C- Hacken reicht dafür meiner Meinung nach nicht aus. Es muss ein Saftey verwendet werden. Weiß jemand dennoch, ob die sekundäre Sicherung bei Hängen von Lasten über Personen verpflichtend oder nur empfohlen ist? 8)


    Grüße, Rina

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  • hell&dunkel

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • So ein Bauzaun ist 3.5m breit und 2m hoch. Sollte sich an einem Ende die Sicherung lösen, könnte der Zaun mit einer beachtlichen Kraft hin und her schwingen, was potentiell sogar mehrere Personen schwer verletzen könnte.


    Es ergibt also durchaus sehr viel Sinn, das Ding an 2 Haken mit 2 Sicherungsseilen zu befestigen.


    Kann es sein, dass die eigentliche Frage wäre, wie man die Zäune auf der Bühne schnell lösen und aufbauen kann? Oder hängen die während der ganzen Zeit nur rum?

    Der Ton macht die Musik.

  • Gelenkschellen und Rohre würde ich da empfehlen - Rohre gibt's auch in Schwarz - die sieht man weniger :)

    "geht nicht" ? - gibt's nicht !

    ...ja, das war schon immer mein Avatar :evil:

    "Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens" (Friedrich Schiller, " Jungfrau von Orleans")

  • Du brauchst zwei unabhängige, nicht von Hand lösbare Aufhängungen. Fertig. Kein Safety, kein Schweißgerät. Wie du das Versagen der ersten Befestigung abfängst bleibt dir überlassen. Kann ein Safety sein.


    Der Hinweis von zegi mit dem schwingenden Zaun ist gut.

  • Ergänzend darf auch die Frage beurteilt werden, ob denn der sonst auf stehend ausgelegte Bauzaun auch auf fliegen ausgelegt ist - also wo und wie Befestigung angeschlagen wird (und in der Lage ist dynamische Kräfte beim verfahren/Sturz aufzufangen). Also explizit nicht in die dünnen Drähtchen des Zaungeflechtes...


    Auch der Zustand (rostige, bereits gebrochene Mietbaustellenware?) ist praktisch relevant.


    Meiner Meinung nach sollte, wer in der Lage ist solche Bühnenbilder zu wünschen/spezifizieren, sie baulich umzusetzen, etc. eigentlich keine Fragen mehr haben dürfen WIE dies zu bewerkstelligen ist. Erst recht nicht, welchen Charakter Sekundärsicherungen haben.... X(=O

    • Hilfreichste Antwort

    Okay, dann machen wir mal das PA-Forum-typische... :P


    ...und kommen vom Hölzchen auf's Stöckchen und machen aus einer einfachen Praxisfrage eine mehrbändige, ausufernde Grundsatzdiskussion. Wobei sich dieser Spezialfall wirklich für eine entsprechende Betrachtung anbietet!


    Wie der oder die arme Isar im Ausgangspost geschrieben hat, gibt es eine Bühnenbildnerin und eine "Bühne", heißt, um den korrekten Terminus zu verwenden, eine Szenenfläche.


    Nun wäre es wertvoll zu wissen, ob es bei dem Vorgang versicherte Arbeitnehmer (Angestellte, freiwillig versicherte Unternehmer, Schüler, Studierende, ggfs. Vereinsmitglieder...?) gibt. Falls die Frage mit Ja beantwortet würde, wäre die Unfallverhütungsvorschrift DGUV-V17 unmittelbar anzuwenden, da es sich dann um eine Veranstaltungsstätte handeln würde1.


    In diesem Falle wäre durch den Unternehmer die Leitung und Aufsicht durch eine Bühnen- und Studiofachkraft2 zu gewährleisten. Wer ist Bühnen- und Studiofachkraft? Zuallererst mal: Eine Person, die den entsprechenden Beruf gelernt und einen entsprechenden Abschluss3 erreicht hat. Welche Qualifikation genau erforderlich ist, hängt von der Art der Gefährdungen ab: Die Bühnen- und Studiofachkraft muss über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, um alle auftretenden Gefährdungen erkennen und bewerten zu können und geeignete Maßnahmen zu deren Abwehr festzulegen. Wenn wir in die entsprechenden, einschlägigen Regelungen der DGUV4 schauen, werden wir feststellen, dass - zumindest nach meinem Dafürhalten - bei dem beschriebenen Aufbau ein Meister für Veranstaltungstechnik anwesend sein müsste, aber mal zumindest eine Fachkraft für Veranstaltungstechnik.


    Diese Bühnen- und Studiofachkraft wäre auch die richtige Ansprechperson für die im Ausgangspost gestellte Frage gewesen, und hätte von ihr beantwortet werden müssen - bei aller Liebe zu den meisten meiner Mitforisten ;) ist ein Internetforum halt leider im Regelfall keine gültige Quelle für verbindliche, sicherheitsrelevante Informationen...


    Im anderen Falle, dass es sich in Ermangelung versicherter Personen bei der Aufführung nicht um eine Veranstaltungsstätte im Sinne der DGUV-V17 §§ 1 und 2 handelt, wäre diese Unfallverhütungsvorschrift natürlich auch nicht unmittelbar bindend.


    ABER: Dann hätten wir bei der Aufführung bzw. bei dem Aufbau immer noch einen Veranstalter oder einen Betreiber, die als Verursachergaranten5 verkehrssicherungspflichtig sind. Heißt: Die Person, die die Bauzäune aufhängt bzw. in ihrem Verantwortungsbereich aufhängen lässt, muss das Notwendige und Zumutbare unternehmen, um zu verhindern, dass Grundrechte Dritter dadurch verletzt werden können. Handelt die verkehrssicherungspflichtige Person nicht demgemäß, dann verletzt sie ihre Sorgfaltspflichten und handelt fahrlässig6.


    Allerspätestens im Zivilrecht wird als Sorgfaltsbegriff dann die "objektiv erforderliche Sorgfalt" als Maßstab herangezogen werden: Ein Gericht wird also nicht fragen, ob es der oder die Beschuldigte in der individuellen Situation besser hätte wissen können, sondern ob die beschuldigte Person es besser hätte wissen müssen. In erster Ableitung folgt daraus einer der wichtigsten Grundsätze zur Vermeidung von Fahrlässigkeitstaten: "Was man nicht kann, muss man lassen!"


    Tut man also etwas, was man nicht ausreichend kann, und Grundrechte Dritter werden daraus resultierend verletzt, hat man fahrlässig gehandelt, mit allem, was dann so an BGB § 8237 und StGB §§ 222 und 2298 im Angebot ist...


    Was bedeutet das für den Ausgangsposter? Wenn ich eine gefährliche Handlung ausführen soll, bei der ich selber keine Ahnung habe, wie ich sie sicher gestalten kann, bin ich so oder so in der Pflicht, mir entweder die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen oder geeignete und zuverlässige Personen9 damit zu beauftragen, um Dritte zu schützen. Heißt ganz konkret für Isar : Die hier im Thread bisher gegebenen Hinweise sind alle gut und richtig, aber hol' Dir bitte mal einen vertrauenswürdigen und kompetenten Meister oder Ingenieur zur Hilfe, der die Situation vor Ort beurteilt und eine geeignete, normkonforme, praktikable und sichere Lösung mit Euch findet. Alles andere ist - insbesondere von uns Foristen hier - Stochern im Nebel, Mutmaßungen und vor allem für Dich, liebe/r Isar , falls es schief gehen sollte, haftungsmäßig ganz, ganz doof...


    In diesem Sinne: Weitermachen! :)


    Mit freundlichen Grüßen Tobias Zw.




    1 DGUV-V17 § 2: "Veranstaltungsstätten alle Betriebsstätten in Gebäuden oder im Freien mit Bühnen oder Szenenflächen für Darstellungen einschließlich der erforderlichen Einrichtungen und Geräte."


    2 DGUV-V17 § 15 (1): "Der Unternehmer darf Leitung und Aufsicht der Arbeiten in Veranstaltungs- und

    Produktionsstätten nur Bühnen- und Studiofachkräften übertragen."


    3 DGUV-R 115-002 zu § 15: "Bühnen- und Studiofachkräfte sind besonders qualifizierte Personen, die

    aufgrund ihrer Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen die ihnen übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen können. Dies sind insbesondere Ingenieure bzw. Master und Bachelor für Veranstaltungstechnik, Meister für Veranstaltungstechnik, Fachkräfte für Veranstaltungstechnik."


    4 DGUV-I 215-310 "Sicherheit bei Produktionen und Veranstaltungen", Anhang 1 und 2


    5 Wikipedia: "Garantenstellung aus Eröffnung und Beherrschung von Gefahrenquellen" - daraus resultiert die Verkehrssicherungspflicht : "Derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, hat die Pflicht, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um Schäden anderer zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu schützen."


    6 Auch Wikipedia: "[Fahrlässigkeit] bedeutet, dass der Täter bei Eintritt und Verursachung des tatbestandlichen Erfolges die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat."


    7 BGB § 823: Schadenersatzpflicht - deliktische Haftung


    8 StGB § 222 ist die fahrlässige Tötung, StGB § 229 die fahrlässige Körperverletzung


    9 Wenn die beauftragten Personen nicht geeignet und zuverlässig sind, habe ich nämlich wieder als Auftraggeber fahrlässig gehandelt und muss mir ggfs. ein Auswahlverschulden zuschreiben lassen...

  • Tobias Zw.

    Du machst doch keine Rechtsberatung im Netz oder?😜

    Natürlich führe ich keine Rechtsberatung im Sinne des RDG § 2 durch, das dürfte ich nicht und bin auch definitiv nicht dafür qualifiziert... das in meinem letzten Beitrag fällt ja unter RDG § 2 (3) Punkt 5.


    8o


    Aber als Dozent und Gutachter sollte man halt wissen, woher der Faden bläst, und wie man möglichst aus Gefängnis und Privatinsolvenz draußen bleibt, wenn man Kunst macht.


    ;)


    Mit total unjuristischen Grüßen Tobias Zw.

  • Wobei die DGUV halt eigentlich immer zum Schutz von Beschäftigten gedacht ist. Man müsste auch prüfen, ob sie wirklich über Arbeitsplätze, Verkehrs- und Szenenflächen hängen oder über abgesperrten Bereichen, die nicht von Personen betreten werden. Bei 9 Bauzäunen a 25kg an einer Trussquerstrebe gäbe es auch noch andere Dinge zu bedenken.
    Ansonsten kann man eine Aufhängung auch 'eigensicher' ausführen.....

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  • Wobei die DGUV halt eigentlich immer zum Schutz von Beschäftigten gedacht ist.

    Zu 99,9 % bin ich da ganz bei Dir, aber viele vergessen den § 15 (1) der DGUV-V1:

    Die Versicherten sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Unternehmers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sowie für Sicherheit und Gesundheitsschutz derjenigen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen betroffen sind.

    Nicht Versicherte werden ja auch quasi „durch die Hintertür“ mit geschützt, wodurch der Veranstalter / Betreiber dadurch seinen Verkehrssicherungspflichten genügt…


    Wie man‘s macht, ob wie von TomyN geschrieben mit organisatorischen Maßnahmen wie Absperren oder technischen Maßnahmen wie Sicherungsseilen oder eigensicheren Aufhängungen, wäre dann der dritte Schritt nach der Benennung qualifizierten Personals und der Beurteilung der Situation und der Risiken durch diese… setzt halt Fachkenntnis voraus.


    ;)


    Mit sicheren Grüßen Tobias Zw.