Old mans Horntop <30kg, flugfähig , alle Schwingspulen auf einer Ebene (Phasenverlauf), passiv, 2x8"/1,4"

  • Hallo Zusammen!


    Nach etwa 20 Jahren Selbtbauabstinenz war die Zeit gekommen ein schon lange vor mir hergeschobenes Selbstbauprojekt umzusetzen.

    Konkrete Aufgabenstellung:

    Ein "kleines", leichtes Horntop zu bauen, was vor allem eins kann: Sehr gute Mitten und das ganz klar auch bei wirklich hohen Pegeln.

    Auf gar keinen Fall darf man die einzelnen Wege heraushöhren, oder irgendwelche Phasensauereien bei der Übergangsfrequenz entstehen.

    Abstahlverhalten max. 60 Grad horizontal, da die Räume meist länglich sind und für Querbeschallung läßt sich bei über die Frequenz gleichmäßigem Abstrahlverhalten das ja nebeneinander gewinkelt anreihen.

    Um nicht die Rückwand der Räume zu beschallen, sondern die Zuhörer muß das Top flugfähig und einfach neigbar sein.

    Primär ist eine rel. hohe Trennung zu den Bässen vorgesehen, um das Topteil klein zu halten, jedoch soll es ohne Schaden zu nehmen mit einem gewissen Wirkungsgradverlust (Reflexladung unter dem Horncutoff) auch tiefer trennbar bzw. "fullrangetauglich" für Sprache sein.

    Um den Aufwand im Betrieb gering zu halten soll der Hochtontreiber vom Mitteltonhorn passiv getrennt werden. (Entzerrungen werden im Controller, der ja für die Trennung von den Bässen eh notwendig ist vorgenommen)

    Last but not least: Man wird nicht jünger und daher sollte das Horntop möglichst unter 30kg bleiben...


    Gewünscht war quasi die eierlegende Wollmilchsau ;)


    Da nun einmal das Lastenheft festgelegt war, konnte es in der "ruhigeren Zeit" in 2020 an die Realisierung gehen.


    Da saubere Mitten das Allerwichtigste sind, und zusätzlich eine (einfache) passive Trennung gewünscht war, war klar, dass die Schwingspulen der Konuslautsprecher und des Treibers im Top genau übereinander sein sollten. (das vereinfacht das Leben ungemein.... ;)

    Da die Hornladung möglichst weit herunter funktionieren soll (je größer Hornlänge [l], umso tiefer runter läd das Horn noch), mußte das Hochtonhorn also eines der längeren Sorte sein um den Hochtontreiber auch weit nach hinten zu bringen, damit die Schwingspulen übereinander zu liegen kommen.

    Hochtontreiber:

    Wegen des Schwerpunkts Mittenwiedergabe und hohem Schalldrucks sollte es kein kleiner 1" Treiber mit hoher Trennung werden, sondern ein ausgewachsener 1,4" Treiber mit ordentlicher Schwingspule.


    Die Recherche förderte das 18 Sound XT1464 zu Tage, das offensichtlich alle Kriterien erfüllte und sogar noch günstig war.

    Bei uns in Europa wegen mangelndem Vertriebsnetz leider weniger verbreitet fertigt Radian in USA sehr wertige Treiber.

    (Einige kennen den Hersteller Radian vielleicht daher, da er Ersatzmembranen für die alten großen JBL Treiber fertigte, die deutlich besser als die Originalteile waren)

    Aus Gewichtsgründen sollte es ein Neodymtyp sein und einigermaßen tief trennbar.

    Die Wahl fiel nach einiger Recherche und der Abklärung ob er sich auch mit dem XT1464 Horn vertragen würde (Öffnungswinkel am Treiberausgang bzw. Hornhals) auf den Radian 745 Neo PB-8.


    Abstrahlverhalten der Treiber Horn Kombination:

    Da ein Topteil, das mit einem definierten Winkel zum nächsten (gleichartigen) Top anreihbar ist, ein über den Frequenzgang gleichmäßiges Abstrahlverhalten benötigt, wurde die Treiber Horn Kombination unter verschiedenen horizontalen Raumwinkeln gemessen.

    (Es wurden auch noch andere Treiber Horn Kombinationen gemessen, aber in der Summe der Eigenschaften fand ich die gewählte Kombination am geeignetsten)


    Radian_an_18SoundHorn.pdf


    Weiter im nächsten "Kapitel" sonst wird's zu lang... ;)

    Viele Grüße,
    Fux

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  • Weiter im Text!


    Da die Würfel für die Horn Treiber Kombination gefallen waren, konnte ich nun mit der Konstruktion des Mitteltonhorns beginnen. Die Tiefe des Mitteltonhorns war damit praktisch schon festgelegt, da die Schwingspulen der Mitteltöner am Horn und des Hochtontreibers übereinander liegen sollten.


    Für eine grobe Planung reicht das mit der Lage der Schwingspulen schon mal aus.

    (Steht der Mitteltöner fest und ist besorgt, wird natürlich noch Treiber am Horn und Mitteltonchassis gleichzeitig mit einem Impuls traktiert und der Mitteltöner so lange hin und her geschoben bis nur noch ein gleichzeitiger Impuls gemessen werden kann.)


    Die Simulation des Mitteltonhorns erfolgte in AJ Horn, was sich nach kurzer Beschäftigung sehr intuitiv bedienen läßt. (zwar eigentlich eher für Bässe gedacht ist, da die Simulation von den Thiele Small Parametern ausgeht und keine durch Membranaufbrüche verursachten Frequnzgangschwankungen berücksichtigt, was man im hier zur Betrachtung stehenden Frequnzbereich und ausgewählten Midbasschassis aber fast vernachlässigen kann)


    Scans29-08-2021-100117.pdf


    Scans29-08-2021-100153.pdf


    Beim Betrachten der Graphen bitte beachten, dass die Simulation im Freifeld erfolgt ist und nicht im Halbraum! Viele geben den Wirkungsgrad im Halbraum an, weil das dann lauter aussieht, aber ob das für ein geflogenes Top realistisch ist, mag jeder selbst entscheiden.


    Bitte jetzt nicht erschrecken, weil das Horn sich unterhalb 180 Hz schon so "krass" verabschiedet! ;)

    Das Teil soll nicht mit Subwoofern zusammen betrieben werden, sondern mit Hornbässen, die auch noch klaglos bis 300Hz (im Ernst) hinauf spielen können. (Geplante Trennfrequenz 220 Hz)

    Weiterhin münden dann in der praktischen Umsetzung die Tunnel auch in das Horn und nicht direkt in die Umgebung, was nochmal einen deutlichen Unterschied ausmacht, aber ich hier nicht simulieren konnte. In den Messungen später ist das dann deutlich sichtbar, dass das nicht so steil abfällt wie in der Simulation.


    Nachdem das Horn mal so grob in seinen Abmessungen stand, wurden verschiedenste Chassis simuliert und dabei auch mit der zusätzlichen Reflexunterstützung der Hornladung gespielt.

    Da das Horntop klein und leicht werden sollte (was ja für ein solches Konstrukt jetzt eher unüblich ist) fiel die Wahl der Chassisgröße auf 8 Zoll, da ich damit auch schon mit den alten Community RS220 gute Erfahrungen mit so einer Bestückung sammeln konnte.

    Den besten Kompromiss für das 8" Chassis zwischen Hub und "Bassfähigkeit", Mittenwiedergabe und Wirkungsgrad stellte nach unzähligen Simulationsversuchen das Chassis B&C 8MDN51 dar. (In der 8 Ohm Variante, da ich mit 2x8" auf 4 Ohm zur optimalen Verstärkerauslastung kommen wollte)


    Anmerkung:

    Ein einzelner 8"er wäre mit der Zielsetzung "laut" überfordert gewesen, und das Verhältnis Hornhals, Hornlänge, Hornmund und Hornerweiterungsfunktion hätten mit der gewünschten unteren Grenzfrequenz so dann auch nicht gepasst. Auf gut Deutsch: Es wäre die Fläche des Hornmundes zu klein, oder die Hornlänge zu lang ausgefallen.



    Damit's nicht zu lang wird, weiter im nächsten Post!

    Viele Grüße,
    Fux

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  • Weiter gehts mit der Konstruktion des Gehäuses!


    Da ich zwar mich bei der Holzbearbeitung nicht ganz ungeschickt anstelle, aber vom Laminieren mit Epoxidharz so gar keine Ahnung habe, sollte es ein Holzhorn werden.

    Da für eine ordentliche Hornladung

    nicht nur im Grundtonbereich, sondern auch weiter hinauf in die Mitten gesorgt werden soll (MITTEN! ;) kommen natürlich auch entsprechende Phaseplugs zum Einsatz, anders wäre auch die berechnete Hornkontour gar nicht sinnvoll umsetzbar, wenn zugleich auch der Abstrahlwinkel mit dem Hochtonhorn zusammenpassen soll.

    Das äußere Ende der Seitenwände des Holzhorns sollten in etwa den Öffnungswinkel des gewünschten Abstrahlwinkels haben. Der wieter innen liegende Teil des Holzhorn muss einen deutlich geringeren Öffnungswinkel haben um möglichst nahe an die berechnete Hornkontour heranzukommen.

    So viele Freiheitsgrade wie man denkt sind dabei gar nicht offen, weil sich dann einge Maße allein aus den geometrischen Erfodernissen praktisch von selbst ergeben. Eine noch bessere Anpassung der Hornerweiterung als die die "geraden" Holzwände zulassen werden dann noch in die "Ecken" eingepasste Dreiecke gleich nach dem Hornhals ergeben und die Schnelle Öffnung am Hornmund wird duch die halbkugelförmige Verrundung der großen Phaseplugs und dem Zulaufen des "Teilers" zwischen den beiden 8"ern gelöst, so dass dann die berechnete Hornkontour schon ziemlich gut eingehalten werden kann.

    Da das viel zu viel Text ist jetzt mal Butter bei die Fische und ein paar Bilder der Schreinerarbeiten ;)


  • der weiter Baufortschritt und noch mehr Sägemehl & Frässtaub... ;)



    Auf dem nächsten Bild sind die Reflexöffnungen zu sehen, die oben in das Mitteltonhorn münden.

    Tuning so etwa knapp 130 Hz. (Tiefe der Tunnel 2x Materialstärke)



    Probeweises Einsetzen der Phaseplugs aus KG Rohr. Die Holzhalbkugel hat eine um die Materialstärke der Rohres kleinere Scheibe hinten drauf mit einer Einschlagmutter M8 dazwischen. Eine ebensolche Scheibe kommt auch noch hinten am Hornhals auf das vorhandene Holz der "Schallwand" und von Rückwärts ebenso eine M8 Einschlagmutter. D mit läßt sich dann mit einer langen, durchgehenden Gewindestange der Phaseplug rein- und auch wieder rausschrauben durch drehen am Phaseplug.



    Nach Demontage der probeweise eingesetzten Phaseplugs kommen die schon weiter oben angesprochenen Dreiecke in die Ecken um sich der berechneten Hornkontour weiter anzunähern.



    Hinter den in der "Schallwand" sichtbaren Öffnungen zum Konuschassis sitzt noch ein größerer "Zwischenring" so dass die Membrane frei schwingen kann ohne dass die Sicke irgendwo vorne anstößt. Das Volumen hinter den 3 "bananenförmigen" Schlitzen und der Membrane der 8 Zöller entspricht ganz gut dem der Druckkammer in der AJ Horn Simulation.


    Natürlich könnte man mit entsprechendem besseren Werkzeugen (oder mehr Geduld... ;) den Übergang von Druckkammer ins Horn am Hornhals noch besser und weniger aprupt gestalten. Dann würde das Mitteltonhorn noch weiter raufspielen. So wie es ist kommt es aber hier gut rauf bis zur Trennfrequenz zum Hochtontreiber, wie sich in den späteren Messungen noch zeigen wird.

    Wollte man das Konstrukt höher trennen, weil man zum Beispiel einen 1 Zoll Treiber drüber einsetzen wollte (der dann aber schon sehr leistungsfähig sein sollte), dann sollte man noch etwas mehr Muße in einen kontinuierlicheren Übergang von Druckkammer in den Hornhals investieren. :)

    Viele Grüße,
    Fux

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  • Jetzt kommt ganz klassisch Warnex drauf und damit erstmal etwas "Farbe" ins Spiel!


    Zum Auftragen einfach nur mit dem Pinsel alle Ecken und Kanten vorgepinselt und dann mit der kleinen Rolle 2x aufgerollt, da ich nicht mit der Druckluftpistole mir alles mit Warnex einsauen wollte... :)



    Nach gefühlt unendlicher Zeit geht es jetzt an die Bestückung der Topteile.



    Die Flugbeschläge kann man natürlich nicht einfach ins Holz schrauben, das gehört intern nicht nur mit dem Deckel, sondern auch mit Winkeln mit den Seitenwänden ordentlich mehrfach verschraubt. (Schraubensicherung oder selbstsichernde Schrauben verwenden!)

    Sinnvoll ist es auch die Chassis selbst mit "Safetys" direkt mit den Flugbeschlägen innerhalb der Box zu verbinden.


    Wenn man mit Statik nichts am Hut hat, dann sollte man bei Flugbeschlägen/Fluggeschirren entweder die Finger weg lassen und sich auf die Montage einer Hochständerbuchse beschränken, oder jemand konsultieren der sich damit wirklich auskennt.


    Und schön langsam nimmt die Box Formen an...



    Falls sich schon jemand gewundert hat, was das für komische Seiten an der Box sind. Das Gehäuse besitzt außerhalb der Hornbretter kein eigentliches Drumherumgehäuse (außer der Rückkammer) mehr, um Gewicht zu sparen. Nebeneffekt ist eine wie ich finde mal etwas andere Optik nach dem Motto "Form follows funktion" ;)



    Da die 8 Zöller ja auch möglichst schöne Mitten abstrahlen sollen muss die Rückkammer gut bedämpft werden, ohne dass die Polyestermatten im Betrieb an den Membranrückseiten reiben können.




    Nun sind die bestückten Gehäuse bereit um die Abstimmung der passiven Frequenzweiche angehen zu können! :)

    Viele Grüße,
    Fux

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  • Nach einigen "lustigen" Bildern muss ich jetzt, da es an die Passivweiche geht, leider etwas ausholen...


    Passivweichen sind weder Vodoo noch Teufelszeug und können sachgemäß eingesetzt durchaus eine sinnvolle Option darstellen.

    Geht es um eine relativ tiefe Trennung, womöglich auch noch mit hoher Leistung, ist eine aktive Trennung natürlich vorzuziehen, da Größe und Kosten der Bauteile und auch elektrische Verluste mit tiefen Trennfrequenzen exorbitant anwachsen.

    Für eine Trennung von etwa 1kHz aufwärts, also die Ankopplung eines Klassischen Druckkammertreibers an Mitteltöner (oder Midbass) stellt eine Passivweiche auch heutzutage eine praktische und technisch gut umsetzbare Lösung dar.

    Warum das nicht immer so einfach funktioniert und daher viele (oft mangels ausreichendem Wisssen, Erfahrung und Messmöglichkeiten) einfach prinzipiell alles aktiv trennen hat hauptsächlich folgende zwei Gründe:

    Erstens haben alle Lautsprecher (auch wenn z.B. 8 Ohm draufsteht) nicht nur den Gleichstromwiderstand des aufgewickelten Drahtes der Schwingspule, sondern durch die Induktivität der Schwingspule, Chassisresonanzen usw. eine mehr oder weniger komplexe, über die Frequenz unterschiedliche Impedanz. Das ist auch der Grund warum die "Berechnung" einer Frequenzweiche nicht zum Ziel führt. (bei aktiver Trennung, wenn die Chassis direkt an einer Endstufe hängen spielt das keine große Rolle)

    Zweitens kann man nicht wie bei aktiver Trennung mehere Filterbausteine einfach hintereinanderhängen, sondern die einzelnen Filterbestandteile einer Passivweiche beeinflussen sich alle mehr oder weniger gegenseitig. (so dass frei nach Aristoteles (oder auch Kante... ;) das Ganze mehr ist alle die Summer der einzelnen Teile....


    Nach so viel "Elektrophilosophie" jetzt aber zur Entwicklung der Passivweiche!


    Vorausgeschickt: Die Messungen fanden in einem Heimkino statt, dass von 100Hz bis 10kHz eine in Oktaven ermittelte Nachhallzeit zwischen 0,4 und 0,6 Skunden hat.

    Die orientierenden Vorabmessungen "quick & dirty" einfach mit Rosa Rauschen und einem hoch auflösenden Analyser, die folgende Feinabstimmung und Überprüfung dann "ordentlich" mit einer gefensterten Impulsantwort so wie sich das gehört... ;)


    Gaaanz wichtig bei den Probeaufbauten von Passivweichenschaltungen:

    Halte die Übergangswiderstände zwischen den einzelnen Bauteilen gering, entweder durch direktes Verlöten, oder den Einsatz von vernünftigen Klemmen. Der Einsatz von alten Krokodilklemmenkabeln aus der "Grabbelkiste" liefert durch teilweise viel zu hohe Übergangswiderstände zwischen den Bauteilen lauter Zufallsergebnisse und ist daher unbedingt zu vermeiden!


    Zur Auflockerung der Textwüste mal ein Bild :)



    und die Klemmen & Lötverbindungen noch mal in Nahaufnahme



    Man kann dabei auch eine andere Darstellung mit hoher Auflösung wählen, sollte aber zwischen Genauigkeit der Darstellung und Genauigkeit der Messung schon zu unterscheiden wissen.

    (Sorry für das miserabel unscharfe Bild)



    Doch nun zur eigentlichen Weichendimensionierung.


    Es bringt wenig sich schon vorher auf ein bestimmtes Weichendesign (wie z.B. 12 dB Butterworth) festzulegen. Vielmehr ist es sinnvoll das Konzept an die Eigenschaften der Treiber, Hörner etc. durch entsprechenden Versuch (Gedanken machen aber dann auch Try & Error) anzupassen.

    Ich habe im hier vorliegenden Fall wie oft mit dem Treiber angefangen, aber das Ganze ist immer ein interaktiver Prozess. (Einzelmessungen habe ich dazu leider keine archiviert, da zum Zeitpunkt der Konstruktion diese Doku hier nicht angedacht war)


    Je nach Treiber (und Treiber Horn Kombination) hat der Impedanzgang auf Grund der Resonanzfrequenz(en) dieser einen oder mehrere Peaks. Für die Trennung des Treibers sind die Peaks (Impedanzbuckel) um die anvisierte Trennfrequenz herum von größerer Bedeutung.

    Einige neue Treiber haben die Impedanzpeaks stark bedämpft, was die Passivweichendimensionierung deutlich einfacher macht.

    Generell läßt sich sagen, dass diese Impedanzpeaks am besten mindesten eine Oktave von der Trennfreuqunz entfernt sein sollen. Das beißt sich aber in der Praxis fast immer mit der gewünschten Trennfrequenz.... ;)

    Nimmt man nun als Startwert für den Hochpass (Weichenteil, dass dem Hochtöner die zu tiefen Töne vom Leib hält) eine berechnete Kombination aus Spule und Kondensator für einen 12dB Hochpass, so wird die tatsächliche Flankensteilheit in den seltensten Fällen diesen 12dB/Oktave (= Pegel bei halbierter Frequenz um 12dB Leiser) entsprechen.

    Jetzt kann man natürlich anfangen durch geeignete Schaltungen erst mal die Impedanz zu korrigeren (geradezuziehen) oder durch den Einsatz sogenannter konjugierter Filter (einem anderen Verhältnis der Werte von Spule zu Kondensator als nach Lehrbuchformel) die Flankensteilheit dem gewünschten Ideal anzunähern.

    Das kann klappen, oder man merkt nach einigen Versuchen, dass vielleicht der 12dB Filter mit nur 2 Bauteilen zu keinem befriedigendem Ergebnis führt.

    (Die gemessene Flankensteilheit sollte über mindestens eine Oktave, besser mehr, der theoretisch gewünschten entsprechen)

    Befinden sich in der Flanke "Buckel" wo der Pegel auf einem "Plateau" verharrt, bevor er weiter abfällt, dann führt das später bei der Summation der einzelnen Wege mit ziemlicher Sicherheit zu Ärger...


    Nicht zu vergessen:

    Es empfiehlt sich zuvor nach den technischen Daten der Chassis einen Spannungsteiler für den Hochtontreiber zu dimensionieren, da dieser ja auch schon mal in gewisser Weise zur vergleichmäßigung der Abschlussimpedanz des Filter beiträgt. (Feinjustage des Spannungsteiler kommt dann später noch)

    Also wenn als Beispiel mein 8 Ohm Treiber/Horn Kombination 110dB im Bereich der gewünschten Übernahmefrequenz macht und eins der beiden 8 Ohm Konuschassis 96dB (zwei Stück dann +3dB wegen akustischer Koppelung und +3 dB wegen doppelter Leistung bei gleicher Spannung an genmeinsam 4 Ohm) also zusammen 102dB. Dann addieren wir mal für die Hornladung der Mitteltöner mit Phaseplug und allem drum und dran mal geschätzte 6dB dazu, so kommen wir auf 110dB des Hochtontreibers minus 108 dB unsere Mitteltonteils, also auf eine Absenkung für den Spannungsteiler vor dem Hochtontreiber von gerade mal 2dB. (Je höher die Absenkung im Spannungsteiler desto größer ist die Linearisierung des Treiberimpedanzgangs, also hier bei nur 2dB nicht so besonders weltbewegend...)



    Bitte umblättern! ;)

    Viele Grüße,
    Fux

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  • Weiter geht's! (falls überhaupt noch jemand mitliest... ;)


    Im Laufe der Beweichung des Hochtontreibers hat sich gezeigt, dass ich bei der zuerst anvisierten Trennfrequenz von etwa 900Hz mit einer "Treppenstufe" in der Flanke der Hochtontreiber-Weichen-Kombination zu kämpfen habe, die sich auch durch den Einsatz von diversen Saug- oder Sperrkreisen nicht wirklich befriedigend mit vertretbarem Aufwand und möglichst "nebenwirkungsfrei" elimieren ließ.

    Da ja aber eine Kombination aus 8"er mit Phaseplug natürlich auch deutlich über 900 Hz noch vernünftig funktioniert habe ich durch eine Verschienung der Trennfrequenz auf etwa 1250Hz den immer noch vorhandenen Buckel so weit neben die Trennfrequenz verschieben können, dass dort die abgestrahlte Leistung schon so gering ist, dass dies kaum mehr Probleme in der Addition mit der Flanke der Tiefmitteltöner aufwirft.


    Anmerkung:

    Da alle Hörner (bzw. Horn-Treiber-Kombinationen), die in den Höhen nicht stark zu bündeln anfangen, sondern noch einigermaßen breit abstrahlen einen Lautstärkeabfall zu den Höhen haben, kann man oft durch Überbrücken des Längswiderstandes des Spannungsteilers mit einem Kondensator (typischer Weise so 1 - 2,2 uF) ein Highshelfing (Anhebung der Höhen um den Höhenabfall zu kompensieren) auf einfach Weise realisieren.

    Logischerweise um so mehr, je stärker der Treiber durch den Spannungsteiler gebremst wird.

    Da der Parallelwiderstand zum Treiber aber erhalten bleibt, kann man nur einen Teil der dB Absenkung des Treibers wieder in den Höhen "dazuschieben".

    Pech für mich, da ich nur ca. 2-3 dB mit dem Spannungteiler absenke und so keine wirklich effektive Höhenanhebung durch diesen "Trick" erzielen kann. Also machen wir das ganz zum Schluss im Controller, den wir wegen der aktiven Trennung des Tops zu den Bässen eh brauchen.


    Nun zum Tiefpass!

    Die Schwingspule in unserem Konuslautsprecher (hier die beiden 8 Zöller) hat wie bereits gesagt nicht nur einen Gleichstromwiderstand durch den "aufgewickelten" Draht, sonden als Spule natürlich auch eine Impedanz. Mit steigender Frequenz wir dieser Impedanzwert ("Widerstand") immer höher. Hierbei gilt: Je kräftiger der Antrieb des Chassis, desto steiler der Impedanzstieg zu den höheren Frequenzen. Da wir in einem Horn, das Mitten! ;) liefern soll natürlich einigermaßen antriebsstarke Chassis einsetzen müssen wir dem entgegenwirken.

    (Es gibt natürlich noch wesentlich antriebsstärkere 8 Zoll Chassis, die können dann aber keinen Bass mehr und haben zu wenig Hub für meine Anwendung)


    (Der Impedanzbuckel bei der Resonanzfrequenz des Konuschassis liegt bei der Trennung zu einem Hochtontreiber in der Regel weit außerhalb der Trennfrequenz und braucht daher auch nicht betrachtet zu werden)


    Fällt der Impedanzanstieg nur recht gemäßigt aus, bring oft auch der Einsatz eines konjugierten Filters, also mit "veschobenem" Verhältnis von Spulenwert zu Kondensatorwert gegenüber "Lehrbuch"

    eine brauchbare Flankensteilheit.

    Hier klappte das nach mehrfachem Versuchen nicht so recht, weshalb ich mich für die klassische Variante der Linearisierung der ansteigenden Impedanz der Chassis mittels RC Glied parallel zum Chassis, einem sogenannten Boucherot-Glied entschied.

    (Berechnungsformeln für einen Startwert hierzu findet man auch online)


    Mit nun linearisierter Impedanz gelang es nun nach eingigen Try & Error Versuchen (variieren der Werte von Spule und Kondensator) für die doppel 8"er eine Trennung bei etwa 1250 Hz mit ähnliche Flankensteilheit wie beim Hochtöner hinzubekommen.


    Leider ist man hiermit in der Regel noch nicht am Ende, weil die nun zu messende Kombination aus beiden Wegen als ersten Wurf noch keine einwandfreie Addition ergibt.

    Nun wird durch weiteres Herantasten (kleine Variationen der Bauteilwerte) je nach Messergebniss der Frequenzgang linearisiert.

    Ein testweises Verpolen des Hochtontreibers sollte zu einer schmalbandigen tiefen Auslöschung führen, sonst ist noch etwas im Argen.... ;)

    Glaubt man sich am Ziel seiner Weichenkonstruktionsbemühungen ist es an der Zeit durch das Hinzunehmen des Phasengangs der Wahrheit ins Auge zu sehen.

    Ist die Konstruktion der Frequenzweiche gelungen, sollte sich im Phasengang nicht mehr erkennen lassen, wo überhaupt die Trennfrequenz liegt.

    Die Phase sollte auch über die Trennfrequenz hinweg ganz stetig durchlaufen.

    Macht die Phase da wilde Sachen, dann passt die Weiche so noch nicht.

    Wie Eingangs erwähnt, macht man sich das Leben extrem leichter, wenn man die Schwingspulen der verschiedenen Chassis schön auf einer Ebene übereinander sind.


    Anmerkung:

    Das heißt um bei einer klassischen 2-Wege Fullrangebox sehr gute Ergebnisse mit überschaubarem Aufwand bei der Passivweiche zu bekommen, sollte man entweder ein sehr kurzes Horn verwenden, damit die Schwingspule der Hochtontreibers in etwa auf einer Ebene mit der Schwingspule des Konuschassis liegt, und/oder das Konuschassis durch Zurückversetzen (gut realisierbar bei leichtem "Anhörnen" mit seitlichen "Brettchen") weiter nach hinten zubringen.


    Was bei mir als Ergebnis der Weichendesignaktion herausgekommen ist zeigt folgende Messung ganz gut:

    Viele Grüße,
    Fux

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  • Hier die Messung des Amplitudenfrequenzgangs auf Achse und er dazugehörigen Phase:



    Das Ganze ist jetzt natürlich noch ohne spezielle Entzerrung am Controller, wir wollen ja sehen wie die Passivweiche in Kombination mit den Chassis/Hörnern funktioniert.


    Man sieht schön, dass noch zwei drei Buckel (als erstes der Buckel bei gut 300Hz) im Controller zu begradigen sind. Weiter habe ich noch später beim Abfall in den Höhen (Loch) entsprechend aktiv angehoben.

    Man kann auch gut erkennen, dass die Bassreflexladung (Tunnel münden ins Horn) eine gute Anhebung (Stufe) bei etwa 120Hz erzeugt, wo man auch ohne das Chassis zu stark auszulenken (Bedämfung durch den Bassreflexresonator) eine ordentliche Anhebung reingeben könnte, wenn man das braucht.

    Da ich bei 220 Hz zu den Bässen trenne (Bässe sind Martin Audio F2B, also echte frontloaded doppel 15" Hörner mit geschlossener Rückkammer) brauche ich da nichts anheben.


    Jetzt noch der Vollständigkeit halber natürlich die Passivweiche (wenn man schon extra so weit mitlesen mußte... ;)


    X_Fux3_Schematic.pdf


    X_Fux3_Layer.pdf


    X_Fux3-Parts.pdf



    Das Weichenlayout wurde so ausgetüfftelt, dass die Weiche eben gerade so noch unter den Deckel oberhalb des großen Hochtonhorns ins Gehäuse hineinpasst.



    Zu guter Letzt noch das Abstrahlverhalten unter verschiedenen horizontalen Winkeln gemessen.



    Auch hier passt das Holzmitteltonhorn (innerhalb der Möglichkeiten eines noch händisch machbaren Holzhorns) gut zum 18 Sound Hochtonhorn dazu.

    Viele Grüße,
    Fux

    3 Mal editiert, zuletzt von Fux ()

  • Jetzt noch die Bilder zum Abschluss:




    Was jetzt glaube ich nirgends zu sehen war, ich habe unten noch eine kurze Hochständerbuchse gerade soeben untergebracht, die genau (na ja, nicht ganz, eher etwas weiter hinten ;) unter dem Schwerpunkt im Boden sitzt. (die ich zwar nie brauchen werde, aber haben ist besser als brauchen... :)


    (Späte) Ergänzung:

    Hier habe ich doch noch ein Bild gefunden, wo man die Fräsung für die Hochständerbuchse sieht.

    Auch ist der "Ring" bei den 8" Chassisausschnitten erkennbar, der die Sicken gegenüber der Schallwand auf Distanz bringt, so dass da bei voller Auslenkung nichts anschlägt.




    Schlusswort:

    Sollte jetzt jemand auf die Idee kommen: "Super, da bau ich mir einfach ein paar von diesen kompakten, clusterbaren Horntops selbst und spare mir eine Menge Geld!"

    Dann ist dazu folgendes zu sagen: Wenn man Lautsprecherbauen zu seinem "Hobby" macht und dieses leidenschaftlich (ohne große Gewinnerzielungsabsichten) betreibt, dann ist das eine tolle Sache. Wenn man die Lautsprecher zum Geldverdienen als Mittel zum Zwecke einsetzen möchte tut man sich einen Gefallen, wenn man (notfalls gebraucht) sich die passenden Lautsprecher kauft und mit der gewonnnen Zeit (die man nicht beim Selbstbau verbringt) Veranstaltungen durchführt.

    Umgerechnet auf die Arbeitsstunde ist da ein Vielfaches verdient gegenüber dem was man sich durch den Selbstbau solcher Lautsprecher einsparen könnte.


    Aber "Just for Fun" - Warum nicht, wenn's Spaß macht! ;)


    In diesem Sinne, Finger weg vom Sägeblatt und Fräser und beim Arbeiten mit drehenden Werkzeugen bloß keine Handschuhe anziehen!!


    Allzeit gutes Gelingen! :)


    P.S.

    Von den via Prozessor noch feingetunten Frequenzgängen habe ich leider keine Messungen mehr gemacht. Ich war dann irgendwann einfach "durch"... ;)

    Viele Grüße,
    Fux

    5 Mal editiert, zuletzt von Fux ()

  • Ich hätte Angst, dass die Phaseplugs (bzw. deren 'Grundplatte') abbrechen.

    Keine Angst, als Bauingenieur habe ich das mit der Statik der Phaseplugaufhängung schon im Griff. ;)

    (Das KG Rohr hat ja auch wirklich kein Gewicht; das Einzige was ein bisschen was wiegt ist die Buchenholzhalbkugel mit der Multiplexplatte hinten dran)

    Wenn man die aus dem Truss beim Hängen runterfallen läßt, ist der Phaseplug natürlich ab.

    Aber das ist dann wahrscheinlich nicht das einzige Problem das man hat.

    Wenn man ein Gitter vorne drauf machen würde, könnte man ja zu "Lagesicherung" der Phaseplugs noch ein "Schräubchen" durchs Gitter in die Phaseplughalbkugeln drehen.

    Ist aber, solange man die Boxen nicht herumwirft, wirklich kein Problem.

    Viele Grüße,
    Fux

  • Das KT Rohr ist zwar leicht, macht aber Hebel :)
    Und ob man die Festigkeit der 'Restholzbereiche' so genau abschätzen kann....

    Ist aber trotzdem ein schönes Projekt, wenn ich auch das mit der gleichen Achse nicht so ganz verstehe.

    SIM II Operator and Dante Level I-II-III (alles sogar zweimal :)
    Jugendschwimmabzeichen, Rettungsschwimmabzeichen in Bronze
    Meine kommerziellen Softwareprodukte SATlive und LevelCheck

  • Ich habe noch nicht alles durchgelesen. Vorneweg aber die Idee, die Halbkugeln anstelle von Buche aus Nadelholz oder gar Balsa zu fertigen. Ggf. auch Styropor. Akustisch wird sich dies nicht schlechter auswirken, im Gegenteil. Btw. die alten Martin Plugs waren früher aus Epoxy und später aus Kunststoff- beschichtetem Styro. So... ich lese jetzt mal in Ruhe :-).

  • Das mit der Achse hat folgende Bewandnis:


    Wenn man von der Seite auf die Box draufschaut, stehen die Schallenstehungsorte im Mittelton und im Hochton genau übereinander.

    Das heißt der Impuls aus beiden Quellen kommt immer gleichzeitig beim Zuhörer an.

    Wenn dort ein Versatz besteht, also die Schallentsehungsquellen nicht genau übereinander sind, dann kommt der Schall aus einer der Quellen zeitverzögert beim Zuhörer an, was in Frequenz- und Phasengang eine "Sauerei" gibt und sich auch nicht gut anhört.

    Bastelt man jetzt die Weiche so, dass man die Phase bei einem Schallentstehungsort so verschiebt, dass bei der Übergangsfrequenz die Sache phasenmäßig wieder einigermaßen passt, ist das nur bei der Übergangfrequenz der Fall. Drunter und drüber wieder nicht. --> Wieder Sauerei ;)


    Bei aktiver Trennung könnte man durch ein Delay bei einer Schallenstehungsquelle das akustische Zentrum nach hinten "rücken".

    Passiv geht das in Grenzen zwar auch, ist aber in der Passivweichenkonstruktion wie der Ami sagen würde "a pain in the ass" ;)


    Also lieber gleich so designen, dass gar kein Problem entsteht, als sich im Nachhinein um dessen Beseitigung kümmern zu müssen.

    Viele Grüße,
    Fux