Festival Change-Over/Soundcheck Praxis

  • Hi,

    bald ist es für mich das erste mal als Tonmann der Band auf einem mittelgroßen Festival zu mischen. Bisher habe ich Club-Konzerte gemacht, meist als Haus-Techniker. Das was ansteht ist für mich next-level und ich freue mich auf diese Chance damit zu lernen und zu wachsen.

    Könnt ihr mir als Neuling auf dem Gebiet ein paar Tipps geben?


    Change-Over sind 30min, gibt wohl ein Monitor-Pult, meine "Band" ist ein HipHop Act also DJ und 3, 4 Mikros. Überschaubar.


    - ich würde gern schon 2-3h vor dem Act auftauchen, Kontakt herstellen, Mischpult anschauen (evtl noch nicht drauf gearbeitet), vielleicht Festival-File auf Stick ziehen lassen und im Editor per Laptop vorbereiten. Ist das angebracht oder stößt das eher auf Ablehnung wenn ich während Vorbereitungen eines anderen Acts am FOH und Bühne stehe, Leute anspreche?

    - ist es generell üblich einen kurzen Soundcheck auf der PA zu machen, oder nur Line-Check (+ Monitore), und ich stelle soweit möglich mit Kopfhörern grob was ein? Oder sollte der Soundcheck möglichst kurz aufs Nötigste gehalten am Ende des Change-Overs nahtlos in die Show übergehen ?

    - Kann mir jemand auflisten wie ein Soundcheck im Festivalbetrieb abläuft? Gibt der Monitormann vor wer der Band spielen/singen soll, stellt den Gain ein, FOH Mann (ich) checke anschließend meine Settings über die PA und gebe Rückmeldung wenn ich mit dem Signal fertig bin?


    Ich weiß dass jedes Festival anders ist, genaue Abläufe kann mir sicher nur das Personal sagen. Für was ich euch dankbar bin ist die grundlegenden Abläufe zu verstehen von a) ich komme an als Techniker bis b) change-over, Soundcheck, Show. Sicherlich gibt es Schema F an dem man sich meistens orientiert, oder?


    Danke euch schonmal für eure Tipps!!

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  • Warum warten bis zum Veranstaltungstag? Mein Tipp wäre: Wenn du hier meine Zeilen fertig gelesen hast, findest du raus wer technisch das Festival betreut, greifst zum Telefon, rufst an und klärst direkt ab was dort steht und wie das dort laufen wird...


    Dann kannst du dir überlegen wie du dich vorbereiten kannst bzw. musst...


    P.S. Während des Telefonats kannst du auch gleich euren "Rider" und Bühnenplan erläutern.

  • Eine Ergänzung, fern von jeder Technik, habe ich noch. Stell dich darauf ein dass - je nachdem wie stressresistent du bist - dieser Gig für dich sehr aufregend bis nervenaufreibend wird.


    Das liegt schlicht daran das du scheinbar bis jetzt "Club-Nahkampf-Erfahrung" hast. Wenn du auf einmal 50 oder gar 100 Meter von der Bühne entfernt stehst hast du 1. keine direkte Kommunikation mit den Musiker_innen mehr und 2. wir das akustisch für dich ungewohnt sein...


    Wenn du aus was für Gründen auch immer nicht weiter weißt bitte den FOH-Betreuenden rechtzeitig um Hilfe.


    Augen zu und durch - "mussten" wir alle

  • Festival - 500 oder 150000 Leute? Je nach dem unterscheidet sich das Procedere vor Ort ein wenig. Zudem ob Du "Morgens, 8:30 der Wecker von Bühne 7" oder "Abends, 20:00 MainStage" unterwegs bist...

  • 1. Vorbereitung: Deinen bescheiden gehaltenen Rider mit der örtlichen Firma durchsprechen. Ruhig sagen, dass Du noch wenig Erfahrung in dem Bereich hast.
    2. Vor Ort rechtzeitig da sein, beim Stagemanager, Monitormann und FOH-Mann kurz vorstellen (ich bin XY von Band ABC nachher).
    3. Bei so überschaubarer Kanalanzahl würde ich den FOH-Mann mit netten Worten bitten, dass man sein Grundfile benutzen darf.
    4. Linecheck: Diszipliniert Gainen unter Kopfhörern, Lowcuts und Comps setzen für die Vocals, ganz kurz auf die PA, damit Du weisst dass das Routing stimmt. Und gut ist. Monitor macht die Band auf der Bühne. Es bringt Dir nichts, in der Aufregung zu versuchen, in einem schlecht klingenden FOH-Zelt irgendeinen Special-Sound zusammenzumischen. Und man muss da auch kaum Frequenzen im Playback pushen. Einfach auf die PA und die Stimmen drüber. Sei erstmal sparsam mit Effekten. Vielleicht ein Gruppen-Comp. Geht unbedingt mal vom Mischpult weg ins Publikum. merk Dir den Unterschied von Bassgefühl und Snare/Höhenanteil gegenüber dem FOH-Zelt. Manchmal MUSS es im FOH schon weh tun, und draußen ist es gerade ok.

  • Den Unterschied von Publikum zum FOH (Zelt) kannst dir auch schon aneignen bei dem/den Acts vor Euch.

    Wenn ich früher vor Ort war hab ich ganz gerne meinen Gehörschutz (Elacin) getragen um die Ohren nicht schon vorab zu ermüden.

    Ansonsten die Tips oben beachten und Nerven behalten :)

  • Hello,


    Zunächst Glückwunsch zum nächsten Schritt, viel Spaß und Erfolg dabei.


    Wie schon erwähnt ist jetzt die Zeit in Erfahrung zu bringen welches Equipment vor Ort sein wird und deine technischen Anforderungen zu klären. In deinem Fall wird das grob heißen ein DJ Mixer und 4 (Funk)Mikrophone.


    Wenn ihr vor Ort ankommt, schau zuerst Mal in einem entspannten Moment zum Stagemanager, sag ich bin von Band xy und ob er eure Anforderungen bekommen hat und soweit alles klar ist. Wenn da alles geklärt ist, läufst zum FoH und gehst genauso vor, sagst dass du noch neu bist und bittest um etwas Unterstützung, dann weiß der Betreuer auch was auf ihn zukommt.


    File würde ich in diesem Fall nicht mitbringen, schon gar nicht wenn du die Konsole nicht kennst. Da ist's deutlich sinnvoller die Konfiguration des FoH Betreuers zu übernehmen und deine 4 Mikros damit abzuhandeln. Denn in seinem File findet sich der FoH Betreuer sofort zurecht und kann dir weiterhelfen. Sollte es in deinem File irgendeinen Fehler geben, müsst ihr den erstmal zusammen finden.


    30min Changeover ist ohnehin halbwegs üppig, noch dazu wo du nicht viele Signale hast. Kläre ab ob du eigene Gains machst bzw. wer die Gains setzt bei Sharing. Calls würde ich in dem Fall dem Monitorer überlassen. Das im Festivalfile sehr schnell gehen wird, weil Gains eigentlich schon fertig sind und auch schon grob die Monitorfeeds stehen werden. Dann eine Strophe gemeinsam und schon kanns losgehen.


    Mit dem Kopfhörer check ich eigentlich nur Line, sobald es ein Mix werden soll, gehe ich nach Möglichkeit und Bühnenrahmenprogramm auf die PA.


    Jedenfalls viel Spaß, ich erinnere mich immer noch an mein erstes großes Festival mit Band. War schon lässig :S

  • Also ich fand das erste Mal mit 15.000+ recht entspannt, da ich mich im Gegensatz zu vorher nicht um Monitoring oder Positionierung der Amps etc. kümmern musste. Und das Gefühl, dass man plötzlich nur das Frontholz hört (und der Sound 1:1 auf das reagiert, was man am Pult macht) ist, wenn man sonnst immer mit irgendeinem Mix aus Bühne, Monitoring und Frontholz gearbeitet hat, fand ich auch recht positiv.
    Das man dann noch relativ 'Feedbacksorgenfrei' am Kanal-Eq arbeiten konnte kam noch dazu...
    Als nur Mut, demütig sein, und rechtzeitig kommen.

    SIM II Operator and Dante Level I-II-III (alles sogar zweimal :)
    Jugendschwimmabzeichen, Rettungsschwimmabzeichen in Bronze
    Meine kommerziellen Softwareprodukte SATlive und LevelCheck

  • Und das Gefühl, dass man plötzlich nur das Frontholz hört (und der Sound 1:1 auf das reagiert, was man am Pult macht) ist, wenn man sonnst immer mit irgendeinem Mix aus Bühne, Monitoring und Frontholz gearbeitet hat, fand ich auch recht positiv.

    Jup. Es hat schon was, wenn man die E-Gitarre mutet und es tatsächlich einfach quasi still wird. 😉

    Hatte ich leider bisher nur ein paar Mal, ansonsten hab ich auch eher Guerilla-Akustik. Aber meine Erfahrung damit ist auch: Wenn man mit Bühnenbrei einen guten Sound zimmern kann, geht's ohne eigentlich noch besser. Vorausgesetzt das Frontholz kann was.

  • Aber meine Erfahrung damit ist auch: Wenn man mit Bühnenbrei einen guten Sound zimmern kann, geht's ohne eigentlich noch besser.

    das kann ich so unterschreiben.


    das mischen auf größeren anlagen und fehlendem (oder sehr geringem) übersprechen der backline und der monitoranlage ist letztlich viel einfacher, als in einem kleinen club einen guten sound hinzubekommen. deshalb solltest du hier nicht zu viel bammel haben.


    ansonsten wurde ja fast alles gesagt, was erstmal wichtig ist. eines fehlt mir noch: in festivalsituationen stehen alle unter einem gewissen stresslevel. deshalb finde ich es hier immer sehr wichtig, stets möglichst freundlich zu bleiben und keinen unnötigen stress zu machen. und bei der geringen anforderung mit DJ und 4 mikros sollte es auch der örtlichen crew leicht fallen, euch zu unterstützen.


    viel erfolg!

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Ganz vielen Dank für all die lieben Tipps!


    Es ist ne 14x10m Bühne, L-Acoustics K2, 5000 PAX wobei es nicht der Haupt-Act ist.


    Gestern war ich noch super aufgeregt mit tatsächlichen Ängsten ob ich nichts zu großes zugesagt habe.

    Heute bin ich entspannt(er).

    Ich kann jetzt besser einschätzen was auf mich zukommt und wie ich vorgehen werde.


    Pult habe ich rausgefunden und mich durch paar Video vorbereitet. Editor runtergeladen, paar Szenarien durchgespielt wie man ich dies und das. Sehr einfach, kein Problem.

    Gegen eigenes Show File habe ich mich tatsächlich selbst schon entschieden. Ich möchte kein Risiko eingehen dass ich den Main aufziehe und Probleme haben, denn es soll nur einen Line Check geben. Oder sei es nur Talback Mikro geht nicht mehr oder sowas. Das stresst dann zusätzlich.

    Nehme trotzdem mal USB Stick und Laptop mit, um ggf das Fastival File zu ziehen und daran in Ruhe Kanal Settings und FX für mich anzupassen. Werde 3h früher kommen, noch vor Doors. Im idealen Fall kann ich vll sogar schon 10min ans Pult dafür. Hilft für den Workflow am mir unbekannten Pult.


    Der Tipp ist gut trotz line Check kurz ein Signal auf die PA zu ziehen um sicher zu gehen - nach Absprache und OK vom FOH Betreuer.

    Ansonsten denke ich auch dass kurz was anspielen mir taugt um in 20-60sek was brauchbares über Main L/R PFL und Kopfhörern zu mischen bei so einfachen Nummer.

  • Wichtig vielleicht noch: Versuche, nicht die 'Mami der Band' zu sein, die sich um alles kümmert. Die Jungs (m/w/d) vor Ort machen es normalerweise von selbst recht gut.

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  • Ich habe viel FOH-Betreuung gemacht. Wenn da vor "Doors Open" ein freundlicher FOH-Techniker einer späteren Band kam und schon mal in seiner Szene was basteln wollte: gern.
    Ich stelle auch immer meine "Mutterszene" des Festivals gern zur Verfügung im Pult und ich baue auch gern Kollegen bestimmte Routings vor Ort. Erstens macht das Spaß und zweitens haben alle mal angefangen...
    Ich suche aber nicht in fremden Files nach Routingfehlern.

  • Die wichtigste Vorbereitung dürfte das Besorgen einer Dose Haribo sein,
    die mit einem Lächeln beim "Hallo" sagen am FOH übergeben wird :)


    Es sind am Ende die Kleinigkeiten die den Ton angeben und in Erinnerung bleiben.

    Bei mir war es vor vielen Jahren der Lichtmann von Anouk,
    die damals als Headliner auf der dritten Stage eines etwas größeren Zwillingsfestivals gespielt hat.


    Er hat sich in der Umbaupause vom Co-Headliner kurz vorgestellt,

    und anmoderiert dass er das Pult einfach übernehmen wird wie es ist,

    den Rest würde er sich aus dem Ärmel schütteln,

    um uns nach drei Tagen Festival nicht unnötig auf den Sack zu gehen.

    Was soll man sagen, er er kannte weder das Pult, noch das Setup,

    aber hat mich pünktlich zu Konzertbeginn mit einem kühlen Bier in den Feierabend geschickt.

    Fand ich viel beeindruckender als diverse zugerauchte und angetrunkene Idioten,

    die erst die große Welle geschoben, fröhlich über das Pult gelästert

    und dann ihre Cues vermasselt haben...

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    Nächstes Meet&greet: Forentreffen am 27.3.2024 in Heilbronn
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  • Es freut mich zu lesen dass Du schon mal mit der Offline Software spielst und Kontakt zur ausführenden Firma hast.


    Trotzdem hier ein paar Gedanken über Umbau von der Bühnenperspektive bei 5-15k Festivals (in Neuseeland, vielleicht läuft das in De leicht anders?)


    Vor dem Umbau:

    die zuständige Patchperson wird sich über einen Besuch von Dir auf der Bühne freuen, vorzugsweise mind 1.5 Bands bevor Eurem Slot, um die Infos zu verifizieren. Ein kurzes Hallo an die Monitorfrau mit kurzer Absprache ist auch gern gesehen. Tipp: die Bühnencrew ist am Ansprechbarsten während eine Band spielt, nicht während des Umbaus.


    Zum Changeover:


    Denk dran, dass in Deinen 15-60 Minuten auch die vorherige Band von der Bühne muß - in den ersten 5minuten hat da erstmal nichts mit Dir zu tun.


    Also warte einfach bis die Stagecrew sich meldet dass sie bereit sind für Linecheck.


    Ich kenne so grob drei Optionen Festivalvetrieb:


    Option A) die Promoter dachten mal wieder das 15 Minuten Umbaupause total ausreicht und schieben noch einen Pausenact rein. In dem Falle kannst Du nur auf eine fitte Stagecrew hoffen, hab das Ohr auf dem Shout Lautsprecher und folge dem Line-/Monitorcheck, unbedingt durch das Shoutsystem und Talk To Stage sagen, wenn Du was nicht hast oder länger mit brauchst. Da der Pauselclown dran ist geht das nur über Kopfhörer.


    Option B) es ist eine Doppelbühne, d.h. Eine Bühne spielt, die parallel Bühne baut um. Da hat man länger Zeit für Umbau, je nach Tageszeit 30-60 Minuten, eben während die Band nebenan spielt. Gute Kopfhörer sind Gold wert. Die Festival Monitorlerin wird Dich vielleicht noch fragen, ob Du den Soundcheck ansagen möchtest. Egal wie es läuft, unbedingt dem Linecheck folgen (Patchteam wartet idR auf ok von FOH und Mon), und für Soundcheck kommunizieren was Du brauchst. Die Monitorfrau sitzt da schon den zweiten Tag und hat bei den paar Kanälen vermutlich in 2 Minuten einen brauchbaren Mix stehen, das heißt Du kannst die Zeit nutzen. Talk To Stage wird idR vom Monitorpult verwalten, allerdings überlasse ich persönlich dem FOH das ein- und ausschalten und mute nur wenn es vergessen wurde.


    Option C) die Promoter wissen dass 30 Minuten+ Umbau besser für alle Beteiligten sind und es läuft während des Umbaus nur Hintergrundmusik. Vorgehensweise wie B, nur dass Du hier evtl. auch mal kurz über PA aufmachen kannst.


    Egal wie, Kommunikation ist die halbe Miete. Nicht schüchtern sein :)

    Denk dran, alle haben mal irgendwo angefangen.

    Und ein paar Stunden vorher auftauchen und beobachten, wie die das so machen, kann nicht verkehrt sein.

  • ach ja - gut macht sich in der Regel auch (selbst wenn man direkt am Eingang abgefangen wird und in's Catering verfrachtet), wenn Du dort nicht direkt ein Bier aufmachst und mit dem in der Hand dann deine "Hallo Techis-Runde" absolvierst.

  • Noch was zum pult, schau dir vor allem spezifische shortcuts an.

    EQ Reset, compressor, Effect weg, welche können in Frage kommen ggf falls du welche nimmst.

    Mach dir dein Faderlayout so wie du es gewohnt bist --> wie kannst du dir dein custom fader layout erstellen.


    Such nicht ewig rum sondern frage sonst den Pultsitter.

    Die sind in der Regel alle fit.

    groove dich am anfang auch am Kopfhörer ein, wie dein EQ greift und klingt, da ist ja jedes Setup und Hersteller anders.


    Wenn dich was ganz übles stört frage mal den Systemer ob er das rausbekommt oder man so leben muss.
    Den Wind kann er nicht drehen..


    Und macht nicht zu viele Selfies, das wirkt nicht so professionell....

  • gert

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