Funkfrequenzkoordination

  • Der Herr Nink hat mal gesagt ich soll mal was dazu schreiben…


    Aus aktuellem Anlass* greife ich das mal auf und erzähle was über die größte Schwierigkeit beim Erstellen eines Frequenzplans oder direkten Frequenzkoordination:


    Die Erfassung aller notwendigen Informationen. Vor allem der Nutzer von Funkmikrofonen, IEM und artverwandtem im Spektrum, das von Interesse ist.

    Vor allem kleinere Medienteams.


    *ich arbeite an mehreren Koordinationen im Jahr, kleine und größere. Vor ein paar Monaten gab es Problene bei einer Sportveranstaltung, weil nicht alle Funkbenutzer*innen erfasst wurden (oder weil die Tonbude vor Ort einen Defekt hatte und das Problem weiterschub - ich werde es nie wissen).

    Dann arbeitete ich an einem 2 Bühnen - Ein Tag Festival, mit ohne Infos. Alle schreiben im Rider was sie möchten, dann lese ich anderswo, dass es gebracht wird, leider ohne jegliche Frequenzband-infos. Ich hatte am Ende das Showfile des australischen Kollegen zugesendet bekommen und konnte daraus erahnen was der Headliner mitbrachte - und das 50% der Rider gelogen waren.

    Zur Zt mache ich wieder Sport. Mit internationalen Medien. Diesmal ist zumindest die Spektrumbehörde mit am Start, trotzdem wurde ein Moderationsmikrofon gestört - vor dem Spiel mit der höchsten Medienaufmerksamkeit. Wir hatten leider keine Chance den Störsender im Nachhinein zu finden.


    Also, wie macht ihr das? Wie erreicht ihr alle? Akkreditierungssystem?


    Ich stehe immer wieder vor dem Problem, dass Emails an der Person hängen bleibt, die das Problem nicht sieht.


    Wahre Geschichte dazu: ich sitz so abends um 10 auf der Couch und bin kurz davor die Frequenzplanung für ein mittleres Festival raus zu schicken als das Telefon klingelt. Den Kollegen kenn ich als Tonler vom Sport, er meinte ob ich denn die Frequenzen für dieses Festival machen würde, er hätte schon seit Wochen versucht rauszufinden wer das macht, und rufe mich jetzt aus Verzweiflung auf Verdacht an, hätte meine Nummer über zwei Ecken bekommen, sie würden eine Dokumentation filmen und überall rumfunken, ach, und im Yogazelt gäbe es dann noch eine Podiumsdiskussion... Da habe ich kurz geschluckt, ihn gebeten mir bitte seinen Frequenzbedarf und Email zu smsen und hab mich an die Arbeit gemacht.

    Das meine ich mit: wer nicht versteht was das Problem ist wird das nie weiterleiten. ich hatte definitiv meinen Kontakt im Festivalteam gebeten deren Medienteam zu alarmieren und spezifisch nach Dokumentarfilmern gefragt.


    Wie kann es besser gehen? Und dabei arbeite ich schon bei größeren Geschichten relativ häufig direkt für den Veranstalter, seltener für die ausführende Tonbude. Zusätzlich habe ich mir über Jahre ein Netzwerk an Kontakten aufgebaut. Da sind Ü-Wagen Koordinatoren, Einzel ENG Tönler, VA Buden etc mit dabei.


    Vielleicht hat hier jemand ‘ne Idee?


    ———————————


    Und weil’s so schön ist hier noch ein bißchen über generelle Frequenzkoordination (aus meiner Sicht):


    Es ist eigentlich immer dasselbe Prinzip.


    Herausfinden wer was mitbringt bzw was sonst vor Ort passiert. (zB ein Fitness center im Stadium. Eine andere Konferenz im Konferenzzentrum).

    Alles an einem Ort notieren, ich arbeite idR mit Excel für alle Infos.


    Ein oder mehrere Spektrumscans vor Ort helfen dann, die Funkumgebung realistisch einzuschätzen.


    Falls zutreffend: Bedarf für die eigene VA feststellen (Ablauf, Rider etc).


    Dann eine Frequenzplanung. Entweder nach Blöcken oder nach Einzelfrequenzen, oder eine Mischung. Ich weiß, dass das öfter mit Blockvergabe gehandhabt wird, ich arbeite lieber mit Einzelfrequenz Zuteilung. Erfahrungsmangel, bzw zu oft mit hohem Channelcount pro User zu tun, wo Blockvergabe nicht so gut funktioniert.

    Vielleicht ist das hier auch kulturell bedingt? Wie macht Ihr das?


    Wenn ich kann, dann plane ich auch welches Equipment genommen wird. Oft hängt das an den nicht zu ändernden Faktoren: DTV Verteilung, was passiert drum rum, aber auch: Was bringt der Headliner mit, können wir vielleicht ganz woanders hin.

    Dann schaue ich mir an WO die funken (VIP Lounge und Field Of Play können in verschiedenen Zonen sein, genauso zwei etwas von einander entfernte Bühnen) und WANN die funken (Festival Freitag und Festival Sonntag Bands müssen nun wirklich nicht miteinander kompatibel sein). Wenn es eng wird mache ich das auch innerhalb eines Tages, dann gibt es detaillierte Frequenzablaufpläne.

    Dann schaue ich mir an welche Equipmentgruppen ich nicht vermischen möchte (klassisch IEM und Mics in verschiedene Blöcke packen). Bei WWB heißt das „Inclusion Groups“, das schreib ich mir dann je nach Equipment.


    Dann erst das eigentliche Rechnen, was natürlich eine Software erledigt. Ich finde WWB völlig ausreichend für alles was ich mache.

  • hallo Lisa, eine frage:
    hast du eine Exel berechnungstabelle für die frequenzen?

    ich hatte mal sowas von AT, aber diese datei funktioniert leider nicht mehr, vermutlich weil in den neueren excel versionen die makros blockiert werden.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • hallo Lisa, eine frage:
    hast du eine Exel berechnungstabelle für die frequenzen?

    ich hatte mal sowas von AT, aber diese datei funktioniert leider nicht mehr, vermutlich weil in den neueren excel versionen die makros blockiert werden.

    hats da net mal so ein tool auch von sennheiser gegeben sifm oder so?

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    vu.gif

  • ich hatte mal sowas von AT, aber diese datei funktioniert leider nicht mehr, vermutlich weil in den neueren excel versionen die makros blockiert werden.

    manchmal sollte man erst nochmal probieren, die passenden infos zu finden, bevor man einen beitrag schreibt ...

    ich konnte Excel jetzt tatsächlich überreden, die makros auszuführen - nun funktioniert mein berechnungstool wieder ;)


    das Sennheiser-Tool hab ich mir auch mal runtergeladen (das ablehnen der cookies ist auf der site ein bisschen umständlich). da kann man aber nur Sennheiser Systeme auswählen. wenn man frequenzen für festivals oder ähnliches koordinieren muss, sollte das tool aber alle anbieter unterstützen.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Du kannst auch in SIFM frei Systeme definieren mit den jeweiligen Berechnungsparametern. Die muss man dann aber natürlich kennen.

    Als Tool um schnell mal was zu rechnen fand ich das immer ganz praktisch. Da ich selbst eigentlich immer mit EW G3 unterwegs bin, rechne und manage ich mit WSM. Für gemischte Systeme soll WWB ja echt gut sein, da fehlt mir aber gerade der Überblick.

  • Also, wie macht ihr das? Wie erreicht ihr alle? Akkreditierungssystem?

    Ich stand mal vor der Aufgabe, einen Papstbesuch zu betreuen, bei dem der Vatikan den Wunsch äußerte, den Chef Drahtlos abzunehmen. Der Chef war neu, seine erste VA und der Mikrofonträger wusste daher nicht, wie das so laufen würde und vor allem wohin.


    Ging um diese Nummer hier:


    WJT-Marienfeld1.jpg


    Das weiße ungefähr in der Mitte war die "Bühne".


    Markus Müller hier aus Berlin hat denn mit mir die "Luft vermessen" und da es völlig unklar war, welche Presse woher kommen würde und sogar die Bundeswehr mit Lazarett und AWACS Aufklärern "mitgeholfen haben", haben wir uns in Rücksprache mit der Regulierungsbehörde in den Lücken vom DVBT "versteckt" . Dort waren wir sicher, denn keiner ist so doof und versucht in dem Bereich etwas zu machen. Mut zur Lücke war das Thema...

  • hallo Lisa, eine frage:
    hast du eine Exel berechnungstabelle für die frequenzen?

    ich hatte mal sowas von AT, aber diese datei funktioniert leider nicht mehr, vermutlich weil in den neueren excel versionen die makros blockiert werden.

    Nein. Ich meine, ja, ich weiß welche Tabelle Du meinst, und vielleicht liegt sie irgendwo in den Tiefen meines Archivs, aber ich nutze sie nicht.

    Kenne auch SIFM, WSM und IAS. Als Berechnungsprogramm nutze ich Shure Wireless Workbench (WWB).


    Bei der Anzahl Kanäle und verschiedenen Systemen, mit denen ich regelmäßig zu tun habe tun‘s die anderen Optionen nicht, außer IAS natürlich, aber ich habe keine Lizenz für das Programm.

  • Bisher im Fall der Fälle auch die AT Tabelle, WWB und in Zukunft dann die neue AT Software.

    Naja, Alex hat mir schon vor 12 Jahren erklärt, dass er seine Tabelle nicht mehr weiter pflegen wird, weil eine völlig neue Software von AT kommen soll...

  • Die aktuelle software ist doch 2.0.0


    Gibt's seit etwa Juni? Ist das "die Neue", oder redet ihr von noch was anderem?

    Die Mühlen der Audiotechnik mahlen langsam ;)

    Ich sprach von dem ca. 20 Jahre alten Excell sheet, der shure software und dem Pendant von AT, dem Wireless Manager:

    Wireless Manager
    Mit dem Wireless Manager, einem leistungsstarken und benutzerfreundlichen Tool, können Anwender eine Geräteliste erstellen, Frequenzen koordinieren und…
    www.audio-technica.com

    Privater Account mit meiner persönlichen Meinung.

    Sollte es ein Problem mit meiner Neutralität zu einem Thema geben mache ich das im Beitrag kenntlich. :thumbup:

    http://www.noon.ruhr


    Application Support Engineer - HK Audio

  • den AT wireless manager benutzen wir nun seit über einem jahr zur fernüberwachung unserer funkstrecken.


    ehrlich gesagt hatte ich aber noch gar nicht entdeckt, dass man da zur berechnung der frequenzen auch funkstrecken von Shure, Sennheiser, Lectrosonics und AKG einfügen kann.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Naja, Alex hat mir schon vor 12 Jahren erklärt, dass er seine Tabelle nicht mehr weiter pflegen wird, weil eine völlig neue Software von AT kommen soll...

    andererseits berechnet das alte Excel sheet einfach die intermodulationen von frei einzugebenden frequenzen. an dieser mathematik wird sich so schnell nichts ändern. :)
    das file ist also nach wie vor zu gebrauchen und völlig unabhängig von den herstellern der sendestrecken.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Korrekt, die Berechnung von intermodulations Produkten ist eine mathematische Formel die sich nicht je nach Hersteller ändert.


    Es ist allerdings so, dass es ab einer gewissen Kanaldichte keine freien Frequenzen mehr gibt, wenn man für alle mit allem intermod produkte berechnet.

    Wenn dann noch jemand kommt ist man aufgeschmissen - oder nutzt eine flexiblere Software.


    Denn was sich ändert ist zB Bandbreite, Empfangssicherheit / Zuverlässigkeit des Empfängers, wie nah eine Frequenz eines bestimmten Herstellers an einer intermod dran sein kann, wo wer wann funkt, und damit ob ich überhaupt IMDs berechnen muss etc., und nicht zu vergessen der Unterschied zw. analogen und digitalen aufmodulierten Signalen und der Effekt auf die Performance der Strecken.

  • Ich hatte mal ein sehr nettes Gespräch mit einem Mitarbeiter bei der RegTP (heute BNetzA). Der war seit den 80ern auf einem Peilwagen und später in der Koordinierung bei Großveranstaltungen, ich hab ihn beim Anmelden von Funkstrecken im Büro getroffen. Die Anmeldung ging schnell, wir haben danach noch eine ganze Weile gesessen und Anekdoten ausgetauscht.
    Er meinte, die einzige Chance, wirklich alle zu erwischen, die potentiell senden könnten, ist harte Security. Es hätte bei ihm genau ein Mal geklappt, beim G8-Gipfel in Heiligendamm. Da hat er sich die Journalisten immer beim Sicherheitscheck gekrallt, den sie sowieso über sich ergehen lassen mussten. Und es gab an sich nur zwei Wege zum Tagungsort, den Molli (sehr zu empfehlen, da mal mitzufahren) und den Seeweg.

    Ansonsten ist es mühsam. Akkreditierung funktioniert halbwegs, je nach Klientel. Was auch hilfreich ist: Störsendersuche mit mobilem Scanner und Richtantenne. Mit Strafen, die vorher vertraglich festgelegt werden. Mit entsprechender Kleidung setzt man als Abteilung Koordination auch direkt ein Zeichen. Das kann sich auf bestimmten Veranstaltungen über die Jahre etablieren, daß am Ende alle wissen: "Keine gute Idee, unangemeldet zu funken". In Deutschland ist es auch eine Frage, ob man nach einem solchen Vorfall überhaupt noch Funkstrecken betreiben darf. Also streng genommen nicht, weil die Pflicht zur Koordinierung mißachtet wurde.

  • Denn was sich ändert ist zB Bandbreite, Empfangssicherheit / Zuverlässigkeit des Empfängers, wie nah eine Frequenz eines bestimmten Herstellers an einer intermod dran sein kann, wo wer wann funkt, und damit ob ich überhaupt IMDs berechnen muss etc., und nicht zu vergessen der Unterschied zw. analogen und digitalen aufmodulierten Signalen und der Effekt auf die Performance der Strecken.

    hallo Lisa, im Excel sheet kann man die minimalen sender-abstände, die zur intermodulationsberechnung herangezogen werden, einstellen. man kann hier also auch auf bessere kanaltrennungen durch höherwertige ZF filter eingehen.

    was natürlich nicht geht, ist ein mischmasch aus breiten und engen abständen. insofern ist das für gemischte anlagen nicht ganz optimal, ist klar.


    eine frage hätte ich aber noch:

    wie verhält es sich denn mit dem gemischten betrieb von analogen und digitalen sendestrecken? wie sind deine erfahrungen dazu? ich hatte nämlich bisher noch keine digitalen funstrecken im einsatz, da fehlt mir die erfahrung.




    daß am Ende alle wissen: "Keine gute Idee, unangemeldet zu funken". In Deutschland ist es auch eine Frage, ob man nach einem solchen Vorfall überhaupt noch Funkstrecken betreiben darf. Also streng genommen nicht, weil die Pflicht zur Koordinierung mißachtet wurde.

    es wäre natürlich schön, wenn man die "sünder" wirklich bekommen würde. wir hatten mal auf der Cebit ein problem und haben das damalige BAPT (vorgänger der RegTP :) ) angefordert. die sagten uns damals: "ach, bis wir den gefunden haben... sie haben ihre frequenzen ja angemeldet (das war damals nötig) - wir erlauben ihnen hiermit, auf andere frequenzen auszuweichen".

    damit hat mal also die koordinierung auf das "opfer" abgewälzt - und hatte selber weniger arbeit. das dürfte eher die realität sein als einen "täter" zu identifizieren und den verstoß zu ahnden.


    meine rerfahrung ist jedenfalls die:

    die bands kommen und bauen ihr zeug auf - und niemand von der band fragt, ob heute noch andere funkstrecken am start sind, die sie evtl. stören könnten...

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • eine frage hätte ich aber noch:

    wie verhält es sich denn mit dem gemischten betrieb von analogen und digitalen sendestrecken?

    ...also DAS würde mich auch relativ brennend interessieren (generell)

    ...also der Unterschied zwischen analoger und digitaler Funkstrecke im gleichem Band / Frequenzspektrum.

    Kann da jemand aus der Praxis etwas dazu beisteuern ?


    merci im Voraus :)

    "geht nicht" ? - gibt's nicht !

    ...ja, das war schon immer mein Avatar :evil:

    "Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens" (Friedrich Schiller, " Jungfrau von Orleans")