Erfahrung mit linienförmigen Mikrofonarrays

  • Hallo zusammen,


    habt ihr schon Erfahrungen mit linienförmigen Mikrofonarrays gesammelt oder wendet ihr diese Methode sogar an? Ein bekanntes Beispiel ist das KEM-975. Es gibt auch Aufbauten mit mehreren einzelnen Mikros. Leider konnte ich keine Abhandlung finden, in der erklärt wird, wie groß die Abstände der Mikros sind und in welcher Art dort auch Verzögerungen verwendet werden.

    Ich möchte gerne das Verfahren für Chor- und Theaterabnahme testen.


    Gruß Gunter

  • Ich hab mich mal damit beschäftigt und im Studio Trockenübungen mit Einzelmikros und DIY-Konstrukten gemacht. Funktioniert schon ganz gut. Ich hab auch irgend wo mal einen Testbericht gelesen. Die scheinen für Chöre auch gut geeignet zu sein.

    Im Prinzip brauchst du immer zwei Kapseln im Abstand einer halben Wellenlänge. Ich hab damals den Abstand der Paare immer verdoppelt und mit 6dB-Flanken gefiltert. Soweit ich weiß ist in den KEM auch kein DSP drin.

  • Auch für die Abnahme von ganzen Orchestern muss es sich gut eignen. Mir ist das eben noch unklar wie die Filterung durchgeführt wird. In einer Abhandlung wurde auch was von zeitlichen Verzögerungen geschrieben. Was ganz genaues habe ich aber noch nicht gefunden. Hier etwas von Interesse:

    https://pub.dega-akustik.de/DAGA_2015/data/articles/000224.pdf

    Auch auf der Seite vom KEM ist ein interessantes Video:

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  • Das neue hat ja auch diese zusätzliche Kapsel hinten dran. Was die da noch alles machen weiß ich nicht. Aber beim ersten KEM war glaub nix mit Verzögerung.

    Das Prinzip ist eigentlich ganz einfach. Durch die Nierenkapseln hast du in der Horizontalen erstmal die ganz normale Nierencharakteristik. Baust du jetzt zwei Kapseln, die in Phase parallel geschaltet sind, mit dem Abstand einer halben Wellenlänge übereinander, dann bekommst von vorne vollen Pegel und von oben und Unten perfekte Auslöschung. Die Kunst ist jetzt, das ganze über den kompletten Frequenzbereich abzubilden. Man braucht also für jeden Frequenzblock ein Kapselpaar mit passendem Abstand und eine Filterung, die den Phasenverlauf nicht komplett verhunzt.

  • floger Was hast du damals für Abstände von den Mikros genommen? Bei dem KEM 975 sollen 8 Kapseln verbaut sein. Nach dem Bild und der Bemaßung würden die Kapseln Abstände von 25,1 - 74,6 - 140,2 und 279,8mm, von innen nach außen, haben. Ich will das Mikro nicht nachbauen, aber ich möchte einfach verstehen mit welchen Werten ein solcher Aufbau sinnvoll gestaltet werden kann.


    Die Preise für die KEM-975 sind schon heftig.

  • Was hast du damals für Abstände von den Mikros genommen?

    Ich hab mich grob an das Original gehalten. Auch nach Bildern und Zeichnung geschätzt. Das war damals nur ein Versuch mit Panasonic Kapseln, die ich mir Heißkleber an einen Draht geklebt hatte. Hat grauscht wie Sau. Hab ich dann nicht weiter verfolgt weil der Aufwand für was Bühnentaugliches zu groß geworden wäre. Jetzt wo ich einen 3D Drucker hab könnte ich das aber wieder mal in Angriff nehmen. Wäre dann das fünfte Projekt, das nicht fertig wird...

  • test Genau so ist es. Bin daher auf der Suche nach Erfahrungen und auch Literatur dazu.


    guessi Schön zu hören, dass du damit Erfolge hast. Für die paar Anwendungen ist mir halt das Original etwas zu Kostenaufwendig. Da ich aber gesehen habe, die "Profis" bauen das auf einer Schiene auf und haben Erfolg damit, dann kann ich das auch mal testen.

  • im grunde nach ja nichts anderes als ein line array für mics :)

    aha, endlich hat´s mal jemand gemerkt ;) ;)


    ich hatte mal mit einem quer liegenden mikrofonarray von beyerdynamic an einem rednerpult zu tun. das hat in der halle (die wirklich hallig war!) leider nicht wirklich gut funktioniert. ich konnte das problem dann mit einem einfachen schwanenhalsmikro lösen.

    was ich damit sagen möchte: wunder kann auch diese technik nicht vollbringen :)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • und man muß sich ja auch ernsthaft die frage stellen: gibt es dafür einen wirklichen markt? nein, da es die mics sonst in größeren mengen im markt gäbe. es gibt also keinen wirklich ernsthaften einsatz dafür.

    die alternativen wie schwanenhals mic sind halt deutlich günstiger. selbst bei den pressekonferenzen unseres bundeskanzlers wird eher ein me36 statt so was eingesetzt.

  • ... gibt es dafür einen wirklichen markt? nein, da es die mics sonst in größeren mengen im markt gäbe. es gibt also keinen wirklich ernsthaften einsatz dafür. ...

    Du musst hier sehr deutlich zwischen "Markt" und "Anwendungen" unterscheiden. Der Grund warum man die Mikros selten sieht liegen eindeutig am Preis und der Verfügbarkeit. Das ist der Markt. Wenn Du mal mit den Mikros gearbeitet hast verstehst Du augenblicklich das es sehr viele Situationen gäbe wo Du sie ebenfalls gerne nutzen würdest. Das scheitert dann aber meist am Budget.


    Ich hatte den Fall das der Kunde explizit diese Mikros am Rednerpult haben wollte. Das war dann aber auch eine Veranstaltung die Abends in der Tagesschau kam. Zum Arbeiten eine Offenbarung. Sprecherabstand? Zwischen 10 und 70 cm, egal. Du hast keinen Sweetspot ums Rednerpult, sondern eine "Sweetarea" mit locker einem Quadratmeter.

    Allerdings nur in der Horizontalen! Deshalb ist ein elektrisch höhenverstellbares Rednerpult im Zusammenhang mit den KEM970 unerlässlich. Wenn jemand 20cm übers Mikro drüber sprich ist direkt vorbei. Man versteht nicht weniger, sondern nichts mehr.

  • wora

    Das querliegende Beyer-Array (MPR210) war und ist für die Anwendung am Rednerpult eher nicht geeignet, da die Keule schmal ist und nach oben zeigt (Konferenzanwendung). Für das Rednerpult eignet sich das RM30 (vertikal Array) viel besser. Die Konstruktion ähnelt dem KEM-975, hat aber nur 5 Kapseln und ist kürzer. Das führt dazu das tiefe Frequenzen nicht gerichtet erfasst werden. Allerdings sieht es am Pult deutlich dezenter aus als das KEM und war deutlich preisgünstiger. Wegen des "schlanken", sprecheroptimierten Frequenzgangs ist das Beyer Array allerdings nicht für Choranwendungen geeignet. Ich benutze es gerne und oft am Pult vor allem bei ungeübten Sprechern und Referenten die ständig den Kopf drehen. Man brauch aber EQ.

  • @sleepingbear


    dieses quer liegende MPR210 wurde vom kunde angeschafft - für den einsatz am rednerpult. sie wollten das eigentlich unbedingt haben - jedoch mussten sie einsehen, dass in diesem saal ein einfaches schwanenhalsmikro eindeutig bessere ergebnisse lieferte.

    wer ihnen das so verkauft hatte weiß ich nicht - ich war es jedenfalls nicht ;)


    das RM30 könnte dagegen durchaus interessant sein, stimmt.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Dass dieses beyerdynamic array schlechter funktioniert als ein typisches Schwanenhals-Rednermikro, hat den gleichen Grund, aus dem sich auch Grenzflächen für Redner nicht durchgesetzt haben. Die Verbesserung von Richtwirkung macht wie der Wegfall von Kammfiltereffekten schlicht die Vergrößerung des Abstands zur Quelle nicht wett, selbst bei der üblichen sehr bescheidenen Mikrofonanwenderdisziplin.

  • ich akzeptiere deinen einwand, möchte ihn aber auch relativieren.

    wenn die richtcharakteristik sinnvoll ausgenutzt wird, die dinger also hochkant betrieben werden, kann sich durchaus ein nutzbares ergebnis einstellen. siehe KEM.

    wie weit die unterschiede zwischen MG und der beyer-konstruktion in der realität allerdings wirklich ausfallen, kann ich nicht sagen.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Wie ich bereits geschrieben habe, ist das RM30 für mich ein Problemlöser bei undisziplinierten Sprechern. Leider sind die eher die Regel als die Ausnahme. Das RM30 ist tatsächlich relativ unempfindlich was Bewegungen und in Grenzen auch Abstand betrifft, solange sich der Sprecher innerhalb der Keule befindet. Selbst seitliches Kopfdrehen treibt einem, im Gegensatz zu Pultmikrofonen, keinen Schweiß auf die Stirn. Klanglich kann das Mikrofon mit einem guten Schwanenhalsmikrofon nicht mithalten, da es im Grundtonbereich wenig empfindlich ist. Stimmen klingen recht schlank und je nach Beschallungssituation kann man das auch nicht immer kompensieren. Das KEM hat aufgrund der beiden äußern Kapsel deutlich mehr Pegel in dem Bereich und klingt viel „runder“ ist aber auch mehr als 10 mal so teuer. Das RM30 ist halt ein Kompromiss. Beyer hat es wohl aus dem Programm genommen.