Traversen Wahnsinn und LED Wände ...

  • Ich finde es zumindest sehr interessant, wie offensiv der Kunde und die Messe in diesem Video mit dem Vorfall umgehen, und damit das Moment auf ihre Seite ziehen - egal was tatsächlich ursächlich für den Unfall war.


    Losgelöst von dem aktuellen Beispiel hat es mich während meiner aktiven Zeit auf größeren Baustellen auch oft verwundert, wie egal es offenbar den eigentlichen Auftraggebern ist, was auf "ihren" Baustellen passiert. Gerade im Bereich Automotive ist die Medienwirksamkeit ja durchaus erheblich, da fragt keiner wer das Zeug unter welchen Rahmenbedingungen ins Dach geknibbelt hat.

    Zugeguckt (oder eine externe FASi gestellt) hat da meist niemand, erst wenn der Hochglanzboden liegt kommt irgendwann mal der Kunde angetippelt und nölt an allem rum...


    Kleines Beispiel aus einem ganz anderen Bereich - was fällt Euch beim Stichwort "Christina Aguilera" zuerst ein - ihr größter Hit, oder das kollabierte Rig?

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    Nächstes Meet&greet: Forentreffen am 27.3.2024 in Heilbronn
    Nächste Messe: PLASA Leeds am 14. und 15. Mai, Stand R-C10

  • Aber wohl auch nur, weil das Ding binnen Minuten nach dem Einsturz weite Kreise gezogen hat.

    vermutlich auch, weil es duchaus wahnsinnig unpraktisch ist, wenn man am Sonntag die für Montag angesetzte Messe einfach mal absagen müsste.

    Blieb ja nur die Möglichkeit, den Messebesuchern zu erklären, warum der Stand wohl deutlich anders umgesetzt werden musste...

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Kleines Beispiel aus einem ganz anderen Bereich - was fällt Euch beim Stichwort "Christina Aguilera" zuerst ein - ihr größter Hit, oder das kollabierte Rig?

    Das kommt ganz darauf an. Während das als schwarzer Tag für Rigging, Licht und Video im Gedächtnis dieser Gewerke verblieben ist, war es ein ganz normaler Tag für Ton. iron
    https://jimonlight.com/wp-cont…/2008/11/timberlake51.jpg


    Bei Personen mit unseren Berufsalltag mögen Sachschäden eher in Erinnerung bleiben, als im kollektiven Bewusstsein. Wirklich dauerhaft verankert sind dort nur Vorfälle mit Personenschäden.

    Wie dem auch sei, wir schweifen vom eigentlichen Thema ab.



    Hier ist ein Link zum gleichen Video mit (nach meinen Augen) höherer Bitrate (und ohne Facebook!).

    Statement


    Die Aussage im Video, dass die LED-Wand abgestürzt ist, würde ich nicht ganz unterschreiben. Das gesamte Rig ist eingestürzt, auch wenn das Epizentrum die LED-Wand ist.

    Ohne jetzt zu sehr in die Spekulationen abzudriften, kann man aus den Bildern zumindest schließen, dass es einen Kaskadeneffekt gab und vermutlich eine der Traversen zuerst nachgegeben hat.

    Welche, warum und wieso findet man bestimmt heraus.


    Das Video zeigt Bilder vom Rig überwiegend im Hintergrund, aber mit der neusten AI Upscaling Technologie kann man einige Details herausarbeiten. :D


    Einmal editiert, zuletzt von HenrySalayne () aus folgendem Grund: Wichtigstes Bild vergessen.

  • Vielleicht hat da jemand Leinwand und LED-Wand verwechselt. Ist im Gewicht doch ein deutlicher Unterschied.

    So wie das auf den Bildern aussieht ist da deutlich mehr runter gekommen als nur der untere Rahmen an dem die LED-Wand hing.

  • ich stelle mal die steile These auf: es gibt keine Baustelle, die mängelfrei ist. wenn hier mal alle Hand aufs herz machen, dann wird das niemand ernsthaft bestreiten können.

    wenn das eines tut, dann werde ich gerne persönlich seine nächsten 3 Baustellen innerhalb Deutschlands besuchen und ihm dann das Gegenteil zeigen.

    Und wo schaust Du zuerst hin? Gefährdungsanalyse nach LärmVibrationsArbSchV und deren Dokumentation? Oder doch eher Errichtung einer elektrotechnischen Anlage aus steckerfertigen Komponenten und die Dokumentation der Prüfung vor Inbetriebnahme? Oder Arbeitszeitgesetz? Oder etwas Originelleres?



    Im hier vorliegenden Fall: Das sieht mir nach einem statisch unbestimmten System aus. De facto kann man das nicht rechnen, nur messen. (Man kann schon rechnen, aber die Ergebnisse können weit von der Realität abweichen, weil man die Rahmenbedingungen nicht einhalten kann).


    Wurde da gemessen? Ich kann nur spekulieren, bin mir aber ziemlich sicher, dass ich mit meinem Spekulationsergebnis ziemlich richtig liege...


    Statisch unbestimmte Systeme sieht man in der Praxis laufend. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle geht es gut. Dass es irgendwann zu Todesfällen kommt, ist statistisch unausweichlich, denn dass die Branche ohne Not ihr Verhalten ändert und damit erhebliche Mehrkosten akzeptiert, sehe ich nicht.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Whow, wir haben mittlerweile die Ursache ermittelt und wissen auch schon was das größte Problem beim Aufbau gewesen sein wird und das Ganze ohne dass ein einziger vor Ort sein musste.


    Ich bin fasziniert was hier aus einem Kurzvideo mit ein paar Schwenks herausgelesen wird 8|


    iron

  • Whow, wir haben mittlerweile die Ursache ermittelt und wissen auch schon was das größte Problem beim Aufbau gewesen sein wird und das Ganze ohne dass ein einziger vor Ort sein musste.


    Ich bin fasziniert was hier aus einem Kurzvideo mit ein paar Schwenks herausgelesen wird 8|


    iron

    Unterschätze nicht die Erfahrung und das Fachwissen einiger hier schreibender, besonders die des Admins. ;)

    MfG Heini


    (Lasst euch von dem DJ nicht verwirren. ;))

  • Aber jetzt mal ernsthaft. Zwischen vorschriftsmäßig, "ich hab ein ungutes Gefühl" und "es kommt wirklich runter" liegen doch jeweils Faktoren. Wenn also so etwas passiert ist entweder etwas mangels Wartung abgefault oder jemand hat sich völlig verrechnet. Oder sehe ich das falsch? Oder ist das tatsächlich so komplex, dass keiner wirklich versteht was er da macht. Das kann ja auch nicht sein.

  • Aber jetzt mal ernsthaft. Zwischen vorschriftsmäßig, "ich hab ein ungutes Gefühl" und "es kommt wirklich runter" liegen doch jeweils Faktoren. Wenn also so etwas passiert ist entweder etwas mangels Wartung abgefault oder jemand hat sich völlig verrechnet. Oder sehe ich das falsch? Oder ist das tatsächlich so komplex, dass keiner wirklich versteht was er da macht. Das kann ja auch nicht sein.

    Traversen sind nach Eurocode (aus dem Bau) gerechnet. Die Sicherheitsbeiwerte sind nicht üppig.


    Für die Gurtrohre wird hier bspw. die zulässige Normalkraft mit einem Teilsicherheitsbeiwert YM1 = 1,10 gerechnet (also +10%). Für das Eigengewicht (ständige Einwirkungen) wird mit einem Teilsicherheitsbeiwert von 1,35 (+35%) und für die Einwirkungen aus den Lasten mit einem Beiwert von 1,5 (+50%) gerechnet.

    Die Screenshots sind aus dieser Statik von Global Truss:

    https://globaltruss.de/out/media/download/globaltruss/StatischeBerechnung_F54.pdf



    Beim Betrachten der Bilder fällt auf, dass die meisten Traversen an den Verbindungsstelle versagt haben. Es kann also durchaus sein, dass eine Verbindungsstelle beschädigt war, es kann aber auch sein, dass die Verbindungsstelle bei diesem Traversentyp (und der Belastungsform) bei Überlastung zuerst versagt (davon ist im Pre-Rig ausgehen, da alle Traversen an der gleichen Stelle gebrochen sind).

    Bei solchen komplexen Strukturen mit Durchlaufträgern und Motoren, die nicht synchron fahren, kann man an den Punkt kommen, an dem die Sicherheiten ausgeschöpft sind und Material nachgibt.


    Man kann auf dem ersten Bild im Video ganz gut erkennen, dass die LED-Wand mit 6 Motoren an 6 Punkten an der 120er bzw- 140er Traverse angeschlagen war (im Bild markiert), an welche Stelle die LED-Wand in den Boden eingeschlagen ist und was die 120er/140er Traverse gerade macht.


    Einerseits wurden aber schon Sicherungsmaßnahmen durchgeführt, um ein weiteres zusammenbrechen zu verhindern, andererseits kann man im restlichen Video nicht wirklich sehen, wie das Tragwerk weiter geschichtet ist.paforum.de/index.php?attachment/6475/

  • es gilt der satz: wer was macht, macht auch mal mist und wer nichts macht, macht auch keinen mist :)


    Und wo schaust Du zuerst hin? Gefährdungsanalyse nach LärmVibrationsArbSchV und deren Dokumentation? Oder doch eher Errichtung einer elektrotechnischen Anlage aus steckerfertigen Komponenten und die Dokumentation der Prüfung vor Inbetriebnahme? Oder Arbeitszeitgesetz? Oder etwas Originelleres?

    verschieden. im kern geht es mir um diese aussagen, das einem selber ja sowas nicht passieren würde, da man immer alles beachten würde. also dieses sinnfreie gebasche.


    mein erster anlauf punkt wäre übrigens die bewegten gewichte pro person :)


    henrys aussage zeugt von einer gewissen sachkenntnis, hut ab dafür

  • Was in Seefahrt und Luftfahrt üblich ist und sich bisweilen wie ein guter Krimi liest aber eben auch mit Input für die eigene Arbeit nutzen lässt, fehlt in der Branche halt.

    ...

    Das ist für mich ein entscheidender Punkt.

    Wenn wir uns die Luftfahrt anschauen, gibt es da klare Kriterien, ab welcher Schwelle ein Unfall untersucht wird und klare Richtlinien, wer untersucht und wie. In Deutschland wäre das die BfU, in den USA das NTSB (Aviation).

    Das Hauptziel dieser Untersuchungen ist es, aus dem jeweiligen Unfall zu lernen und ähnliche Unfälle in Zukunft zu vermeiden. In der Vergangenheit brachten diese Untersuchungen teilweise überraschende Empfehlungen, die heute völlig normal sind, vor dem Unfall aber unbekannt. Das sterile Cockpit ist ein Beispiel, eigentlich ein No-Brainer, daß man sich in der Start- und Landephase auf den Job konzentrieren soll, jetzt eben eine offizielle Richtlinie.

    Zurück zu unserer Branche. Ich habe tatsächlich ein Problem damit, daß bei uns Untersuchungen tendenziell ein "Blame Game" sind, wo es hauptsächlich um Haftungsfragen geht. Das hilft uns überhaupt nicht weiter, was die Vermeidung von Unfällen betrifft. Wir brachen solche Strukturen wie in der Luftfahrt dringend.

  • Zurück zu unserer Branche. Ich habe tatsächlich ein Problem damit, daß bei uns Untersuchungen tendenziell ein "Blame Game" sind, wo es hauptsächlich um Haftungsfragen geht. Das hilft uns überhaupt nicht weiter, was die Vermeidung von Unfällen betrifft. Wir brachen solche Strukturen wie in der Luftfahrt dringend.

    Streiche "unsere Branche". Ist es auf dem Bau oder im Maschinenbau anders? Solange durch einen glücklichen Zufall keiner verletzt wurde, juckt es doch niemanden. Da ist höchsten noch ein Gutachter im Einsatz um die Kostenfrage zu klären und bestenfalls gibt es eine innerbetriebliche Anpassung des Arbeitsschutzes.

    Es bräuchte einheitliche Standards, ab wann ein Unfall zu untersuchen ist und es bräuchte eine zuständige Stelle (BAuA, DGUV?), die diese Untersuchungen leitet. Und man müsste sicherstellen, dass ein Melden keine negativen Konsequenzen gegenüber dem Verheimlichen hat (was bei der DGUV schon wieder ein Interessenkonflikt wäre).

    2021 starben etwa 500 Menschen bei Arbeitsunfällen aber 2500 bei Verkehrsunfällen. Ob durch detaillierte Untersuchungen das Sicherheitsniveau dabei soweit werden kann, dass die Kosten aus den Unfallfolgen geringer sind als die Kosten der Untersuchung, ist schwer einzuschätzen. Priorität hat es es aber bei den Zahlen vermutlich nicht.

  • eben, man muß sich mal hart geschrieben, einfach mal die kosten nutzen Rechnung aufmachen.

    es gibt kein leben das nicht mit dem Tode bedroht ist. unsere Branche an sich ist auch nicht dafür bekannt, das da ständig irgendwas passiert. ich habe in den letzten 33 jahren einen meldepflichtigen Unfall gehabt. da hat sich jemand eine sehne vom Daumen durchtrennt.

    mehr war da bis dato nicht und wird auch hoffentlich so bleiben.