Erdung der Gebäudeinstallation

  • Hallo zusammen,

    Ich mache mir schon seit längerem Gedanken darüber, welche Bedeutung heute die Erdung eines Tonstudio oder einer Festinstallation hat.


    Das an der Hauselektroinstallation der Laie nichts zusuchen hat ist mir klar.

    Bin selber VEFK in der Gebäudeinstallation (Meister).


    Aber was haltet ihr von und vorallem hat jemand schon praktische Erfahrungen gemacht, mit

    -Pe-Leiter getrennt von Phase&Neutralleiter zu verlegen(um Brummschleifen zu vermeiden)

    -zusätzlichen Erder zu installieren mit minimalen Erdwiderstand,Begründung=Audiomasse/Brummschleifen

    -etc...


    Mich würde mal eure Meinung und Erfahrungen dazu interessieren.

    Gruß MS

  • guma

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • -Pe-Leiter getrennt von Phase&Neutralleiter zu verlegen(um Brummschleifen zu vermeiden)

    Wie der Name schon andeutet entstehen Brummschleifen durch... Schleifen, also durch die aufgespannte Fläche. Das wäre also eher kontraproduktiv. Wenn überhaupt. Denn L und N sind ja gar nicht mit den Signalleitungen verbunden. Was Probleme macht ist eine TN-C Installation, da dann durch Betriebsströme Verschiebungen auf der Gerätemasse entstehen können.

  • TN-C kannst du grob übersetzen mit "Klassische Nullung". Erde (PE) und Neutralleiter sind dabei bis zum Verbraucher kombiniert in einem einzigen PEN-Leiter.


    In Deutschland haben wir meistens TN-C-S, wo der PEN in der Geböudeheuptverteilung aufgeteilt wird und der PE neu geerdet wird.

    In Altbauten trifft man aber auch häufig noch auf TN-C.


    Hier ist ein recht guter Artikel dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/TN-System

  • Wie der Name schon andeutet entstehen Brummschleifen durch... Schleifen, also durch die aufgespannte Fläche. Das wäre also eher kontraproduktiv. Wenn überhaupt. Denn L und N sind ja gar nicht mit den Signalleitungen verbunden. Was Probleme macht ist eine TN-C Installation, da dann durch Betriebsströme Verschiebungen auf der Gerätemasse entstehen können.

    Nicht ganz.

    Jeder Stromdurchflossene Leiter baut um sich herum ein Magnetfeld auf, da in einer Leitung Hin und Rückleiter nebeneinander liegen löschen die Magnetfelder sich aus. Deswegen kann man mit einer Stromzange an einer Leitung auch keinen Strommessen, man muss den einzelnen Leiter umfassen und dann kann man den Strom messen.

    Jedoch klappt das nicht immer ganz und dadurch kann man einen kleinen Strom auf dem Schutzleiter haben(der ja im gleichen Kabel liegt und darauf übertragen wird)

    Deswegen die räumlich getrennte Erd verlegung.

    Hier sehr gut beschrieben:

    https://studiobau.wordpress.co…ge%20Erdung%20realisieren.

  • In Deutschland haben wir meistens TN-C-S, wo der PEN in der Geböudeheuptverteilung aufgeteilt wird und der PE neu geerdet wird.

    Oder wie hier, wo der PEN leider bis zur Unterverteilung geht. Zusammen mit der Erdung von Netzwerk und Antenne baut man sich dann schöne Masseverschiebungen.


    TN-C terre neutral combiné, PE-N combiniert

    TN-S terre neutral separé, PE-N getrennt

  • Deswegen die räumlich getrennte Erd verlegung.

    Hier sehr gut beschrieben:

    https://studiobau.w

    Echt jetzt? Das ist jetzt aber nicht ganz Normkonform. Außerdem holt man sich so wieder Störungen über Filter in den Geräten auf den PE, der diese dann, da er jetzt eine Schleife aufspannt, wieder im ganzen Haus verteilt.


    EDIT: Und es werden über die große Schleife Störungen in die Geräte induziert, da der PE und N ja sowohl im Verteiler, als auch im Gerätefilter (für hohe Frequenzen) niederohmig verbunden sind. Man reduziert vielleicht das Brummrisiko, dafür holt man sich allen möglichen anderen Müll.


    Abfgeshen davon: die von dir erwähnte induzierte Spannung ist minimal. Ich würde einfach zum Studio z.B. das Netzwerk galvanisch trennen. Dann gibt es keine Schleife. Und der geringe mögliche Potentialunterschied zum Studioboden sollte keine Probleme machen.

    Banana Tracker - 32-Spur-USB-Recorder mit mp3-Player und Audiostream

    2 Mal editiert, zuletzt von floger ()

  • Jeder Stromdurchflossene Leiter baut um sich herum ein Magnetfeld auf, da in einer Leitung Hin und Rückleiter nebeneinander liegen löschen die Magnetfelder sich aus. Deswegen kann man mit einer Stromzange an einer Leitung auch keinen Strommessen, man muss den einzelnen Leiter umfassen und dann kann man den Strom messen.

    Jedoch klappt das nicht immer ganz

    Nach dem Durchflutungsgesetz klappt das immer, auch bei beliebig geformten Leitern.

    Brummschleifen entstehen durch Induktive Kopplung in eine Schleife.

    Leiter die einfach nur nebeneinander liegen führen zu Kapazitiver Kopplung. Netzkabel hat grob 10pF/m (bei 50Hz und 100m Länge ~3MΩ). Da der PE aber sehr niederohmig mit dem N verbunden ist hat diese Kapazität keinen Einfluss(mal abgesehen davon das die Y-Kondensatoren in vielen Netzfiltern um ein vielfaches größer sind). Bei höheren Frequenzen, wie sie beispielsweise durch Phasenanschnitt entstehen, kann dass natürlich anders sein.

    Gefällt mir nicht:

    Der PE ist nicht Sternförmig, sondern eher Baum-förmig.

    Räumliche Trennung von PE und L/N ist nicht nötig

    Kaltgerätekabel auf Eurostecker mit PE Einzelader sind nicht okay(Eurostecker 2.5A, Kaltgerätestecker 10A; Fehlende Zugentlastung)

  • Der Kern des Themas "Brummen in analoger Studioverkabelung" ist Potentialverschleppung. Die passiert nicht nur über die PE(N)-Leiter sondern auch teilweise intern in Geräten durch ungünstige Masseführung ("Pin1-Problem") und ungeplante Querverbindungen zwischen Gerätegehäusen.

    Die Effekte von induktiver und kapazitiver Einstreuung der aktiven Leiter auf den PE kann man bei haushaltsüblichen Strömen in einer niederohmig geerdeten Anlage getrost ignorieren, das ist eher im Livebereich und/oder in der Nähe von Bahnstrecken und Industrieanlagen relevant.

    Potentialverschleppung tritt unter den typischen (Home-)Studiobedingungen (Netzströme im niedrigen zweistelligen Bereich) immer dann auf wenn der Erdungswiderstand miteinander verbundener Geräte so hoch ist dass die fliessenden Ausgleichsströme einen nennenswerten Spannungsfall auf der Masse von Audioleitungen verursachen. Die oben angeführte Stromverkabelung mit getrenntem PE funktioniert in der Praxis vor allem deswegen weil sie die oft fragwürdigen Erdungskontakte von billigen Kaltgerätekabeln und hintereinander hängenden Steckdosenleisten durch eine sauber geklemmte Verbindung ersetzt. VDE-gerecht ist das so halt nicht...

    Zusätzlich sollten noch alle Geräte so verbaut sein dass es keinen metallisch leitenden Kontakt zwischen Gehäusen gibt und die Audioverkabelung mit teleskopierender Masse ausgeführt sein.

    Insbesondere in älteren Gebäuden kommt gelegentlich noch dazu dass der Hauptpotentialausgleich bzw. die Verbindung von PE des Studio-Netzanschlusses da hin oft entweder zu hochohmig ist oder durch unterbrochene und korrodierte PA-Anschlüsse an Rohrleitungen grosse Schleifen entstanden sind in denen teilweise mehrere A permanent zirkulieren. Weil es gerade in kleineren Studios nicht praktikabel ist die ganze Hausinstallation durchzusanieren behilft man sich dann gerne mit einem lokalen Trenntrafo, entweder komplett in IT am Ausgang oder mit einem getrennten PE der direkt zum HPA oder einem eigenen Erder ("Medienerde") geht.

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

  • Mir (als Elektrolaie) erschliesst sich der Nutzen auch nicht ganz.

    Was ich kenne, ist den PE so massiv wie möglich auszuführen (und je nach Hausanschluss u.U. noch zusätzliche Erdungsbänder installieren), um Potentialunterschiede in der Erdung zwischen den Geräten und damit den Widerstand zwischen den Geräten zu minimieren, damit mögliche induzierte Ströme nicht den Weg über die Signalmasse suchen.

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • Kleiner Sidekick (weil hier was von Gehäusen untereinander stand): kurz nach der letzten Kreidezeit verkaufte Musik Produktiv die sogenannten "Hum Frees", ein Set aus vier isolierten Schrauben und speziellen Unterlegern für Rackgeräte, mit denen man leitende Verbindungen der Gehäuse untereinander verhindern konnte. Das war ebenso trick- wie hilfreich und um einiges schöner anzusehen wie mit Gaffa umwickelte Rackschrauben und Zigarettenfilter hinter der Frontplatte.

    Kein Applaus für Scheiße!

  • Kleiner Sidekick (weil hier was von Gehäusen untereinander stand): kurz nach der letzten Kreidezeit verkaufte Musik Produktiv die sogenannten "Hum Frees", ein Set aus vier isolierten Schrauben und speziellen Unterlegern für Rackgeräte, mit denen man leitende Verbindungen der Gehäuse untereinander verhindern konnte.

    Adam Hall 5635. Gibts noch immer.

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

  • ...zusätzlich noch 'n Finger breit Platz lassen zwischen den einzelnen Geräten (oder Fensterkeile [Verglasungsklötze] aus Plastik zwischen 2 Gerätegehäusen pressen), sonst is das ganze auch wieder Murks, wenn sich die Gehäuse untereinander berühren...

    "geht nicht" ? - gibt's nicht !

    ...ja, das war schon immer mein Avatar :evil:

    "Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens" (Friedrich Schiller, "Jungfrau von Orleans" )

  • Hat das ernsthaft jemals jemand gemacht?

    Immer wieder und leider meistens erst im Nachhinein. Analoge Audioverkabelung in Studios und Theatern kann jahrelang ohne Brummprobleme laufen auch ohne dass sich jemand beim Bau des Ganzen einen Kopf über das Erdungskonzept gemacht hat. Aber irgendwann kommt immer der Punkt an dem aus heiterem Himmel die Probleme los gehen, gerne ausgelöst von Arbeiten an Komponenten die scheinbar gar nichts mit den betroffenen Geräten zu tun haben. Eine Ladung Humfrees war da meist schon ein guter Schritt zur Besserung, gern in Verbindung mit Groundlift (kleiner Seitenschneider, notfalls Nagelschere...) an den Männchen aller Kabel mit Line-Signalen. Zur nachhaltigen Ursachenforschung und -beseitigung fehlte da meistens eh die Zeit und das Geld.

    Zitat

    Wenn eh alles mit Kaltgerätekabel verbunden ist, dann wäre die Verbindung der Gehäuse im Rack doch eher Vor- als Nachteil.

    Das hängt sehr von den Geräten und der elektrischen Umgebung ab.

    The Pin 1 Problem in Audio, Star and Mesh Ground, and Contradictory Grouding Practices in Audio and Digital Systems
    I recently came across the concept of "Pin 1 Problem" known in the pro-audio electronics. It seems straightforward at first, but becomes confusing…
    electronics.stackexchange.com

    In der Praxis ist es einfacher die Gehäuse voneinander zu isolieren als jedes einzelne Gerät auf seine interne Masseführung hin zu untersuchen. Wenn da noch so Sachen wie Wordclock über BNC, MIDI oder analoge Zweidraht-Intercom ins Spiel kommen wird das erst so richtig wild...

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

  • Wenn sich alle an die AES Richtlinie aus deinem Link halten würden, gäbe es solche Probleme nicht.

    Zitat

    Instead, the designer should try following the AES48 standard specified by Audio Engineering Society: At no circumstance the Pin 1 is allowed to connect the circuit ground (if there is a metal chassis). Instead, Pin 1 should be tied directly at the chassis. The circuit ground and the chassis is still bounded, but at a common star grounding point, not at the XLR connector.

    Behringer scheint das zu machen. Voraussetzung ist allerdings eine konsequent symmetrische Ausführung der Ein- und Ausgänge.

  • Wenn sich alle an die AES Richtlinie aus deinem Link halten würden, gäbe es solche Probleme nicht.

    Behringer scheint das zu machen. Voraussetzung ist allerdings eine konsequent symmetrische Ausführung der Ein- und Ausgänge.

    Das floppt schon daran dass es genug andere Anschlüsse an Geräten gibt die prinzipbedingt immer eine durchverbundene Masse mit bringen. Entweder weil sie unsymmetrisch sind oder weil sie wie z.B. USB den Massebezug zum Funktionieren brauchen.

    Zur 100%igen Umsetzung der genannten AES-Richtlinie bzw. dem im Dickreiter beschrieben Pendant aus der Rundfunktechnik müssten PE/Gehäuse, Masse der allgemeinen Gerätestromversorgung und Audiomasse in jedem Gerät galvanisch getrennt und als bei Bedarf verbindbare 4mm-Steckverbinder nach aussen geführt sein. "Echte" Studio- und Rundfunkgeräte haben das auch so, der Mehrheit der Hersteller von Pulten und 19"-Kram in Massenproduktion ist das aber schlicht zu aufwendig und teuer weil es u.a. einen Mehraufwand bei der EMV-Prüfung bedeutet.

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  • Zur 100%igen Umsetzung der genannten AES-Richtlinie bzw. dem im Dickreiter beschrieben Pendant aus der Rundfunktechnik müssten PE/Gehäuse, Masse der allgemeinen Gerätestromversorgung und Audiomasse in jedem Gerät galvanisch getrennt [...] sein.

    Das steht genau so nicht in der AES48-Richtlinie drin. Alle Massen werden miteinander verbunden. Nur dürfen die Ausgleichsströme der Schirme nicht über die Platine fließen, sondern über das Gehäuse. Das funktioniert mit allen differentiellen Signalen, also auch USB.

    Für die EMV ist diese Vorgehensweise perfekt.


    Aber ich glaube wir sind etwas Offtoppic.

  • Das steht genau so nicht in der AES48-Richtlinie drin. Alle Massen werden miteinander verbunden. Nur dürfen die Ausgleichsströme der Schirme nicht über die Platine fließen, sondern über das Gehäuse. Das funktioniert mit allen differentiellen Signalen, also auch USB.

    Im Normalfall sitzen an einem Pult oder Kartenträgerrahmen nach Rundfunknorm zwischen diesen Anschlüssen kleine Blechbrücken, das ist letztlich das gleiche Prinzip; Nur erweitert um die Möglichkeit das bei Bedarf auftrennen zu können.

    Das Problem bei USB ist die Masseleitung der mitlaufenden Stromversorgung. Viele Interfacebausteine sind so konstruiert dass die Stromversorgung aus dem Hostcomputer tatsächlich aktiv benutzt werden muss, sonst werden sie entweder gar nicht erst erkannt oder verlieren sporadisch die Verbindung.

    MIDI geht sowieso nicht ohne Masse, das ist eine unsymmetrische Stromschleife. Soll zwar eigentlich immer optokopplergetrennt potentialfrei sein, aber da halten sich leider auch nicht alle Hersteller dran.

    Das ist mMn auch ganz und gar nicht OT sondern in Studios und Theatern mit fragwürdiger Erdung bzw. Masseführung immer wieder ein Problem. Ich hab für so was schon Trennbausteine mit Optokopplern (aus dem Medizinbereich, die kennen die Problematik auch) einsetzen müssen.

    Und ja, ich weiss auch dass da in der Praxis viele einfach stumpf die Schutzkontakte von Geräten abkleben... =O

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

    Einmal editiert, zuletzt von niggles ()

  • Und ja, ich weiss auch dass da in der Praxis viele einfach stumpf die Schutzkontakte von Geräten abkleben... =O

    Ich habe ein Gerät bei dem die Masse über die Platine läuft und folglich Probleme macht. Ein ZED14. Da sind die Buchsen sogar isoliert in Gehäuse eingebaut! Das führt auch zu Knacken in den Lautsprechern, wenn man das Licht schaltet.

    Auch sonst gibt's hier im Haus einige Probleme wegen TN-C bis zum Unterverteiler in kombination mit Netzwerk- und Antennenerdung. (Brummen, Bildaussetzer über HDMI,...)

    Was am besten hilft: Alle Massen möglichst niederohmig verbinden.