Simultane Stereo- und Monomixe

  • Hallo!


    Bin total neu hier und versuche mich derzeit in die Anwendung eines Digitalmischpults einzuarbeiten. Das mache ich als (musikliebender) ehrenamtlicher "Amateur-Tontechniker". Ein wenig Erfahrung im Mischen habe ich bereits (mehrere Male analog und 2x digital am X32). Jedoch waren die Setups immer schon fix und fertig und ich musste quasi nur Knöbbln drücken und Fader schieben.


    Bei meinem aktuellen Einsatz handelt es sich um eine neu aufgebaute Anlage aus Digital-Amp und Allen & Heath SQ6. Hier bin ich auch erstmals in die Lage versetzt, das Pult mit einzurichten (Stichwort Routing, Patching etc.). Die Anlage wurde von einer Veranstaltungstechniker in Betrieb genommen und - laut Aussage unseres Cheftechnikers - eingemessen.


    Kurz zum Aufbau: Wir arbeiten (bisher) ausschließlich mit Decken-Lautsprechern. 4 davon sind in Reihe etwa 1 m vor der Bühne angebracht. Ein weiterer rechts neben der Bühne (weil da auch noch Stühle sind). Dazu gibt es einige Ausspielungen, wie Zoom, Übertragung ins Haus sowie eine digitale Aufnahme auf dem PC. Das Pult ist via USB am PC angeschlossen.


    Nun zur Sache:

    Es gibt ja eine wundertolle Diskussion, ob man live nun Mono oder Stereo mixen sollte. Mono hat zweifellos seine Vorteile hinsichtlich Vereinfachung. Außerdem gibt es - per se - das Problem nicht, dass Zuhörer, die außen sitzen, etwas im Mix vermissen könnten (1). Aber als Audiophiler sag ich, das ist doof. erstens beraube ich die Musik um Raffinesse, wenn ich nichts mehr orten kann, zweitens behaupte ich mal - nach ersten Testeinsätzen - dass es schlicht komisch klingt, wenn immer alles gleichermaßen vertreten ist - also an jeder Stelle im Raum (von laut/leise mal abgesehen).

    Nun gibt es aber unsere Hauptverantwortlichen ... er ist der Meinung, dass er - der Einfachheit halber - am liebsten alles nur Mono lassen will, weil er Angst hat, dass dies die anderen Mit-Techniker (alles ehrenamtliche), überfordern würde. Vielleicht hat er ja recht. Aber andererseits haben wir ein ziemlich flexibles Mischpult mit dem SQ6, wenn ich das richtig sehe.


    Deshalb meine Frage an euch: Wäre es nicht möglich, mehrere Mixe (also je nach Ausspielungsziel mono oder stereo) simultan aufzubauen und auf diese Weise die Vorteile beider Mixarten (also mono und stereo) zu nutzen?


    Ich stelle mir vor, den Hauptsaal (die 4 Main-Lautsprecher), die Zoom-Übertragung sowie die Aufnahme in Stereo zu mixen und die Übertragung Inhouse (sowie den Bühnen-seitlichen Lautsprecher) als Mono-Mix auszugeben. Dafür müsste ich, so denke ich mir das, zwei Mixe erstellen, die aber vier Output-Lautstärkeregelungen brauchen (1x für die 4 Main-LS im Hauptsaal, 1x für den Seiten-LS im Hauptsaal und einmal für die Übertragung Inhouse und 1x für das PC-Signal) .


    An dieser Stelle muss ich aber gestehen, das Output-Mixing im SQ6 noch nicht ganz kapiert zu haben. Ich weiß, dass es Mix-Busse gibt, Gruppen und Matrix ... aber wann nutze ich was? Und wie verteile ich die Inputs dann auf die linken bzw. rechten Boxen?


    Kann ich im SQ6 beliebige Inputs an mehrere Output-Mixe gleichzeitig verteilen, um auf diese Weise Stereo- und Monomixe zu erhalten?


    (1) In einem YT-Video habe ich einen interessanten Ansatz gehört. Der Toningenieur dort sagte, dass er bei Stereo bleibt, aber dann die Obertöne runterregelt bei Instrumenten, die einer Lokalisation bedürfen. Wenn ich das richtig verstanden habe, schiebt er die Instrumente im Panorama leicht in die Mitte und regelt dann die Obertöne jeweils links oder rechts runter, um auf diese Weise jene Instrumente hörbar zu machen ohne den Stereoeffekt zu zerstören. Habt ihr eine Idee dazu?

  • guma

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Also wenn die Haupbeschallung aus 4 Deckenlautsprechern (also wirklich Deckenlautsprecher?)

    besteht, die ein Meter vor der Bühne in einer Reihe angebracht sind, dann würde ich mir über Stereo mal gar keine Gedanken machen...

    Da wäre es mir wichtiger, dass der links sitzende Zuhörer auch den rechts spielenden Akteur überhaupt hört, als dass für den in der Mitte Sitzenden die akustische Lokalisation genau mit dem optischen Eindruck übereinstimmt.

    Viele Grüße,
    Fux

  • also wirklich Deckenlautsprecher?

    Ähm ... na ja ... vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt. Es sind schon richtige (aktive) PA-Boxen, nur eben an der Decke hängend montiert. :D Sind so nach hinten trapezförmig (ähnlich Monitorboxen).


    Was die Ortung im Raum betrifft - es geht mir dabei nicht nur um den Hauptsaal. Wenn da ein Geräusch, Instrument oder eine Stimme von der linken Seite der Bühne kommt, soll man ja auch dort hingucken. Bspw. bei Theaterstücken. Das kommt komisch wenn diese Art der Ortung ausbleibt. Jedenfalls meine Meinung. Und in der Übertragung (Zoom) müsste das ja theoretisch auch klappen, oder nicht? In der Aufnahme kann ich meine Spuren ja pannen wie ich will. Das ist dann kein Ding.

  • Ich mische immer sehr nah an Mono, um alle Zuschauer mit einem kompletten Signal zu versorgen, verkabel aber stereo und prüfe das auch gründlich, ob LR passen.


    Grund dafür ist zu einem, das manche Zuspielingen nicht wirklich Mono kompatibel sind (da ist ein unvollständiges Klangbild oft besser, als ein z.B. phasendes) und zum anderen, das ich im Notfall ein Signal von einer Seite entfernen kann.


    Neulich ist mir z.B. ein Redner mal so eben vor eine Seite der PA gelaufen, da könnte ich dann zielsicher per Panorama das Feedbackrisiko minimieren und dennoch die Verständlichkeit für die meisten im Publikum aufrecht erhalten.

  • Du beziehst dich bestimmt auf das Interview mit Carsten Kümmel. Der Ansatz, der dort verfolgt wird ist sehr spannend, allerdings mit manchen Pulten nicht so leicht umzusetzen, wenn nicht genügend Busse zur Verfügung stehen, bzw diese für andere Dinge benötigt werden.
    Wenn allerdings eines der verbreiteten Brot und Butter Mischpulte diese Panningart implementieren würde und pro Kanal zwischen klassischem Panorama und der "CarstenKümmelIchBinEineStarkVereinfachteHRTFMethode" umschalten könnte, wäre dies für mich mit ein entscheidendes Auswahlkriterium.

    Ich habe mich für den Weg entschieden, einzelne Quellen nicht mehr mit dem Panorama zu verteilen, da so die Lautstärkeverhältnisse für einen großen Teil des Publikums nicht mehr stimmen, sondern stattdessen manche Instrumente in der Stereobasis zu verbreitern. So ist es z.B. so, dass Keyboards in der Regel eh ein eher breites Signal liefern, das links / rechts näherungsweise gleich laut ist, aber trotzdem für den Zuhörer der tatsächlich beide PA Seiten hört ein breites Stereobild erzeugt.


    Ähnlich kann auch mit Gitarren vorgegangen werden. Entweder mit mehreren Mikrofonen oder es ist ebenfalls Teil des Sounds eines Amp-modelers.


    Bei solchen Stereobasisverbreiterungen sollte man je nach PA Setup trotzdem darauf achten, dass auch eine Monosummierung gut klingt, und es hier z.B. nicht zu stark ausgeprägte Kammfilter gibt, falls hier z.B. Centerfills mit einer Monosumme bespielt werden.


    Auch Halleffekte klingen mMn. deutlich besser, wenn sie in Stereo genutzt werden.


    Dies hat im Endeffekt auch den Vorteil, dass auch Menschen die nicht Sweetspot sitzen eher eine Wahrnehmung von Breite bei manchen Quellen haben können und gleichzeitig die Lautstärkeverhältnisse stimmen.



    edit:


    hier der Link zu besagtem Interview:


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  • Mal abgesehen von der Frage der Sinnhaftigkeit würdest du um deine Idee um zu setzen ganz normal in deinem Mainbus mischen.

    Für jede Zone die bespielt werden soll, erstellst du im Pult eine Matrix (mono oder stereo nach Bedarf) und schickst dann in diese deinen Mainbus.

    Diese Matrizen patchst du dann auf deine Stagebox oder eben lokal und gehst von da in die entsprechenden Amps oder selfpowered Speaker.

    Wer nicht will, der hat schon.

  • Das Konzept von Lesekopf wäre auch mein Konzept.

    Einfach hierfür mehrere Szenen programmieren, in welchen die Matrix entsprechend voreingestellt ist.

    Damit ist dann niemand überfordert und man kann nix falsch machen, selbst wenn man den PAN in mehreren Kanälen extrem nach links oder rechts dreht. Wenn das Stereosignal vor dem Ausgaben aufsummiert wird ist doch alles gut und wer eben Stereo haben möchte kann ja die entsprechend vordefinierte Szene am Pult auswählen oder die Matrix entsprechend anfüttern.

    Wahlweise geht das auch im evtl. vorhandenen Controller.


    Interessant wird es hier:

    Wenn da ein Geräusch, Instrument oder eine Stimme von der linken Seite der Bühne kommt, soll man ja auch dort hingucken. Bspw. bei Theaterstücken.

    Man müsste in diesem Fall das Panorama nachführen, denn die Akteure (Theater) laufen ja auf der Bühne hin- und her. Wenn das fixe Mikrofonpositionen sind, OK (kann man ja dann fix pannen), aber wenn Mikro an Person ist, dann wirds knifflig. Dasselbe gilt (bei Liveband) dann für Gitarren mit Funk, wenn die wild über die Bühne rennen oder eben der Sänger. Allerdings gibt es hierfür gar auch eine Lösung, doch die ist sicher nicht im Budget.

    Laut heisst nicht immer gleich gut und toll und wer schreit ist meist im Unrecht.

  • Wenn der Saal nicht zu groß ist, dann kann man auch Mono mischen und die PA so weit verzögern, dass das direkte Signal vor der PA beim Publikum ankommt. Damit hast du die Ortung bei der Quelle, ohne, dass du dich drum kümmern musst.

  • ...
    Ortung
    ....

    Interessant wird es hier:

    Man müsste in diesem Fall das Panorama nachführen, denn die Akteure (Theater) laufen ja auf der Bühne hin- und her. Wenn das fixe Mikrofonpositionen sind, OK (kann man ja dann fix pannen), aber wenn Mikro an Person ist, dann wirds knifflig. Dasselbe gilt (bei Liveband) dann für Gitarren mit Funk, wenn die wild über die Bühne rennen oder eben der Sänger. Allerdings gibt es hierfür gar auch eine Lösung, doch die ist sicher nicht im Budget.

    Spontan erinnert mich das an TiMax.

  • Gabs ja schon!

    Ok, nicht Brot & Butter Mischpult, aber Gold & Diamant Mischmaschiene:

    Pandora panning

    https://www.fast-and-wide.com/…innovason-pandora-panning

    Zu schade, daß sich das nicht durchgesetzt hat. So komplex kann es ja nicht sein. Interessieren sich die Mischpult-Hersteller nicht für Stereo? Ist es den Käufern egal? Ist es den Anwendern egal?

  • Danke euch allen für die rege Diskussion! :)

    Ich hätte ja gern einen "Daumen hoch" für die Beiträge gegeben, aber irgendwie kann ich das nicht ...

  • Zu schade, daß sich das nicht durchgesetzt hat. So komplex kann es ja nicht sein. Interessieren sich die Mischpult-Hersteller nicht für Stereo? Ist es den Käufern egal? Ist es den Anwendern egal?

    Meiner bescheidenen Meinung nach orientiert man sich in vielen Punkten immer noch zu sehr an Analogkonsolen.

    Entweder aufgrund von fehlender Weitsicht (Scheuklappen/Tellerrand-Symptom) oder genau umgekehrt: als Masterplan, damit man die nächsten 20 Jahre immer mal wieder was neues zu bieten hat. Man muss sich nur das Thema M/S-Matrizierung anschauen.

    Gerne unter dem Vorwand, dass mehr Funktionen das Gerät ja nur komplizierter machen würden.


    Aber als nächstes wird natürlich erst einmal die KI-Kuh durch's Dorf getrieben...

  • Meiner bescheidenen Meinung nach orientiert man sich in vielen Punkten immer noch zu sehr an Analogkonsolen.

    Entweder aufgrund von fehlender Weitsicht (Scheuklappen/Tellerrand-Symptom) oder genau umgekehrt: als Masterplan, damit man die nächsten 20 Jahre immer mal wieder was neues zu bieten hat. Man muss sich nur das Thema M/S-Matrizierung anschauen.

    Gerne unter dem Vorwand, dass mehr Funktionen das Gerät ja nur komplizierter machen würden.


    Aber als nächstes wird natürlich erst einmal die KI-Kuh durch's Dorf getrieben...

    Stimmt.
    Daß Intensitäts-Stereo live nicht funktioniert, ist doch lange bekannt.
    Und z.B. DiGiCo könnte das ja mit einem Fingerschnipsen umsetzen mit ihrer Architektur, stelle ich mir jedenfalls vor. Jeder Kanal ist sowieso schon stereo möglich, man muß nur auf einer Seite ein Delay einsetzen. Ich glaube, ich muß mal mit Leuten telefonieren.