Aufbau von Traversen, Layher, etc

  • Hallo ihr lieben,
    Dieses Thema gab es ja bestimmt schon 100x hier, aber ich hoffe, ihr verzeiht mir :)


    Folgende Situation: Ich treibe seit einigen Jahrzehnten als freier Tonler mein unwesen, Toure mit ein paar Bands und betreue auch ab und zu mal die örtliche Stadtfestbühne. Über die Zeit kamen natürlich auch immer mal anfragen für "Full-Service" geschichten, welche ich meist aus Zeitgründen abgelehnt habe. Nun werde ich ja auch nicht jünger und das Tournee Geschäft reizt mich von Jahr zu Jahr weniger, sodass ich mit ein paar Kollegen den Entschluss gefasst habe auf das lokale Geschäft umzusteigen und uns mehr dem Thema Full-Service zu widmen. Allein aus wirtschaftlichen und zeitlichen Gründen bietet es sich mehr als an.

    Jetzt ist es allerdings so, dass wir alles "Alte Hasen" sind, welche mit dem Veranstaltungsdasein begonnen haben, bevor es überhaupt solche Dinge wie "Die Fachkraft" gab (das war doch um die 2000er rum, oder nicht Shocked ).
    Viele Punkte, die mir wichtig erscheinen und die ja auch Teil der Fachkraft sind, können wir ganz gut abdecken: Ein Kollege ist gelernter Elektriker (Meister), die Frau eines anderen Statikerin, ...
    Aus meiner Sicht ganz schöne Vorraussetzungen um das, was man tut auch "richtig" und vor allem sicher zu machen.
    Ein zentraler Punkt bei uns bleibt aber das Thema "Naja, wer darf denn überhaupt von uns Dinge wie Traversen, Layher Gerüste, Bühnen, etc aufbauen?". Wie gesagt, wir haben alle keine entsprechende Ausbildung genossen und die Schulbank für eine 3 Jährige Lehre möchte keiner von uns mehr drücken. Ich denke, an der Praxis scheitert es bei keinem von uns, da wir alle solche Aufbauten schon tausende male miterlebt und mit angepackt haben, nur bisher immer unter der Leitung einer qualifizierten Person (so glauben wir zumindest ^^ ).

    Von einem Kollegen, der auch "nur" Elektrotechniker ist und seit Jahren erfolgreich selbstständig sein unwesen treibt bekamen wir ein paar Stickpunkte an die Hand: u.a.das Thema Selbst-Befähigung/ Selbst-Beauftragung, nach welcher wir uns, durch unser Vorwissen nach ablegen von entsprechend relevanten Lehrgängen (ich dachte da z.B. an Sachkunde für Traversen und Anschlagmittel) selber den "Auftrag" und die Befähigung geben dürfen entsprechendes zu tun. Das ist aber mehr als gefährliches halbwissen von mir, da mir das Internet dabei auch keine große Hilfe ist.

    Ich weiß, dass es nicht ohne Grund die Ausbildung und die Qualifikiationen nach SQQ2 gibt, aber konkret: Wie machen es die alten Hasen der Branche? Ich kenne nur wenige, die entsprechende Dinge haben, die aber trotzdem Riggen (dürfen?).


    Ich wäre euch sehr dankbar für euren sachlichen Input - und bitte habt Verständnis für mein halbwissen. Deshalb möchte ich mich ja bilden bevor ich etwas tue :)


    Beste Grüße,

    Christof

  • guma

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • hallo christof34, willkommen im forum!


    ich bin da aus dem gleichen zeitalter wie du, habe selbst ebenfalls den beruf des veranstaltungstechnikers nicht erlernt - weil es das damals noch nicht gab. dafür hatte ich davor zwei andere berufe gelernt, einer davon ist funkelektroniker.

    vor etwa 10 jahren hatte ich dann ebenfalls die nase voll vom ständigen autobahnfahren, um zu den jobs zu kommen... deshalb habe ich mich in einem städtischen betrieb fest anstellen lassen. öffentlicher dienst, nix zum reich werden, aber einigermaßen sicher.

    bei uns gibt es natürlich ein paar Meister der VT, die anderen sind gelernte V-techniker. ich bin der einzige "ungelernte" - aber ich mache aufgrund meiner jahrzehntelangen erfahrung die selben jobs - und wenn wirklich wichtige VAs dran sind, muss ich immer ran ;)


    kurz gesagt: ich mache die gleichen jobs wie die kollegen mit dem "richtigen" facharbeiterbrief und bin auch genauso angestellt, als ob ich diesen brief hätte.

    fortbildungen gehören natürlich auch dazu. die einschlägigen vorschriften muss man natürlich trotzdem ein bisschen kennen. und wenn ich an einer stelle etwas nicht genau weiß, frage ich einen unserer meister. dafür sind die ja da.


    in eurem fall könnte ich mir vorstellen, dass ihr da entweder einen VT-Meister einstellen müsst, oder euch zumindest für die veranstaltungen, bei denen ein meister erforderlich ist, einen dazu bucht.


    hier im forum gibt es aber doch einige leute, die selbst Meister sind. die können deine fragen sicher viel besser beantworten :)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • naja, im grunde würde es sinn machen, zu schauen ob man sich nur zur Prüfung anmelden kann. das geht hier in hannover. ansonsten wäre es sicher ne Idee, ein paar Kurse wie ihr ja angesprochen habt, zu machen. allen voran Elektrofachkraft für mobile anlagen.

    ihr solltet überlegen, statt etwas neu aufzubauen, eine Bude von einem alten sack zu übernehmen. das ist meist billiger als ein funktionierendes Lager neu aufzubauen.

  • Da Veranstaltungstechnik kein Handwerk ist sondern über die IHK geregelt ist, gibt es auch keine Ausbildungs- oder Meisterpflicht im Sinne der Handwerksordnung....darüber ob das einer der größten Fehler unserer Branche war oder nicht scheiden sich die Geister sehr emotional.


    Ihr könnt also problemlos ein Gewerbe anmelden und betreiben. und so lange nix passiert interessiert das auch absolut niemanden was ihr mal gelernt habt.

    Wenn etwas passiert müsst ihr halt dem Richter gut darlegen können dass ihr aus eurer Ausbildung (handwerkliche Ausbildung/technisches Studium etc), langjähriger sowie zeitnaher einschlägiger Tätigkeit und Weiterbildungen zum Erhalt der Befähigung heraus für die ausgeführten Tätigkeiten geeignet seid/wart.


    Diese Weiterbildungen können zB die erwähnten Qualifizierungen nach den SQs sein.


    Die einzige gesetzliche Ausbildungspflicht liegt bei der Wahrnehmung des "Verantwortlichen für Veranstaltungtechnik" nach VStättV.

    Nur zwei Dinge sind unendlich, das Weltall und die Dummheit der Menschen, beim Weltall bin ich mir jedoch nicht sicher. (Albert Einstein)

  • Da Veranstaltungstechnik kein Handwerk ist sondern über die IHK geregelt ist, gibt es auch keine Ausbildungs- oder Meisterpflicht im Sinne der Handwerksordnung...


    Ihr könnt also problemlos ein Gewerbe anmelden und betreiben. und so lange nix passiert interessiert das auch absolut niemanden was ihr mal gelernt habt.


    Die einzige gesetzliche Ausbildungspflicht liegt bei der Wahrnehmung des "Verantwortlichen für Veranstaltungtechnik" nach VStättV.

    Das ist nicht so ganz richtig. Durch die Vorschrift 17/18, bzw. die DGUV Regel 115-002 besteht nach § 15 die Pflicht, dass der Unternehmer Leitung und Aufsicht der Arbeiten in Veranstaltungs- und Produktionsstätten Bühnen- und Studiofachkräften übertragen muss.


    Also die Meisterpflicht durch die kalte Küche.

  • falcocgn das widerspricht jetzt aber nicht meinen Ausführungen.


    Das Wort "insbesondere" oder "insbesonders" leitet im Juristendeutsch die unvollständige Aufzählung ein, die nicht abschließend ist.


    Inhaltlich deckt sich die Definition mit den, in deinem Zitat von mir ausgelassenen, Verweisen auf Ausbildung, zeitnahe und einschlägige Tätigkeit sowie Fort-/Weiterbildung zum Erhalt der Fähigkeiten.


    Ob diese ausreichend sind legt der Unternehmer im Rahmen der Auswahlverantwortung selbst fest, ob diese korrekt wahrgenommen wurde entscheidet im Zweifel ein Gericht.


    Ich danke für die untermauernde Quelle zu meiner Aussage. :thumbup:

    Nur zwei Dinge sind unendlich, das Weltall und die Dummheit der Menschen, beim Weltall bin ich mir jedoch nicht sicher. (Albert Einstein)

  • falcocgn das widerspricht jetzt aber nicht meinen Ausführungen.


    Das Wort "insbesondere" oder "insbesonders" leitet im Juristendeutsch die unvollständige Aufzählung ein, die nicht abschließend ist.

    Das ist ein typisch deutscher Gummiparagraph der nur so formuliert wurde damit die Stadttheater und Gemeindesäle an denen es noch Leute mit dem "alten" Theatermeister in verantwortlichen Positionen gibt denen nicht noch kurz vor der Rente die Weiterbildung nach der aktuellen Meisterprüfungsordnung zahlen müssen. Also eine Übergangsregelung die sich mit der Zeit von selbst erledigt und dann eigentlich auch aus den DGUV-Regeln gestrichen werden müsste.

    Daraus eine Einschränkung der de facto bestehenden Meisterpflicht sowohl nach DGUV-Regeln als auch im Rahmen der VStättVOen der einzelnen Länder abzuleiten ist meiner Ansicht nach juristisch sehr dünnes Eis...

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

  • Spannend wird die Thematik auch für den Aspekt: Seid Ihr "Gast" in einer Veranstaltungsstätte (was ggf. Anforderungen bedeutet, aber auch Dinge einfacher machen kann, wenn z.B. eh fachkundiges Personal da ist oder es in der Verantortung noch Betreiber darüber gibt) oder baut Ihr Dinge im öffentlichen Raum wie Bühnen ganz neu auf und bestreitet das ganze Fest mit Getränke, Wurstbude, Party, DJ, etc....


    Ansonsten gibt es wohl die groben Wege: Rein Dry-Hire oder Qualifikation einkaufen bzw. Erwerben. Eine Externenprüfung FkfVt und Elektrofachkraft sollte für Praxiserfahrene keine Hürde sein (außer etwas Zeitbedarf!). Damit kann man den Meisterteil schon besser einschätzen und hat sich gleich mit einigen Aspekten auseinandergesetzt (die beim Meister nicht mehr gefragt werden). Eigentlich spricht da nix gegen und wenn man das nicht schafft, sollte man vielleicht auch kein Full-Service Dienstleister sein.

    Aber mal ehrlich: Von nix kommt nix und eine Firma aufbauen braucht eben Einsatz. Sonst gibt es auch viele andere Wege und Branchen risikoloser Geld zu verdienen.

    Und zum Thema Einkaufen Qualifikation: Da kann man auch Meister finden, die vielleicht froh oder eine gute Ergänzung und Lerntandem für den Anfang sind und gar keinen Bock mehr haben das neuste Pult zu lernen oder kurz vor der Rente noch im Truck rumzukrabeln.. Tipp: Ausreichend Geld / Budget für Personal (Euch, externe) sollte da sein und den Kunden verkauft werden - wenn die Rechnung da nicht aufgeht, würde ich eh Abstand nehmen.

  • Das ist nicht so ganz richtig. Durch die Vorschrift 17/18, bzw. die DGUV Regel 115-002 besteht nach § 15 die Pflicht, dass der Unternehmer Leitung und Aufsicht der Arbeiten in Veranstaltungs- und Produktionsstätten Bühnen- und Studiofachkräften übertragen muss.


    Also die Meisterpflicht durch die kalte Küche.

    Das steht dort aber nicht:

    Zitat von § 15 Leitung und Aufsicht

    1) Der Unternehmer darf Leitung und Aufsicht der Arbeiten in Veranstaltungs- und Produktionsstätten nur Bühnen- und Studiofachkräften übertragen.

    Der Unternehmer oder die Unternehmerin müssen keine Bühnen- oder Studiofachkräfte sein. Nur wenn Sie die Aufgaben auf eine Person übertragen, muss diese Person diese Qualifikation haben.

  • Aber gut zusammengefasst steht eigentlich jetzt alles in den o.g. Posts drin.

    Also eigentlich darfst du alles, für das du keinen Meister brauchst, sofern du dein Gewerk mit Sinn und Verstand ausführst. Ob das so war, sagt dir am Ende im Zweifel der Richter.


    Raus seid ihr dann z.B. bei Events über 5000(?) Personen oder dieser Vatiante mit Bühnen über x qm, sofern kein anderer Meister die Leitung hat (z.B. von der Halle oder als neutrale Person vom

    Veranstalter gebucht).


    Auch beim Meister kann im Zweifel die Kette eines Motors reißen, obwohl nur 250 statt 1000kg (angegebene Traglast) dran hängen. Das ist dann genauso ein Unfall wie bei dir ohne Meistertitel, zumindest, wenn du die Wartung nachweisen kannst.


    Am Ende gilt immer: wenn nix passiert, alles gut. Wenn was passiert, wird geschaut ob alles getan wurde, damit nix passiert. Am Ende wird ein Richter es vermutlich (!) nicht am fehlenden Titel scheitern lassen, wenn das Gewerk vernünftig ausgeführt wurde.


    Wenn du natürlich rummurkst und es passiert was, dann war es das. Dann war es das aber auch als Meister.


    Am sinnvollsten ist es immer, wenn du das machst, was du kannst - und den Rest besser nicht. Wenn du die Sachlage mangels Ausbildung oder alternativ auch Beratungsresistenz oder einem ungesunden Maß an Selbstüberschätzung völlig falsch einschätzt, wird der Richter dir das mit allen Konsequenzen erklären.


    Ich denke als Vollerwerbsbetrieb (und das scheint es bei Euch zu sein) wäre es nicht verkehrt die Externenprüfung als FfVt abzulegen (ich hoffe, dass es das überhaupt noch gibt) oder ggfs. sogar den Meister zu machen. Schon deshalb um dem Kunden ggfs. sagen zu können, dass ihr die auf dem Papier in D teils geforderte Quali natürlich (in der Firma) habt. Das könnte bei Neukunden ein Thema sein.


    Dass ein gestandener Vtler ohne (formelle) Ausbildung im Zweifel alles viel besser drauf hat als ein unerfahrener Meister, ist auch jedem schonmal auf diversen Baustellen bewusst geworden.

    Auch der Richter stellt im Zweifel fest, dass es hier nicht an der Fachkenntnis gescheitert ist.


    Umgekehrt ist FfVT oder Meister kein Freibrief für Bullshit. Der Richter wird auch denen erklären, dass ein Titel nicht vor Strafe schützt.



    Viel Erfolg mit der Firma!!

    Einmal editiert, zuletzt von Volker ()