Bass hört man erst nach xy Metern

  • Hallo,


    oft hört man "Den Bass hört man doch erst nach soundsoviel Metern".
    Ich kann das zwar aus der Praxis nachvollziehen, mir aber nicht erklären.
    Und da ich bemerkt habe, dass hier doch einige physikalisch sehr gut ausgebildete Leute unterwegs sind, hoffe ich, dass einer die Zeit findet mir das kurz zu erklären :)


    Danke schon mal.

    "die Anlage sieht aus wie ein plattgefahrenes Ü-Ei"


    "Das Mikro ist kaputt, das pfeift nicht!"

  • Also die Aussage hab ich so noch nie gehört. Und kann das auch nicht wirklich nachvollziehen.


    Fakt ist aber, dass mit zunehmender Entfernung der Direktschalldruckpegel immer weiter ab nimmt - egal ob Bassreflex, Horn oder sonst was. In geschlossenen Räumen kommen dann allerdings noch so genannte Raummoden ins Spiel. Das bedeutet, dass durch Reflexionen an den Wänden, am Boden und an der Decke konstruktive und destruktive Interferenzen entstehen; was bedeutet, dass es Punkte im Raum gibt, wo der Schalldruckpegel höher als "normal" ist und Punkte wo er niedriger ist.


    Mit einer bestimmten Raumgeometrie und dem entsprechenden Lautsprecherstandort (!) kann es dann durchaus sein, dass der Pegel einige Meter vor den Lautsprechern größer ist als nahe davor.

  • also meiner meinung nach kann sowas nur in geschlossenen räumen auftreten. hier kann es durch stehende wellen dazu kommen, dass es lautstärkeunterschiede ergeben. wellenlänge bei 50hz sind 6,6m. somit können gut merkbare unterschiede im raum entstehen. dies ist meine these, da ich gerade in den letzten zügen zum abilernen bin u dort solche aufgaben auch dabei sind!

    alle rechtschreibfehler sind beabsichtigt u dienen zum ausdruck meiner individualität

  • Hallo HMPF,
    den Efekt den Du beschreibst, muß nicht unbedingt Physikalische Ursachen haben, sondern Biologische.


    Das Ohr ist bei teifen Frequenzen weit unempfindlicher als bei Mittleren. Bist Du auf einer VA zb. einem Rock Konzert bei der am Mischerplatz 118db gefordert sind, dann herrschen unmittelbar vor den Boxen Lautstärken die Dein Ohr nichtmehr verarbeiten kann. Ich spreche hier insbesondere vom Energiegehalt der Tieffrequenten Schallwellen, der ja aufgrund der unempfindlichkeit so hoch sein muß. Im Ohr passiert dann folgendes: Schon lange bevor es zu einem Trommelfellriß kommt, verbiegen sich die Gehörknochen und übertragen das Signal nichtmehr richtig. Gehst Du jedoch weiter weg, sinkt die Lautstärke aller Frequenzen, so daß das Ohr die gesamte Musikinformation wieder Verarbeiten kann, also auch den Bass. Dadurch klingt es mit ein wenig Abstand meist auch besser als in der ersten Reihe (die anderen Probleme, wie Frontfills usw. mal weggelassen, es ging ja hier um den Abstand und Klang)


    PS. Ich hab häufig mit HipHop zu tun, da ist der klang erst nach 10-20km zu ertragen. :mrgreen: Tja.... was macht man nicht alles für Geld! :mrgreen:


    Gruß Wolf

  • Danke für die Antworten.


    Trotzdem ,dass das ihr jetzt behauptet ,dass es nicht möglich sei, habe ich das Gefühl, dass z.b. auf einer Bühne der Bassamp meisstens am anderen Ender der Bühne klarer zu hören ist, als direkt davor.
    Könnt ihr das nicht nachvollziehen?

    "die Anlage sieht aus wie ein plattgefahrenes Ü-Ei"


    "Das Mikro ist kaputt, das pfeift nicht!"

  • Klar kann man das Nachvollziehen, und Volker hat auch die "üblichen" Verdächtigen genannt: Raummoden und stehende Wellen.


    Die daraus resultierenden Basslöcher und Überhöhungen können locker Pegelsprünge von +/- 20 dB Verursachen. Extrem wird die Geschichte, wenn die Raumdimensionen so definiert sind, dass die Raummoden aufeinander fallen. Der akustische Supergau wäre ein quadratischer Raum, hier ist in Punkto Akustik alles verloren. Dazu kommt noch die Masse der Raumbegrenzungen. Je dicker und massiver Wände, Decken und Böden sind, desto mehr Tiefbass wird reflektiert.


    Aber wo wir gerade bei der Akustik sind, hätte ich auch mal eine Frage an die "Akustiker" unter Euch. Folgendes Problem:


    Ich mische des öfteren VAs in den bekannten Schützenfest Zelten. Also, Holzbodenelemente mit Eiseneinfassungen, die dann komplett im Zelt verlegt werden. Was ich dabei immer wieder feststelle: Das Zelt, bzw. ich vermute der Boden, absorbiert jede Menge Bass und untere Mitten, so dass ich teilweise schon denke, die Bassendstufen sind ausgeschaltet. Neulich wieder das gleiche Problem. Vier Stacks Director für 1.800 Leute im Zelt. Beim Soundcheck klingt die Bass Drum wie ein Tritt ins Kissen, kein Schub von unten rum. Der Sound allgemein aufdringlich, nicht warm und ohne Druck. Zwei Stunden später Zelt gerappelt voll und der Bass war wieder da! Ich hab da eine Theorie, die ich hier gerne mal zur Diskussion stellen möchte. Kann es sein, dass der Holzelementeboden wie eine Art Plattenschwinger funktioniert und via Vibration der Musik den Bass entzieht? Ich vermute, dass durch das Gewicht der Zuschauer, der Boden durch die Belastung nicht mehr schwingen kann und das deshalb der Bass wieder zu hören war. Kann das sein??? Zudem glaube ich, dass diese üblichen Zeltbahnen aus Kunststoff ebenfalls eine Menge Schall absorbieren. Mit vier Stacks Director und 16 kW Amping kann man schon ne Menge Lärm machen, in einem Zelt kommt es mir jedoch oft vor, als hätte man mir eines von zwei Ampracks geklaut. Draußen, vor dem Zelt wirkt es dagegen fast immer lauter, als im Zelt selbst. Kennt ihr das Phänomen?


    Viele Grüsse
    WW

  • Zitat von "Wurst Werner"

    Kennt ihr das Phänomen?


    Viele Grüsse
    WW


    ...leider zur genüge


    im zelt fast nix und draussen wie in der dorf disse...nur bumm! :shock:


    wenn da einer nen patentrezept hat...bitte her damit

  • folgendes Zenario:
    Open Air, 6 x 2x18" je Seite + 2x 2St. 2x18" vor der Bühne.


    Eindrücke vor einem Seitlichen Stack:
    stehst du direkt( 0,5m vor einer Box) Bass ist laut und drückt auf
    Gesicht und Brustbein.
    stehst du ca. 2m vor den Stacks ein gutes Stück leiser, aber Bass
    drückt auch in der Magen gegend.
    bei 4m nochmal n Stück leiser, Sound ähnlich, wobei du hier schon das Gefühl hast, das manche Frequenzen überbetont und manche nicht mehr so dolle sind.
    Die Ursache kommt hier klar von den anderen Bässen die in Unterschiedlicher Entfernung von deiner Hörposition stehen und hier
    für diese Auslöschungen sorgen.
    Wenn du dich nun auf der gedachten mittellinie zwischen beiden Stacks bewegst, hast du den stärksten und homogensten Bass , da deine Entfernung zu den Stacks links und rechts in etwa gleich ist.
    Alles außerhalb sind in diesem Fall nur Kompromisse.


    Die Bässe vor der Bühne bringen nicht mehr Bassleistung ins Publikum, eher Umgekehrt, sie sind da um die besagten Basslöcher zu minimieren.


    Mit der Aufstellung und Verteilung deiner Kisten kannst du dann Spielen
    und je nach eingesetztem System versuchen das beste aus dem vorhandenen Material zu machen. Eine allgemein Gültige aussage
    wird es nicht geben, aber die Physik ist immer die gleiche.
    Die Frage ist halt wo muß der Bass hin und wo sollte er lieber nicht sein.


    Geht im freien eigentlich wunderbar.
    Was nicht heißt das Mann mit dem Ergebniss immer zufrieden ist.


    Was dann auch noch eine Rolle spielt ist das Musikmaterial.
    Für Livesachen ist die genannte Konfiguration meiner Meinung nach immer noch die Beste, liegt auch daran das die Tops die Bässe benötigen.


    Wenn´s mal ne DJ Party ist, komme ich mit 2x 2x18" je Seite + 8x 2x18" vor der Bühne besser klar.
    Ist halt dann ne andere Philosophie dahinter.


    Also zur eingangsgestellten Frage, wenn du nur 1x 2x18" je Seite hast,
    wird dir dieses Phänomen wahrscheinlich nicht begegnen.
    Wenn da aber mal 10 oder mehr doppel 18er den Marsch blasen ist es ziemlich wahrscheinlich, das du in 30m ( richtige Position vorausgesetzt)wesentlich mehr Bassdruck als direkt 4m vor dem Stack spürst.


    Gruß Holger

  • @ WW's Zeltproblem:


    Die Energie im Bassbereich macht sich durch die Zeltplane hindurch aus dem Staub, verhält sich also ähnlich wie Open Air.
    Die Höhen hingegen werden von der Plane reflektiert.
    Damit hast Du im Inneren des leeren Zeltes den Eindruck, der Bass würde nicht schieben.
    In Wahrheit wird dieser allerdings durch die viel zu lauten Höhen verdeckt, durch den hohen Pegel drehst Du gar nicht mehr weiter auf.


    Im vollen Zelt steht jede Menge Absorptionsmaterial zur Verfügung, im Idealfall bedecken diese Absorber den ganzen Boden bis auf eine Höhe von durchschnittlich 1.75 m.
    Jetzt herrscht eine ganz andere Akustik, und so lässt's sich als Tönler wieder arbeiten.


    Patentrezepte?
    Die Planen möglichst nicht anstrahlen, also LS passend an- und abwinkeln, viele BesucherInnen ins Zelt treiben.
    Ein Boden aus Holzschnitzel auf Gras macht im leeren Zelt schon viel gut.


    Grüsse aus der Schweiz

  • Zitat von "text&ton"

    Patentrezepte?
    Die Planen möglichst nicht anstrahlen, also LS passend an- und abwinkeln, viele BesucherInnen ins Zelt treiben.


    Auf der PLS haben sie das Zelt drausen mit Molten(?) abgehängt.

  • "Molton" (Bühnenmolton, Dekomolton)
    Beidseitig gerautes, weiches, leinwandbindiges Baumwollgewebe in mittlerer bis schwerer Qualität (ca. 160 bis 300gr/qm).
    Schwer entflammbarer Baumwollstoff ([hoffentlich] imprägniert gemäß DIN 4102 B1) zu Dekorationszwecken, als Fotohintergrund oder zur ... tätä ...: Schalldämpfung! :D


    Wird oft eingesetzt um Schallreflexionen vor Glasfronten oder in grossen Hallen zu mindern. Wieso nicht auch in Zelten? :wink:
    Ist nur blöd wenn Leute ihr Bier davorkippen oder meinen ihren Magen entleeren zu müssen. denn beim anschliessenden waschen geht leider die Brandschutzimprägnierung flöten ...

    Biete: Zeitrafferaufnahmen, z.B. vom Konzert oder Bühnenaufbau
    zur Miete: TW Audio Sys One B30/T24, M15, Global 4 Punkt Truss, Le Maitre Trockeneisnebel, A&H GLD80, QU-24, ew100 1G8, Nexo PS10 + PS15
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  • text&ton: Deine Erklärung hört sich auf den ersten Blick plausibel an. Es findet also keine Absorption statt, sondern nur ein Höhenboost durch die Planen, weshalb es ohrenscheinig drucklos klingt.


    Ich denke, dass dennoch irgendwo noch Absorption im Bassbereich im Spiel ist, da die PA openAir fast immer lauter geht, als im Zelt. Zudem klingt der Bassbereich auch ungewohnt steril gegenüber Hallen- oder OpenAir VAs :?:


    Grüsse
    WW

  • Hallo Wurst Werner,
    wäre mir text&ton nicht zu vor gekommen, wäre von mir die gleiche Erklärung gekommen.
    Da Du allerdings explizit nach den Böden und dem Puplikum fragst, hätte ich eine Erklärung: So ein Bodenelement stellt im Grunde nichts anderes als ein Feder-Masse Pendel dar, das sich mit bestimmten tiefen Frequenzen anregen läßt. Steht jedoch Publikum drauf, ändert sich massiv die Masse des Schwingkreises, so das sich dieser nichtmehr mit den Tiefen Frequenzen anregen lässt. Somit ist verhindert daß das Element größere mengen Schallenergie absorbiert und in Wärme umwandelt.


    Aber ehrlich gesagt, bin ich der Meinung, das dieser Efekt zu vernachlässigen ist und die Hauptursache in der Erklärung von text&ton nachzulesen ist.


    Gruß Wolf

  • Zitat

    In Wahrheit wird dieser allerdings durch die viel zu lauten Höhen verdeckt, durch den hohen Pegel drehst Du gar nicht mehr weiter auf.


    Das kann man ja ganz einfach rausfinden, indem man mal schaut, wie weit man denn die Fader beim soundcheck hochgedreht hat und wie weit sie dann nachher wirklich hochgeschoben werden.
    Ist das wirklich lauter oder hört es sich nur so an?


    Engabstrahlende Lautsprecher sollten doch wohl helfen.
    Leider gibt es nur wenige engabstrahlende Bässe...


    Zitat

    Schon lange bevor es zu einem Trommelfellriß kommt, verbiegen sich die Gehörknochen und übertragen das Signal nichtmehr richtig.


    Hmm, das erklärt einiges. War mir nicht bekannt. Gilt das bei allen Frequenzen?

    »Wenn China erwacht, wird es die Welt erschüttern.« Napoleon Bonaparte (1769-1821)

  • So wie ich das gelernt habe verbiegen sich die Knöchelchen nicht (Amboß-Steigbügel) sondern knicken ganz ab, letzte Chance gegen Schwerhörigkeit. Problematisch sind vor allem explosionsartige Laute (Impuls), da das mechanische System zu langsam reagiert.


    Ich habe auch die sehr großen Planen im Verdacht. Im Prinzip werden diese ja durch die Bassimpulse angeregt und arbeiten gegensätzlich auf die durch den Impulsgeber verursachten Signale (Welle), bedingt durch die schwache Antwortschnelligkeit (ist ja auch noch ein in sich inkohärentes System).


    Bedingt durch den Flächeninhalt kann ich mir gut vorstellen daß gerade langwellige Signale bedämpft werden. Wenn ich mir noch die Elastizität der Planen anschaue müßte es ein kontinuierlichen Abfall zu den unteren Frequenzen geben.


    Somit müßte dann ja bei genügend kurzer Erregung kaum Effekt produziert werden, bei länger Erregung eben diese schwächliche, nach unten abfallende Basswiedergabe.

    Gruß Frank