Sprachverständlichkeit -> Welche Raummessungen sind nötig

  • Hallo Forum,
    welche grundlegenden Messungen sind für die Sprachverständlichkeitsermittlung in einem Raum notwendig und welches zeitgemäße Messequipment wird dafür benötigt?


    Ich nehme an, dass die Impulsantwort des Raumes ausgewertet wird.
    Welche Software bietet grad für solche Messungen ideale Voraussetzungen?


    Grüße
    matze

    "...stört es sie, wenn ich ein bisschen klatsche..."

  • Hi Matze,


    also die Standard Messung ist eigentlich inzwischen die STI (speech transfer index) Messung, da gibt es sogar ne Freeware dazu, die aber als 'Referenz' gehandelt wird. Die arbeitet 'klassisch', d.h. die Messung dauert etwas länger.
    http://www.hearingresearch.org/STI.htm
    Daneben bietet (fast) jedes IR bassierte Messystem die Möglichkeit einer entsprechenden Auswertung der Impulsantwort (oft allerdings als aufpreispflichtige Ergänzung ).
    Gängig sind z.B. praxis, SIA-acoustictools, MLSSA, WinAudioMLS
    Für SATlive gibt es (offiziel) noch nix, aber man kann da die Impulsantwort exportieren, und dann in der praxis demoversion (danke Bill) auswerten.
    Zu beachten ist noch, dass die STI Messung öfters verfeinert wurde, d.h. es gibt verschiedene Stufen (geänderte Bewertungsfaktoren, Berücksichtigung der Intermodulation etc.). Für wissenschaftliche Zwecke gibt es z.B. von Brüll und Klirr einen 'Mundsimulator' damit man noch realistischer messen kann. Auch ist bei den IR basierten Messungen der Einfluss des Umgebungslärms (wenn er interessiert) schwierig zu erfassen.


    Tomy

    SIM II Operator and Dante Level I-II-III (alles sogar zweimal :)
    Jugendschwimmabzeichen, Rettungsschwimmabzeichen in Bronze
    Meine kommerziellen Softwareprodukte SATlive und LevelCheck

  • Danke euch beiden!


    Was ist lesenswerte Literatur um mit dem ganzen Problem vertraut zu werden. Das Zeug messen ist eine Sachen, zu wissen was man mist und worauf es ankommt ne andere. Interessant in dem Zusammenhang vielleicht auch die ganzen Normen die dazu existieren.


    Grüße
    Matze

    "...stört es sie, wenn ich ein bisschen klatsche..."

  • Hallo,
    wir benutzen das von "Brüll und Klirr" (sehr schön, ich kannte bisher nur "Grün und Schwer")
    vertriebene Programm DIRAC. Ist aber sehr teuer. € 2650.


    Die Demo mit Handbuch kann man unter bksv downloaden.


    Falls nähere Infos über Stärken und Schwächen gewünscht, bitte kurze Nachricht.


    Neben dem STI gibt es noch andere Sprachverständlichkeitsparameter, die ggf. auch herangezogen werden können (z. B. D50, Ts).


    Gruß Ralf

  • Und dann? Was, wenn das Messzeugs eine schlechte Sprachverständlichkeit ausdrückt?


    Zum Glück konnte ich bislang immer noch mit den Ohren feststellen, ob ich verstehe was über Lautsprecher gesprochen wird. Bislang bin ich noch nicht in Vesuchung gekommen mir ein derart unnötiges (?) Meßgerät zuzulegen!
    Stefan

  • Im normalen Rock&Roll-Geschäft spielt die Sprachverständlichkeit eine untergeordnete Rolle.


    Anders sieht das beispielsweise bei der Installation von Notfallwarnanlagen aus (DIN EN 60849), oder wenn beispielsweise in einem Festzelt die PA auch als solche eingesetzt wird. (Interessant, wenn die Behörden einerseits dies fordern, andererseits die Installation eines Limiters verlangen, der die dafür erforderlichen Pegel unmöglich macht...)


    Die DIN 15906 ("Tagungsstätten") verweist explizit auf die DIN 18041 ("Hörsamkeit in kleinen und mittelgroßen Räumen"). Nehmen wir nun an, nach einem Industriejob (Hauptversammlung oder so...) verweigert der Kunde die Bezahlung mit dem Argument, die Sprachverständlichkeit wäre unzureichend gewesen. Oder gar ein Aktionär ficht die Beschlüsse der Hauptversammlung mit diesem Argument an.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Zitat von "rockline"

    Und dann? Was, wenn das Messzeugs eine schlechte Sprachverständlichkeit ausdrückt?


    Zum Glück konnte ich bislang immer noch mit den Ohren feststellen, ob ich verstehe was über Lautsprecher gesprochen wird. Bislang bin ich noch nicht in Vesuchung gekommen mir ein derart unnötiges (?) Meßgerät zuzulegen!
    Stefan


    Inzwischen gibt es auch Ausschreibungen etc. wo explizit Werte für die Sprachverständlichkeit (eigentlich immer STI) gefordert wird.
    Ich denke, STI ist einfach das genaueste Verfahren, die anderen waren Hilfsverfahren, die deutlich weniger Aufwand bei der Auswertung erfordert haben. Sie sind immer noch nützlich, speziell wenn man die Ursache für einen schlechten STI finden will, aber zur Bewertung ist im Moment STI 'Stand der Technik'.


    Tomy

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  • Was soll man dann machen? Wenn ich in einer Halle mit derart schlechten Akustikverhältnissen bin das nichts zu machen ist, dann kann ich am Controlersetup schrauben was ich will, kann Delaystrecken einrichten und am EQ mein Glück versuchen - es wird ohne bauliche Maßnahmen nichts werden!


    Und dann? STI Aussage via Messung schön und gut - aber praktisch merke ich das ja auch so, dass mit der Bude was nicht stimmt!
    Stefan

  • Hi Rockline,


    da stimme ich dir zu, STI wird für mobile Beschallungen m.E. in der nächsten Zeit keine Bedeutung haben.
    Im Installationsbereich, speziell im Bereich Durchsageanlagen, hat die Messung durchaus ihren Platz.
    - Man kann Probleme dokumentieren (z.B. Kunde sagt: 'Man versteht nix', du sagst 'Ich versteh alles, sie sind ja taub', dann kann man den STI messen, und hat eine Zahl. Wenn der gemessene STI auch schlecht ist, dann muss man was machen).
    - Man kann die (un)Wirksamkeit von Raumakustischen Massnahmen überprüfen und dokumentieren.
    - Ich mache beim Einmessen inzwischen auch immer ein paar STI Messungen mit, speziell wenn der FOH ungünstig steht. Dann weiss ich in etwa, was geht und was nicht.


    Tomy

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  • Zitat von "rockline"

    Was soll man dann machen? Wenn ich in einer Halle mit derart schlechten Akustikverhältnissen bin ...


    Schlechte Sprachverständlichkeit liegt nicht nur an der Raumakustik, sondern beispielsweise auch daran, dass die Anlage im Vergleich zu den Umgebungsgeräuschen (Bsp. Publikum) zu leise ist.


    Ok, bei Dir ist die Gefahr wohl vernachlässigbar. Aber wenn jemand für ein Festzelt eine Anlage hängt, das Ordnungsamt ihm 85 dB(A) vorschreibt, und der deswegen eine Handvoll Control One hängt. Reicht halt im Alarmierungsfall nicht... (Ok, reicht auch sonst nicht, aber was will man tun bei solchen Auflagen... :roll: )




    Manchmal reicht es auch aus, die Anlage umzuhängen: Nicht 08/15 hochgestackt und auf die Rückwand gebretzelt, sondern geflogen und auf's Publikum gerichtet.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Diese Art der Messung hat auch im Livebereich ihren Sinn.


    Die angesprochenen Anwendungen sind für den einen oder anderen Beschaller gar nicht so selten.


    Da wir ja alle an Qualitätssteigerung interessiert sind, ist es vielleicht garnicht schlecht sein Gehör mittels eines täglich gleichen Programms zu ergänzen.


    Steffen

  • ... der STI kann sich z.B. bei "bassiger" Wiedergabe verschlechtern ... manchmal wird - gerade bei (gleichmässigem) Umgebungslärm - ein Sprachfilter verwendet, wodurch "nicht so wichtige Frequenzbereiche" dann abgesenkt werden (was für die Ermittlung der "wahren" Sprachverständlichkeit auch irgendwie sinnvoll ist) ...