Winkelung von Linearrays und Phasing

  • Hallo allerseits!


    Mich plagt zur Zeit eine Frage beim Winkeln von Linearrays:
    Wenn ich ein System mit z.B. 7,5° vert. Öffnungswinkel kleiner als 3,75° pro Modul winkele, dann müssen sich doch im HT-Bereich Interferenzen ergeben.


    Mein Eindruck wurde jetzt zweimal bestätigt, als ich zum Einen eine d&b Q (großer vert. Öffnungswinkel von 15°) mit drei Q1 und einem Q7 Modul mit je 7° und die Q7 mit 14° gewinkelt habe (besserer Sound als 6x Q1 mit 0-4 Grad Winkelung) und zum anderen W8LM (vert. Öffnungswinkel 7,5°), das mit mind. 4° je Modul viel besser klang als kaum gecurved.


    Mir ist bewusst, dass man normalerweise durch die Winkelung aller Elemente in einem Array den vertikalen Öffnungswinkel bestimmt.
    Jedoch: Was passiert, wenn man den vert. Öffnungswinkel der einzelnen Module unterschreitet in Bezug auf Interferenzen im HT-Bereich?


    Und wenn ich nun z.B. ein Q-System mit 7° je Modul winkele habe ich zwar einen schöneren HT-Bereich, aber andererseits reißt die Wellenfront natürlich durch das starke Curving auch früher auf, wodurch ich wiederum vertikale Ausreißer im HT-Bereich habe.


    Bei allen diesen Überlegungen ist mir bewusst, dass man normalerweise das Curving dazu verwendet, um eine gleichmäßige Lautstärke über den gesamten Publikumsbereich zu erhalten.
    Diese Prämisse gilt für meine oben dargestellten Überlegungen nicht. Es gibt genug Veranstaltungen, bei denen ein Linearray eingepackt wird, obwohl ein "normaler" Pegelabfall in den hinteren Bereich gewünscht ist. Dann winkele ich eben eher nach Sound und nicht nach Pegel.



    Was sagt ihr zu der Winkelungsproblematik? Modul zu Modul < vert. Öffnungswinkel = Schlechterer Sound? Oder doch nicht? Warum bzw. warum nicht?


    Grüße,
    Hermann



    Edit: Zwar sollte Distanz der Treiber bei Frequenz kleiner als Lamda/4 eine als einzige Schallquelle agieren, jedoch habe ich den Eindruck, dass gerade bei kleinen Linearray-Systemen ein curving nach dem nominellen vert. Öffnungswinkel einen massiv besseren Sound bringt...

  • Zitat von &quot;hermste&quot;

    Mein Eindruck wurde jetzt zweimal bestätigt, als ich zum Einen eine d&b Q (großer vert. Öffnungswinkel von 15°) mit drei Q1 und einem Q7 Modul mit je 7° und die Q7 mit 14° gewinkelt habe (besserer Sound als 6x Q1 mit 0-4 Grad Winkelung)


    Irgendwie klingen deine Winkel seltsam ... benutzt du den Exel Q-Calculator, oder gehts du nach Trail & Error vor? Denn ein Q-System mit 3x 7Grad + 1x 14 Grad hat doch eine völlig andere Covarage & Klang als 6x O1 mit 0-4 Grad. Normalerweise nehmen die Winkel ja im Nahfeld zu, wg. Pegelverteilung.


    Ich hatte persönlich nie Probleme mit dem HF Bereich bei der Q, bin allerdings kein Line Array Theoretiker und kann dazu nichts sagen. Ein Curving nach Calkulator mit einigen kleinen Abweichungen (Erfahrungswerte) hat immer sehr gute Ergebnisse gebracht.


    Aber hier gibts ja genug Jungs die sich mit der Physik auskennen

  • Zitat von &quot;hermste&quot;


    Edit: Zwar sollte Distanz der Treiber bei Frequenz kleiner als Lamda/4 eine als einzige Schallquelle agieren


    Moment, die Krümmung der Wellenfront sollte kleiner sein als Lambda/4! Der Abstand der Quellen zueinander sollte kleiner sein als Lambda/2.


    Dieses "Lambda/2-Gesetz" ist aber kein k.o.-Kriterium. Wenn der Öffnungswinkel entsprechend klein ist, darf der Abstand durchaus größer als Lambda/2 sein. Auf Hauptabstrahlachse ändert sich dabei annähernd nichts, lediglich die Nebenmaxima off axis werden größer (je größer der Öffnungswinkel, desto stärker die Nebenmaxima).


    Bei fast jedem Line-Array ist der Abstand der Quellen (bzw. der akustischen Zentren der einzelnen Quellen) zumindest im Hochtonbereich größer als Lambda/2. Durch die Waveguides wird aber ein sehr enger Öffnungswinkel erzielt. Dieser Öffnungswinkel ergibt sich im Wesentlichen aus den Abmessungen der Schall abstrahlenden Fläche (in der Regel also aus der Höhe des Waveguides). Reell ist aber jeder Waveguide - auch wenn er tatsächlich eine völlig ebene Wellenfront (oder gar eine konkav "vorgeformte" wie beim Cohedra) produziert - als diskrete Quelle zu betrachten.


    Der vertikale Öffnungswinkel eines Line-Array-Elementes stellt natürlich stets einen Kompromiss dar – auf der einen Seite werden mit einem kleinen Öffnungswinkel negative Interferenzeffekte minimiert, auf der anderen Seite ist ein geringer Öffnungswinkel aber hinderlich, wenn man das Array curven möchte.


    Grundsätzlich gilt, dass ein Waveguide mit einem großen Öffnungswinkel eine starke Krümmung der Wellenfront aufweist und umgekehrt. Mit diesem Hintergrund kann man es sich gut vorstellen, dass die Hochtonabstrahlung beim Q1 mit kleinen Winkeln zwischen den Elementen nicht optimal ist. Umgekehrt reißt die gesamte Wellenfront bei einem Array mit einem kleinen Öffnungswinkel entsprechend schnell auf, wenn man die Winkel zwischen den Elementen zu groß macht.

  • Zitat von &quot;oTon&quot;


    Irgendwie klingen deine Winkel seltsam ... benutzt du den Exel Q-Calculator, oder gehts du nach Trail & Error vor? Denn ein Q-System mit 3x 7Grad + 1x 14 Grad hat doch eine völlig andere Covarage & Klang als 6x O1 mit 0-4 Grad. Normalerweise nehmen die Winkel ja im Nahfeld zu, wg. Pegelverteilung.


    Hallo Marcus,


    danke für Deine Antwort,
    ich nutze grundsätzlich auch den QCalc. Jedoch kann der QCalc halt gewisse Faktoren nicht miteinschließen. Z.B. wenn ich eben eine ungleichmäßige Pegelverteilung haben will, oder wenn ich weiß, ich möchte einen möglichst guten Sound und damit verbunden eine stärkeres Curving.


    Meistens vetraue ich meinen Ohren und meiner Erfahrung mehr als dem QCalc.
    Wenn der QCalc 0° vorschlägt, dann mache _ich_ das nicht.
    Dann lieber z.B. ein Top weniger und dieses als Frontfill hingelegt.
    Manchmal möchte ich eine ungleichmäßige Pegelverteilung haben (z.B. dass der Pegel nach x Metern massiv abfällt, um Anrainerbeschwerden zu entgehen - oder wenn eben nicht mehr Publikum erwartet wird bzw. die zu beschallende Fläche nicht besonders tief ist...)


    Ich traue mir zu sagen, dass ich auf eine gesamte Beschallungssituation betrachtet (Diffusschallanregung, Absorptionsbereiche, Pegelverteilung, Offaxis-Response) "klüger" bzw. eben intelligent arbeiten kann, was der QCalc naturgemäß als Rechner nicht kann.


    Wenn es um eine gleichmäßige Pegelverteilung geht, ist QCalc sicherlich ein sehr nützliches Tool.
    Das ist halt meine Erfahrung... machst Du da andere Erfahrungen?


    Zitat von &quot;Volker Holtmeyer&quot;


    Moment, die Krümmung der Wellenfront sollte kleiner sein als Lambda/4! Der Abstand der Quellen zueinander sollte kleiner sein als Lambda/2.


    Hallo Volker,
    danke für Deine Korrektur, da habe ich etwas durcheinandergebracht.


    Den Abstand der Schallquellen (der < Lambda/2 sein soll) verändere ich durch das Curving ohnehin nur sehr gering (im Millimeter-/Zentimeterbereich), nicht wahr?


    Jedoch die Krümmung der gesamten Wellenfront verändere ich durch progressives Curving massiv...
    Ich verstehe Deinen Satz:

    Zitat von &quot;Volker Holtmeyer&quot;


    [...] die Krümmung der Wellenfront sollte kleiner sein als Lambda/4 [sein]


    noch nicht.
    Die Krümmung in welcher Einheit? Radiale Winkelgrad? Wie kann ich Grad mit 1/4 Wellenlänge (in cm/mm) vergleichen? Wie stellt man diese Formel an?
    Verstehe ich es richtig, dass bei Curving mehr als 1/4 Lambda die Wellenfront aufreißt (im HF-Bereich zuerst, weil Lambda kleiner)?


    Was passiert, wenn der Waveguide einen großen Öffnungswinkel aufweist und ich trotzdem gering curve? Gibt es "nur" die normalen Interferenzprobleme in Form von Phasing oder reißt die Wellenfront (weil die Krümmung nicht dem Öffnungswinkel entspricht) auf und bildet Nebenmaxima?


    Verstehe ich es richtig, dass das klangliche Idealcurving dem vert. Öffnungswinkel (je Modul) entspräche und trotzdem die Gesamtkrümmung kleiner Lambda/4 wäre, wodurch die Wellenfront nicht aufreißt und die Krümmung vom Waveguide übernommen wird?



    Danke für Eure Hilfen und viele Grüße,
    Hermann

  • Mit der maximalen Krümmung der Wellenfront von Lambda/4 meine ich den "Ripple", der durch die Wellenfronten der einzelnen Waveguides entsteht (in der Grafik also der Abstand s).



    Grafik: L' Acoustics


    Durch das Curving des Arrays wird dieser "Ripple" quasi kleiner - nicht größer! Bei 0° zwischen den Elementen ist dieser "Ripple" maximal.


    Zitat von &quot;hermste&quot;


    Verstehe ich es richtig, dass das klangliche Idealcurving dem vert. Öffnungswinkel (je Modul) entspräche und trotzdem die Gesamtkrümmung kleiner Lambda/4 wäre, wodurch die Wellenfront nicht aufreißt und die Krümmung vom Waveguide übernommen wird?


    Gratulation - Du hast eine der Grundideen, die hinter der Entwicklung der JBL VRX-Serie stecken, entdeckt! :D


    Zitat von &quot;hermste&quot;


    Was passiert, wenn der Waveguide einen großen Öffnungswinkel aufweist und ich trotzdem gering curve? Gibt es "nur" die normalen Interferenzprobleme in Form von Phasing oder reißt die Wellenfront (weil die Krümmung nicht dem Öffnungswinkel entspricht) auf und bildet Nebenmaxima?


    Es wird in Hauptabstrahlrichtung im Hochtonbereich Interferenzen geben. Bei den Nebenmaxima wird sich so gut wie nichts ändern.