I don't need that, 2.0

  • Versetzt Euch doch einfach mal in die Situation eines altgedienten Musikmuckers, der seit Jahrzehnten gewohnt ist, mit seinem hochprofessionellen hamsterkäfigoiden Boxenkonglomerat die Anforderungen seines Stammpublikums zu erfüllen, und zwar ohne dass ihm irgendjemand auch nur in den geringsten Aspekt seiner Performance dreinredet. Und dann schlägt der plötzlich auf einer Stadtfestbühne auf, wo sich ihm suspekte Gestalten mit Cargohosen und schwarzen T-Shirts nähern, um dafür zu sorgen, dass man den "schönen fremden Mann" nicht nur auf der Bühne, sondern vielleicht auch in etlichen Metern Entfernung hört.


    Diese ganze Situation ist, wenn man sie nur selten erlebt, dermaßen ungewohnt und bizarr, dass man sich verständlicherweise lieber in die eigene Komfortzone zurückzieht und das ganze lieber mit der eigenen Materialsammlung durchzuziehen versucht, nur um die ganzen Unbekannten aus der Gleichung zu nehmen.


    Mit Qualität hat das erst in zweiter Linie zu tun.

    Den begabten und erfolgreichen unter den Musikern die so denken und das fordern ist das Frontholz furchtbar egal. Die wollen sich auf der Bühne über ihre gewohnten 15/3er Wedges, Doppelzwölfer-Brüllkübel oder auch Bose 802 hören und gut ist. Warum auch nicht?

    Problematischer ist die Fraktion Coverbands und Zeltfestcombos deren uralte Dynacord-Anlage mit Zeck-Mischpult in erster Linie dazu dient kleine und auch etwas grössere Mängel in Zusammenspiel und Intonation durch fehlende Detailtreue in der Wiedergabe zu verdecken. Die winden sich natürlich wie die Aale wenn man sie auf ausdrücklichen Wunsch des Veranstalters (z.B. weil es eine behördliche Pegelbegrenzung gibt) an eine zumeist viel hochwertigere Fremd-PA anschliessen will...

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

  • ein profi ist man imho erst dann, wenn man auch auf zweitklassigem material ein erstklassiges ergebnis erstellen kann.

    Kommt drauf an was man als zweitklassig versteht. Ist ein Neumann Mikrofon zweitklassig im Vergleich zu einem Schoeps? Ist eine dLive Zweitklassig zu einer Lawo/SSL/Stagetec Konsole?
    Dann stimme ich dem zu. Versteht man unter Zweitklassig allerdings das abgerockte Analogpult ohne Mittenparametrik und ohne nennenswertes Outboard auf einer mittelschlechten PA mit einem Mikrofonset im Gesamtwert eines Neumann-Mikrofons bin ich scheinbar kein Profi :)
    Gegen so etwas weigere ich mich. Das ist dann nur Schadensbegrenzung, da kann ich zu keinem erstklassigen Ergebnis kommen. Vielleicht kann das ein anderer Mischer, und ich bin zu wenig Profi ;)

  • das siehst du jetzt ein bisschen zu eng, du hast meine botschaft nicht erfasst.

    mir geht es nicht darum das man erstmal entscheiden muss, was nun erstklassiges material ist und was nicht. mir ging es darum, dass ein profi auch unter nicht ganz optimalen vorraussetzungen einen guten job abliefern können muss. wenn er das nicht kann, wird er sicher nicht sehr oft gebucht.8o

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • das siehst du jetzt ein bisschen zu eng, du hast meine botschaft nicht erfasst.

    doch doch, nur ist die Aussage eben ein zweischneidiges Schwert ;) In meiner Anfangszeit hinter den Reglern habe ich das oft als Ausrede gehört, warum der Mischer das doch auch mit dem vorhandenen Material hinbekommen muss, auch wenn dort wild zusammengewürfeltes Zeug stand, das man als zweitklassig beschreiben könnte.

  • Voraussetzung ist natürlich immer, dass die Anlage richtig aufgebaut und eingestellt ist. Außerdem gibt es natürlich eine Minimalgröße.

    Aber das kann man auch bei teurem Material versauen.

    Ich hätte am Ende dann doch lieber eine ausreichend große, in sich stimmige PA vom großen T, als irgend was zu kleines und verkorkstes von d&b.

  • Ich fühlte mich gestern total in diese Diskussion versetzt. Als Mischmann gebucht kam ich zur Veranstaltung. Alles schon da, alles schon aufgebaut, verkabelt und Soundcheck wurde gemacht. Mein Job war es nur, die Fader zu schubsen und die Instrumenten-Playbacks zu starten.


    So eine Situation hatte ich noch nie. Blöd war nur, dass für mich keine Möglichkeit vorgesehen war, das Ganze zu testen - denn auch die Gäste waren alle schon da und warteten gespannt auf den Act.


    Also mal blind eine Faderposition eingestellt, die passen könnte. Eine hand am Master, die andere an den Fadern. Augen zu und los.


    Zum "Glück" war zuerst noch eine kurze Ansprache. So konnte ich mich immerhin mal an die Master-Lautstärke machen. Blöd nur, dass der GBF extrem klein war und die Mikrofone nicht gut klangen. Prompt hatte ich die erste Rückkopplung bei der Ansprache irgendwo um die 5kHz. Aber das war jetzt mit dem Setup schwierig in den Griff zu bekommen...

    (nein, Outboard gab es nicht)


    image.jpg


    Am Ende war es eine Mischung aus IWMO und IDN; zwar war es sehr angenehm, wenn man so gar nix machen muss und alles ready ist und am Ende auch alle happy sind, auf der anderen Seite hätte ich lieber vorher gewusst, was mich erwartet und selber den Soundcheck gemacht.

    Der Ton macht die Musik.

  • IDN:

    die opanair-saison hat wieder begonnen. und damit leider auch die tatsache, dass manche pulte bei sonnenlicht nicht mehr sicher bedienbar sind.

    was tat mir der kollege leid, der auf einem ihm nicht gut bekannten pult (SI Performer) drei ihm nicht bekannte bands mit knapp kalkulierter zeit (10-15min changeover) und bei schräg von vorne kommendem sonnenlicht arbeiten musste.

    ich hatte zum glück nur eine band zu mischen - und mein eigenes pult am start. dusel gehabt!

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • IDN:

    die opanair-saison hat wieder begonnen. und damit leider auch die tatsache, dass manche pulte bei sonnenlicht nicht mehr sicher bedienbar sind.

    Jetzt bin ich vielleicht ein Ewiggestriger, und habe seit zehn Jahren keinen ernsthaften Ton mehr gemacht, aber: So 'ne XL200 bzw., wenn's groß sein sollte XL4 hatte schon ihren spröden Charme... 8)


    Mit freundlichen Grüßen vom massiv sehbehinderten Tobias Zw.

  • IDN:

    die opanair-saison hat wieder begonnen. und damit leider auch die tatsache, dass manche pulte bei sonnenlicht nicht mehr sicher bedienbar sind.

    was tat mir der kollege leid, der auf einem ihm nicht gut bekannten pult (SI Performer) drei ihm nicht bekannte bands mit knapp kalkulierter zeit (10-15min changeover) und bei schräg von vorne kommendem sonnenlicht arbeiten musste.

    ich hatte zum glück nur eine band zu mischen - und mein eigenes pult am start. dusel gehabt!

    Was lob ich mir mein eigenes, schnell aufklappbares FOH-Zelt - außen schwarz, innen silber beschichtet. Im Zeitalter der Displays ein echter Gewinn.

  • Was lob ich mir mein eigenes, schnell aufklappbares FOH-Zelt - außen schwarz, innen silber beschichtet. Im Zeitalter der Displays ein echter Gewinn.

    und was nützt dir das, wenn die sonne von vorne kommt?8)



    das gestellte FOH zelt war nicht nur aussen schwarz, sondern auch innen. ich hatte deshalb null probleme mit dem ablesen meiner bildschirme, weil die eben in einem ganz anderen winkel angebracht sind als das minidisplay am performer. ausserdem kann ich meine LEDs sehr hell einstellen, was am lokalen pult aber ebenfalls nicht ging.

    auf die idee mit der abdeckung, wie von Marcus vorgeschlagen, sind die kollegen leider nicht gekommen, obwohl der mischerkollege viel übung mit Digico hat. schade, aber nu isses zu spät.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang