I don't need that, 2.0

  • 'Aufgrund der rechtlichen Situation sind Veranstaltungen mit Beschallungsanlagen nach 22Uhr nicht mehr durchführbar' so hat es schon vor Jahren die Stadt Erlangen festgestellt.

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  • Werte nach TA Lärm sind normalerweise die Werte, die Anwohner einklagen könnten. Oft wird aber in den Amtsstuben beim Erstellen der Genehmigung aus 60dBA Leq2h am Fenster des Nachbarn (im Übrigen mit Klasse1 Equipment zu messen) 60dBA Slow am FoH (mit Klasse 3 Handheld SPL Meter) :(


    Ist das nicht eigentlich ein Leq 16h in der Tagzeit und ein Leq 8h in der Nachtzeit?

    wenn man nämlich nur 2h Konzert hat und aber der Tageszeitraum gilt hat man ja schon 9 dB gewonnen. Also ausgehend von 10*log10(2/16). Natürlich kommen dann wiederum Zuschläge für Impulshaltigkeit und Informationshaltigkeit hinzu.


    Aber ja, hier hat auch gerade der Leiter des örtlichen Ordnungsamtes gewechselt und dieser zeigt auf einmal sehr viel Interesse für Lautstärkebegrenzungen, vielleicht bringt ein lösungsorientiertes Gespräch mit ihm ja schonmal etwas.

  • Hi,
    Sorry, hab das mit der 18. BLmSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) verwechselt, dort heisst es


    An Werktagen gilt für Geräuscheinwirkungen

    tags außerhalb der Ruhezeiten (8 bis 20 Uhr) eine Beurteilungszeit von 12 Stunden,

    tags während der Ruhezeiten (6 bis 8 Uhr und 20 bis 22 Uhr) jeweils eine Beurteilungszeit von 2 Stunden,

    nachts (22 bis 6 Uhr) eine Beurteilungszeit von 1 Stunde (ungünstigste volle Stunde).


    Bei der TALärm ist es tatsächlich der Leq16 tagsüber, Ab 20:00 gibt's einen Zuschlag von +6dB, somit sind die 9dB schon fast wieder weg.

    Nachts (ab 22:00) gilt die lauteste Stunde, d.h. eigentlich ein Leq1h.

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  • Werte nach TA Lärm sind normalerweise die Werte, die Anwohner einklagen könnten.

    Je nach dem, ob gewerblicher Lärm oder Freizeitlärm.


    Die Freizeitlärmrichtlinie 2015 bietet den Behörden enorme Möglichkeiten, Dinge noch zu genehmigen. Wenn ein Bundesland die aber noch nicht umgesetzt hat und mit der Freizeitlärmrichtlinie 1998 arbeitet, dann ist es quasi die TA Lärm.


    Wobei man in manchen Fällen über 60 dB schon froh wäre...


    Hatte neulich ein Festival in Mecklenburg-Vorpommern (die haben die Freizeitlärmrichtlinie 2015 noch nicht umgesetzt, und die erlaubten Tage für außergewöhnliche Störereignisse waren schon ausgeschöpft), die war auf 45 dB beschränkt (lauteste Nachtstunde), beim nächsten Anwohner, so zwischen 500 und 600 m entfernt. Musik so etwas in die Richtung Elektro, Techno, ich kenne mich da nicht aus. Vier Floors, knapp 2000 Personen, OpenAir.


    Da die vorherigen Veranstaltungen die Anwohner und die Behörde schon erheblich verärgert hatten, war da kein Spielraum.


    Geht das?


    War letztlich vom Wetter abhängig.


    In der Nacht vom Freitag auf Samstag haben wir die Werte sogar noch klar unterschritten. Die Veranstaltung war am Messpunkt so wenig hörbar, dass ein Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit von 0 dB sachgerecht war. Selbst mit 3 dB Zuschlag hätten wir die 45 dB noch eingehalten.


    Klar, auf den Floors war es nicht laut, unter 90 dB, und das hat zu meiner Verwunderung funktioniert. Klar, alle Floors mit Limiter, das Signal dürfte wohl fast immer hart gegen den Limiter gefahren worden sein, auch das hat bei dieser Musik funktioniert, auch das zu meiner Verwunderung.


    Ok, kurz nach Mitternacht mussten 20 Sekunden herausgerechnet werden, weil irgendjemand auf dem Campingplatz Pyro gezündet hat (musste da ein Geburtstag gefeiert werden? Ich weiß es nicht...). Aber ist ja sachgerecht, da nicht der Beschallung zuzurechnen.


    Und ja, die Peaks im Messprotokoll kamen von vorbeifahrenden Autos, wiehernden Pferden, muhenden Kühen...


    In der Nacht von Samstag auf Sonntag muss es eine witterungsbedingte Änderung gegeben haben, keine Ahnung was, wir waren auf den Floors nicht lauter, aber beim Messpunkt. Nicht viel, so um die 3 bis 5 dB, aber es musste nun auch ein Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit von 3 dB gegeben werden, und so waren wir leicht über den 45 dB (je nach Nachtstunde zwischen 0 und 3,6 dB drüber).


    Nach meiner Information hat es auch da keine Beschwerde gegeben. (Wenn die vorherigen Veranstaltungen ihre Anlagen "normal" betrieben hatten, dürften sie so 20 dB drüber gelegen haben, von daher war auch diese leichte Überschreitung recht anwohnerschonend...). In der Nacht hat ich auch ein Gespräch mit der Polizei, die mit eigenem Messgerät (nichts, was Leq konnte, schon gar nichts eichfähiges...) am Messpunkt vorbei kam. Der Beamte wusste natürlich nichts von den ganzen Zuschlägen, der sah auf seinem Display Werte so zwischen 40 und 45 dB und war zufrieden.


    Erkenntnisse:

    • Diese Musikrichtung führt wegen ihrer Gleichmäßigkeit zu recht geringen Impulszuschlägen (die Limiter taten sicher ihr Übriges)
    • Diese Musikrichtung ist auch "limiterfreundlich"
    • Ausrichtung der Bühnen und gerichtete Bassabstrahlung bringt etwas
    • Was ich schon lange "predige", hat sich hier wieder bestätigt: Der Nachtwert ist auch der Tagwert. Was für den Tag genehmigt wird, und dass man das auch noch über 16 Stunden mitteln darf, kann man völlig ignorieren. Man kann bei solchen Festivals nicht um 22:00 Uhr leiser machen. Man muss von Anfang an leise sein, dann gibt es am wenigsten Stress.
    • Gegen das Wetter ist man machtlos.
    • Wenn einem keine Behörde "im Nacken sitzt" und man das ausnutzt, dann werden die Anwohner sauer, und die nächsten Veranstaltungen werden das ausbaden müssen. Ziemlich unkollegiales Verhalten...

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Man könnte auch noch die 3dB, die die TALärm bei überwachten Immissionen anbietet reinrechnen.
    Dann kam mir gestern die (höchtwahrscheinlich extrem dumme) Frage, ob fremdsprachliche Texte in Deutschland auch einen Informationsgehalt haben...

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  • Zitat von Leitlinie des Ministers für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung zur Ermittlung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschimmissionen

    1.10 Informationshaltigkeit

    Geräusche sind informationshaltig, wenn sie in besonderer Weise die Aufmerksamkeit einer Person wecken und sie zum Mithören unerwünschter Informationen anregen.

    Nur wenn man die Sprache ansatzweise versteht... Hier in Berlin irrelevant, da wahrscheinlich irgendwer in der Nähe die Sprache verstehen wird...

  • Ich habe für mich übrigens festgestellt das man gute Erfolge erzielen kann wenn man das Thema proaktiv angeht. Also im Vorfeld mit dem Veranstalter und evtl. Auch der Behörde sprechen, und messen auch wenn es gar nicht explizit fortgeschrieben ist.

    Das hat hier und da echt geholfen wenn die Behörde schon gespeichert hat „da wo die sind ist erst mal alles in Ordnung“.

    Das spart denen evtl. Unnötige Arbeitszeit am Wochenende, und das mögen fast alle ;)

    Privater Account mit meiner persönlichen Meinung.

    Sollte es ein Problem mit meiner Neutralität zu einem Thema geben mache ich das im Beitrag kenntlich. :thumbup:

    http://www.noon.ruhr


    Application Support Engineer - HK Audio

  • Naja, „z‘weng und z‘vü is des Noarrn sei Züh“ heisst es bei uns. So sind eben die 60 dB genauso daneben wie 140 dB am FOH, finde ich.

    Allerdings sind wir ja nimmer weit davon entfernt, dass auf Wacken nur mehr Silent Stage angesagt ist und die Zuseher das akustische Ereignis auf ihr Handy gestreamt bekommen, das sie dann mit ihren Earplugs hören können. Für Hersteller von Lautsprechersystemen gibts dann keine Existenzgrundlage, aber wen kümmert das schon? Ist ja eh eine Nischenbranche.

  • Dann kam mir gestern die (höchtwahrscheinlich extrem dumme) Frage, ob fremdsprachliche Texte in Deutschland auch einen Informationsgehalt haben...


    Haha ja, darüber haben wir uns letztens auch schon lustig gemacht. Interessant ist auch die Vorgabe, ab wann denn in jedem Fall 6 dB zuschlag für Musik gegeben werden müssen. Ich meine mich zu erinnern dass in der Freizeitlärmrichtlinie etwas von "deutlich hörbar" steht. Da gibt es nunmal auch sehr viel Interpretationsspielraum, je nach Gutachter.

  • da wird es dann aber noch mehr zuschlag geben müssen, denn die leute werden ihre ohren spitzen um zu verstehen, was da gesungen wird... ;)

    Ja, aber wenn überhaupt keiner was verstanden hat, dann kann's ja auch nicht zu laut gewesen sein!

    Und falls doch zufällig ein Finne zugehört haben sollte, wäre das sicher der Letzte der sich über die Lautstärke beschweren würde. :)

    Viele Grüße,
    Fux