Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz - schon reagiert?

  • Hallo Gemeinde,


    der 10. September rückt näher. Ab diesem Stichtag dürfen Fahrzeuge zur Güterbeförderung nur noch gefahren werden, wenn Fahrer, die nach diesem Termin ihren Führerschein der C-Klassen bekommen, eine "beschleunigte Grundqualifikation" von 140 Stunden absolviert haben.


    Fahrer mit FS-erteilung vor diesem Tag haben Zeit, bis 10.09.2014, in bestimmten Fällen auch bis 2016 eine Weiterbildung von 35 Stunden zu absolvieren. Diese kann auch in je 7-stündige Einheiten aufgeteilt werden.


    Die in dem Gesetz verankerte Ausnahmeregel für "Handwerker" greift NUR für Deutschland.


    Wie steht ihr dazu? Habt ihr davon noch gar nicht gehört? Wisst ihr schon davon und habt ihr Maßnahmen für die Zukunft z.B. bei euren Azubis geplant? Über eure Meinung und Infos bin ich gespannt.


    Grüße,
    Falco

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  • Na ja, ich sag´s mal so: es ist nicht viel anders als bisher;


    - bis 3,5 to kommt es nicht zur Geltung
    - es gilt nicht bei: "Kraftfahrzeugen zur Beförderung von Material oder Ausrüstung, das der Fahrer oder die Fahrerin zur Ausübung des Berufes verwenden, sofern es sich beim Führen des Kraftfahrzeuges nicht um die Hauptbeschäftigung handelt (z. B. Maler, Maurer, usw. Personen deren Geschäft nicht die Güterbeförderung oder die Personenbeförderung ist)."
    - es "gilt nicht für den privaten Bereich oder für Fahrzeuge, die mit den Führerschein B gefahren werden dürfen"


    (Zitate von hier: http://www.personenverkehr.eu/Gesetze/BKrFQG.htm)


    Wie schon früher und auch hier diskutiert kann der Techniker eben nicht mal so nebenbei den LKW (z.B. 7,5 oder 12 to) fahren. Sonst wird´s teuer.

  • Hallo,


    so wie ich das verstehe, muß der Techniker nebenbei den LKW fahren. Denn dessen Hauptbeschäftigung ist der Job, den er mit dem Material machen soll.


    Beispiel aus eigener Praxis:
    Letztens mußte outdoor eine kleine LED-Wand aufgebaut und betrieben werden. Also mit Truss und Balasttanks, somit war der 7,5to gefüllt. Leider war der VA-Ort 100km entfernt vom Lager. Ich wurde gebucht für den Aufbau und Betrieb der Videotechnik. Doch wie kommt die Wand zu dem Veranstaltungsort? Hätte ich den LKW fahren dürfen? Führerschein habe ich sogar für Klasse 2 vor Jahren mal gemacht.
    Grade heutzutage gibt es auch in unserer Branche viele Fahranfänger, die nicht mal einen 7,5to lenken dürfen.
    Wenn man nun einen extra LKW Fahrer bucht, dann wäre der ja als Berufskraftfahrer unterwegs?


    Wie wäre das in Zukunft?


    Gruß,
    hell

  • Hallo Gemeinde,


    auch der Engländer wird seinen Leitsatz ändern oder hat es sogar getan. Diese Regelung kommt, wie fast alles, aus Brüssel und gilt in ganz Europa. Die Engländer setzen übrigens die Regeln im Tourneegeschäft vorbildlich um. Dort werden mittlerweile nicht mehr nur Doubledrives sondern, wenn nötig Triple-drives gefahren. Die Fahrer werden bei namhaften Truckingfirmen nicht nur eingeflogen, sondern können vorher ins Hotel und sich ausruhen und nachher teilweise ebenso. Das ganze wird dann auch bezahlt.


    Die Regel an sich finde ich auch recht gut. Endlich werden alle auf einen Mindestausbildungsstand gebracht.


    Zurück zum Kernthema: Die BAG und der Bund-LänderAusschuss, in dem solche Auslegungsfragen behandelt werden, sagen ganz klar, dass die Auslegung für die Haupttätigkeit NUR in Deutschland greift. Ein Fahrer, der also ins Ausland fährt und dann nach Ablauf aller Fristen nicht die Schlüsselnummer 95 im Führerschein stehen hat, bleibt stehen und zahlt.


    Abgesehen davon gilt im Werksverkehr, dass der nur von EIGENEM PERSONAL durchgeführt werden darf. Damit ist ganz explizit ANGESTELLTES Personal gemeint.

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  • Hallo Falco,


    zunächst einmal Danke für die Erinnerung an den Termin.


    Frage: Wer bietet denn diese Weiterbildungskurse an? Bei uns im Saarland konnte mir noch niemand eine Antwort geben.

  • Hallo Wolfgang,


    die zugelassenen Anbieter sind erstmal alle Fahrschulen, die auch die C-Klassen unterrichten. Daneben sind es TÜV und DEKRA (natürlich) und andere Anbieter. Informationen sollte Dir Deine IHK geben können, da die auch die Prüfungen abnehmen und die Straßenverkehrsgenossenschaft SVG http://www.svg.de. Die Preise für ein 7-stündiges Modul bewegen sich nach einer Erhebung der Verkehrs-Rundschau zwischen 95€ und 125€.

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  • Zitat von "falcocgn"


    Abgesehen davon gilt im Werksverkehr, dass der nur von EIGENEM PERSONAL durchgeführt werden darf. Damit ist ganz explizit ANGESTELLTES Personal gemeint.



    Bei uns ist der Chef öfters mal "krank"...obs hilft weiß ich nicht!
    Wäre aber die einzige "legale" Ausnahme so wie es scheint.

  • Zitat von "wora"

    aha, da haben sich die bürokraten also wieder was neues einfallen lassen.
    unvorstellbar, wie wir bislang ohne ein solches gesetz leben konnten...


    Fragt sich, ob es die EU in dieser Form 2014 überhaupt noch gibt.
    Die derzeitigen Anzeichen (Staatsbankrotte, uferlose Verschuldung, innere Unruhen,...) lassen diese Vermutung nicht abwegig erscheinen.
    Daher erst reagieren, wenn wirklich notwendig, denn viele Gesetzesvorhaben werden erfahrungsgemäß von Lobbyverbänden aufgeweicht.
    Im Güterverkehr wird an jeder Ecke von relativ Wenigen Mißbrauch getrieben und dann müssen viele andere Branchen leiden, wenn die Staatsmacht zu oftmals unsinnigen Regulierungen verleitet wird.

  • Zitat von "dienervt"


    Im Güterverkehr wird an jeder Ecke von relativ Wenigen Mißbrauch getrieben und dann müssen viele andere Branchen leiden, wenn die Staatsmacht zu oftmals unsinnigen Regulierungen verleitet wird.


    Eine mMn sehr blauäugige Sicht der Dinge. Neben Messebau und Gastro gibt es wohl kaum eine andere Branche die sich dermassen dreist über (größtenteils sinnvolle) Reglements im Bereich Arbeitszeiten hinwegsetzt wie unsere.
    Wo vor einigen/vielen Jahren ab und zu mal ein alter Möbellaster von einem übermüdeten Roadie zum nächsten Gig gefahren wurde, werden heutzutage schon Praktikanten und Azubis planmäßig nach 20h-Jobs mit dem überladenen 7,5-Tonner oder Minisattel hunderte von Kilometern quer durch die Republik zum nächsten Stadtfest geschickt.
    Ihr glaubt doch nicht ernsthaft daß das bei der heutigen Verkehrsdichte auf Dauer gut gehen kann; Da den Betroffenen scheinbar die Einsicht fehlt (ja, dazu zählen auch viele Spediteure und Paketdienste) bleibt dem Gesetzgeber nichts anderes übrig als diese Art von Leuteschinderei zumindest erheblich zu erschweren. Manchmal habe ich das Gefühl es sei in der VT inzwischen am besten in dem Moment in dem der/die Arbeitgeber nicht mehr so leicht auf einen als Operator verzichten kann sämtliche Führerscheine freiwillig abzugeben...

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

  • man kann es aber auch übertreiben.
    schwarze schafe und uneinsichtige leute wird es trotz neuer gesetze weiterhin geben, da bin ich mir ganz sicher!


    ich hatte vor jahren mal einen thread zum thema überlange arbeitszeiten gestartet. dabei kam raus, das die meisten die problematik durchaus kennen und versuchen dafür sinnvolle lösungen zu finden.
    wie gesagt: die deppen wird es weiterhin geben, die sterben nicht so schnell aus. aber wir müssen dann wieder unsere angebote erhöhen, was wiederum den leuten in die hände spielt, die sich nicht an solche gesetze halten.
    wenn wir die angebote nicht erhöhen, zahlen wir die differenz selber.
    und so wird die realität dann leider aussehen...

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "falcocgn"

    Hallo Gemeinde,


    auch der Engländer wird seinen Leitsatz ändern oder hat es sogar getan. Diese Regelung kommt, wie fast alles, aus Brüssel und gilt in ganz Europa. Die Engländer setzen übrigens die Regeln im Tourneegeschäft vorbildlich um. Dort werden mittlerweile nicht mehr nur Doubledrives sondern, wenn nötig Triple-drives gefahren. Die Fahrer werden bei namhaften Truckingfirmen nicht nur eingeflogen, sondern können vorher ins Hotel und sich ausruhen und nachher teilweise ebenso. Das ganze wird dann auch bezahlt...


    Und das ist mMn der einzig wahre Weg.


    Ernsthaft.

  • Zitat von "simonstpauli"


    Und das ist mMn der einzig wahre Weg.


    Ernsthaft.


    Da hilft das neue Gesetz aber absolut NIX, denn für genau diese Situationen gibt es die Tachoscheibe/Fahrerkarte! Hier muss auch eingestellt werden, ob ich fahre, arbeite oder ruhe. Wer das nicht ordentlich macht, wird es auch mit dem neuen Gesetz nicht tun. An was glaubt ihr denn da eigentlich?


    Zum Thema nach 20 Std noch durch die Republik gondeln...also ich persönlich habe sowas wie sicherlich die meissten hier auch schon gemacht und weiß, dass es kein Spass ist. Jedoch woher kommt das? Denkt mal drüber nach...

    SK-Event
    65321 Heidenrod

  • Zitat von "sk-event"


    Da hilft das neue Gesetz aber absolut NIX, denn für genau diese Situationen gibt es die Tachoscheibe/Fahrerkarte! Hier muss auch eingestellt werden, ob ich fahre, arbeite oder ruhe. Wer das nicht ordentlich macht, wird es auch mit dem neuen Gesetz nicht tun. An was glaubt ihr denn da eigentlich?


    Zum Thema nach 20 Std noch durch die Republik gondeln...also ich persönlich habe sowas wie sicherlich die meissten hier auch schon gemacht und weiß, dass es kein Spass ist. Jedoch woher kommt das? Denkt mal drüber nach...


    Woher denn? Ich denke bei Unternehmern gilt die Angebotsfreiheit, niemand wird gezwungen ein Gesetz zu verletzen. Also wäre vielleicht mal eine Fortbildung im Bereich "Wie schliesse ich Verträge mit Auftraggebern" angebracht. Ich rede nicht von den Jugendsünden, die wohl fast alle hinter sich haben. Mir geht es um Profis, die mehr als einen Job machen und dabei mindestens einen davon vernachlässigen. Wer achtet nach 20 Stunden noch akribisch auf Ladungssicherung? Ist es nicht eher so: Wenn jetzt hier ein Zurrgurt fehlt ist mir das egal, ich will endlich nach Hause und Feierabend haben.


    Unter dem Strich sehe ich es ähnlich wie der Gesetzgeber: Jemand, der einen 7,49-Tonner fährt und damit Geld verdient ist ein Berufskraftfahrer und sollte sich daher
    1. im Bereich Pflichten (Ladungssicherung, Verhalten auf der Straße etc.)
    2. im Bereich Arbeitszeiten (u.A. Arbeit im Veranstaltungsjob nicht auf der Scheibe/Karte als Ruhezeit deklarieren...!)
    nachweislich auskennen.

  • Beim woher denn meinte ich was anderes.
    Jedoch sind doch genau die dinge, sie du ansprichst Tatsachen, die ohnehin schon gelten. Dazu braucht es kein neues Gesetz. Soweit meine Meinung.

    SK-Event
    65321 Heidenrod

  • Wenn die Entwicklung der Infrastruktur (...die massive Zunahme der Verkehrsdichte in Mitteleuropa in den letzten 15 Jahren ist ja wohl kaum wegzudiskutieren) dazu führt daß bisher geübte Praktiken (Ignorieren der schwer kontrollierbaren Arbeitszeitregelungen durch "Laien" mit wenig Fahrpraxis und Fahranfänger als Lkw-Fahrer) die Unfallzahlen wieder steigen lassen muß der Gesetzgeber mMn sehr wohl eingreifen.
    Wozu das führen soll? Vielleicht zur Abwechslung mal zur Konzentration der Branche auf ihr Kerngeschäft :idea:
    Warum braucht jede mittelgroße VT-Bude einen halbverrotteten Fuhrpark der 5 Tage die Woche steht, während der Spediteur nebenan aus Auftragsmangel Leute entläßt und nagelneue Fahrzeuge verkaufen muß? Sicher, da muß der eine oder andere mal über seine Arbeitsweise beim Casekaufen, Disponieren und Laden nachdenken. Und es ist dann plötzlich auch nicht mehr rentabel Material für ein 08/15-Stadtfest für ein Wochenende 1000 km quer durch die Republik zu karren... :D

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

  • So wie simonstpauli und niggles sehe ich das auch. Die Branche ist eine ernstzunehmende, erwachsene geworden. Damit müssen sich zwangsläufig Prozesse/Abläufe ändern. Böse Zungen würden sagen: "Der Rock 'n' Roll ist tot", das ist er noch nicht, es hört nur langsam auf mit der gnadenlosen Selbstausbeutung und -gefährdung. Als Fazit aus meinen Schulungen zum Thema (ich bin buchbar) ziehen die meisten Schulungsteilnehmer, dass die Tätigkeiten Fahren und Aufbau/Operating wo möglich getrennt werden. Es werden Abläufe geändert, Minijobber, wie z.B. rüstige Rentner oder andere interessierte eingestellt. Ein guter Techniker ist nunmal der teuerste Lagerist, den es geben kann.


    Darauf warten, dass jemand an einer Flasche reibt und der gute Dschin alle ach so bösen Gesetze wegzaubert, die dem selbständigen das Leben so schwer machen, ist fahrlässig. Ich empfehle das Studium des neuen Bußgeldkatalogs. Aus der Praxis kenne ich genug Firmen, denen z.B. die Höchststrafe von 15.000€ bereits angedroht wurde genauso wie Firmen, in denen der Azubi 2.000€ Bußgeld zahlen durfte, weil er keine Nachweise dabei hatte.


    Zurück zur Ausgangsfrage: Habt ihr denn schon reagiert? Schulungen/Weiterbildung geplant? Oder plant ihr gar, noch ganz schnell den Lappen vor dem Stichtag zu erwerben? Input dazu würde mich interessieren.


    Grüße von Falco, der am Mittwoch zu einer ganztägigen Konferenz der Verkehrs-Rundschau in Hannover geht, bei der alle diese Themen in Praxiserfahrungen besprochen werden.

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  • Das wirklich schlimme an der Sache ist doch, das man nirgends von irgendjemandem mal definierte Aussagen zu dem Thema bekommt. Wer liest sich schon seitenweise EU-Verordnungen im schönsten "Amtsdeutsch" durch und versteht diese dann auch noch? Hier wäre m.E.n. auch z.B. mal der VPLT gefragt. Ein "einfacher" Abriss über die sich ändernden Gegenheiten würde sicher vielen Disponenten und auch freien Technikern die Problematik vor Augen führen. Was darf ich ? Was darf ich nicht ? Fallen wir unter die Handwerkerregelung ? Darf ich als freier Techniker auch in zukunft 7,5t LKW mit Material durch die Gegend fahren ? Ich denke, hier gibt es noch erhöhten Erklärungsbedarf....(und natürlich auch die entsprechenden Lösungen zu finden...)


    Grüße
    Porky