Virtueller Soundcheck - überschätzt oder sinnvoll?

  • das thema "vitueller soundcheck" geitert in letzter zeit ja immer häufiger durch foren und technikergespräche.


    ich habe das mit meinem pult mittlerweile auch ein paarmal probiert - und finde es nur eingeschränkt praktikabel.
    das problem:
    es fehlt der direktschall der band auf der bühne!


    das spielt überall dort eine rolle, wo von der band ernstzunehmende pegel produziert werden, z.b. mit e-gitarren oder bassverstärkern. bei naturinstrumente auch solche sachen wie trompeten und schlagzeug. ein heimatkompressor (akkordeon) ist eher nicht das problem, das ist klar.
    sobald der bühnenpegel ernsthaft in der gesamtbeschallung wahrnehmbar ist (und das ist in verdammt vielen fällen so), funktioniert so ein virtueller soundcheck nicht mehr. und auf abweichungen der performance der künstler möchte ich jetzt gar nicht eingehen.
    ein virtueller soundcheck ist in meinen ohren nur dann interessant, wenn die bühnenlautstärke gegenüber der beschallungslautstärke zu vernachlässigen ist. und das ist in ganz wenigen fällen so.


    was man per "virtual soundceheck" dagegen gut machen kann, ist die klangliche performance von unbekannten monitorboxen mit den originalstimmen zu überprüfen. aber ein erfahrener tech kann das auch mit der eigenen stimme.


    unter dem strich sehe ich dieses thema nach meinen bisherigen erfahrungen eher zurückhaltend als lustigen gimmick ("kuck mal was ich mit meinem pult machen kann"), keinesfalls als "must have"!


    wie sind eure erfahrungen?

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • ja, ein orchester bringt auch nicht ganz die pegel, welche eine elektronisch verstärkte band bringt.
    bei rein akustischen und leisen instrumenten könnte das funktionieren, siehe mein hinweis auf das akkordeon ;)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Bei größeren Hallen funktioniert es auch besser.


    Oft trotzdem eine große Hilfe, wenn die Band nicht auf die Bühne kommen will am Nachmittag :D
    Dann immer noch besser als gar nichts

    Amp und Boxen Brett _ Die Vuvuzela des Forums


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  • Ich bin selbst leider noch nie dazu gekommen es auszuprobieren, aber vom Gedanken her fehlt mir da einfach auch die Interaktion von Mikrofon, Lautsprecher und Raum. Das einzig Positive, was ich dem ganzen abgewinnen könnte, wäre die Möglichkeiten an ein paar Feinheiten wie Effekten, Multiband-Kompressoren, etc. arbeiten zu können, was ansonsten zeitlich meist etwas schwierig wird. Das wiederum fände ich dann allerdings mal sehr angenehm.

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • Zitat von "audiobo"

    Das einzig Positive, was ich dem ganzen abgewinnen könnte, wäre die Möglichkeiten an ein paar Feinheiten wie Effekten, Multiband-Kompressoren, etc. arbeiten zu können


    Genau dafür nutze ich es auch. So Sachen wie Gates und so weiter mal prüfen. Oder wenn wir grosse Festivals machen und wir morgens aufbauen mit Linecheck. Dann lass ich mal ne Minute laufen um zu gucken wie es mit der PA spielt.
    Allerdings ist es in einer kleinen Halle oder Club tatsächlich nicht repräsentativ.

    Practice, Practice, Practice

  • Zitat von "Sam Razr"

    Erklärt mir kurz jemand, was damit gemeint ist?


    Oder geht es nur darum, mit einer Mehrspuraufnahme vom Vorabend schonmal alles grob fertig zu machen?


    Im Prinzip ja. Die heutigen Digitalpulte bieten häufig die Möglichkeit, alle Eingänge 1:1 auf dem Laptop mitzuschneiden. So kann man am nächsten Tag quasi ein 1:1-Replay der aufgezeichneten Show abspielen, natürlich ohne den Umgebungslärm wie Publikum oder Backline.


    --
    Jeremy

    Harvard'sches Gesetz für Tierversuche: "Unter sorgfältigst kontrollierten, dokumentierten und jederzeit reproduzierbaren Laborbedingungen verhalten sich Versuchstiere immer so, wie es ihnen gerade passt."

  • Zitat von "wora"

    .... ein virtueller soundcheck ist in meinen ohren nur dann interessant, wenn die bühnenlautstärke gegenüber der beschallungslautstärke zu vernachlässigen ist. und das ist in ganz wenigen fällen so.


    Das sehe ich genau so. Das klappt für laute Kapellen näherungsweise nur im Freien oder in sehr großen Hallen und selbst da wird manchmal so von der Bühne geföhnt, dass 'virtual' sinnlos ist. Für Klassik bedingt brauchbar ( besser als nix, wenn das Orchester kein Verständnis für "soundcheck" hat :D:D ) allerdings würde ohne die reale Mikrofonie nur um die Lautsprecher-Raum-Wechselwirkung zu beurteilen auch ein Stereomix genügen.


    Um mit Effekten und dynamics zu üben, ist ein unbearbeitetes multitrack recording sicher eine feine Sache. Das würde ich aber eher als Hausaugaben und nicht als "soundcheck" in einer Halle machen.

  • Zitat von "audiobo"

    ... Das einzig Positive, was ich dem ganzen abgewinnen könnte, wäre die Möglichkeiten an ein paar Feinheiten wie Effekten, Multiband-Kompressoren, etc. arbeiten zu können, was ansonsten zeitlich meist etwas schwierig wird. Das wiederum fände ich dann allerdings mal sehr angenehm.


    das ist in der tat eine tolle sache.
    mit dieser methode habe ich mir viele signal/mikrofon presets erstellt, die immer wieder erstaunlich gut funktionieren.


    das erstellen von inear mixen ist auch eine idee.
    da meine künstler sowas nicht wollen, hab ich persönlich damit wenig übung. ich könnte mir vorstellen, das ich hier mal ein wenig experimentiere... das ginge ja problemlos sogar im wohnzimmer ;)


    das fehlen realer schallquellen ist in der tat das grösste hindernis für einen sinnvollen einsatz als soundcheck-ersatz. das wollte ich nur mal bestätigt wissen. das es "besser als nix" ist, kann ich dagegen schon verstehen ;)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Interessant wäre, eine Art Reamping live zu betreiben. Klappt zwar nicht beim Schlagzeug, aber einen lauten Amp könnte man ja trotzdem virtuell auf der Bühne bespielen, man müsste nur entprechndes Gitarren-Reinsignal mitschneiden.

  • Da gibt’s inzwischen auch schon Musiker, deren anfängliche Begeisterung für dieses Feature sehr schnell wieder abgeebbt ist.
    Wenn man der Band am folgenden Nachmittag ganz nach Belieben unbarmherzig das

    Zitat

    ...unbearbeitete multitrack recording...

    vom Vorabend (z. B. die DI – Spur des über die Bühne tobenden Bassisten :D) über die PA oder Monitoranlage jagen kann, verbunden mit der unausgesprochenen Frage „könnt Ihr mir bitte verraten, wie ich daraus jetzt so etwas wie ‚Sound’ machen soll?“ – dann sehnt sich auch so manch You Tube – Doku gestählter Mucker des digitalen Jahrtausends insgeheim zurück nach der guten alten Analogzeit. Mit gnädigem Zweispurmitschnitt auf Compactcassette zwecks vertraulicher bandinterner Manöverkritik.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Zitat von "wora"


    es fehlt der direktschall der band auf der bühne!



    könnte man das nicht (zumindest grob) über die monitore substituieren ?

    ______________________________


    meister vt
    gMA operating
    photo
    dj

  • (ich gehe bei der betrachtung mal von einer R`n`R kapelle aus)
    wenn man ein einigermassen reelles akustisches abbild der band haben möchte, müsste man signale direkt in die backline-amps einspielen und ein zweites drumfill nach vorne drehen...
    ob sich dieser aufwand wirklich lohnt, wage ich jetzt mal zu bezweifeln.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Für das Einstellen der Pegelverhältnisse einer Matrixmischung für das Nearfill in meinem "3x Kemper + inear" setting funktioniert 'virtual soundcheck' ebenfalls gar nicht. Eigentlich wäre es ja schön, wenn man das vorverlagern könnte in ein Zeitfenster vor Eintreffen der Band aber auch hierfür fehlt natürlich der Lärm der echten Schießbude auf der Bühne, sodass das nur mit ordentlicher Soundcheckzeit oder Voreinstellung pi mal Schnauze + Beinarbeit zu erledigen ist. Man baut ja dafür keinen "Drumsimulationslautsprecher" auf:/

    Auch wenn das derzeit im Netz und den Gazetten wieder massiv angepriesen wird, sehe ich weiter den praktischen Nutzen als sehr beschränkt an. Die Werbeabteilungen von 'Wellen' und 'für Werkzeuge' lassen grüßen.

  • Dieser Thread hat 2011 begonnen. Zwischenzeitlich sind die Werkzeuge für 'virtual soundcheck' vor allem durch die Klark/Behringer X-live Karte für 32 Sprur SD Karten Recording sehr viel billiger, verfügbarer und schneller und einfacher zu bedienen.

    Haben sich für euch dadurch für die Konzertvorbereitung neue Wege, neue Gewohnheiten ergeben? Gibt es einen neuen Anwenderkreis mit neuen Ideen/Lösungen?