guma lässt den Koffer im Auto - ein ( Selbst-) Test

  • Mach einer von euch hat mich ja schon als Sammler, Spinner, realitätsfernen Dickhosenmikrofonierer verflucht. Es sei euch verziehen. :D:D


    Nun habe ich mal eine naheliegende Situation zum persönlichen Gegencheck benutzt. ( So was gehört sich ja für denkende Menschen ) Nachdem ich die letzten zehn Jahre auf Veranstaltungen, die ich als Bandmischer beglückt habe, entweder Mikrofone meiner Wahl gestellt bekam oder diese aus meinem Koffer geholt habe, habe ich mich zum ersten Mal wieder komplett auf die Vorort-Mikrofonie eingelassen. ( was so ein bisschen Regen und Schlamm alles möglich machen :wink: ) Sehr günstig für diesen kleinen (Selbst-)Test war die Akustik ( open air ), eine mir seit Jahrzehnten sehr gut bekannte PA eines deutschen Herstellers ( etwas ausgelutscht, mir aber in diesem Zustand ebenfalls sehr gut bekannt :wink: ), ein analoges Mischgerät, preiswerte Serie eines bekannten englischen Herstellers und eine mir ebenfalls bekannte Band mit deren klanglich gut bekanntem Instrumentarium.


    Die von euch so genannte 'quick and dirty' Mikrofonie war für ein Trio nicht sehr umfangreich ( für eine komplexere Besetzung hätte ich das sicher nicht probiert :wink: ), für mich jedoch nichtsdestotrotz sehr aufschlußreich. Wichtig zu erwähnen vielleicht noch, dass mich niemand dazu gezwungen hat und ich nicht genörgelt habe sondern mit dem festen Vorsatz daran gegangen bin, das Bestmögliche rauszuholen. Ebenso kann ich versichern, dass ich mich sehr wohl soweit neben mich stellen kann und immer noch so neugierig bin, dass ich, wenn ich so was mache, nicht mit einer 'kann ja nix werden - Haltung' da ran gehe.


    Kick - e901 ... mir sehr gut bekannt, war für eine sportliche moderne Gitarrenrockcombo einfach Genremässig verkehrt, zu holzig, zu knöchern.


    Snare top - e604 ... In dieser Anwendung noch nie benutzt, war sehr gespannt, sehr lange am EQ geschraubt. ... Jungs das geht gar nicht !!! Aus einem gewohnten 'Krack' wurde ein jämmerliches 'gnök' was durch EQ definitiv nur marginal verbesserbar war. Interessant daran, fand ich, dass dynamische Wandler, deren Masseeigenschaften sich eigentlich durch die Bauart typischer Drummikrofone nicht so wahnsinnig unterscheiden können, trotzdem so in ihrer "gefühlten" Dynamik unterscheiden.


    Snare bottom - SM57 wurde durch 'unten alles weg + Höhen dazu' gangbar, nicht so krisp wie mit einem KM aber deutlich besser als ich erwartet hätte.


    Hihat - e614 kannte ich vorher garnicht, hatte ich mir so ein bisschen wie C391 vorgestellt und war dann ganz positiv überascht. Relativ seidig, mit -4db bei 3,8 Khz ( Q=2 meine ich mich für die semiparametrischen Filter dieses Pültchens zu erinnern ) auch nicht schrill. Werde ich in Zukunft nicht abwählen, wenns mir angeboten wird.


    OH - dito


    Toms - e604 ... bekannt erträglich aber ganz klar: mir fallen sofort 10 Mikrofone ein, dies' schlicht wuchtiger können.


    Gitarre - SM57 an 4x12" Marshall bleibt für mich live weiter ne Dynamik- und damit Spassbremse. Mag ja sein, dass damit schon Milionen berühmte Gitarrenaufnahmen gemacht wurden aber ich denke, dass das "Problem" welches ich damit habe, auf dem Bearbeitungsweg zum Konsumenten und über dessen Heimbeschallung schlicht nicht mehr hörbar ist.


    Vocals - SM 58 ist und bleibt für Rock das richtige Mikrofon ( dabei fällt mir ein, dass ich für eine junge Band mal wieder ein 565 aufstellen sollte :wink: )


    Natürlich war der Gesammtsound passabel, es brach niemand in Tränen aus und ich wurde gelobt.


    Fazit ( wie könnte es anders sein :D )
    - Mikrofone sind durch EQ nicht zu ersetzen
    - Mikrofone klingen unterschiedlich wie Instrumente
    - Ich werde meine Koffer-Praxis bei- und das 614 als akzeptabel in Erinnerung behalten.

  • @ madmax


    Du hattest Spass ? Das freut mich :D . Du möchtest gerne eine Fortsetzung ? Du wolltest vielleicht noch wissen, in welch interessanten Positionen ich diese Mikros vorgfunden habe, bevor ich sie ein wenig zurecht gerückt habe ? :D

  • Sehr witzig... habe deinen Beitrag gern gelesen, Guma. In allen drei Punkten des Fazits stimme ich dir auch unumwunden zu - ich agiere letztlich auch nichts anders. Wenn ich mit fest betreuten Kapellen irgendwo aufschlage und die etwas nicht Gewöhnliches spielen, vertraue ich auch nicht darauf, dass die Company vor Ort zufällig etwas Passendes vorhält, sondern zücke den Koffer mit dem spezielleren Zeug. Das heißt drunten bei mir aber nicht Schoeps & Co, sondern Typen wie AE3300 und Pro35, die auch nicht jede Bude einfach so auf die Stadtfestbühne mitbringt. Das Mikrofon macht schon eine Menge aus; noch entscheidender ist allerdings m. E., was davor passiert. Sehr gute Instrumente sind einfach durch nichts zu ersetzen, egal ob das Drumkessel mit guten Fellen sind, Gitarren, Bässe, Akkordeons oder sonstwas. Die Basedrum einer Schülerband bringt man nicht zum Klingen, wenn die aus einem 400€-Allesdrinpaket stammt und Plastikfelle hat (da hilft auch Schoeps nix - btw, stellen die auch BD-Mikros her?).


    e604 mache ich auch gerne an die Toms - dass die für die Snare aber nicht taugen, das weiß ja sogar ich (und ich bin alles andere als fundiert befressen in Sachen vielfältige Mikrofonie). Wobei ich da mit dem Standard (SM57) und LP-Claw nach wie vor alles hinkriege, was ich mir so vorstelle.


    Was ich nach wie vor einfach nicht ertrage, ist die Sennheisermikrofonie in der ersten Reihe. Wenn die lokale Bude damit aufschlägt, wird das Shurematerial gezückt, egal um was es geht. Ich habe noch keinen gescheiten Vocalsound mit Sennheisermikrofonie erreichen können (zumindest nicht unter Bedingungen wie mit dem SM58: stecken - pegeln - filtern - aufziehen - rockt).

  • Zitat von "hunterstudios"

    Audiowerk, dann hast Du noch nie mit einen e935 gearbeitet. Das klingt auch gerne mal deutlich besser als ein SM58



    besser.... tzzzzzzz. Subjektivität!


    anders wäre ok.

  • Zitat von "hunterstudios"

    Audiowerk, dann hast Du noch nie mit einen e935 gearbeitet. Das klingt auch gerne mal deutlich besser als ein SM58


    Ich habe beides und wenn ich es mir aussuchen darf, dann bevorzuge ich in 90% aller Fälle das SM-58 und in 10% das e935.


    Viele Grüße
    Tobias Kammerer

  • OK, dann back to Topic,


    ich glaube trotz des Versuches der Objektivität, dass man wohl immer versucht den Sound zu machen, den man mit seinen Mikros gewohnt ist. Deswegen wird man meißtens unzufrieden sein, obwohl vielleicht ein anderer Mixer mit dieser Mikrofonie zufriedener wäre, als mit der eignen Lieblingsvariante. Generell erkenne ich aber auch, dass leider vor Ort bestimmt Mikros einfach so benutzt werden, ohne jemals über den Sinn nachgedacht zu haben. Oft wird man dann für mitgebrachte Exoten sogar belächelt. Ich mag zum Beispile für diverse Sachen sehr gerne Milab LSR-1000. Die kennt aber kein Schw... weshalb sie von Technikern in der Regel abgelehnt werden. Machmal auch vom Musiker (bevor er sie gehört hat).


    Das finde ich zumindest schade, jedoch aber nachvollziehbar. Wenn man sich auf etwas Neues einläßt wird man halt zu oft enttäuscht. Man will sich dann eben auf nichts mehr einlassen.


    Viele Grüße
    Tobias Kammerer

  • Also ich betreue unter anderem alle paar Monate eine Böse Onkelz Coverband, dort haben wir mit den Vocal Mikros ein bischen probiert weil die Jungs in sehr kleinen Gaststätten richtig Vollgas geben und die Stimmen sich ja irgendwie auf einer 5x5m Bühne durchsetzen müssen.


    Pauschal zu sagen, daß man mit Sennheiser keinen vernünftigen Sound hinbekommt ist denke ich falsch.
    Wir haben beim Frontmann mit einem e965 genau das erreicht.
    Bei allen anderen in der Truppe blieb es beim SM58.

  • Zitat

    Wenn noch jemand was Lustiges oder Lehrreiches zum Thema Vorortmikrophonie beitragen könnte ?

    :D Na gut, Du hast es nicht anders gewollt:

    1985, Kattowitz, 10 - bis 15.000er Halle: 32x AKG D320. Plus eine (1) Bass DI.
    Hat auch funktioniert. Und tat der Stimmung auf dem Festchen keinerlei Abbruch. :D


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Zitat von "billbo"

    :D Na gut, Du hast es nicht anders gewollt:

    1985, Kattowitz, 10 - bis 15.000er Halle: 32x AKG D320. Plus eine (1) Bass DI.
    Hat auch funktioniert. Und tat der Stimmung auf dem Festchen keinerlei Abbruch. :D


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo


    Das 320 hat sich ja dann durch allgemeine Beliebtheit relativ schnell erledigt :D ( Der Restbestand hat dann wohl 85' den Weg nach Katowice gefunden ). Hast Du sie danach aufgekauft ??


    Jo, 32 x SM57, 32 x SM58 ... iss schon klar, ne, hatten wir ja schon.... aber 32 x AKG 320 .... :D ... grandios :D:D

  • Zitat

    Snare top - e604 ... In dieser Anwendung noch nie benutzt, war sehr gespannt, sehr lange am EQ geschraubt. ... Jungs das geht gar nicht !!! Aus einem gewohnten 'Krack' wurde ein jämmerliches 'gnök' was durch EQ definitiv nur marginal verbesserbar war. Interessant daran, fand ich, dass dynamische Wandler, deren Masseeigenschaften sich eigentlich durch die Bauart typischer Drummikrofone nicht so wahnsinnig unterscheiden können, trotzdem so in ihrer "gefühlten" Dynamik unterscheiden.


    Snare bottom - SM57 wurde durch 'unten alles weg + Höhen dazu' gangbar, nicht so krisp wie mit einem KM aber deutlich besser als ich erwartet hätte.


    Danke für den nett geschriebenen Bericht.


    Kurze Zwischenfrage: Warum hast du nicht einfach das 57 als Snare top und das 604 als bottom genommen?


    Davon abgesehen: Buenos Aires 2004, 600er Venue, 10 no name 58er Nachbauten die aussahen als seien sie älter als die rüstige Dame hinter dem Tresen. 8 funktionierten sogar.


    Ging auch. Unangenehm waren nur die Stromschläge, die man abbekam, wenn man Pult und den Tresen, auf welchem das Pult stand, gleichzeitig berührte.

  • Zitat von "tonholg"

    Kurze Zwischenfrage: Warum hast du nicht einfach das 57 als Snare top und das 604 als bottom genommen?


    Klar, anders herum wärs sicher besser gewesen. Aber man hat mir das so aufgebaut und als ich gemerkt habe, wie Kacke es wirklich ist, wars zu spät. Ich habe ja wirklich ernsthaft versucht, mich auf die "irgendwie krieg ich's schon hin' Mentalität einzulassen. :wink:

  • Zitat von "guma"

    Fazit ( wie könnte es anders sein :D )
    - Mikrofone sind durch EQ nicht zu ersetzen
    - Mikrofone klingen unterschiedlich wie Instrumente
    - Ich werde meine Koffer-Praxis bei *snip* behalten.

    ist jahrelang bestätigt worden, warum jetzt auf einmal den modus operandi ändern :D:D:D


    edith sagt mir doch eben, ich bin KEIN micro fetischist :lol: :lol: :lol:

    No, it's not too loud. You're just too old!
    winners have parties - and loosers have meetings
    Technik haben viele - WIR können sie auch bedienen :)


    vu.gif

  • Zitat

    Hast Du sie danach aufgekauft ??

    Mich gruselt's auf dem Gebiet ja so leicht vor nix. Aber auch ich hab meine Grenzen.
    Nachtrag: die Bass Di haben wir damals natürlich abgewählt. Wenn schon, denn schon. :D


    Zitat

    Unangenehm waren nur die Stromschläge, die man abbekam, wenn man Pult und den Tresen, auf welchem das Pult stand, gleichzeitig berührte.

    Dann war wohl eins davon geerdet? :shock: In solchen Installationen ein fataler Fehler. Egal, welche Spannung an meiner Werkzeugoberfläche anliegt - so lange keine Chance besteht, mit anderen Gliedmaßen irgendeinem gefährlichen Schutzleiterpotential zu nahe zu kommen bin ich relativ gesehen auf der sicheren Seite.
    Nach diesem Prinzip funktionier(t)en dort ganze Großinstallationen (und funktionierte in D bis vor ein paar Jahrzehnten jede zweite 'professionelle' RF - Reparaturbude; welches am Ende allerdings mit dem zunehmenden Aufkommen von Zentralheizungen bedenklich kollidierte).


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Zitat

    Dann war wohl eins davon geerdet? In solchen Installationen ein fataler Fehler. Egal, welche Spannung an meiner Werkzeugoberfläche anliegt - so lange keine Chance besteht, mit anderen Gliedmaßen irgendeinem gefährlichen Schutzleiterpotential zu nahe zu kommen bin ich relativ gesehen auf der sicheren Seite.
    Nach diesem Prinzip funktionier(t)en dort ganze Großinstallationen (und funktionierte in D bis vor ein paar Jahrzehnten jede zweite 'professionelle' RF - Reparaturbude; welches am Ende allerdings mit dem zunehmenden Aufkommen von Zentralheizungen bedenklich kollidierte).


    Ah, wieder etwas gelernt.
    Der Bassist der Band, gelernter Starkstromelektriker, bekam auch jedes mal einen gewischt, wenn er Basssaiten und Gesangsmikro gleichzeitig berührte.
    Wenn ich mich recht entsinne hat er zwischen Bass und Mikro 60 Volt gemessen.
    Daraufhin haben wir uns den Sicherungskasten zeigen lassen.
    Als wir den Schrank öffneten kam uns ein grosser Ballen Kabelspaghetti entgegen. Die Sicherungen waren nicht mehr sichtbar.
    Nach einer kleinen Diskussion entschied sich die Band dann doch zu spielen.
    Ja, es war spannend :)

  • Zitat von "guma"

    Du wolltest vielleicht noch wissen, in welch interessanten Positionen ich diese Mikros vorgfunden habe, bevor ich sie ein wenig zurecht gerückt habe ? :D


    Das hätte mich jetzt auch interessiert.


    Auf die Idee mit nem e604 als Snare Top wäre ja nichtmal ich als Sennheiser-treuer Dorfbeschaller gekommen... ;)


    Gruß, Stefan

    Beste Grüße aus dem Weserbergland,

    Stefan Waltemathe

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    "Hier geht nix mehr, ich muß weg..."