Musikalisches Live Mischen

  • das war ein schöner beitrag!







    Zitat von "florina"

    Und jetzt wenn ihr mit der Band eine Absprache habt Kreativ zu agieren.
    Was gibt es da alles für Freiheiten mit dem Klangmaterial umzugehen um den Mix kreativ (abwechslungsreich?) zu gestalten?
    Hall, Delay, Dynamik (Vordergrund Hintergrund?)...


    es kommt immer erstmal auf den song an.
    allererste frage: braucht der song überhaupt eine unterstützung? ziemlich viele lieder brauchen weder einen delay noch einen distortioneffekt ;)
    und manche lieder wiederum schreien förmlich nach effekten.
    wenn ja, wie könnte die unterstützung aussehen? an welchem stellrädchen könnte man drehen, um den song zu unterstützen, ihm mehr intensität verleihen?
    welche instrumente dürfen in dem song ein bisschen in den hintergrund wandern, welche müssen zwingend vorne stehen... und an welchen positionen im song soll das passieren? passt zu dem gerade laufenden song überhaupt eine klickende bassdrum, oder wäre hier ein sanftes "wummm" nicht doch schöner?
    das alles kann man leider nicht pauschal sagen. das muss man hören und fühlen. und an manchen tagen fühlt man mehr, an manchen weniger. und das alles kommt dann noch sehr auf die band an, nur wenn die gut drauf ist springen die funken richtig über.


    ich erinnere mich an die anfänge meiner mischer-tätigkeit. damals war es für mich kein problem, aus einem mix einzelinstrumente herauszuhören. aber ich merkte, dass ich mir erst antrainieren musste, das ganze als einheit zu hören, die ganze band als einen kompakten klangkörper zu begreifen, um daraus schlüsse zu ziehen was ich sinnvoll ändern könnte... es ist ein bisschen schwierig zu beschreiben was ich meine, da es eine gefühlssache ist.
    was ich aber damit sagen will: es dauert einfach eine gewisse zeit, bis man überhaupt in der lage ist einigermassen zuverlässig die richtigen stellrädchen in den jeweiligen songs zu finden. also, don't worry: auch hier gilt: nur übung macht den meister (sofern man überhaupt über das passende talent verfügt ;) ). im laufe der zeit bekommt man das dann immer besser hin.
    und in manchen songs/arrangements lassen sich auch mit viel erfahrung einfach keine passenden stellrädchen finden. zur erfahrung gehört also auch, wann man sich die mühe sparen kann :D

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Ich weiss meine Fragen sind nicht einfach zu Beantworten und auch komplex.
    Es gibt keine Regel weil jede Band, Situation, Anlass ect anders ist.


    Jedoch weiss ich oder hoffe ich zumindest, das es solche Situationen gibt, in denen man als Live-Tontechniker Kreativ mit der Band mitmischen kann.


    Solche kleine dinge wie:

    Zitat von "wora"

    ... passt zu dem gerade laufenden song überhaupt eine klickende bassdrum, oder wäre hier ein sanftes "wummm" nicht doch schöner?


    finde ich sehr schön und auch auf eine Art musikalisch.


    Ab dann finde ich es nicht mehr nur toll wenn der Mix für mich funktioniert und das Publikum es fühlt, sondern auch spannend wenn ich genau Song spezifisch reagieren kann.


    Was gibt es noch?


    Was macht man am in spezifischen Genre, was man in anderen nicht tut?



    Nebst sehr interessanten Themen und Inputs für meine Masterarbeit, lerne ich auch sehr viel für mich in meinem schaffen als Tontechniker dazu.
    Danke


    Flo

    Shit in Shit out

  • Zitat von "florina"

    ...Was macht man am in spezifischen Genre, was man in anderen nicht tut?
    ...


    Ein weiteres Beispiel, früher Rock:


    Ich hab mal eine Beatles-Revival-Band versucht, nach Jahreszahlen zu mischen, also so, wie ich mir vorgestellt habe, wie es in den frühen 60ern und in den späten 60ern über die damaligen PAs geklungen haben könnte. Es war ein interessantes Experiment, was mir von älteren Zuhörern (Zeitzeugen) als ziemlich gelungen bestätigt worden ist. Jüngere konnten damit (speziell der Früh-Phase) so gar nix anfangen. War denen zu dünn (nicht verwunderlich).


    Wenn man ein altes Slingerland oder Ludwig-Kit sieht, weiß man auch oft schon, wohin die Reise geht.


    Swing: Kick Drum ohne Loch? Kann man auch mal von der Schlagseite abnehmen und schauen, was einem das MD421 so vorgibt. Oft passt das dann schon ganz gut.


    Top40: Gerne die Original-Sounds umsetzen. Das gilt eigentlich für Cover-Bands allgemein.


    Closed Harmony: Hier versuche ich gerne auch mal, den alten Platten-Sound umzusetzen, vor Allem bei den Vocals. Bei den Instrumenten lasse ich untenrum mehr zu, um das Publikum nicht zu sehr zu verschrecken.


    Metal: Gitarren sind wichtig, hier kann man gerne mit Laufzeiten und Stereo-Effekten spielen, um eine Wand zu erzeugen, auch wenn das dann nicht für alle im Publikum so fett rüberkommt.

  • Zitat von "simonstpauli"

    Top40: Gerne die Original-Sounds umsetzen. Das gilt eigentlich für Cover-Bands allgemein.


    Gehobener Schwierigkeitsgrad hierbei:
    Die "Künstler" kennen im Gegensatz zum Mischer weder den Originalsound noch die dazu führenden Hilfsmittel und sind bei deren Einsatz irritiert bis erbost. :cry: :D :lol: 8) :lol:

  • Zitat von "guma"

    Gehobener Schwierigkeitsgrad hierbei:
    Die "Künstler" kennen im Gegensatz zum Mischer weder den Originalsound noch die dazu führenden Hilfsmittel und sind bei deren Einsatz irritiert bis erbost. :cry: :D :lol: 8) :lol:


    irritiert verstehe ich ja noch, aber erbost?? :shock:

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "wora"


    irritiert verstehe ich ja noch, aber erbost?? :shock:


    Beides schon vorgekommen...


    Ich hatte mich auch schon mal mit einem Ringo-Verkörperer in der Wolle, weil ich nicht verstanden habe, wie man "Drive My Car" auf der Setliste haben kann, ohne über eine Kuhglocke zu verfügen. Er meinte, das wäre nicht so wichtig. Na dann...

  • Zitat von "guma"

    Gehobener Schwierigkeitsgrad hierbei:
    Die "Künstler" kennen im Gegensatz zum Mischer weder den Originalsound noch die dazu führenden Hilfsmittel und sind bei deren Einsatz irritiert bis erbost. :cry: :D :lol: 8) :lol:


    Ey nein man, das ist Kreativität. Originalsound [suchen oder gar sampeln was der ROM hergibt]? Viel zu langweilig :lol:

  • Zitat von "schallereignissortierer"

    Blechglocke = uncool, Samplepad mit 96kHz/24bit Kuhglocke = cool :wink:


    Nee, richtig cool wäre es gewesen, wenn ich mich mit einer Kuhglocke an den FOH gestellt hätte.


    Da fällt mir noch was ein, manchmal ergibt sich die Notwendigkeit, daß der FOH-Mischer auch mal Backings singt. Erlebt bei einer Metal-Band im kleinen Club, der Kollege hatte tatsächlich am Pult ein Headset auf und sang die hohen Parts. Grund war eine Erkältungswelle, durch die alle auf der Bühne die Höhe nicht mehr erreichten.


    Womit ich jetzt endgültig beim Hinzufügen von fehlenden Teilen bin.

  • Zitat von "simonstpauli"

    ...
    Da fällt mir noch was ein, manchmal ergibt sich die Notwendigkeit, daß der FOH-Mischer auch mal Backings singt. Erlebt bei einer Metal-Band im kleinen Club, der Kollege hatte tatsächlich am Pult ein Headset auf und sang die hohen Parts. Grund war eine Erkältungswelle, durch die alle auf der Bühne die Höhe nicht mehr erreichten...

    also ich singe seit jahren bei einer von mir betreuten band und in machchen songs eine dritte stimme (aber nicht die hohe).
    als ehemaliger sänger habe ich damit kein problem, wichtig ist nur der kopfhörer, sonst wird´s je nach position des FOH schnell ein bisschen arg laid-back ;)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von wora ()

  • @ wora
    wichtig ist nur der kopfhörer und
    eine gute absprache mit den musikern, sonst kann das mal in sauren gesichtern enden...
    und immer das eigene mikro nicht auf die monitore/iem drehen !!!
    achja, das gesangshandwerk sollte man dann schon beherrschen
    aber das is ja bei cover ja nix schwieriges :wink:

    stecker - drucker - schrauber - horcher - schieber - ...

  • also erstens mache ich das selbstverständlich in absprache mit der künstlerin. sie freut sich sogar ausdrücklich darüber.
    und mein mikro ist sehr wohl auch auf den gesangsmonitoren, wenngleich auch nicht sehr laut.
    und ja, man sollte seine stimmbänder wenigestens ein bisschen beherrschen :D


    in einem punkt möchte ich aber vehement widersprechen:
    covers zu singen ist manchmal viel anspruchsvoller, als eigene songs zu trällern. das liegt einfach daran, dass man bei cover andere stimmen nachahmen muss. aus meiner eigenen erfahrung kann genau das extrem anstrengend sein. die gesangskünste mancher coverband-sänger sollte man deshalb wirklich nicht unterbewerten.
    aber jetzt kommen wir ein bisschen vom thema weg ;)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Ich persönlich finde es in LiveMix Situationen als Haustech immer wieder interessant, wenn die "Produzenten" der Bands selbst am Mixtisch stehen und ich in zweiter Reihe zuschaue.
    Das ist immer noch das "Quäntchen on Top" im Vergleich zum BE.
    Die meissten Tour-/Bandmischer machen das zum überwiegenden Teil von der technischen Seite. Gerne zielstrebig wie Billbo oder ambitioniert wie SimonSt.P oder aus tiefer Überzeugung wie Wora.
    Aber die Produzenten haben bestimmte Ideen, wie es klingen muss/soll/kann/darf und wissen, wie sie es umsetzen - es wird aber spannend bei denen, denen der technische Gesamtüberblick fehlt; die nicht die Abgewixtheit eines alten Hasen im RnR haben. Die sich in Details verzetteln, wo dann nur alteingesessene Haus-/Systechs/FoH-Sitter die Kohlen retten und die gröbsten Fehler blind und im Team korrigieren.


    Ich glaube, dass ich rein instinktiv meinen Job bei jeder Band / in jedem Musikgenre / auf jedem Job irgendwo zwischen Systech und "Produzent" einordne.
    Ich greife auch gerne mal ins volle (Effekt-)Sortiment und wenn ich danebenliege und Schelte bekomme - what shalls? Dann müssen beide Seiten aufstehen, ihr Krönchen Richten, die Hose ausklopfen und weiter gehts!
    Einige entdecken mein Talent, andere entdecken, dass sie mit Kollegen besser dran sind...
    Es gibt ja auch Abende, an denen die Band es ganz alleine vermurkst! Sowas gehört zum Leben, zum Business und zur Kunst.


    Oftmal verstosse ich auch gegen Ansagen der Musiker. Meisst bei Bekannten/Freunden/Leuten, die ich gut einschätzen kann. Und meisst ist denen das nach Konzertende sogar ganz recht, und sie freuen sich, dass jemand -ich nenn es mal dynamisch anstelle von musikalisch- mitarbeitet. Mitgeht. Mitfeiert.
    Kein rein statischer Mix nach dem Soundcheck.
    Statisch bedeutet für mich immer Stillstand und der tut Emotionsbildung (die ein Livekonzert dem Publikum nunmal bringen soll) nicht gut.

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Was gibt es für misslungene versuche mit Effekte?
    Was habt ihr da schon für Erfahrungen?


    Was darf auf keinen Fall Passieren?

    Shit in Shit out

  • Das geht schneller als man glaubt, beliebter Fehler bei mir und mit Covermusik ist ein falsch gesetztes delay wenn z.b. Die Band einen Break macht der im Original dort gar nicht ist :?


    Da muß der Finger dann zackig auf der Mute taste landen :D

    Privater Account mit meiner persönlichen Meinung.

    Sollte es ein Problem mit meiner Neutralität zu einem Thema geben mache ich das im Beitrag kenntlich. :thumbup:

    http://www.noon.ruhr


    Application Support Engineer - HK Audio

  • Zitat

    Was darf auf keinen Fall Passieren?

    Vor 5000 Zuschauern aus lauter kreativem Mitschwimmen mit der Musik vergessen, den vor einen bestimmten Song in der Setlist gehörenden (und dort doppelt rot unterstrichenen) Zwischeneinspieler zu starten.
    Die Band wartet im Dunkeln und wundert sich.
    Die Zuschauer warten im Dunkeln und wundern sich.
    Der FOHler :roll: wartet im Dunkeln und wundert sich.
    Wer hat jetzt wohl das größte Stehvermögen? 8). :?:. :shock:. :oops:...


    Die Auflösung einer solchen Situation kann indes dann durchaus ein unvergesslicher Effekt sein.


    Und auch z. B. ein sehr schöner Lerneffekt: die Künstler stehen auf der Bühne. Der Tonler am anderen Ende der Halle – und dort tut er gut daran, den für diesen Job unbedingt erforderlichen, stets zumindest ein klein wenig Distanz beinhaltenden Gesamtüberblick auf keinen Fall leichtfertig durch all zu intensive persönlich- kreative Anfälle zu gefährden.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."