Lärmpegelauflagen für kleines Stadtfest - was ist üblich?

  • Hallo!
    Ich stelle seit einigen Jahren die Technik für ein kleines Open Air welches 2-3x jährlich im Sommer im Zentrum einer Kleinstadt stattfindet. Bisher gab es keinerlei Lärmpegelauflagen. Nun plant das O-Amt die Genehmigung mit der Auflage bis 22 Uhr 70dB und nach 22 Uhr 55dB am nächsten bewohnten Gebäude (das ist ca. 15m von der Bühne entfernt) zu erteilen. Mehr Infos dazu habe ich leider bisher noch nicht....
    Da ich bisher allgemein noch nichts mit Lärmpegelauflagen zu tun hatte und das O-Amt grundsätzlich gesprächsbereit ist würde ich gerne etwas vorbereitet in das Gespräch gehen.
    -wie sind die Werte üblicherweise woanders festgelegt?
    -mit welchen Werten kann man noch vernünftig arbeiten, ab wann macht es keinen Sinn mehr?
    -wo kann man entsprechende Infos nachschlagen?

  • Zitat von "Martin2003"

    Hallo!
    ... Nun plant das O-Amt die Genehmigung mit der Auflage {...} nach 22 Uhr 55dB am nächsten bewohnten Gebäude (das ist ca. 15m von der Bühne entfernt) zu erteilen.

    Das heißt praktisch soviel wie: Veranstaltungsende ist 22Uhr und danach muß der Platz umgehend geräumt werden.
    Ist das so im im Sinne der Behörde?

  • Ich glaube nicht das das im Sinne der Behörde ist. Das Problem ist eher das dort niemand das Fachwissen hat und auch gar nicht weiss welche Werte üblich sind und welches Messverfahren etc...
    Daher hätte ich gern einige Infos vorweg!

  • Wenns dabei bleibt; kannsts im Grunde sein lassen.
    Nächstes Jahr fällts dann sowieso aus, weil die Gastronomie nicht mehr deckend arbeiten kann bzw. die Kosten für die Kultur nichtmehr erwirtschaften kann.
    Hier mehrfach so geschehen.

    Never stop a running System

  • Zitat von "Martin2003"

    Ich stelle seit einigen Jahren die Technik für ein kleines Open Air welches 2-3x jährlich im Sommer im Zentrum einer Kleinstadt stattfindet. Bisher gab es keinerlei Lärmpegelauflagen. Nun plant das O-Amt die Genehmigung mit der Auflage bis 22 Uhr 70dB und nach 22 Uhr 55dB am nächsten bewohnten Gebäude (das ist ca. 15m von der Bühne entfernt) zu erteilen. Mehr Infos dazu habe ich leider bisher noch nicht....
    Da ich bisher allgemein noch nichts mit Lärmpegelauflagen zu tun hatte und das O-Amt grundsätzlich gesprächsbereit ist würde ich gerne etwas vorbereitet in das Gespräch gehen.


    Meine Erfahrung aus solchen OA-Gesprächen ist, dass du mit einem Internet-Ausdruck der TA-Lärm ein bisschen Geschwafel über Schallpegel und Uhrzeiten und vor allem einem "breiten Kreuz" und "innerer Ruhe" sehr weit kommst! Die Sachbearbeiter dort haben oft noch viel weniger Ahnung, als du. Vor allem, wenn die Veranstaltung bereits seit längerem in vernünftigen Bahnen läuft und vll. ein paar "prominente" Fürsprecher hat, sind sie sehr kooperativ.
    Mit den offiziellen Auflagen von 55dB (wie auch immer gemessen) an einem 15m entfernten Fenster hast du ziemlich NULL Chance. Da darfst du nicht mal beim Abbau auf leerem Platz Casedeckel zuknallen. :wink:
    Wenn die Anwohner sich das so hinüberlegt haben und fordern, dann wird die VA eh ausfallen. Da kannst du dich noch ein bisschen gegen wehren, aber über die Dauer hast du keine Chance.


    Viel besser ist es, dem OA und der Polizei gleich im Vorfeld auch Ansprechpartner (mit Mobilnummer) für die Produktion zu geben. Die wollen nämlich auch in erster Linie das, was jeder gute, deutsche Beamte (Arbeitnehmer) will: den eigenen Hintern in Sicherheit wiegen bei minimalem Aufwand. Wenn Sie das Gefühl haben, ernst genommen zu werden und mit Ihren Problemen gehör zu finden, lassen sie recht viel zu.

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Vielleicht kann es ja auch helfen, bei dem Gespräch einen Schallpegelmesser dabei zu haben (eine App sollte dazu ausreichen). Ich kann mir nicht vorstellen, daß das OA in diesem Fall überhaupt eine Vorstellung davon hat, was 55 dB eigentlich bedeuten.


    Gruß, Jürgen

  • Zitat

    Da darfst du nicht mal beim Abbau auf leerem Platz Casedeckel zuknallen. :wink:

    Bei 55dB/A darfst du sie nicht mal aufmachen, ohne vorher gewissenhaft die Scharniere zu schmieren.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Auch wenn ich Falco gegenüber traditionell ja immer gerne die Gegenposition einnehme – hier darf (kann? muss?) ich ausnahmsweise mal uneingeschränkt zustimmen.


    Aus 'Freizeitlärmerlass NRW':

    Zitat

    Bei der Abwägung des Interesses der Allgemeinheit mit dem Schutzbedürfnis der Nachbarschaft können bei
    Veranstaltungen insbesondere deren historische, kulturelle oder sonst sozialgewichtige Grundlagen, die
    Häufigkeit und Dauer sowie ähnliche auf den Immissionsort einwirkende Veranstaltungen und in geeigneten
    Fällen auch die Möglichkeit des passiven Lärmschutzes berücksichtigt werden.


    Übersetzung in erlassgeschwurbelfreies Klardeutsch:

    Zitat

    Das alljährliche Marktplatz- Kollektivbesäufnis mit Musik und Remmidemmi ist seit eh und je das soziale und kulturelle Highlight der Region. Wer nicht mitmachen will besorgt sich Ohropax und macht am besagten WE gefälligst die Fenster zu!
    Ihre Gemeindeverwaltung.


    Geht doch. Nicht nur in Stenkelfeld.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."


  • Verstehe ich das mit den Beurteilungszeiten richtig, dass die Messungen über die genannten Zeiten gemittelt werden?
    Das müsste durch intelligente Spiel und Pausenzeiten locker vernünftig zu handlen sein.
    Da ist doch von vollen Zeitstunden - also z.B. 22:00 -23:00 Uhr die Rede.
    Wenn man da im Vorfeld ne Vergleichsmessung am nächsten Fenster macht und dann mit entsprechendem Korrekturfaktor direkt vorm Lautsprecher misst (alles natürlich höchst offiziell und mit dem Ordnungsamt abgestimmt), kann man sicher nachweisen, dass man zumindest mit der Beschallungsanlage immer im grünen Bereich war - zumal alle Werte A-bewertet sind.
    Alles Andere hat man als Veranstalter/Boxensteller eh nicht im Griff.

  • Zitat von "Martin2003"

    Nun plant das O-Amt die Genehmigung mit der Auflage bis 22 Uhr 70dB und nach 22 Uhr 55dB am nächsten bewohnten Gebäude (das ist ca. 15m von der Bühne entfernt) zu erteilen. Mehr Infos dazu habe ich leider bisher noch nicht....


    1.) Das sind die Werte für die sogenannten seltenen Störereignisse aus der TA Lärm/Freizeitlärmrichtlinie. Das heisst, für ein paar Tage/Nächte im Jahr darf die Behörde das zulassen, ansonsten gelten strengere Werte.


    2.) Das ist Beurteilungspegel. Also L(A)eq + Impulszuschlag + Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit + Zusclag für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit.


    3.) Wenn die Behörde unfreundlich ist, verlangt sie eine Messung durch eine zugelassene Stelle nach § 26 BImschG (dann teuer), oft geht aber auch eine Fachfirma mit geeignetem Meßequipment.


    4.) 15m von der Bühne heisst entfernt heisst im Klartext, Richtwert wird überschritten oder die Veranstaltung endet um 22:00 Uhr. Davor ist es etwas kulanter wegen höherem Richtwert und Mittelung über 16 Stunden.


    5.) Wenn die Behörde ganz kulant ist, dann zieht Sie das V ZR 41/03 (BGH-Urteil) und genehmigt einen höheren Pegel, aber nur bis 24:00 Uhr.


    6.) Werbeblock: Ich mache Schulungen zu dem Thema. Auf Wunsch auch für Behörden...

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Zitat von "Lobo0815"

    Also laut dieser Zeitungsmeldung, können die Kollegen hier in NRW die Stadfeste, Schützenfeste usw. betreuen (beschallen) demnächst ihre PA zu Hause lassen und nur noch für eine schöne Lichtstimmung sorgen! :shock: :?
    http://www.derwesten.de/politi…regierung-id11554505.html


    Ich hoffe du hast den gesamten Text gelesen und dich damit beschäftigt. Denn es geht lediglich um Veranstaltungstage und nicht um Lärm...

  • Hi,


    der Admin hat's schon gesagt. Das ist die 'normale' TA Lärm.
    Die Ergebnisse der schalltechnischen Untersuchung zu den einzelnen Veranstaltungsorten
    zeigen, dass im Stadtgebiet kein Veranstaltungsort weit genug von der nächsten
    Wohnbebauung entfernt liegt, um Konflikte mit der Nachbarschaft grundsätzlich
    auszuschließen. Damit die geltenden IRW eingehalten werden und die Akzeptanz in der
    Nachbarschaft sichergestellt wird, ist bei allen Veranstaltungsorten die Lautstärke der
    Musikdarbietungen zu begrenzen.

    aus einem Dokument der Stadt Erlangen.


    Tomy

    SIM II Operator and Dante Level I-II-III (alles sogar zweimal :)
    Jugendschwimmabzeichen, Rettungsschwimmabzeichen in Bronze
    Meine kommerziellen Softwareprodukte SATlive und LevelCheck

  • Irgendwie kann ich die Behörden und auch die Anwohner verstehen. Schon sehr oft habe ich Veranstaltungen erlebt, wo es grundlos überlaut zugeht. Beispiel: Schützenfest in kleiner Ortschaft. Im Festzelt ist eine PA aufgebaut die ausreicht um 5000 Menschen bei mäßiger Qualität zu beschallen. Irgendwann geht die Musik los, entweder Live Band oder (noch schlimmer) Disco.
    Das Zelt leert sich bis auf einige wenige, die tanzen wollen.


    Die meisten Besucher stehen entfernt vom Zelt wo die Lautstärke noch erträglich ist und trinken dort ihr Bier. Ab und zu geht mal jemand ins Zelt um Bier am dortigen Ausschank zu holen. Die Vereine würden doppelt so viel Bier Umsatz machen, wenn die Leute im Zelt bleiben würden.


    Nach 24 Uhr hört man in einigen km Entfernung immer noch die Musik laut genug, noch lauter sind die Ansagen des DJs die man deutlich verstehen kann.


    Klangqualität ist keine Frage der Lautstärke. Es gibt auch Anlagen die bei moderater Lautstärke vernünftig klingen. Die Musik muß nur so laut sein, daß auf der Tanzfläche eine vernünftige Lautstärke herrscht, alles andere ist unnötig und verursacht nur unnötigen Ärger.

  • mikroguenni:
    +1!


    manchmal gewinnt man den eindruck, als ob mangelnde kompetenz mit übermäßiger lautstärke kaschiert wird - und das übrigens nicht nur auf stadtfesten!
    ich weiss schon gar nicht mehr, wie oft ich schon für moderate lautstärke gelobt wurde. vor allem aus dem publikum, aber auch von veranstaltern und sogar musikern :roll:

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von wora ()

  • Nunja sowas liegt aber auch mit an den direkten Verantwortlichen bzw. Veranstaltern.
    Diese sollten dann schon u.a. auf sowas wie "unnötige Lautstärken" Einfluß nehmen.
    In erster Linie im Sinne der anwesenden Gäste.


    So Diese nicht gleich selbst in entsprechender Anzahl beim Verursacher vorstellig werden und ihre Meinung mit gewissem Nachdruck durchsetzen...

    Never stop a running System