Petition: Für faire Tagessätze an Show-Designer und Technike

  • Liebe Kollegen,


    da ich mich ziemlich über Angebote mit zu niedrigen Tagessätzen geärgert habe, habe ich eine Petition gestartet:


    https://www.change.org/p/konzertveranstalter-bezahlen-sie-faire-tagess%C3%A4tze-an-show-designer-und-techniker?recruiter=42554594&utm_source=petitions_show_components_action_panel_wrapper&utm_medium=copylink&recuruit_context=copylink_long


    Dort rufe ich dazu auf, dass die Veranstalter (und auch die Technik-Firmen) faire Tagessätze für freie Show-Designer und Techniker zahlen sollten und mache auch einen Vorschlag.


    Ich würde mich freuen, wenn ihr diese Petition unterstützt und auch an all eure Kollegen und Freunde, die gerne auf Konzerte gehen weiterleitet.


    Viele Grüße,


    Euer Matthias

  • Zitat von "Matthias' Petition"

    Mindesttagessatz: 200 Euro

    Zitat von "Merkmale einer selbständigen Tätigkeit"

    Entscheidungsspielraum des Auftragnehmers bezüglich der Preiskalkulation.


    Zitat von "Matthias' Petition"

    - Ab 400 Besuchern statt Mindesttagessatz: Pro Besucher der Veranstaltung 50 Cent Beteiligung
    - bis zu einer Deckelung des Tagessatzes auf 1000 Euro.

    Für jeden Beteiligten? :shock:
    BTW.: Mehr Besucher bedeuten nicht automatisch höhere Einnahmen oder höhere Anforderungen an die Fachkenntnis des Personals.


    Zitat von "Matthias' Petition"

    Kostenloses Catering vor Ort

    Alternativ kommt eine Verpflegungspauschale oben drauf.


    Zitat von "Matthias' Petition"

    Übernahme der Hotelkosten inkl. Frühstück bis 85 Euro/Tag

    85€ für's Frühstück, oder wie? Der eigentliche Salto in der Hotelfrage lautet, ab welcher Entfernung zum Wohnort und bei welchen Arbeitszeiten... ansonsten auch ganz normal als Spesen anzurechnen oder direkt vom Auftraggeber (der das dann für die ganze Belegschaft macht) buchen lassen. Einzelzimmer ist Standard.


    Zitat von "Matthias' Petition"

    Reisekostenbeteiligung des Auftraggebers

    Entweder Kilometerpauschale oder Anreise Bahn/Flugi als Spesen auf die Rechnung, wenn nicht der Auftraggeber direkt bucht.

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • Ich habe diese Petition mal etwas im mir sacken lassen.


    Zu mir: ich bin aus dem RnR "Geschäft" seit längerer Zeit raus und habe die letzten, grob genommen, 10 Jahre für Hersteller und Vertriebe gearbeitet.
    Ist es wirklich so schlimm geworden, das solche Petitionen gemacht werden müssen?


    Auf meinem Rechner habe ich Rechnungen aus 1996 gefunden.
    Damals war ich 24, keine Ausbildung, abgebrochenes Abi, wenig Plan.
    Halt ein Typische Roady der Ton gemacht hat, können konnte ich es damals noch nicht wirklich.


    Keine BGV, keine PSA, keine Haftpflicht, keine Unfallversicherung, nix Digital (ok TCS-804), die Arbeit war damals noch die Schachteln möglichst hoch auf wackelige Podeste zu stapeln.
    Stecker rein, Riesen Y von der Analogweiche zu den Amps, brummen suchen, Schutzleiter Abkleben, schmerzvoll Erden verbinden.


    Heute wäre ich in der Position Hand! Und dazu noch ein schlechter!


    Dennoch habe ich für Arbeitstage zu der Zeit (waren auch immer so um 12h+) 400.- DM ich Rechnung gestellt und auch bekommen.
    Reisekosten waren "on Top", Verhungert bin ich nicht, Doppelzimmer habe ich zu der Zeit noch ertragen, war ja immer lustig.


    Was habe ich zum Job mitgebracht?
    Mich und ein Multimeter. Kein Notebook, IPad, Tablet, Winkelmesser, Laser, Werkzeugkoffer...


    Vorbereitung auf den Job war nüchtern zu erscheinen. Keine Pläne, Runnig Order, Sicherheitsvorschriften, Listen, Ansprechpartner, Hierarchien, Kundenwünsche, Kleidervorschriften, Gewerkekoordination.


    Was soll ich sagen...


    Heute wären diese 400.- DM inflationsbereinigt rund 265.- Euro + alle Spesen und Anreise.


    Wer als Fachkraft unter meinem Lohn von 1996 arbeitet, hat den Knall nicht gehört.
    Da helfen auch so Petitionen nicht, die sogar noch Dinge Fordern, die vor 20 Jahren selbstverständlich waren.


    Lieber Matthias: Was ist, wenn ich Dich für 12h am Tag für meinen Messestand buche? Ich zahle Dir 85€ für das Hotel, das leider zur Messe 240€ kostet.
    Catering ist am Stand, lach... Reisekosten erstatte ich anteilig, wie Du forderst, halt einen Zuschuss.


    Leider kamen nur 399 Besucher auf den Messestand.

  • Zitat von "ThoSchu"


    Wer als Fachkraft unter meinem Lohn von 1996 arbeitet, hat den Knall nicht gehört.
    Da helfen auch so Petitionen nicht, die sogar noch Dinge Fordern, die vor 20 Jahren selbstverständlich waren.


    Der Knall ist schon durch, mehrfach. Was du als zu vermeidendes Unding beschreibst, ist schon lange Realität.

  • Realität ist subjektiv.
    Jeder gestaltet sich seine selber.


    So auch ich und ich muss sagen, das ich ohne RnR verdammt gut lebe...
    Komischer Weise auch andere hier.


    Die Erkenntnis, dass das Leben als Freiberufler in dieser Branche Tücken hat, wenn man im "Mittelfeld" schwimmt ist nicht neu.

  • ne Petition zur Abschaffung der Marktwirtschaft... krass.


    Aber nachvollziehbar. Das Problem ist nur, dass wenn man als Unternehmer diese Tagessätze zahlen würde keinen Job mehr bekommen würde oder nur noch mit pauschalversteuerten An die Nummer rangehen müsste (würde ja nicht unter die Petition fallen).
    Stell Dir vor Du machst ne Beschallung bei einem Konzert mit 10.000 Pax und brauchst für die Nummer 10 Mann Personal für Aufbau, Abbau, ein paar weniger für die Show. Nach Deiner Petition wäre da unbezahlbar.


    Ich glaube Selbständige aller Branchen träumen davon, dass Sie im Falle einer Auftragserteilung irgendeinen Mindestlohn berechnen können ohne Gefahr zu laufen dass ein Mitbewerber das unterbietet.


    Wird es alles nicht geben, wäre auch zu schwer zu kontrollieren..
    Gäbe es das, wäre es der Tod der Freelancer und würde einen Boom bei Handagenturen auslösen.

  • Zitat von "ThoSchu"

    ...
    Wer als Fachkraft unter meinem Lohn von 1996 arbeitet, hat den Knall nicht gehört.
    Da helfen auch so Petitionen nicht, die sogar noch Dinge Fordern, die vor 20 Jahren selbstverständlich waren.


    ...


    Als realitätsbezogenes Beispiel: Kunde will für einen Abend Musik, Licht und Ton und außer dem gemieteten Saal für 500 Leute (wo am Ende nur 20 Gäste da sind) und der Steckdose ist nichts vorhanden. Einige werden solche Anfragen direkt in die Ablage P(apierkorb) ablegen, manche aber machen sich die Mühe und schreiben ein Angebot über xxxx,xx Euro. Kunde sagt er hat nur 200 Euro Budget, da sagt im Grunde jeder, der davon wirklich leben muss, ab. Als kleinen Hobbynebenerwerbler und mit festem Einkommen sind mal eben 200 für Spaß zu haben immer willkommen und er sagt dem Kunden das er es macht. Ein Tag vor der VA sagt der Kunde dann auch dem Hobbynebenerwerbler ab weil er einen gefunden hat, der es für 50 Euro macht und dafür noch 20 Gäste mitbringt.


    Was bringt dann eine Petition für gerechtere Tagessätze?


    Es sollte jeder Gewerbetreibende in der Lage sein einem Kunden zu verdeutlichen, dass er als Facharbeiter auch entsprechende Entlohnung haben muss oder der Job kann nicht gemacht werden.

  • Zitat von "markus f."

    Der Knall ist schon durch, mehrfach. Was du als zu vermeidendes Unding beschreibst, ist schon lange Realität.


    Die Folgen der Fachkraftausbildung. Ein Azubi für nen Fuffi Tagessatz ist nun mal billiger, als der Freelancer für €300+


    Ich verstehe diese Petition rein GARNICHT.
    Wieso ist der Tagessatz abhängig von der Besucherzahl? Wenn es eine aufwändige Produktion mit Audio, Licht, Video, vielen wechselnden Liveacts ist, braucht man schlichtweg mehr Personal, als bei einer Podiumsdiskussion. Egal wie viiele Gäste kommen. Und zählen dann bei Festivalsituationen die Gäste an unterschiedlichen Tagen auch mehrfach, oder weil sie nur ein Wochenendticket haben einfach?


    Apropos Festival: ich hab das mal ganz grob für ein Festival überschlagen, bei dem ich grad an der Planung sitze.
    ca. 7.500 Besucher, 5 Bühnen , ca. 150 Tagessätze in den Kernbereichen Bühnenbau, Licht, Ton, Video, Vor-& Nacharbeit (Planung&Co.) mit ca. 30 Mann Personal zeitgleich bei "nur" zwei Showtagen.
    Beim minimalen Tagessatz von €200 kommst du auf €30.ooo, bei der angenommenen Obergrenze auf €150.ooo - letztere müsste eigentlich bei 7500pax wohl greifen, dann wären pro Besucher €20 nur für die Techniker fällig, oder anders ausgedrückt: grob überschlagen 20-25% der Eintrittskosten eines vergleichbaren Festivals.


    Ich bin für eine solide Berechnung des "eigenen Wertes" und vernünftig kalkulierte Tagessätze. €200 dürfen es in so einer mehrtägigen Festivalsituation durchaus auch in "niedrigeren Dienstgraden" sein, aber die Pauschalisierung in der Petition ist absoluter Mist!

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Angebot und Nachfrage regeln den Preis.
    Guter & fleissiger Tec = Gutes Geld
    Durchschnittlicher Tec = Weniger Geld


    Ich hab von einem Gefälle hier in der BRD gehört, gerade im Berliner Raum sind Hands extrem günstig zu bekommen, da streiten sich aber auch deutlich mehr um den Kuchen als hier...
    Ich halte aber eine Petition für Quatsch, Marktwirtschaft regelt sowas alleine.
    Übrigens müssen Handwerker mit einem randvollen Auto voll Werkzeug anrücken und machen sich regelmäßig richtig dreckig...

    peter birkholz

    pb-showtechnik.de

  • Zitat von "treibsand"


    Die Folgen der Fachkraftausbildung....


    ... sind nur ein Teilaspekt eines unsäglichen Überangebots an allem, was das Veranstaltungswesen so zu bieten hat. Das Problem besteht in der Summe aller beteiligten Überangebote beginnend bei einem absurden Überangebot an "Entertainment" und endend an der letzten Milenium T. Schraube.
    Überleben kann man darin nur in einer Kombination aus Glück, 'attitude and skills', und Nischenqualifikationen.

  • Zitat von "guma"

    Überleben kann man darin nur in einer Kombination aus Glück, 'attitude and skills', und Nischenqualifikationen.


    Ein schöner Stoßstangenaufkleberspruch. Wo kann ich bestellen? :D

  • Zitat von "Teddytaste"

    Angebot und Nachfrage regeln den Preis.
    Ich halte aber eine Petition für Quatsch, Marktwirtschaft regelt sowas alleine.


    Naja, das funktioniert nur nicht - bestes Beispiel ist der notwendig gewordene Mindestlohn. Dieses Argument hört man an jeder Ecke, allerdings ist das System anscheinend so fehlerbehaftet, dass immer mehr Korrekturen von Seiten der Regierung notwendig werden. Der Fakt, dass nämlich auch Hobbyisten dir für den halben Preis ein guten Job machen können, dass ist in der marktwirtschaftlichen Theorie so nicht vorgesehen - die müssen nicht kostendeckend arbeiten und ihren Preise berechnen.
    Gerade im DJ-Bereich kommt erschwerend hinzu, dass den Titel "DJ" jeder nutzen darf - es gibt keine verbindlichen Standards oder Qualitätskriterien, die der Nutzer mindestens erfüllen muss. Ein Maurer z.B. muss zumindest eine 3 jährige Ausbildung genossen haben. Da sehe ich ein Hauptproblem im sog. Veranstaltungsmittelstand - man kann mit überschaubarem Eigenkapital ohne größere Probleme Events bis knapp 1000 Leute beschallen und beleuchten. Früher musstest du dafür richtig Geld in die Hand nehmen, heute geht das auch mit Hobby-Budget und schafft es den Ein oder Anderen Modellflugzeugbauer und Eisenbahnromantiker ein neues Betätigungsfeld aufzuzeigen - nämlich eins, wo man Geld verdienen kann...und das regelt kein Markt allein.

  • Richtig. Goldener Merksatz: der Versuch, mit einer Tätigkeit seinen Lebensunterhalt verdienen zu wollen, welche für andere Leute ein beliebtes Hobby darstellt, muss und wird mit einiger Wahrscheinlichkeit schief gehen.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Hat Volker gesagt 200 sind zu viel?
    Ich mein, ich steig in die Diskussion eigentlich nicht ein. Ich verlange mehr, kriege sie auch auch und hab gut zu tun. In der Firma in der ich angestellt bin kriegen unsere Leute auch mehr, selbst Hands.
    Ich hab auch schon mal nen Bunch Flüchtis buchen können für Schlepparbeiten. Die lagen bei 150 für 8 Stunden, ohne jegliche Qualifikation, und das war in Ordnung für alle Beteiligten.
    Wenn jemand nen Multimeter richtigrum halten kann, sollte da mehr gehen!
    Also Volker, ich hoffe ich hab dich falsch verstanden. Ansonsten ist das einfach untragbar. Keinen Plan von Selbständigkeit?


    LG
    Adrian

  • diesen beitrag habe ich gerade erst entdeckt.
    vielleicht hätte man die in der petition geforderten bedingungen vorher erstmal diskutieren können/sollen.
    ich werde nicht unterschreiben, denn die geforderten punkte wären auch für mich ein deutlicher rückschritt, bzw. sind einige punkte selbstverständlich (z.b. kostenloses catering, das steht auch so im meinem vertrag)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Matthias, ich weiß nicht wie lange Du das schon machst, Deine Petition klingt als wäre Dein Arbeitsalltag nicht sehr abwechslungsreich und beschränkt auf ein-tägige VAs im Alleingang oder eher kleinem Team mit maximal unterer 4 stelliger Zuschaueranzahl.


    Aber es gibt so viele Veranstaltungsarten und Audiountergewerke, dass man kaum alle in einen Topf schmeißen kann.


    Da ist die Telefonkonferenz mit 0 Live - Publikum, würdest Du die Telefonkonferenzteilnehmer als Zuschauer rechnen?
    Wie ist das mit Fernsehzuschauern einer Liveübertragung - wie ist das mit Fernsehaufzeichnungen?! Zählen die dann nicht weil sie nicht live sind?
    Da gibt es die Stadiumshow mit 70000 zahlenden Gästen... ach ja, Du hast ja eine Deckelung bis 1000 Euro pro Tag pro Nase :D
    Da gibt es unendlich viele Aufbautage, Probentage, Standbytage, je größer und/oder wichtiger die VA desto mehr davon. Wie wird das denn abgerechnet?
    Dann gibt es die ganzen Audiountergewerke, also Spezialisierungen, die auch nicht immer ganz gleich bezahlt werden.


    Dazu ist Dein Hotel-/Spesenansatz zu niedrig, und überhaupt sollte das nicht Dein Problem sein Unterkunft und Transport zu buchen. Ich habe noch NIE meine Unterkunft für einen Gig gebucht egal wie low profile das ganze war (0 Budget Tour eingeschlossen) und bis auf wenige Ausnahmen habe ich auch schon lange keinen Flug (Zug, Bus, Mietwagen) mehr gebucht der nicht meinem Privatvergnügen diente.


    1000 Euro Tagessatz gibt es sicher - für Leute die lange dran gearbeitet haben 1000 Euro wert zu sein.


    Und noch was: Es gibt immer zwei Seiten, die einen Lohn verhandeln, der ihn bezahlt und der ihn bekommt. Wenn Du für die Asche die Du bekommen kannst nicht arbeiten möchtest dann hilft a) verlang mehr, b) erweitere Dein Können so dass Du mehr wert bist oder c) such Dir einen besser bezahlten Job in einer anderen Branche.
    [Oder d) verlass das Land (das war meine Lösung. Inzwischen bin ich bei a) und b))]