Ein Beispiel, damit die Unterscheidung hoffentlich klarer wird:
Wir haben ein Open-Air mit relativ langer Zuleitung, das ganze als TN-C-S Netz, d.h. der PEN wird an der Endverteilung aufgeteilt auf N und P.
Die Erdung wird 'vergessen', denn zum einen sind ja RCD verbaut und zum anderen ist durch die Netzform der Schleifenwiderstand niedrig. Die Kontrollmessung ergibt ein normgerechtes (zeit + Berührspannung) Auslösung der RCDs.
Die Bühnenkonstruktion steht auf der Erde, hat also 'gutes' Erdpotential.
Nun ereignet sich in einer Unterverteilung ein unvollständiger Kurzschluss zwischen einem Außenleiter und N. Den RCD's ist das egal, denn zum einen sind sie nur in den Endstromkreisen verbaut und zum anderen fließt ja erstmal kein Fehlstrom.
Der zuständige C-Automat braucht 'etwas länger' zum Auslösen, da durch die recht lange Zuleitung und den unvollständigen Kurzschluss der Strom nicht ganz so hoch ist.
Hoher Strom + Leitungswiderstand des PEN ergeben einen Spannungsabfall. Dies führt zu einem erhöhten Potential gegen Erde, auch am PE. Somit habe ich einen Potentialdifferenz zwischen Truss und den mit dem PE verbundenen Metallgehäusen diverser Geräte. Selbst wenn der RCD auslöst, bleibt diese Potentialdifferenz erhalten.
Um soetwas zu vermeiden, braucht man einen Potentialausgleich, in diesem Fall zwischen Truss und dem 'Vorort PE(N)'.
Alles anzeigen
Nehmen wir mal den umgehrten Fall an, die Bühne steht relativ gut isoliert (Holzunterlagen, Anhängerbühne auf Reifen, etc.). Dann hast du durch diesen PA (der ja eigentlich auch irgendwo geerdet sein muss. Im Handwerk / in der Industrie führt der PA immer zu einer Erdungsschiene) jetzt plötzlich das gefährliche Potential des Stromverteilers auch noch auf der Bühne und gefährdest Jeden, der sich in der Nähe aufhält und Kontakt zum Erdpotential hat.
Der Fehler liegt hier eindeutig bei dem Stromkasten:
1. nicht geerdet (und nicht gemessen).
2. auch keine Schleifenimpedanz gemessen, spätestens da hätte einem auffallen müssen, dass man was tun muss.
3. PA aufgelegt und ebenfalls nicht gemessen (bzw. max. auf Durchgängigkeit, aber eben nicht den Erdungspunkt).
Gegenfragr: Wer die Elektrik hinstellt, behauptet die Gefahrenquelle kommt ja erst wenn es leitfähige Teile in der Nähe gibt?
Wenn die Elektrik schon steht, dann würde ich auf jeden Fall erst Recht Erden. Ich hatte überlegt, ob man auch davon ausgehen könnte, dass da garkeine Elektrogeräte hinkommen. Aber ja, da hast du wahrscheinlich Recht.
Von demjenigen der eine Bühne aufbaut erwarte ich auch, dass er/sie mit dem grün/gelben Kabel ankommt und es zur Not dem Auftraggeber/Veranstalter mit entsprechendem Hinweis in die Hand drückt...
Das ist nun aber wirklich nicht die Kunst an der Sache, das bekommt jeder HonK hin. Das eigentlich relevante ist ja das Finden, Beurteilen, bzw. Errichten und Messen des Erdungspunktes. Natürlich kennt man das aus der Praxis, der Bühnenbauer deutet bei Übergabe auf die Grün-gelbe Strippe mit den Worten man möge die, wenn die Dimmercity steht, doch bitte mit auflegen. Sehr Spannend wird es dann, wer für die Geschichte haftet, wenn was passiert.
Ansonsten ein schöner Thread mit Fachaustausch und hoffentlich Sensibilisierung!
Ja, das hatte ich mir davon erhofft und freue mich ebenfalls über die rege Beteiligung.
Eine Erdermessung ist nicht trivial und hat als Grenzwerte 'nur' den Berührungsschutz, d.h bei 30mA RCD maximal 50(?)V AC am Gehäuse.
Naja, so kompliziert ist das aber nun auch nicht. Man steckt zwei Sonden mit den passenden Abständen in den Boden, drückt bei dem Messgerät auf Start und ist dann hoffentlich in der Lage das Ergebnis richtig zu interpretieren. Das dauert keine fünf Minuten und obwohl ich das schon ewig nicht mehr gemacht habe, würde ich behaupten, nach einer halben Stunde Einlesen bin ich in dem Thema wieder drin. Testen können das meines Wissens nach mittlerweile auch alle etwas besseren Installationstester (mindestens die von Fluke und Gossen Metrawatt) und es gibt auch Einzelne Erdungsmessgeräte zu einem überschaubaren Preis.
Und selbst wenn der Erder an sich okay ist, habe ich eine räumliche Distanz zur Bühne.
Das Gemeine an solchen Potenzialproblemen ist auch, dass sie verschiedenste Ursachen haben können, die teilweise nicht in der eigenen Elektrik begründet liegen (Blitzschlag in der Umgebung, 'fetter' Kurzschluss irgendwo im Verteilnetz...
Wenn ein Blitz in der Nähe einschlägt, kommt es auf die Schrittspannung an. Wenn der Abstand einer Person zu z.B. dem Bühnentower exact null beträgt, ist auch die Schrittspannung null, weil beide auf dem selben Potential liegen, AUßER(!) es gibt einen Potentialausgleich, dann hat der Tower nämlich irgend ein anderes Potential und damit eine gefährliche Brührungsspannung.
Das der Kurzschluss im Verteilernetz meinen PEN belastet, bzw. das Potential verschiebt kann ich mir ja och vorstellen, aber auch dagegen ist hoffentlich der Verteiler der den PEN aufteilt geerdet und nicht der PA der dieses Potential dann munter in meiner Metallkonstruktion verteilt.
Auch Normenausschüsse, Versicherungen und Gesetzgeber haben irgendwann eingesehen dass ein 100%iger Schutz durch PA unter allen leitfähigen, berührbaren Metallteilen praktisch nicht realisierbar ist.
Leider haben sie diese Erkenntnis in die DIN 15700 : 2017-04 aber nicht mit einfließen lassen, und ob man vor Gericht Recht bekommt mit der Begründung, dass in anderen Bereichen auch weniger geerdet wird als früher halte ich für sehr fragwürdig.
Die PRCD-Pflicht macht den Rest.
Ich musste erstmal nachgucken, was ein PRCD ist. Das P steht für portable, ich vermute du meinst nur RCD?
Der Vorschlag RCDs einzusetzen zieht sich ja nun schon mehr oder weniger durch das ganze Thema und wie ich selbst ja schon schrieb, hielt ich es zwischenzeitlich für einen annehmbaren Workarround nur die, die mit Leitungen ohne 30mA RCD in Berührung kommen in den PA einzubeziehen.
Dabei gibt es mehrere Probleme:
1. Der PA Schütz hauptsächlich vor Potentialunterschieden, die z.B. durch Induktion oder statische Aufladung zustande kommt, da hilft auch kein RCD.
2. Der RCD löst im Zweifelsfall erst in dem Moment aus, in dem eine Person einen Schlag bekommt. Er verhindert dies also nicht, sondern reduziert lediglich die Einwirkdauer, daher glaube ich nicht, dass dies als gleichwertige Maßnahme angesehen werden kann (zumal ich vermute, dass da dann sogar die Gesetzgeber selber drauf gekommen wären, wenn sie dies als gleichwertige Maßnahme ansehen würden, der Aufwand ist ja doch deutlich geringer).
Übertragen auf die Situation in der VT heisst das: Wo ist ein PA wirklich sinnvoll und auch praktikabel umsetzbar und welche Massnahmen sind ggf. stattdessen zu setzen?
Leider ist der Gesetzgeber da ja recht eindeutig, das Weglassen des PA sollte man dann schon sehr gut begründen können (Unpaktikabilität würde vor Gericht vermutlich nicht anerkannt). Alternativmaßnahmen würden mich auch sehr interessieren, RCDs scheinen mir aus den oben beschrieben Gründen alleine da nicht ausreichend.
Beispiel: Steckfussbühne Bütec, umlaufendes Klettband, Verbinder aus Kunststoff.
Hier einen PA der kompletten Bühne zu fordern würde bedeuten: Ich muss jedes einzelne Bühnenelement nachträglich mit einer flexiblen Leitung mit ausreichend Querschnitt metallisch leitend verbinden...
Alternativ muss ich mir eben überlegen wie das Auftreten von unzulässig hohen Berührspannungen auf der Bühne verhindert werden kann. Das fängt mit ganz simplen Sachen an wie der Positionierung der Stromverteilung. Dann darf der kleine Baustromverteiler mit der direkt geklemmten 63er Zuleitung eben nicht auf oder unter die Turnhallenbühne sondern hat mit ausreichend Abstand dahinter zu stehen. Und natürlich braucht der darüber gestellte Trusstisch sehr wohl einen ordentlichen PA.
Die Bütecs haben immerhin großflächige Metallkanten, die sich berühren. Warum siehst du den Stromverteiler als gefährdeter an, als z.B. den Bühnenstrom? Der Stromverteiler ist im Idealfall wenigstens ordentlich geerdet und ich würde behaupten es ist deutlich wahrscheinlicher irgendwo eine Schukoleitung zu beschädigen, als die dicke 63A Zuleitung. Induktion und statische Aufladung mal noch garnicht berücksichtigt. Und bei der großen Bühne, wo alleine 63A Bühnenstrom ankommen erde ich dann trotzdem wieder jedes einzelne Podest? Warum eigentlich die Bühne nicht, das Truss aber schon? Hat eigentlich schon mal jemand ausprobiert, wie so die Übergangswiederstände bei Traversen sind, so nach zehn Verbindungsstellen zum Beispiel? Ich kann mir kaum vorstellen, dass da noch brauchbare Werte bei rauskommen.