Eine kleine Ergänzung zum Thema "Glätten von Frequenzgängen":
"Glättung" wird von vielen empfunden wie das wegradieren von Kanten einer zackigen Kurve, ähnlich wie in einem Bildbearbeitungsprogramm. Diese Analogie scheint erst mal stimmig, trifft aber bei FFT-basierten (also quasi jedem digitalen Messsystem heute) nur die Oberfläche dessen, was da eigentlich passiert.
Es liegt die Vorstellung zu Grunde, dass es so was wie den "originalen" Frequenzschrieb gibt, den man dann durch "Glättung" verfälscht. Allein diese Grundannahme ist nicht richtig - schon bei der Auswahl der Samplefrequenz, des FFT (oder theoretisch anderen Verfahren) Methode werden mathematisch Glättungen und Mittelwerte erzeugt (allein schon beim Samplen geschieht dies. Man baue mal einen simplen D/A Wandler ohne Sample and hold Stufe und höre sich das an... Dann muss nach dem Samplen gemittelt werden - Stichwort Nyquist..). Jedoch kann bei genügen hoch gewählter Samplefrequenz, analyserate, bittiefe usw... die genauigkeit so hochgeschraubt werden, dass man auf einem typischen Messchrieb eine Genauigkeit unterhalb der Darstellungsgrenze erreicht. Dennoch ist mathematisch gesehen auch schon hier "gemittelt"..
Allein schon die Auswahl der Fensterfunktion zur minimierung des Leackage-Effektes hat eine Veränderung der optischen Kurve zur Folge, die einer Glättung/Mittelung gleicht: https://en.wikipedia.org/wiki/Spectral_leakage
Wähle ich in dein Einstellungen meines Messystems Hanning anstatt Rechteck oder Kaiser oder whatever - bekomme ich eine anders aussehende Kurve - die eine betont Peaks, die andere nicht... Da haben wir noch nicht mal das Zeitfenster (für pseudoreflexfreie messungen) oder den "Mittelungen-Knopf" bemüht. (in den meisten Messsystemen ist dann nicht einmal angegeben, was da wie gemittelt wird.. https://en.wikipedia.org/wiki/Smoothing)
Wenn also jemand sagt, er mittelt nix - meint er damit lediglich dass er die ihm vorgegebenen Knöpfe in seinem Messsystem nicht gedrückt hat - unter der Haube desselben finden dennoch Mittelungen statt - nur sind diese in der Praxis dann irrelevant, wenn man versteht, wie das alles einzustellen ist und was wovon abhängt und die Problemstellung korrekt erfasst hat (Fachlektüre dazu wäre z.B. "Lautsprecher-Messtechnik: PC-gestützte Analyse analoger Systeme" http://pa-forum.de/buecher/buecher_lautsprehcer.html).
Es ist an der Stelle auch interessant sich den anderen Weg anzuschauen - simuliert man in einem idealen Gehäuse z-B- eine Transmissionline Box und baut diese dann zusammen, finden sich die in der Simulation stark ausgeprägte Peaks in der Realität weder gehört noch messbar in gleicher, starker Ausprägung.. Huch, hat da die Realität geschummelt, habe ich falsch gemessen, stimmt die Sumu nicht? Mittelt mein Ohr, der Raum, die Membran.... ???
Manche Resonanzstellen (und damit evtl. unerwünschte Phänomene in einer Konstrukt) lassen sich effektiver "um die Ecke" über Impedanzmessungen o.a. erfassen. Die Vorstellung, dass ein Frequenzschrieb - wenn er nur "ungeglättet genug" wäre - die "richtige, echte, wahre" Frequenzkurve darstellt - ist nicht zutreffend.
Insofern ist mitteln nicht "der Teufel", sondern immer vorhanden und auch notwendig (rein mathematisch für die verwendeten Verfahren, siehe FFT wikipedia etc..) als auch praktisch (um die Lesbarkeit eines Messchriebes in manchen Fällen überhaupt erst zu ermöglichen). Die Frage ist nur, wie weit man damit geht - und dieser Übergang ist fliessend. Ab wann wird eine Freuquenzüberhöhung denn akustisch hörbar? Da gibt es keinen eindeutigen Grenzwert - deswegen gibt es auch nicht die eine Schwelle, die man nicht überschreiten darf, wenn man "mittelt" oder nicht.
Ich bin froh, dass Kollege rockline versteht, wozu seine software-Tiefpassfilter (die auch "mitteln") im Messsystem da sind - denn die Messungen der ganzen Schaltnetzteil-Class-D Amps würde ich ohne diese Filter (Mittelungen) gar nicht leserlich (und damit sinnvolll) vorfinden. Die Kunst ist, die Filter/Mittelung der geforderten Anwendung bzw. Fragestellung anzupassen, so dass eine praxisrelevante Aussage entsteht.
"Mitteln" in diesem Kontext meint nämlich meist den Knopf in der Messoftware, der optisch die Kurve glättet - bis dahin ist intern aber schon so viel gemittelt worden, dass es die "ungemittelte" Ausgabe gar nicht gibt.
Übrigens: Eminence glättet nicht pauschal über eine ganze Oktave - ohne mich zum Advocat der Amerikaner zu ernennen - das ist schlicht "unfair", so etwas in diesem Kontext zu behaupten (und damit eine Abwertung zu induzieren) - die Aussagekraft der Messungen bei Eminence ist genau so gut oder schlecht wie bei den meisten Mitbewerbern auch. So manche Resonanz, die man meint durch "glättung" nicht mehr erkennen zu können, findet man im IMP Schrieb wieder - und manche, die man für "klanglich verächtlich hält" ist es in der Praxis nämlich gar nicht (die Deduktion - matsch im Frequenzschrieb = schlechter Klang ist nämlich genau so wenig 100% zutreffend).