Dein Mikro nimmt etwas auf, was Du nicht willst? Fast immer ein Anwenderfehler. So gut wie nie ist das Mikro selbst die Ursache. So, wie wohl auch nicht in diesem Fall.
Die Snare ist so ziemlich das lauteste (und damit unkomplizierteste) Teil, welches man auf einer Bühne überhaupt mikrofonieren kann. Mit einem ziemlich eingeschränkten (Nutz-)Frequenzbereich; dazu bei minimalem Abstand zwischen Schallquelle und Mikro. Das geht problemlos mit praktisch jedem Mikrofon, sofern es den hohen Schalldruck verkraftet und mechanisch dort hin passt.
Wer die Polardiagramme von gängigen Nierenmikrofonen miteinander vergleicht wird schnell erkennen, dass sich da von Typ zu Typ nichts Dramatisches tut. Rückwärtsdämpfung in den relevanten Frequenzbereichen (oberhalb von 100 – 200 Hz) etwa 15 bis hin zu 20 dB; mit einigen Unsauberkeiten genau auf 180° - Achse. Da ist ein SM57 (dessen Klang man mögen kann oder auch nicht) genau so gut oder schlecht wie irgendein ähnliches Mikrofon irgendeines Herstellers. Der Austausch würde nichts ändern und wäre also sinnlos.
Trotzdem hörst Du HiHat über den Snarekanal. Woran liegt‘s, wenn denn nicht am Mikrofon?
- Der Drummer streichelt die Snare und prügelt die HiHat. Äußerst unwahrscheinlich.
- Das Mikro ist falsch positioniert und zeigt Richtung HiHat. Auch unwahrscheinlich; das würdest Du schon vom Augenschein her sofort erkennen und ändern.
- Du hörst die Reflektionen der HiHat, die auf Umwegen von vorne aufs Mikro treffen. Schon wahrscheinlicher. Trommelfelle, Kessel, Becken sind für hohe Frequenzen schallharte Reflektoren, die so die ‚Laborrichtcharakteristik‘ eines Mikrofons an seinem konkreten Einsatzort völlig hinfällig werden lassen können. Dafür kann es nichts.
- Du versuchst den Snareteppich hörbar zu machen, indem Du hohe Frequenzbereiche im Kanal anhebst. So fatal wie oft gesehen. Da oben ist kein Teppich! Bevor Du den hörst, hörst Du alle hohen Frequenzen der Umgebung. Und eine HiHat hat viele hohe Frequenzen....
Wenn Du einen teppichlastigen Snaresound wünscht, nutze das Snare Bottom Mikro; dazu wurde es erfunden. Bei Kanalmangel tut’s dafür notfalls schon ein in einem Zweig polaritätsgetauschtes Y – Kabel. Nicht ideal; aber ALLES ist besser als der Versuch, durch heftiges selektives Anheben bestimmter Frequenzbereiche mit einem Mikro etwas übertragen zu wollen, was nicht da ist.
- Überprüfe kritisch, was Dein Kanalkompressor macht. Klingt banal, ist aber in Zeiten unbegrenzter Digitalpultkompressorflut ein typischer Anwenderfehler, den man auch bei gestandenen Profis immer wieder beobachten kann. Der modische, hoch komprimierte Snaresound, bei dem die Spitzen um bis zu 20, 30 dB abgeschnitten werden, bedeutet nichts Anderes als dass unerwünschte Nebengeräusche um 20 oder 30 dB verstärkt übertragen werden. Vergiss es. Das, was Du erreichen möchtest und vielleicht von der einen oder anderen Studioproduktion im Ohr hast funktioniert so nur dort; ist u. U. ein einziger, im schalltoten Raum aufgenommener, besonders gut gelungener Sample, der ständig wiederholt wird. Live wird das nichts. Da brauchst Du einen akzentuiert spielenden Drummer.
Sorry für einen vielleicht etwas unangemessenen und oberlehrerhaft daher kommenden Tonfall. Die in verschiedenen Varianten immer wiederkehrende, im Prinzip immer gleiche Frage „welches Mikrofon soll ich kaufen, damit es nur das überträgt, was ich möchte?“ (Variante: welches Mikro funktioniert auch auf Entfernung?) lässt sich aber nur so korrekt beantworten: gar keins! Das Mikro weiß nicht, was Du möchtest. Es überträgt – mehr oder weniger authentisch - einfach das, was da ist. Lerne damit umzugehen und Anwenderfehler zu vermeiden – der einzige auf Dauer erfolgversprechende Weg.
Mit freundlichem Gruß
BillBo