In erster Linie geht es natürlich um Selbstkontrolle: "Offiziell" würden die Protokolle in jedem Fall erst im Rahmen einer Klage, vorher wird da ja nichts veröffentlicht.
Die Frage ist also: Wie würde man diese Selbstkontrollmessung idealerweise durchführen?
Willst du die Messung verwenden, um eventuell erfolgende Klagen abzuwehren? Dann sollte erstens der Grenzwert nicht überschritten werden und im Rahmen der Messvorschrift darauf geachtet werden, dass nicht äußere Faktoren wie Publikumslärm oder das Schlagzeug auf der Bühne die Messung negativ beeinflussen. Das heißt meistens in PA Nähe zu messen, so dass die Korrekturwerte PA-fremden Schall absenken anstatt ihn anzuheben.
Zweitens ist zu beachten, dass Gerichte gerne eine eigene Messung des Verursachers (hier: des Veranstalters) als ungeeignet ansehen (siehe Links des Admins). Da hilft es auch nichts, wenn du bei der Messung alles richtig gemacht hast. Um wirklich rechtlich sicher zu sein, muss diese Messung von dritter fachkundiger Seite erfolgen.
Willst du die Messung zum Schutz des Publikums verwenden oder zur Beruhigung des eigenen Gewissens? Dann sollte man im Publikum messen, was in der Summe aus PA und sonstigem Lärm dort ankommt. Hier ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Grenzwerte gerissen werden und du keine Möglichkeit hast, mit einfachen Mitteln eine Verbesserung (was in diesem Fall eine Senkung des Pegels bedeutet) zu erreichen.
Die Bestimmung des richtigen Korrekturfaktors ist im kleinen Club nur eben extrem schwierig, weil viele relevante Schallquellen erst nach dem Aufbau/Changeover verfügbar sind.
Das ist nicht schwierig, sondern schlicht unmöglich. Die Messvorschrift geht davon aus, dass es einen linearen Zusammenhang zwischen dem Schallpegel am lautesten Publikumsplatz und dem Schallpegel am Messort gibt. Dies ist jedoch nur für Konservenmusik ohne Publikum einigermaßen richtig. Sobald weitere Schallquellen außer der PA nennenswert Pegel erzeugen (Band, Publikum), ist dieser lineare Zusammenhang nicht mehr gegeben, da diese Quellen zwischen lautestem Publikumsplatz und Messort eine andere Pegeldifferenz aufweisen werden als bei der Bestimmung der Korrekturwerte für die PA.
Wenn aber das Messverfahren objektiv ungeeignet ist, die tatsächliche Schallexposition des Publikums zu bestimmen, kann man es nur noch verwenden, um den gröbsten Schaden zu verhindern, also wahlweise die medizinische Schädigung des Publikums durch PA-Signale (ohne Monitor, Gitarrenamps, Schlagzeug...) oder die finanzielle Schädigung des Veranstalters. Beides gelingt nach meinem Verständnis der Messvorschrift am Besten durch Wahl des Messpunktes in PA-Nähe.
Streng genommen funktioniert das Messverfahren auch unter optimalen Bedingungen (Konservenmusik, leises Publikum) nur dann korrekt, wenn das Messignal zur Bestimmung der Korrekturwerte (meistens rosa Rauschen) und das Programmmaterial das gleiche Frequenzspektrum aufweisen, da die Korrekturwerte für jede Frequenz unterschiedlich sind, aber nur in der Summe erfasst werden. Das dürfte praktisch nie der Fall sein, so dass das Verfahren selbst bei genauester Befolgung der Vorschriften nur sehr ungenaue Resultate liefern kann.
Unter diesen Vorraussetzungen ein Gerichtsurteil auf Basis einer Überschreitung der zulässigen Werte um ein oder zwei dB zu fällen, ist wissenschaftlich eigentlich nicht haltbar. Vielmehr müsste man die Messunsicherheit, die Bestandteil jeder korrekten Messung sein muss, hier mit angeben, so wie zum Beispiel bei Radarkontrollen, wo die Messtoleranz zugunsten des Autofahrers berücksichtigt wird. Hier zieht sich die Norm jedoch auf die vergleichsweise hohe Präzision des verwendeten Equipments zurück (Messmikrofon, Kalibrator), anstatt sich Gedanken zur prinzipiellen Fehlerhaftigkeit des Verfahrens zu machen.
Mein Fazit: Die Norm dient der Verhinderung der schlimmsten Auswüchse und täuscht eine Genauigkeit vor, die in keinster Weise gegeben ist.