Okay, ich versuche mich mal wieder. Comms wären jetzt abgehakt. Ich denke die Reihenfolge der Instrumente ist erst mal sekundär, wobei die Anregung von pfeiffe weiter oben, mit den "verstärkungsbedürftigsten" anzufangen, für mich durchaus überdenkenswert erscheint. Ich fange bisher tatsächlich immer mit den Drums an, falls es welche gibt. Hab ich mir vor über 20 Jahren autodidaktisch so angewöhnt und hat bisher immer funktioniert.
Wichtig ist aber jetzt im jeweiligen Kanal der Ablauf. Da wäre meine Reihenfolge:
- Stell sicher, dass der Kanal erst mal auf allen Ausspielwegen gemutet ist. (Hat man idealerweise schon vorher fürs ganze Pult gemacht. Falls nicht, warum auch immer, ist jetzt die letzte Gelegenheit, das sicherzustellen.)
- Brauch ich Phantomspeisung (Condenser, Aktiv-DI)? Dann jetzt einschalten, falls noch nicht vorher erledigt. Paar Sekunden warten.
Jetzt weiche ich von pfeiffes Vorgehen ab. Ich habe meine Fader am Anfang nie auf 0dB, sondern immer komplett geschlossen. Ich weiß, es gibt viele gute Gründe (Fader-Auflösung!), mit den Fadern um die 0dB-Marke rum zu bleiben. Ich mags aber eher, dass meine Faderstellungen auch die tatsächliche Lautstärke des jeweiligen Signals repräsentieren. Da darf die Hihat auch mal deutlich unterhalb der Kick und Snare stehen. Das nur als Anmerkung für das, was jetzt an Schritten folgt. Kann jemand anders auch wieder anders sehen und anders machen.
Jedenfalls, wie geht's jetzt weiter?
- Musiker um anspielen des Instruments bzw. um Gesang bitten. Gerne mit dem Hinweis, sich nicht zu sehr zurückzuhalten - ich will ja den Peak sehen.
- Gain grob setzen, so dass der Peak am pultspezifisch sinnvollen Zielpunkt liegt. Das wäre bei mir bei Yamaha, A&H sowie Behridas die oberste grüne LED, bei Soundcraft schon eher mitten im gelben Bereich.
- Fader langsam aufziehen, bis das Signal hörbar wird. Falls Feedbackprobleme hörbar werden, nicht weiter ziehen, sondern direkt selbige bearbeiten. Da wir uns hier erst mal auf pultinterne Mittel beschränken, geht's also mit dem EQ weiter.
- Lowcut- und EQ-Bearbeitung beginnen. Feedbacks zuerst angehen. Gerne den Kanal knapp unter der Koppelgrenze lassen und dann mal mit engem Q und 6dB Gain das Frequenzband vorsichtig durchsweepen. Dabei den Finger immer am EQ-Gain lassen, umd schnell ziehen zu können. (Gerne vorher kurze Warnung an die Musiker, dass es mal kurz unvermittelt laut werden könnte.)
- Lowcut grundsätzlich je nach Signal gerne vorher schon setzen, jetzt ggf. nachsteuern. Gesang hat bei mir z. B. generell einen Cut bei ~125Hz. Bässe gerne etwas tiefer bis 100Hz, falls die Situation es zulässt, Frauen bei Bedarf etwas höher bis ~150Hz. Gitarren z. B. gerne bei ~180-200Hz, Hihat und Drum-Blech je nach Tagesumständen irgendwo zwischen 250 und 400Hz.
- Auf diese Weise bis zur Ziellautstärke vorarbeiten. Wenn die Umstände gut sind, war das bis hierhin vielleicht auch gerade mal der Lowcut.
- Jetzt den Zielbild- und Geschmacks-EQ einbauen. Da kann man jetzt wenig lernen, außer vielleicht die charakteristischen Frequenzbereiche der gängigen Instrumente. Der Rest ist die Entscheidung, wo im ganzen Gewusel ich das jeweilige Signal platzieren möchte und braucht mMn zwingend die entsprechende Erfahrung. Generell arbeite ich oft so, dass ich primär störende Bereiche ziehe, aber gerne auch mal ein bisschen Motown-mäßig den charakteristischen Frequenzbereich, den ich herausarbeiten möchte, mehr oder weniger kräftig booste. Gerne z. B. bei Toms neben dem "Pöck" noch den Resonanzbereich, wobei Letzteres nur in Verbindung mit Gates überhaupt sinnvoll funktioniert. Dafür kann man damit nen echt fetten Tomsound machen. Muss aber zum Musikstil passen.
- Gain nochmal checken, gerade wenn im EQ geboostet wurde, und auf die oben genannte Zielmarke anpassen.
- Ggf. Gate-Bearbeitung (bei den Toms nach oben erwähntem Verfahren schon direkt im Zusammenspiel mit dem EQ.)
- Jetzt bei Bedarf die Kanalkompression. Gängige Kandidaten hierfür bei mir: Lead Vocals, Perkussive Instrumente, Accu-Gitarren mit Tonabnehmer.
- Musiker fragen, wer vom gerade bearbeiteten Instrument wie viel auf dem Monitor möchte. Dabei mit vorher vereinbarten Handzeichen arbeiten. Bei mir: Daumen hoch = lauter, Daumen runter gleich leiser, flache waagerechte Hand oder "O" aus Daumen und Zeigefinger = passt. Musiker der Reihe nach versorgen, bis alle "OK" signalisieren.
Wenn alle Kanäle durch sind:
- Alle spielen zusammen mal was an. Ich arbeite währenddessen zunächst an den Pegelverhältnissen auf der Front, danach kommen Feinkorrekturen in den Kanälen bezüglich EQ und Dynamics.
- Rückfrage an die Musiker, ob am Monitor was verändert werden muss.
- Dieses Spiel wiederholt sich dann normalerweise 2-4 Mal, dann sind in der Regel alle zufrieden.
Was ich jetzt hier mal noch weggelassen habe:
- Gruppenrouting und -bearbeitung
- VCA/DCA
- Insert-FX (Transient Designer, Pitch Shifter, Deesser etc. pp.)
- Send-FX (Reverb, Delay, Chorus etc.)
Den Kopfhörer benutze ich dabei im Gegensatz zu z. B. Herr Nink eher wenig, gerade beim Einstellen der Einzelkanäle eher gar nicht. Später, wenn alle spielen und ich dabei in einzelne Kanäle oder Busse nochmal reinhören will, natürlich schon.
Edit sagt: Ein paar Typos waren drin, und ich hab vollkommen den Aspekt vergessen, zu klären, wo denn die Monitor-Auxe abgegriffen werden. Bei mir typischerweise nach dem EQ und vor dem Kompressor, falls das Pult es zulässt.