Beiträge von tufkasr

    @Hoernli - Hier ist aber heut' morgen jemand gar kein 'happy Vegemite'! Asche auf mein Haupt - ich hab dich falsch verstanden. Du hast voellig recht, die transiente 'Impulsantwort' bleibt bei der von mir stuemperhaft zusammengefaselten Berechnung voellig im Dunkeln. Muesste sie nicht, aber das fuehrt zu weit.

    Jobst, du Widerporst. Wenn du verschiedene, technisch vergleichbare Treiber am selben Horn betreibst, und die linearen Verzerrungen nicht individuell kompensierst, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit der Treiber am 'besten' klingen, der die geringsten linearen Verzerrungen (LV) aufweist, und nicht der mit den geringsten nichtlinearen (NLV). Sabbelbacke hat weiter oben das oft diskutierte Beispiel BMS vs. 18Sound vs. RCF vs. Beyma schoen zusammengefasst.


    Ich nehme als Beispiel deine Entwicklungen - du trennst passiv, und gibst keine Controllereinstellungen zur Korrektur der linearen Verzerrungen (also des Frequenzganges) der Treiber mit an. Klar, der Bauteilaufwand und die aufwendige Laufzeitkorrektur setzen hier Grenzen des Sinnvollen. In genau diesem Fall ist es sinnvoll, nicht den Treiber mit den geringsten NLV am gegebenen Horn, sondern den mit den geringsten LV an genau diesem Horn einzusetzen! Denn das nichtlineare Verzerrungsverhalten beider Kombinationen wird groesstenteils vom Horn selbst bestimmt!


    Und Verzerrungsmessungen sind ueberhaupt nicht sinnlos - wenn man sowohl Horn als auch Treiber frei waehlen kann, sollte man das Horn mit den geringsten NLV mit einem Treiber geringer LV paaren. Wenn dann noch Controlling zur Verfuegung steht, kann man Horn und Treiber nach NLV selektieren, und die LV aktiv kompensieren! Ohne diese Kompensation sind die Chancen aber sehr gross, dass die gering nichtlinear verzerrende Kombination subjektiv schlechter als eine andere klingt, da die LV den entscheidenden Einfluss ausueben.


    Zudem - Verzerrungs- und Intermodulationsmessungen an Horn und Treiber fuer unterschiedliche Eingangsleistungen sind unabdingbar, wenn es gilt die moegliche untere Grenzfrequenz zu bestimmen. Dein Link auf Thomas Ahlersmeyer's Seite erklaert doch die Zusammenhaenge von Lautstaerke und Wahrnehmbarkeit von Verzerrungen recht einleuchtend.

    Zitat von "Jobsti84"

    Aber wenn ich bei einem Treiber sehr hohes K3 messe, beim anderen nicht, kann ich Rückschlüsse darauf ziehen, dass der eine besser klingen wird als der andere, wobei das theoretisch auch wieder subjektiv ist.


    Klingt hart, aber: Diese Ansicht ist schlicht falsch! Oben hab ich versucht zu erlaeutern, warum dies so ist.

    @ Hoernli - die Impulsantwort eines linearen Systems als 'weitgehend nicht simulierbaren Effekt' ist im wahrsten Sinne weitgehend. Weiter: fuer ein nichtlineares System kann keine generelle Impulsantwort errechnet werden.


    In dem Moment, in dem ein mathematisches Modell eines mechanischen Systems (im Normalfall das altbekannte System partieller Differentialgleichungen der unterschiedlichen mechanischen Geschwindigkeiten im System) erstellt wird, ist sowohl die Impulsantwort als auch deren Frequenzdomaenenaequivalent hinreichend beschrieben (aber das muss ich dir nicht erklaeren). Du kannst hier und jetzt die Impulsantwort einer Hornresp-Simulation errechnen. Ob diese der Realitaet entspricht, haengt allein von der Genauigkeit der mathematischen Modelle, und der Faehigkeit des Anwenders, ein reales Konstrukt zu abstrahieren, ab. McBean muss nichts anderes tun, als die DFT des komplexen, maximalphasigen Frequenzganges zu errechnen - fertig.


    Die 'Artefakte' (ich interpretiere diese als die nichtlinearen Eigenschaften des Systems) haben u.U. (siehe andere Diskussion) weit weniger Einfluss auf das subjektive Klangempfinden als bastellandlaeufig vermutet (dies gilt selbstredend nicht fuer die mechanische Belastbarkeit oder sinnvoll erzielbare akustische Eigenschaften).


    @ sabbelbacke - wenn die Impedanz bei 1kHz und 10kHz gleich Re ist, kann die Impedanz der Schwingspule nur Null sein. Dann erschliesst sich mir nicht, wie die Systemimpedanz im unteren Frequenzbereich ploetzlich ansteigen kann. Ich prognostiziere hier einen Fehler im mathematischen Modell der Schwingspulenimpedanz. Mangels Hintergrundinformationen ist der Anwender nicht in der Lage, die Richtigkeit der Simulation nachzuvollziehen.


    Kommerzielle Softwareanbieter veroeffentlichen die mathematischen Grundlagen ihrer Programme in wissenschaftlichen peer review Zeitschriften. Nur so kann die Gueltigkeit validiert, und dem Kaeufer bewiesen werden. Als Lizenzinhaber erhaelt man fundierte Dokumentationen und technische Hilfe.


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    Wir im Bastelland vertrauen blind auf kostenlose Software, ignorieren die primitivsten mechanischen Grundlagen, und schieben die Unzulaenglichkeiten der Eigenkonstrukte dann auf 'nichtlineare Effekte'. Marktschreierischen Anpreisungen wie 'jener Sub liefert 16dB mehr SPL bei 38Hz als jedes andere Produkt' stehen wir hilflos gegenueber, weil eine objektive Ueberpruefung fern unserer Moeglichkeiten liegt.

    Zitat von "ometa"

    Kann einer auch mal kurz erklären, wo der Unterschied zwischen einer linearen und einer nichtlinearen Verzerrung liegt? Für mich hört sich das beides nicht gut an.


    Die Grundlagen finden sich in der Einstiegsliteratur zur Systemtheorie (manchmal 'Signale und Systeme' genannt - Pflichtlektuere fuer jeden, der an einem DCX rumdrehen moechte). Ich versuchs mal kurz runterzubrechen:


    Ein lineares, zeitinvariantes System aendert zeitlich unveraenderlich lediglich die Amplitude und die Phase des zugefuehrten Signals. Die Aenderung der Amplitude und Phase ist strikt unabhaengig von der Groesse des Eingangssignals. Die Frequenzanteile des Eingangssignals werden nicht veraendert, i.e. ein Sinussignal wird als Sinus gleicher Frequenz wiedergegeben. Die Eigenschaften des linearen Systems koennen erschoepfend in der Impulsantwort (Zeitbereich) oder dem komplexen Frequenzgang (Frequenzbereich) beschrieben werden. Lineare Verzerrungen bezeichnen lediglich Abweichungen vom ideal-invarianten System, i.e. Abweichungen des Frequenzganges von der idealen Gerade, also Abweichungen der Impulsantwort von der Kronecker-Delta-Funktion (Dirac-Funktion in zeitdiskreten Systemen).


    Ein nichtlineares System wie ein Lautsprecher verstoesst gegen alle diese Annahmen: die Aenderung von Amplitude und Phase ist eine Funktion des Eingangspegels (z.B. durch ansteigenden Gleichstromwiderstand der Spule). Damit aendern sich die Eigenschaften des Systems ueber die Zeit (Erwaermung und Abkuehlung sind kontinuierliche Prozesse). Ein Sinussignal wird als Gemisch verschiedener Frequenzen wiedergegeben (1kHz Eingangssignal hat stets Ober- und Untertoene, welche im originalen Signal nicht vorhanden sind, aber als Folge der Nichtlinearitaet des Systems erzeugt werden.) Nichtlineare Verzerrungen sind demnach das Auftreten von Frequenzkomponenten wie k2, k3, etc.


    Zitat von "Sabbelbacke"

    Interessante Ergebnisse sind z.B. die "Erkenntniss", dass "Hornsound" nicht von nichtlinearen Verzerrungen beim Einsatz eines Hornes kommt, sondern vielmehr durch ungünstige, mechanische Eigenschaften im Hornverlauf induzierte Reflexionen erzeugt wird.


    Ein wenig anders ausgedrueckt: Ein Horn ist ein System mit linearen und nichtlinearen Komponenten. Die 'Reflektionen', welche durch Unstetigkeiten der akustischen Impedanzen entstehen, und sich als Resonanzen (Energiespeicherung und verzoegerte Abgabe) und Ueberhoehungen / Einbrueche im Frequenzgang bemerkbar machen, sind streng lineare Vorgaenge. Die landlaeufigen 'Verzerrungen', also die nichtlinearen Verzerrungen, sind Folge der Schallausbreitung im Horn.


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    Geddes et al. zeigen sehr schoen, dass die linearen Verzerrungen einen wesentlich staerkeren Einfluss auf die subjektive Klangqualitaet haben, als die mit Leidenschaft und Kontroverse diskutierten, diffus-definierten 'Verzerrungen'. UND: mit DCX & Co. kann der Amateur diese linearen Verzerrungen sehr einfach kompensieren (darum 'Signale und Systeme'). Saubere Messungen der Einzelkomponenten, penible Korrektur der akustischen Uebertragungsfunktionen, Kompensation der Laufzeitunterschiede, Ausgleich der Gruppenlaufzeiten der Einzelwege, etc. sind ein Muss fuer jede ernstzunehmende Anwendung. Und das gilt m.E.n. auch fuer 'modulare' Fertigprodukte, deren Eigenschaften sich bei genauer Abstimmung oftmals deutlich verbessern lassen.

    Wie wird denn waehrend der Beschichtung mit Warnex die Struktur erzeugt? Soweit ich das verstehe entweder durch Klumpenbildung waehrend des Spritzens (zu niedrige Viskositaet der Farbe, Troepfchenbildung an der Duese, Abreissen des Tropfens durch den Luftstrom, Platsch), oder durch Rollen von niedrigviskoser Farbe und der Bildung von 'Nasen', welche nicht zerfliessen. Oder? Wenn die PU-Farbe eine aehnlich niedrige Viskositaet mitbringt, sollte schlampiges Rollen doch kein Problem sein. Die Baumaerkte fuehren in der Farbabteilung auch Schaumstoffstrukturrollen fuer langweilige Muster auf oeder Rauhfasertapete - damit sollten doch Narben und Buckel ohne Ende drin sein...


    Einfach ausprobieren - ein Testbrett bearbeiten, dann mit 2 Bierkisten beladen auf der Strasse auf- und abziehen. Wenn am Ende noch was uebrig ist, sollte es fuer die Hobbybox doch ok sein.


    P.S. Mir faellt grad ein, wenn man die Betonfarbe unverduennt spritzt, den Zufluss zur Duese auf Maximum stellt, und mit relativ geringem Luftdruck arbeitet, sollten sich auch grobe Tropfen auf der Oberflaeche bilden. Das sollte mit jedem schrottigen Kompressor und einer China-Pistole gut funktionieren.

    @ sabbelbacke - mit Verlaub, der simulierte Anstieg der Impedanz unterhalb der unteren Resonanzspitze bei Vernachlaessigung der Induktivitaet, wie von dir beschrieben, stimmt mich sehr nachdenklich. Beinhaltet die Dokumentation von AJHorn das Ersatzschaltbild, welches mathematisch zugrundeliegt? Die beobachteten Unterschiede im Schalldruckpegel sind allein durch die Veraenderungen der Impedanz zu erklaeren, welche aber fuer sich nicht plausibel erscheinen! Im elektrischen Teil des Ersatzschaltbildes findet sich nur 4 Serienelemente - Innenwiderstand des Verstaerkers, ohmscher Widerstand der Spule, elektrische Impedanztransformation der mechanischen und akustischen Elemente, sowie die Schwingspuleninduktivitaet. Wie kann die Impedanz des Systems ansteigen, wenn ich die Impedanz der Induktivitaet von einem endlichen Wert zu Null veraendere?


    Es bleibt wie es ist - man kann technische Software nur dann vernuenftig einsetzen, wenn der Entwickler alle mathematischen Modelle und getroffenen Annahmen und Vereinfachungen offenlegt, und der Anwender die genaue Funktionsweise aller Algorithmen versteht.

    Ok - wie gesagt, schwammiger Begriff. MPX ist ja eine wesentlich einfacher zu beschichtende Oberflaeche als frischer Beton (Absandung); wenn ein ordentlich verduennter Grundstrich als Haftbruecke genuegt, dann laesst sich die Farbe sicher auftragen ohne abzuplatzen. Du solltest dich mal nach den Belastungsklassen von Fuszbodenbeschichtungen informieren - ich kenne hochbelastbare und flexible Zweikomponentenbeschichtungen, die von einem Gehaeuse nicht abblaettern wuerden. Aber hier gibt es drastische Unterschiede. Der geringe Preis koennte auch heissen, das Zeug zerkratzt schnell, wird sproed oder schwindet...


    Struktur: haengt von der Konsistenz des Rohmaterials ab; bei ausreichend hoher Viskositaet laesst sich mittels Strukturwalzen oder grobporigen Schaumstoffwalzen sicher was erreichen. Ich denke, hier macht erst der Versuch kluch (der Preisunterschied ist schon ordentlich).

    Ich schliesse mich Hoernli's Frage an: AJHorn kommt ohne die Angabe von Bl und Re aus? Vielleicht kann hier mal jemand aufklaeren, der sich mit der Software auskennt! Denn ohne die genaue Angabe von Re ist der 'klassische' Parametersatz vom alten Neville 'nen Scheissdreck wert.


    Die Frequenzabhaengigkeit der Schwingspulenimpedanz, Polwirbelstroeme, etc. pp. - hier ist von Urschleimtieftonsimulationen die Rede; die Impedanz bei 1kHz ist schlicht egal. Im Ersatzschaltbild kann man die zur Simulation der Schwingspulenimpedanz gemeinhin verwendeten Elemente schlicht weglassen.


    Zu den von Hornresp errechneten unterschiedlichen Schalldruckverlaeufen bei hohen Pegeln: dies ist nicht in erster Linie eine Folge der unzulaenglichen Simulation der Treiberimpedanz, sondern der Kopplung der konkatenierten Wellenleiter an die Gesamtlaenge des Horns. Jeder zur Modellierung eines Hornsegmentes verwandte Vierpol bezieht sich auf eine feste geometrische Laenge. Es zeigt sich aber, dass fuer die Modellierung eines z.B. exponentiellen Horns einer Laenge x eine Mindestmenge an konkatenierten Elementen erforderlich ist, um eine konvergente Loesung am Hornhals zu erzielen. Obwohl die vorhergesagte Halsimpedanz annaehernd richtig ist, faellt der Schalldruck am Mund uebermaessig stark ab. Jemand muss David McBean mal darauf aufmerksam machen - die Ergebnisse sind speziell fuer Mitteltonhoerner sehr schwer zu interpretieren, wenn man die Hintergruende nicht kennt.

    Berechtigter Einwand - ja die gibt es, werden aber aus Gruenden der Vertraulichkeit nicht veroeffentlicht (da eben lineare und nichtlineare Eigenschaften sehr charakteristisch fuer die Treiber sind).


    Der Artikel beschreibt in jedem Fall, dass sich statistisch signifikante Unterschiede im Verzerrungsverhalten sowohl zwischen den Treibern als auch fuer verschiedene Eingangsleistungen an gleichen Treibern feststellen lassen. Die ueberraschende Erkenntnis ist, dass bei Normalisierung der Abhoerlautstaerke der Zuwachs an Verzerrungen durch gesteigerte Eingangsleistung bei keinem der Treiber signifikante Veraenderungen der Klangqualitaet hervorrief.

    Mal ein paar Gedankenanstoesse:


    - warum 2 wirkungsgradschwache Treiber mit moderatem Volumenbedarf bis 1.5kHz quaelen und sich ueber die Interferenzen aergern? Ein wirkungsgradstarker 8" gepaart mit 90X60 Horn und 1" Treiber laesst sich irgendwo um die 2kHz vernuenftig und aufwandsarm trennen, der sprachrelevante Bereich von 500Hz bis 3kHz wird optimal abgedeckt.
    - je nachdem welcher 8" zum Einsatz kommt, ist bei 100..200Hz Schluss, wenn man die Auslenkung gering halten will. Aber diese 8"/1" Box braucht bis jetzt kein Volumen. Und Platz ist auf der Seitenwand. Also z.B. einen geeigneten 12" auf die Seitenwand eingebaut. Werden die Dimensionen kompakt gehalten, kann man gutes Rundstrahlverhalten bis 200Hz bewerkstelligen. Idealerweise erfolgt die Trennung von 12" zu 8"1" am Controller, dann ist der rueckwaertige Versatz kein Problem.
    - du brauchst keine 60Hz fuer solche Zwecke - ich hab eine kleine NXT + BR Schreibtischhupe in der Kueche welche nach Frequenzgangkorrektur nichts unter 90Hz bringt (akustisch ca. 95Hz 4. Ord Q=1.1). Ich waere froh, wenn ich jedes Mal so angenehmen 'Bassound' haette, wenn ich Eintritt zahle. Zudem - dem Feuerwerk reichst du in Punkto tiefer Frequenzen ohnehin nicht das Wasser.


    Noch ein Tipp am Rande - wenn du mit Weichenentwicklung, Messtechnik, etc. nicht schon sehr gut vertraut bist, kann ich nur empfehlen, die Weichentwicklung und die Abstimmung des Controllersetups von jemandem machen zu lassen. Das spart Zeit und Geld.


    Ansonsten - derartige Sachen haben wir frueher mit Scharen von Mackie SRM450 abgedrueckt. Das ging ordentlich, gemessen an dem Budget solcher Events. Bei dem Preis dieser Systeme heutzutage lohnt sich Selbstbau absolut nicht. SRM ist wasserfest, verleihbar, unanfaellig, als Bodenmonitor und Sidefill einsetzbar, recht einfach zu entzerren, nur moderat feedbackanfaellig, mit geeignetem Bass (nicht die Systembaesse) auch als Club-PA im Ministack einsetzbar.

    Eine in den einschlaegigen Foren haeufig diskutierte Frage ist die nach dem bestklingenden ‚x’ Zoll Kompressionstreiber. Der Tenor dieser Diskussionen ist stets der, dass die charakteristischen Nichtlinearitaeten eines Treibers den qualitativen Klangeindruck direkt beeinflussen, ergo ein Treiber mit geringen charakteristischen Verzerrungen de facto ‚besser klingt’. Untersuchungen zeigen, dass diese Einschaetzung statistisch nicht haltbar ist.


    In dem Artikel Geddes, Lee & Magalotti (2005); „Subjective testing of compression drivers“, J. Audio Eng. Soc. 53/12 1152-1157 untersuchen die Autoren den Einfluss der linearen und nichtlinearen Verzerrungen (i.e. des Frequenzganges und des Verzerrungsverhaltens) auf die empfundene Klangqualitaet. Das AX Doppelblindexperiment kann folgendermaszen zusammengefasst werden:


    - untersucht werden 3 unterschiedliche 2“ Kompressionstreiber (Titaniumkalotten mit 100mm Schwingspule, nominell 8 Ohm Impedanz, 5 fach geschlitzter Phaseplug, NdFeB Magnetantrieb)
    - um die Untersuchung auf die charakteristischen Eigenschaften der Treiber zu beschraenken wird ein reflektionsfreies Impedanzrohr als Last verwendet (im Gegensatz zu einem Horn konstante akustische Impedanz am Treibermund)
    - der massenbedingte Frequenzgangabfall der 3 Treiber wird mittels eines +6dB Filter korrigiert (fuer alle Treiber gleich)
    - die entstehende Laufzeitverzoegerung durch Wellenleitung von der Membran zum Treibermund wird korrigiert (fuer alle Treiber gleich)
    - eine monophone Musiksequenz wird digital hoch- und tiefpassgefiltert (3. Ord. BW 800Hz)
    - das hochpassgefilterte Signal wird ueber jeden der 3 Kompressionstreiber wiedergegeben und mittels eines ¼“ Mikrophones direkt am Treibermund aufgezeichnet
    - die Aufzeichnung fuer jeden Treiber erfolgt in 3 Schallpegelstufen (nominell 14V, 20V und 28V, i.e. 24.5W, 50W und 72W)
    - die aufgezeichneten hochpassgefilterten Signale werden normalisiert, sodass die Summe aus Tief- und Hochpassignal stets die gleiche Leistungsverteilung wie das Originalsignal hat
    - die monophone Wiedergabe erfolgt mittels Kopfhoerer geringer Verzerrung und linearen Frequenzganges


    Es stehen 3 x 3 verschiedene Varianten der Musiksequenz zum Vergleich – 3 verschiedene Treiber (zu unterscheiden mittels ihrer linearen Charakteristik) und 3 verschiedene Schallpegelstufen, welche die unterschiedlichen nichtlinearen Verzerrungen bei steigender Eingangsleistung als auch die grundsaetzlichen nichtlinearen Charakteristiken der jeweiligen Treiber einschliessen. Die Hoerer vergleichen stets das Original X mit der bearbeiteten Version A und beurteilen die Groesse des subjektiven Unterschiedes.


    Es ergeben sich folgende Schlussfolgerungen aus dem Experiment:


    - es sind statistisch signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Treibern auszumachen, aber keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Schallpegelstufen der Treiber (bei gleichen Schallpegeln im Ohr lassen sich keine qualitativen Unterschiede fuer die unterschiedlichen Eingangsleistungen / nichtlinearen Verzerrungen der einzelnen Treiber feststellen)
    - Unterscheidung zwischen den Treibern erfolgt demnach ueber die unterschiedlichen charkteristischen linearen Verzerrungen (Frequenzgang) und nicht ueber die charakteristischen oder eingangsleistungsbedingten nichtlinearen Verzerrungen


    Fuer die Praxis bedeutet dies (nach meiner Lesart) folgendes:


    - subjektive Klangunterschiede, welche eindeutig auf nichtlineare Verzerrungen zurueckgefuehrt werden koennen, entstehen ausschliesslich waehrend der Wellenleitung im Horn und in der Luft. Diese Experimente setzen voraus, dass die linearen Verzerrungen (Frequenzgang) der untersuchten Systeme am Hoerort absolut identisch sind.
    - Geddes et al. zeigen, dass fuer identische Hoerner und Hoerabstaende allein die Korrektur der linearen Verzerrungen (Frequenzgang) zu subjektiven Klangunterschieden fuehren werden (technisch vergleichbare Treiber vorausgesetzt). Ergo, die genaue Korrektur des Frequenzganges ist statistisch gesichert relevant fuer die Klangqualitaet; die charakteristischen nichtlinearen Verzerrungen des Treibers sind es nicht.
    - Verbesserungen der Klangqualitaet sind demnach nur zu erreichen, wenn Hoerner mit geringeren nichtlinearen Verzerrungen eingesetzt werden, und der Frequenzgang genauer korrigiert wird (beide Themen spielen in den Diskussionsforen nur eine untergeordnete Rolle, hier regiert das Substitutionsprinzip hin zum ‚besseren’ Treiber). Weiterhin ist die Reduktion des Hoerabstandes das effektiveste Mittel, klanglich relevante Verzerrungen zu reduzieren, da bei steigendem Schalldruck am Hornhals der Verzerrungsanteil durch Wellenausbreitung in der Luft den resultierend aus dem Treiber und dem Horn bei weitem uebersteigt.


    Warum sind fuer 2 vergleichbare, technisch hochwertige Treiber doch deutliche Unterschiede feststellbar? Die linearen Verzerrungen jedes einzelnen Treibers sind speziell im Hochtonbereich derart charakteristisch, dass auch bei ‚gemess-fuehlt’ vergleichbaren Frequenzgaengen deutliche Unterschiede hoerbar werden. Da die linearen Unterschiede mangels sorgfaeltiger Messungen verborgen bleiben, werden die Phaenomene den nichtlinearen Verzerrungen zugeordnet.


    Warum ‚verzerrt’ eine Treiber-Horn-Kombination deutlich staerker, wenn die Eingangsleistung angehoben wird? Diese offensichtliche Beobachtung der Praxis widerspricht Geddes et al.! Hier spielen die nichtlinearen Vorgaenge innerhalb des Gehoers selbst die entscheidende Rolle. Nichtlineares frequenzvariables Lautheitsempfinden, steigende Bandbreite der Cochleafilter, ansteigende lautheitsbedingte Maskierung hoher Frequenzen, etc. rufen diese Effekte hervor. Ein individuell angepasster Gehoerschutz mit einem linearen Filter sorgt fuer deutliche Verbesserung der subjektiven Klangqualitaet, obwohl die mechanisch-akustische Uebertragung, i.e. der Schalldruckpegel und die daran gekopplten Nichtlinearitaeten unveraendert bleiben. Oder: leiser klingt leichter besser!


    Effekte wie Partialschwingungen der Membran, Nichtlinearitaeten des Antriebes oder Intermodulationsverzerrungen durch zu tiefe Trennung oder zu hohe Auslenkung sorgen fuer deutliche Minderung der subjektiven Klangqualitaet! Geddes et al. zeigt anschaulich, dass die charakteristischen Nichtlinearitaeten unterschiedlicher aber vergleichbarer Treiber unter identischen Einsatzbedingungen keinen Einfluss auf das subjektive Klangempfinden haben. Es kann demnach nicht ‚den’ Treiber geben, der deutlich tiefer als alle anderen getrennt oder spuerbar staerker ausgelenkt werden kann, ohne dass deutliche Klangveraenderungen hoerbar werden, solange die Konstruktionsprinzipien und Materialien nicht entsprechend verbessert wurden. Ergo, die Einsatzbedingungen, allen voran die Auslenkung, sind die entscheidenden Kriterien fuer den Entwurf der Klangcharakteristik (wird in den Foren stets prominent ignoriert, obwohl einige Protagonisten sich redlich bemuehen, dies verstaendlich zu machen).


    Gruesse: Sven


    P.S. Roberto Magalotti ist seit 2001 der verantwortliche Entwicklungsingenieur bei B&C Florenz. Die oben genannte Studie aussert deutliche Ueberraschung ob der Feststellung, dass der Weg zu 'besserem' Klang eben nicht ueber verzerrungsaermere Kompressionstreiber fuehrt. Die Zeiten des stumpfen Aufruestens sind lange vorbei; Planung, Messung, Analyse und Korrektur muessen absolut selbstverstaendliche Werkzeuge werden. Anderenfalls verharren Amateure und Kleinentwickler ewig auf dem technischen Niveau von vor 1975 (und auf diesem Niveau bewegen sich 99% der Diskussionen in den einschlaegigen Foren).

    Wie hast du bzw. AJHorn denn die Erwaermung der Schwingspulen beruecksichtigt? Soweit ich das sehe gar nicht. Wenn du 2000W in jedem 18NLW9600 (bzw. 1200W im Void) versenkst, musst du auch die entsprechende Erhoehung des Gleichstromwiderstandes beruecksichtigen. Hier raechen sich die primitiven Berechnungsverfahren von Hornresp und AJHorn.

    Ich hab grad keine Zeit, die Arbeit des O. konkret unter die Lupe zu nehmen, aber nur so viel: wenn die Messung fuer Frequenzen durchgefuehrt wird, bei welcher ka>2 am Hornmund eingehalten ist, kann die Welle als quasi-planar angesehen werden (der geringe Imaginaeranteil des Strahlungswiderstandes minimiert den Phasenwinkel zwischen Druck und Schnelle der Welle).


    Die Amplitudenfrequenzgaenge an Mund und in der Entfernung koennen gar nicht gleich sein (ich negiere einfach mal die Effekte des Nahfeldes und nehme an, ich messe an einem Gleichpunkt im Nahfeld). Erstens wirkt Absorption, zweitens erfolgt eine Umverlagerung der Energie von der Fundamentalen hin zu den harmonischen Komponenten. Vernachlaessigen wir die Absorptions-, Ausbreitungs- und Dissipationsverluste, muessen bei voranschreitender 'Aufsteilung' der Wellenform harmonische Verzerrungen auftreten. Nach dem Energieerhaltungssatz muss demnach die Energie dieser Seitenbaender aus dem Signal selbst stammen, i.e. die Fundamentale wird leiser. Fiese Sache das...


    Die Zahlen bestaetigt Czerwinski. Aber ich wuerde einfach vorschlagen, man misst selber nochmal. Ich muss schauen, wie ich naechste Woche Zeit habe.

    Muss mich korrigieren - ich meine David Gunness (EAW), und nicht Peter Gunn - ich hab wohl als Kind zuviel ferngesehen.


    @Hoernli - hast du einen Blick auf Czerwinski's Paper werfen koennen?


    Der Unterschied besteht in folgendem: die Abweichung von planarer zu sphaerischer Welle beeinflusst lediglich die Entfernung zwischen der Quelle und dem Ort an dem die Schockfront entsteht. Im Falle einer planaren Welle bleibt die Schallintensitaet konstant, Energieverluste sind lediglich durch viskose und dissipative Vorgaenge bedingt - demnach kann im Falle der planaren Welle die Schockfront definierter akustischer Leistung an der Quelle auch in groesserer Entfernung noch entstehen.


    Aber das spielt auch keine wirkliche Rolle. Straff im OffTopic hier....

    Naja, anderen Treiber und tiefer trennen ist immer die eine Loesung - mit all den oft diskutierten Vor- und Nachteilen. Was ich eher meine, vielleicht lohnt es sich zu experimentieren, ob man die vertikale Abstrahlung allein der 2 x 6" verbessern kann. Wie reagieren die, wenn man sie im Winkel von 90 oder 60 Grad zueinander anordnet?

    Bei mir B&C 8PE21. Das Horn sieht wirklich sehr gut aus - Respekt! Aber: wenn ich eine Sprachbox entwerfe will ich maximales Ld/Lr im relevanten Frequenzbereich. Laut Don Davis "Sound System Engineering" ist der fuer den Artikulationsverlust der Konsonanten wichtigste Frequenzbereich der von 1..2.5kHz (ich poste mal das Diagramm). Genau in dem Bereich erzeugst du aber in der Vertikalen starke Interferenzen mit deinen beiden 6" (symmetrisches Polardiagramm suggeriert D'Appolito-Anordnung - aber ich meine du waerst da kein Fan von). Ergo wird dein Ld/Lr in dem Frequenzbereich deutlich geringer ausfallen als in den benachbarten Baendern! Die 6" naeher zusammenbringen? Vielleicht die Schallwand einwinkeln (der akustische Tiefpass duerfte nicht so kritisch ausfallen)?

    Ich hab eine sehr kompakte Anlage fuer Sprache und ein bisschen Gedudel - da trenne ich bei 360Hz zwischen dem unten und dem oben. Trotz anfaenglicher Bedenken stellt der grosse Abstand kein echtes akustisches Problem dar (Rundstrahlverhalten natuerlich kompromittiert, aber Trennung mit LR8 minimiert die Ausdehung der Stoerung im Frequenzbereich) - der Bass spielt locker bis 450Hz, der kleine MT dankt die Entlastung. Zudem konnte ich ein Modell mit hohem Wirkungsgrad >300Hz waehlen; xmax = 1mm.


    Noch 'n Vorschlag: 18Sound XT120 (das beworbene Abstrahlverhalten ist korrekt), die Verzerrungen sind konstruktionsbedingt leider etwas hoeher als notwendig, doch deutlich geringer als bei vergleichbaren CD 1" Hoernern mit fc<1000Hz - ein hervorragendes Horn. Dazu haben wir B&C DE500 8Ohm - etwas teuer, aber fuer eine hochwertige Sprachbox jeden Pfennig wert.