Meine persönliche 'Rider-Hassliste', nach Punkten geordnet aber ohne Wertigkeit:
Ausgangssituation: Ich bin fester Techniker in einem Kulturzentrum im Ruhrgebiet, 600 Zuschauerplätze unbestuhlt, komplett eigenes Material, Programmschwerpunkt liegt auf Kabarett sowie Weltmusik. Das Budget gilt es in Zeiten leerer Kassen klein zu halten, aber der Betrieb muß trotzdem laufen...
1. Franzosen bzw. Rider französischer Künstler/Bands:
Beim Lesen von Bühnenanweisungen französischer Formationen ergibt sich einem zwangsweise der Eindruck, Frankreich sei die internationale Hochburg der Tontechnik. 'Gemäßigte' Rider, in denen einfach nur angemessenes gutes Material gefordert wird, erreichen mich selten aus diesem Teil Europas, statt dessen aber fast immer gepfefferte Anforderungen, in denen 'Industriestandard' quasi als unterstes Niveau anerkannt wird ! Selbstverständlich kommen diese Rider zu 95% in Landessprache da her, da man anscheinend des Englischen nicht mächtig ist oder zu stolz es zu benutzen, obwohl man ja 'international' unterwegs ist.
Meistens stehen diese Rider, bzw. die sich daraus ergebenden Materialzumietungen, dann auch noch im antiproportionalen Zusammenhang mit der Anzahl der verkauften Eintrittskarten. Das wirtschaftliche Ergebnis eines solchen Konzertabends bewegt sich dementsprechend dann im 4-stelligen negativen Bereich...
Versteht mich nicht falsch: ich habe selbst Touren durch Frankreich gespielt, und habe dort ein, verglichen mit Gesamteuropa, hohes technisches Niveau vorgefunden. Ich habe auch noch nie einen schlechten französischen Techniker in unserem Haus erlebt. Was mich stört ist die mangelnde Einsicht, das Frankreich wohl das einzige Land ist in dem Musik und Musiker derartig hoch öffentlich subventioniert sind, und daß man eben diese Verhältnisse nicht auf den Rest der Welt übertragen kann. In Deutschland muß man sein Geld durch Publikum einspielen, hier kriegt man seine Existenz nicht durch 2 Konzerte pro Woche abgesichert, und genau Das scheinen französische Agenturen noch nicht ganz realisiert zu haben...
Wenn ich Booker und nicht Techniker wäre, würde ich also Franzen-Bands meiden wie die Pest, da die Erwartungshaltungen sich nie mit den Einnahmen decken.
(Wo ist der Unterschied zwischen einer britischen und einer französischen Band ? Bei der britischen ist der Techniker mit dem zufrieden was vor Ort ist, und es gibt zahlendes Publikum )
2. Der 'Midas-Komplex', oder auch: krasse Fehleinschätzung des lokalen und temporären Marktwertes eines Acts:
Warum möchte mindestens jede zweite auch noch so zweit- oder drittklassige Formation eine H2000 oder H3000 im FOH haben ? Warum wollen Acts die seit gut 20 Jahren abgemeldet und von der Bildfläche verschwunden sind das Ding haben ? Mal ehrlich, kein anderes Stück Equipment wird bei mir so inflationär angefordert wie dieses, zugegebenermaßen wunderschöne, Mischpult.
Ich denk mir dann immer: Jungs, wenn Ihr es verdienen würdet über dieses Pult zu spielen, dann würdet Ihr nicht in meinem Laden auftreten... !
Mal ein leicht kurzgegriffener Milchmädchen-Vergleich: Nehmen wir mal an die H3000 hätte den Status des besten Pultes dieser Welt (nein, bitte bitte jetzt keine Grundsatzdebatten entfachen...). Folgerichtig hätten dann wohl so in etwa ein paar hundert Topseller und Superkünstler Anrecht und Bedarf, dieses Pult zur Verfügung gestellt zu kriegen. Stattdessen findet sich der Wunsch nach diesem Gerät aber auf ca. 60% aller Techrider welche mir in's Haus flattern wieder, und das von Bands welche im Endeffekt vor einer Handvoll Leuten spielen. Und dafür reicht dann auch unsere Crest x-8, und nichts Anderes hat die Band auch bekommen, da ich ja genau wußte daß sie hier vor Ort nicht die zahlungskräftigen Massen mobilisieren werden...
Und wie dutzende von Vorschreibern schon schrieben: Kommunikation ist alles, jede Band die sich bei und anmeldet bekommt als erstes den 'Contra-Rider' unseres Venues gemailt.
3. Überflüssige Materialzumietungen:
Das Geld welches ich für Zumietungen von Material ausgegeben habe, welches im Endeffekt überhaupt gar nicht benutzt worden ist, würd' ich gern haben...
Z.B. bin ich letzten Sommer los und hab für einen türkischen Act den teuersten Pioneer CD-Player zugemietet den es für Geld zu leihen gibt, nur um dann vor Ort vom Künstler zu erfahren, daß das Gerät lediglich als Backup dient falls sein Laptop ausfällt !!! 'Ne 5 -Euro-Möhre hätte es also genauso gut getan, wenn da das Ego der Stars nicht wäre...
Sachen die auch immer unbedingt laut Vertag angemietet werden müssen und dann eh vom Künstler/Techniker mitgebracht oder dann doch nciht mehr benötigt werden: Aufnahmegeräte, Funkstrecken, Monitorwege, Intercoms, spez. Mikros, Edel-Dynamics usw...
4. 'Alte' Rider:
Mir persönlich immer wieder ein Ärgernis, wobei ich meistens nicht rausbekomme wer's verbockt hat.
Ich bau alles hübsch auf, FOH, Monitore, verkable die Micros und DIs, mach halt alles was Band und Tourtechniker sich wünschen würden um ihren Berufs/Touralltag angenehm gemacht zu bekommen...
Was passiert dann ? Ihr kennt es: Band kommt an, bla bla bla 'alter Rider', und dann geht die Arbeit zum 2. Mal los, da es 'auf dieser Tour' halt 5 Musiker statt 6, 4 Monitowege statt 7, nun auf einmal 6 In-Ears statt 2 und so weiter sind...
Downsizen ist meistens nicht das Problem, aber oftmals kommt es ja vor das Mehr gebraucht wird. Letzte Woche hatte ich 'ne Band da, für dessen Produktion aus Kostengründen eh schon 1 'bewedgeter' Monitorweg gestrichen wurde. Dann kamen die Techniker und hatten auf einmal statt den 2 In-Ears auf dem Rider 6 Stück am Start ! Tja, was machste da ? Mein Job ist ja nicht auf stur zu schalten und auf Schriftkram zu verweisen, ich bin ja nicht bei einem städtischen Theater angstellt und laß nach 8 Stunden den Hammer fallen... Mein Job ist es Probleme dieser Art anzugehen und zu lösen, und wenn ich im Vorfeld auch nur ein bißchen aktuellere Information erhalten hätte, wäre es mir ein leichtes gewesen eine derartig streßige Situation erst gar nicht aufkommen zu lassen.
Gruß
lorbas