Zitat
Wer heutzutage ohne Mess-System auf Job geht, und womöglich dabei noch dicke Rider schreibt, der hat irgendwas noch nicht kapiert
Bleibt bloß die Frage, ob das, was es zu kapieren gilt, tatsächlich etwas mit den sachlichen Grundlagen des Sounddesigns zu tun hat. Der Vollprofi lässt messen, würde ich sagen.
Jeder darf seinen Job so machen, wie er will und sicher ist Messen kein Fehler (solange man sich im klaren ist, wo man messen will und warum... da fängt das Problem dann schon an, gell?). Tatsächlich bin ich auch oft in Versuchung, lieber zu messen, als meine alte Birne zu martern, was ich denn nun als Länge für eine Hypotenuse wegen der Höhe der geflogenen Delays ansetzen soll (vor allem wegen dem Mist, der direkt unter dem Delay passiert). Macht ja auch Spaß da rumzuspielen. Aber mir dauert das einfach zu lange und ich finde es einigermaßen lächerlich, Leute eine Stunde rumhampeln zu sehen, um zwei Delyzeiten einzustellen. Wenn die Zeit da ist, spiele ich auch gern... Dazu muss man sich die Frage gefallen lassen, wie genau denn eigentlich die Erkennung der "Delayfinder" ist. Was messen die denn überhaupt?
Ich habe mal einen 1 kHz Burst und die reale Antwort einer kleinen Stadhalle aufgezeichnet:
Am Anfang und am Ende des Bursts entsteht ein kleiner Knack durch das digitale An- und Abschalten des Tones. So weit so gut. Um die Delayzeit genau zu ermitteln muss man diese Kurven zur Deckung bringen und die Zeitdifferenz ermitteln:
Wie man sieht, ergeben sich zwei Möglichkeiten: entweder man bringt die Knack-Ereignisse zur Deckung, oder man versucht das tonale Ereigniss des 1 kHz zur Deckung zu bringen.
Es ist also so, dass man unterschiedliche Delayzeiten einstellen muss, je nachdem ob man lieber "klappern" verhindern will, oder Kammfiltereffekte ausmerzen will. Die Phasenverschiebung entsteht durch die Addition der Reflektionen in der Halle zum Originalsignal. Dieser Effekt ist natürlich auch überall in der Halle verschieden ausgeprägt, wird nach hinten raus immer gewaltiger und kann sich durch das Einbringen von absorbierendem Publikum ändern.
Das ist also auch für das Alignment von Bässen und das Stehwellenmanagment interessant. Im obigen Beispiel beträgt die Differenz nur Bruchteile einer Millisekunde.. aber sie ist vorhanden und das ist nur eine winzige Halle von 20 Metern Länge und dazu noch akustisch schön einfach (alles Holz, Polsterstühle). Haben sich die Herren Messtechniker darüber schon mal Gedanken gemacht?
Genug der Häme... Messen ist okay..hat aber erstmal mit "kapieren" nicht unbedingt was zu tun.
Natürlich ist das alles auch eine Frage der Dimension. Und wenn ich dreihundert Meter Delay abschreiten muss, lass ich mich lieber fahren... irgendwann ist ja auch Mittag. Was ich meine, ist, dass man sein seitlich aufgebautes 40 Meter Hoteldelay nicht drei Tage einmessen muss. Übrigens kann man erstaunlich genau gehen, ich habe das mehrfach kontrolliert.
Grüße
B.