Moin Rockline,
Der Test mit 9V-Block , den Du amtlich nachgestellt hast, ist ein unspezifischer Schnelltest. Bei der beobachteten ungleichseitigen Auslenkung sind kombiniert zwei Parameterkurven beteiligt. Das Bl(x), die Kurve der Kraft pro Strom über die Auslenkung, und die Kms(x), die Kurve der Rückstellkraft über die Auslenkung. Der Test trennt nicht zwischen den Beiden. Das beobachtete Ergebniss: Auslenkung nach außen größer, könnte also auch dann auftreten, wenn nur eine der beiden Kurven Mängel hat.
Hätte nur die Bl(x) Kurve einen Mangel besagt das Testergebniss: Die Schwingspule ist nach innen von der optimalen Lage verschoben. Das BL wird damit nach innen schnell zunehmend schwächer, bei gleichem Strom gibts weniger Kraft. Nach außen nimmt das BL erst noch zu, um erst dann abzufallen, bei gleichem Strom reicht die Kraft weiter nach außen. (Obacht! Wir sind hier bei Gleichstrom!)
Hätte nur die Kms(x) Kurve einen Mangel besagt das Testergebniss: Die Aufhängung ist nach außen weicher, bei gleicher Kraft gehts weiter nach außen.
In beiden Fällen hat das Chassis wenig Chancen auf eine nennenswerte weitere Betriebsdauer (sofern im PA-Betrieb genutzt). Ein falsches OK hatte ich mit dem Schnelltest noch nie, wäre aber theoretisch denkbar.
Tatsächlich ändern sich aber beim klassisch gut gebauten Chassis mit der Betriebsdauer beide Kurven. Im Neuzustand ist die Einspannung symmetrisch (aber beidseits viel zu nachgiebig), und die Schwingeinheit ist so präzise wie es geht im BL-Maximum eingebaut. Selbst in diesem klassisch optimalen Fall gibt es aber eine Auslenkrichtung, die auch nur ein geringfügig schneller abnehmendes BL aufweist. In diese Richtung läuft dann - wie beobachtet - das BL-bedingte DC-Displacement (Obacht! Jetzt sind Wir bei Wechselstrom! 80Hz, also über Resonanz!). Das hat zur Folge, daß sich die Ruhelage durch Ausleiern in diese Richtung verschiebt. Mit dieser neuen Ruhelage ergibt sich nicht etwa eine weichere Feder in diese Richtung, das Gegenteil ist der Fall. Spinne und Sicke sind Tellerfedern, die sich unter Zugwinkel spannen - und dieser Winkel ist ja nun unsymmetrisch.
Mechanischer Endpunkt ist der Abriss der überspannten Tellerfedern (früher "immer" Membrankante und Sicke, heute "eher" Spinne). Oder das nicht mehr von den Turbulenzen im Spalt gekühlte herausstehende Schwingspulenende verschmort.
Ja, verschmorte Schwingspulen sind regelmäßig die Folge bei vom DC-Displacement verschlissenen Chassis. ("Ich habe nicht lauter gemacht als sonst auch, und jetzt habe ich 4 verbrannte 18er ", "ja, aber Deine DC-empfindlichen Chassis waren verschlissen".) Eine meiner PA-Forums-Gebetsmühlen.
Rocklines schwer angeschlagener P300 ist das Paradebeispiel für ein klassisch gut gebautes Chassis, sorgfältig betrieben nach den allgemeinen und auch hier im Forum regelmäßig postulierten Regeln der Beschallungskunst - jetzt ist es hinüber.
Ich kenne Berichte von einem vom selben Meister (heute bei einem anderen Hersteller) gebauten 18er Chassis. Dieses Chasis ist offenbar so sauber entwickelt und gebaut, daß dieser Chassistyp nach Zufall mal nach außen und mal nach innen verschleißt. Dieser Meister baut auch dieses Chassis nun mit noch härterer Spinne (andere Nummer ....2... statt ....1...).
Nach meiner Wahrnehmung ist allerdings B&C der Vorreiter, dort hat man schon früh den Schritt gewagt knallharte Aufhängungen einzubauen, vermutlich schon bevor es den Klippeltester überhaupt gab. B&C hat dafür auch hier im Forum extreme Schelte einstecken müssen, die meisten Nutzer waren den gnadenlos hubüberschreitenden Betrieb mit RCF-"PeAK"-Chassis dermaßen gewohnt, daß sie die begrenzte Auslenkung eines überfahrenen DC-gesicherten Chassis nicht akzeptieren wollten. Noch schlimmer ists mit PA-Herstellern bis heute, warum sollte man haltbare Chassis einbauen, mit denen sich kein "PeAK-Shootout" gewinnen lässt, wenn man den Nutzer bei Chassisausfall mit dem Wort "überlastet" abspeisen kann.
Diese "PeAK-Shootout"-Chassis sind überhaupt nicht belastbar, es gibt den "richtigen" Betrieb überhaupt nicht.
Blöd an der nötigen Härte der Einspanung ist auch, daß sich damit auch der fälschlich als Qualitätsmerkmal genutzte Parameter QTS erhöht, und die höhere Freiluft-Resonanz wird auch nicht wirklich begrüßt. Das kommt davon, daß Thiele&Small schlicht falsch in Bastelformeln gepresst wurden. Qts, Vas und Fres sind völlig instabile "Verkaufsparameter", nie richtig gemessen (Vance nennt immer mehrere QTS-Werte für das selbe Chassis), nie richtig angegeben, nie richtig verwendet - und NIEMALS über die Betriebsdauer stabil.
Leute, mit der Bl(x)-kurve, R_e, und der Mmd werden die wesentlichen Parameter eines Chassis beschrieben. Alle 3 Parameter sind vollständig stabil solange sich die Nullage nicht verschiebt. Und die halbwegs stabile Nullage kommt von einer straffen stabilen Einspannung.
Und wenn ich hier "Geschichtliches" einfließen lasse komme ich nicht umhin Finn Hoffmann uneingeschränkten Respekt zu zollen. Er war und bleibt der erste Lautsprecherentwickler, der das DC-Displacement nicht nur besiegte, sondern mit klassisch guten Chassis einen sogar selbstzentrierenden Sub baute. Da kommen Wir auch mit Superspidern nie hin!
Grüße,
Bernd