Der Eilige Leser möge den ersten Abschnitt überspringen
Vor rund 15 Jahren begann ich mit Auflegen „an der Öffentlichkeit“. Die Mischpulte und CD-Player haben sich in der Zeit sehr entwickelt und auch die eigenen Ansprüche sind gestiegen. Auch die Einstellung zum Auflegen hat sich verändet. Am Anfang hätte ich für jede noch so lausige Gage einen Job angenommen. Inzwischen picke ich mir die Rosinen aus dem Kuchen und bleibe lieber zu Hause, wenn mir das Angebot nicht passt.
Viele Partylabels sind gekommen und gegangen, auch Clubs und Veranstalter sind teilweise wieder von der Bildfläche verschwunden. Nur ein Pub hat mich über die ganze Zeit begleitet, quasi von der ersten Stunde bis heute. Die Gage dort entspricht längst nicht mehr meiner Mindestanforderung und die DJ-Peripherie entspricht nicht meinem Rider. Trotzdem bin ich dort ein Teil der Familie und fühle mich dem Lokal verpflichtet. Ich konnte dort als Anfänger meine Erfahrungen sammeln und gebe jetzt als Routinier etwas zurück.
Kürzlich war ich nach einer längeren Pause wieder einmal in besagtem Pub am Auflegen. Früher war dort als DJ-Mixer ein „Panzer“ verbaut, also ein Pult mit wenig Schnickschnack, dafür sehr solide verarbeitet und äusserst langlebig (Marke weiss ich nicht). Ein Denon DJ-Player verrichtete seine Arbeit.
Als ich zum DJ-Platz kam, musste ich feststellen, dass die Peripherie erneuert wurde. Ein Reloop CD-Player und ein Behringer 19“ Mischpult (eines, das sich optisch stark an einem 19“-Pult des Marktleaders anlehnt). Ich musste also in den sauren Apfel beissen. Für mich war die Erfahrung sehr aufschlussreich, denn ich konnte mal sehr deutlich sehen, worin der Preisunterschied zwischen Reloop/Behringer und Pioneer/Soundcraft liegt.
Der Reloop Player war nicht sooo schlecht, wie ich es erwartet hätte. Er hat kein Mastertempo und die Cue-Punkte sind nicht wie von Pioneer gewohnt zu setzen, was mir einiges Zähneknirschen verursachte. Die Pitchauflösung ist zu grob (0.1% Schritte), was die genaue Anpassung mühsam macht. Dann gibt’s noch so Details, die mich etwas genervt haben, wie zum Beispiel das Display, das sich nur in einem kleinen Winkel ablesen lässt oder die Schublade, die sich beim Drücken des „CUE“ nicht schliesst (ist eine nette Funktion einiger Player). Ausserdem geht das Laufwerk relativ schnell in den Sleep-Mode, was nervig sein kann. Mit einigen Abstrichen konnte ich damit trotzdem ganz passabel mixen. Das Pitch-Bend-Verhalten mit den Tasten war den alten Denon recht ähnlich, was ich zu schätzen wusste.
Das Behringer Pult sah schon recht mitgenommen aus, obwohl es noch nicht so alt ist. Das Pult hat viele unnütze Funktionen (meine subjektive Meinung) und dafür fehlen ein paar wichtige Features wie beispielsweise die Möglichkeit, den Crossfader zu deaktivieren.
Die Gain lassen sich nicht auf minus Unendlich zurückdrehen (Schade – einige Möglichkeiten gehen somit verloren). Dafür reagieren sie sehr empfindlich und ungewohnt unberechenbar. Gleiches gilt für die Kanalfader. Diese reagieren im obersten Drittel des Faderweges sehr empfindlich, darunter geht nichts mehr. Das ist Geschmackssache, aber mir passt das nicht. Die LED-Segmente pro Kanal haben eine praxisferne Auflösung. Die Abstände sind zu gross, um sauber auszupegeln. Eine kleinere Range mit feinerer Auflösung hätte die Anzeige deutlich aufgewertet.
Die Poti des Dreiband Equalizers rasten nicht mittig ein, sondern sind leicht nach links oder rechts verschoben – von Kanal zu Kanal leicht unterschiedlich. Das mag ein Schönheitsfehler sein, aber es irritiert den Perfektionisten.
Obwohl das Pult viel jünger ist, als der Vorgänger (der war sicher mehr als 7 Jahre dort), hat es schon auf mehreren Kanälen bei den Fadern einen Wackelkontakt. Je nach Position des Faders hat man links oder rechts nur einen Teil des Signals.
Die Dreibandequalizer haben eine komische Charakteristik. Der Sound verändert sich zwar beim drehen der Potis, aber irgendwie undefinierbar (Verglichen mit den klassischen DJ-Pulten).
Fazit
Der Reloop Player hat seine Rechtfertigung als Backup-Gerät oder für Radio-DJs, die nicht mit dem Pitch arbeiten. Zur Not kann man damit Mixen, auch wenn das fehlende Mastertempo die Möglichkeiten stark einschränkt.
Der Behringer Mixer ist im Kinderzimmer und im privaten Partykeller am richtigen Ort. Wo das Gerät sehr oft gebraucht wird oder ambitionierte DJs damit arbeiten, hat das Gerät nichts verloren. Der Mixer ist nicht für den harten Einsatz geeignet und erfüllt die Ansprüche von „richtigen“ DJs nicht. Numark Mixer, die teilweise im selben Preissegment Mixer anbieten überzeugen deutlich mehr.
Man kann sagen, dass sich Material aus der Low-Budget Ecke in den letzten Jahren verbessert hat. Profi-Ansprüchen wird es aber immer noch nicht gerecht.
(Falls der Beitrag im Disco-Brett besser passt, bitte verschieben)