Hitzetod irgendjemand?

  • Ein runder Draht hat Luft oder Isolierlack zwischen dem Metall. Ein flach gewickelter Draht hat mehrere Schichten Lack-/Metall-Übergänge. Beides erschwert die Wärme(ab)leitung, ist also schlecht für die thermische Belastbarkeit. Mit einem hochkant gewickeltem Draht kann man die gleiche Anzahl Windungen ohne weitere Lagen oder Zwischenschichten realisieren. Oder anders herum: Ein Runddraht braucht mehr Lagen. Eine Spule aus Runddraht hat natürlich eine größere Oberfläche, bei dem Szenario hier mit einer unterhängigen Spule kann das aber nicht gut genutzt werden, da mehr Lagen benötigt werden und so ein Chassis eh nicht viel Hub (=Luftbewegung im Luftspalt) machen kann. Es kommt dabei natürlich noch auf das Chassis und den Einsatz an, das kann man nicht pauschal sagen. Man könnte den hochkant gewickelten Draht aber auf der einen Seite (außen) natürlich auch rund gestalten - es ist nur die Frage, wieviel Aufwand wieviel bringt.

    You probably have the right hammer, you've just got to stop hitting your thumb.

  • Die gibt's nach wie vor. Hifi- und PA-Breitbänder sind teilweise so ausgelegt um eine geringe bewegte Masse bei großen Membrandurchmessern zu realisieren, Midrange- und Hornkonusse sind öfters so ausgelegt und Horntreiber praktisch immer.

    You probably have the right hammer, you've just got to stop hitting your thumb.

  • Zitat

    Hattest Du schon mal einen Ausfall der einigermaßen zweifelsfrei ein Hitzetod durch Überlastung war? Details?


    Ja, schaut bei mir so aus :



    Das ist ein Eighteensound 15MB700. Der lief in meinen VS11-Topteilen :



    c.a 90l Nettovolumen, 50 Hz Tuningfrequenz. Lief an einem gebrückten Hypex PSC 2.400 (80V Spannungshub -> c.a 800W, Netzteil kann aber nur c.a 500W dauerhaft bereitstellen), die Limiter dadrin klappen ausgezeichnet - Übersteuerung ist also auszuschließen.


    Jedenfalls war das Ding im Fullrangemodus geschaltet, weil die als DJ-Monitore liefen. D.h. ordentlicher Boost auf der Tuningfrequenz (c.a +10dB bei 50 Hz, erzeugt mit einem peaking Hipass bei 55 Hz, Q=1,4 (also +6dB auf der Trennfrequenz, weil der Filter 2x angewendet wurde -> Filter 4. Ordnung) und einem zusätzlichen Peakfilter, glaube nochmal +5dB bei 50 Hz, Q irgendwas bei 2.


    Tja, war wohl zu viel Leistung. Man sieht auch ganz klar, dass der an zu viel elektrischer Leistung bei gleichzeitigem DC-Offset gestorben ist. Hat noch alles ok geklungen, aber der Lautsprecher ist einfach mal nicht für Prügel-FR-Betrieb geeignet (3mm reeller Schwingspulenüberhang).


    Also :


    - Wo 400W draufstehen sollte man keine 800W reinschicken.


    - Auf der Tuningfrequenz boosten kann im Vollastbetrieb eventuell gefährlich werden


    - Limiter im Zweifelsfall mit langer Releasezeit im Bass einstellen. Ist die Releasezeit zu kurz eingestellt und man überfährt das Teil extrem sinkt der Crestfaktor des Signales auf ein kritisches Maß (wenn es nicht schon vorher kritisch war aufgrund des "Musik"stils).


    Habe ich beim DCX ausprobiert. RMS- und Maximalwertanalyzter dran, elektronische Musik an, gemessen. Kam man im Bass immer auf irgendwas von 9 bis 15 dB Crest. Limiter auf -24 dBFS, Releasezeit minimal (glaube 50ms gehen minimal). Limiter um gute 20 dB überfahren, schon war der Crest bei 6 dB, teilweise sogar bei fast 3 dB (vgl. reiner Sinus). Sowas mag kein Speaker mit zu potentem Amping dahinter.


    VG, Hagen

    Der Ton macht die Musik :)

    Einmal editiert, zuletzt von Hagen Jaeger ()

  • Zitat von "Hagen Jaeger"


    Man sieht auch ganz klar, dass der an zu viel elektrischer Leistung bei gleichzeitigem DC-Offset gestorben ist.


    Das Offset ist ein Folge der mechanischen Überlastung, die sich wiederum auf der elektrischen Leistung gründet.
    (Ursache-Wirkung)

  • Dass DC-Offset folgerichtig durch mechanische Überlast entstanden sein muss kann ich leider nicht unterschreiben.


    Wir können uns aber darauf einigen, dass der Lautsprecher nicht ganz so betrieben wurde wie er eigentlich betrieben werden sollte (ab 100 Hz c.a) und die Einbausituation schwieriger war (BR-Box).


    VG, Hagen

    Der Ton macht die Musik :)

  • Zitat von "Mechwerkandi"


    Das Offset ist ein Folge der mechanischen Überlastung, die sich wiederum auf der elektrischen Leistung gründet.
    (Ursache-Wirkung)


    Dann sag doch bitte, was für eine mechanische Überlastung stattgefunden haben soll, die einen DC-Offset hervorgerufen haben soll? Hat jemand mit einem Korkenzieher die Membran rausreißen wollen? :roll:

    You probably have the right hammer, you've just got to stop hitting your thumb.

  • Die Einbausituation des Lautsprechers (in einer BR-Box) zusammen mit dem recht schmalbandigen Equalizer auf dem Hubminimum trägt die Hauptschuld an der oben gezeigten Situation. mechanisch war da nix im klassischen Sinne überlastet, es ist keine Aufhängung gerissen und auch auslenkungstechnisch war da nichts über dem absoluten Limit. Das wäre mir aufgefallen.


    hier wurde irgendein Post zwschendrin gelöscht glaube ich, habe meinen auch etwas gekürzt.


    VG, Hagen

    Der Ton macht die Musik :)

  • Zitat von "Dosenfutter"


    Dann sag doch bitte, was für eine mechanische Überlastung stattgefunden haben soll, die einen DC-Offset hervorgerufen haben soll?


    Die Verklebung gibt nach, schon einiges unter der eigentlichen Schälfestigkeit. Ist auch als "Kriechen" bekannt.

  • Zitat von "Mechwerkandi"


    Die Verklebung gibt nach, schon einiges unter der eigentlichen Schälfestigkeit. Ist auch als "Kriechen" bekannt.


    Das ist keine mechanische Überlastung sondern eine thermische. :roll:


    edit: Für den Fall, daß Du nicht das Anlösen oder das Altern gemeint hattest - es braucht für das Kriechen eines Kleber eine statische Belastung. Im Betrieb tritt das nicht auf (weil dynamisch (beide Richtungen im Wechsel)) und in der Lagerung nur, wenn jemand was schweres auf die Membran drauflegt. Das ist - so - hier nicht möglich, weil die Spule nach außen dezentriert wurde. Daß jemand die Box aufschraubt und was auf die Membran drauflegt ist dann aber doch wieder seeehr ungewöhnlich. Oder ein Fall für die X-Akten. :roll:

    You probably have the right hammer, you've just got to stop hitting your thumb.

  • Zitat von "Dosenfutter"


    Das ist keine mechanische Überlastung sondern eine thermische.


    Nö. Schlimmstenfalls (bei hoher Temperatur im Gehäuse) eine addierende.
    Ohne mechanische Belastung kein Offset. :grin:

    Zitat von "Dosenfutter"


    es braucht für das Kriechen eines Kleber eine statische Belastung.


    Nö. Auch dynamische, und/auch kombinierte Lastfälle sorgen für plastische Verformung unterhalb der Streckgrenze.


    Weil die Schälbeanspruchung der Klebeverbindung Sicke-Korb und Spider-Korb deutlich schlechter ist als die Scherbeanspruchung, gibt die Geschichte bei üblichem Einbau primär Richtung "auswärts" nach. Bei einer Montage hinter der Schallwand wird die Klebeverbindung Sicke-Korb durch die dann stattfindende mechanische Verklammerung entlastet.
    Aber wer will denn so was... :grin:

  • Zitat von "Mechwerkandi"

    Nö. Schlimmstenfalls (bei hoher Temperatur im Gehäuse) eine addierende.


    Es gibt bei einem Lautsprecher an der Schwingspule keine statische Belastung außer dem von mir oben beschriebenen Szenario.


    Zitat von "Mechwerkandi"

    Ohne mechanische Belastung kein Offset. :grin:


    Na aber sicher gibt's das! Schon mal was von einem Gleichstromanteil gehört? Bei der Spule oben sieht es genau danach aus! Und genau deswegen ist es keine mechanische Überlast sondern eine elektrische (+thermische), die allenfalls einen mechanischen Defekt nach sich ziehen könnte.


    Zitat von "Mechwerkandi"

    Nö. Auch dynamische, und/auch kombinierte Lastfälle sorgen für plastische Verformung unterhalb der Streckgrenze.


    Nein. Ein Kriechen gibt es nur und ausschließlich bei einer statischen Belastung. Die Frequenzen sind viel zu hoch, als daß es zu einem Kriechen kommen könnte, das findet höchsten bei µHz statt und ist dazu noch sehr stark vom Kleber abhängig, wenn es überhaupt ein mechanischer Defekt war - für den Fall, daß es ein Billigchassis war ist es sehr viel wahrscheinlicher, daß es die Dezentrierung schon vorher hatte.


    Zitat von "Mechwerkandi"

    Weil die Schälbeanspruchung der Klebeverbindung Sicke-Korb und Spider-Korb deutlich schlechter ist als die Scherbeanspruchung, gibt die Geschichte bei üblichem Einbau primär Richtung "auswärts" nach.


    Das hat - wenn überhaupt - ein sehr langfristiges Einwirken nötig und hat mit dem gezeigten Chassis rein garnichts gemein.

    You probably have the right hammer, you've just got to stop hitting your thumb.

  • Zitat

    Wieso ist die Einbausituation in ner BR Box schwierig?


    Beim geschlossenen Gehäuse sieht die Lautsprechermembrane durch das abgeschlossene, recht leicht komprimierbare Luftvolumen, eine zusätzliche akustische (und damit auch auf die Mechanik, sowie Elektrik rückwirkende) Feder. Beim Bassreflexgehäuse sieht die Membrane einen zusätzlichen Feder(Gehäuse-Luftvolumen)-Masse(Bassreflexkanal-Luftvolumen)-Resonator. Dieses komplexere Schwingsystem kann die Offsetbewegung der Membrane viel schlechter abfangen, weswegen das Auffangen dieser Bewegung allein an dem Federsystem des Lautsprechers hängen bleibt. Moderne Subwoofertreiber nutzen neben Doppel- oder Dreifachzentrierungen und progressiven Spider-/Sickenvarianten leicht asymmetrische Antriebssysteme und andere Tricks um das gut abfangen zu können, aber das geht alles zulasten der effektiv bewegten Masse (Effizienz), und letztenendes auch den Verzerrungswerten.


    Deswegen sind die meisten Mitteltontreiber nicht darauf ausgelegt große Gleichstromversätze mechanisch abfangen zu können. Müssen sie eigentlich auch garnicht, da die sich üblicherweise nicht mehrere Millimeter bewegen müssen (es sind eben Mitteltontreiber). Kommt jetzt jemand wie ich auf die Idee einen Tiefmitteltonlautsprecher mit wenig bewegter Masse (also vermutlich wenigen DC-offset-Schutzmaßnahmen) im Fullrange-Prügelbetrieb im Grenzbereich zu fahren passiert das Unglück schnell.


    Dass am Gleichstromversatz die Mechanik (damit meine ich nicht die Verklebung) und Elektrik maßgeblich beteiligt sind sieht man auf der Klippel-Page finde ich ganz gut : https://www.klippel.de/measure…ffset-the-voice-coil.html . Ich möchte aber nicht ausschließen, dass die Verklebung den Effekt weiter verschlechtern kann. Ob der Einfluss signifikant ist wäre zu prüfen...


    VG, Hagen

    Der Ton macht die Musik :)

  • Danke für die Aufklärung, so detailliert kannte ich das noch nicht.


    Ich denke mal das spielt wirklich erst dann eine Rolle wenn man einen Lautsprecher so wie Du anders einsetzt als wie vom Hersteller für den Typ vorgesehen, und / oder im absoluten Grenzlastbereich - oder?

  • Zitat von "Dosenfutter"


    Na aber sicher gibt's das! Schon mal was von einem Gleichstromanteil gehört? Bei der Spule oben sieht es genau danach aus!


    Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an Wahrheit und an Kräften fehlt.
    (Goethe, „Torquato Tasso“)


    Wenn der Glauben das Wissen ersetzt und technische Betrachtungen Philosophien weichen müssen, da häng ich mich ab.
    Motto:
    Wenn du nicht überzeugen kannst, versuche zu verwirren. :grin:


    Und was die schon zu Tode zitierten Klippel-Veröffentlichungen angeht.
    Ad eins bewertet er seine Betrachtungen nicht. (Sehr vernünftig. Dann bleibt der Grundsatz der Allgemeingültigkeit erhalten. :wink: )
    Ad zwo will er was verkaufen. (Auch das Gutmenschentum findet ein Ende, wenn es um realwirtschaftliche Betrachtungen geht...)

  • weder die Aufhängung noch das Magnetfeld in einem Chassis sind in beide Richtungen symetrisch.
    Und wenn es dann noch in die Grenzbereiche geht,
    verschlimmert sich das.
    Kommen nun noch Resonazen passend mit dem Eingangssignal zusammen,
    schaukelt es sich halt im schlimmsten Fall soweit auf,
    das die Schwingspule jenseits ihres statischen Nullpunktes herumarbeitet.
    Also lenkt sie in irgendeine Richtung weiter ins Verderben,
    denn sie kühlt dort schlechter und verringert ihre Induktivität.
    Also fließt noch mehr Strom in Richtung Wicklungs Tot 8)


    und das alles ohne Vorschädigung,
    und bestimmt mit dem meisten aller E-dynamischen Chassis zu schaffen.

    Gruß an alle und an Big Määääc

  • Hi Andi,


    Zitat

    Ad eins bewertet er seine Betrachtungen nicht.


    Das stimmt, aber ich finde, dass das auch nicht in jedem Fall die Aufgabe des Verfassers ist. Aber natürlich kann man das auch so sehen wie du es angeführt hast :wink: . Zumindest eine persönliche und als subjektiv gekennzeichnete Abschätzung der tatsächlichen Relevanz einzelner Phänomene wäre aber ganz nett, richtig.


    Zitat

    Ad zwo will er was verkaufen.


    Das stimmt :wink: . Und das sollte man natürlich auch immer im Hinterkopf behalten. Trotzdem empfinde ich (subjektiv) als jemand, der nicht zum ersten mal die Qualität einer Informationsquelle beurteilen muss das Ganze als... naja, zumindest nicht realitätsfern.


    Was wäre denn deine Einschätzung zu meinem Bild? Sind wir uns denn einig, dass die Spule an Überlast in Verbindung mit einer Arbeitspunktverschiebung (Erzeugungsweise erstmal außenvor) kaputtgegangen ist? Oder hast du eine ganz andere Meinung dazu?


    Und wenn die Annahme mit der Arbeitsverschiebung tatsächlich auch deiner Meinung nach zutrifft, würdest du denn wirklich sagen, dass diese durch die Verklebung erzeugt wurde? Oder eher "Ursache unklar, aber sicher nicht durch elektrische / mechanische Unzulänglichkeiten der Schwingeinheit an sich" ?


    VG, Hagen

    Der Ton macht die Musik :)